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Bizarre Entwicklungen an völlig realitätsfremden Märkten

24.04.2018  |  Mark J. Lundeen

Dieser Markt beginnt, mich an ein militärisches Ausbildungslager zu erinnern: eine Mischung aus "Beeilung!" und langem Warten. Worauf man zu warten hatte, haben die Ausbilder nie gesagt, aber ich werde es Ihnen sagen: Die Bullen am Aktienmarkt warten darauf, dass der Dow Jones über die -3,41-%-Linie im Bear's Eye View (BEV) Chart steigt, die er am 26. Februar testete, bevor er wieder nachgab. Währenddessen warten die Bären darauf, dass er unter das am 23. März verzeichnete Tief fällt, das 11,58% unter seinem letzten Allzeithoch lag. Offensichtlich hat es der Dow Jones weder eilig, das eine noch das andere zu tun.

Das ist eine schwierige Marktumgebung, in der alle auf die nächste große Bewegung des Aktienindex warten. Doch wir sollten uns besser an diesen Zustand gewöhnen. Meine Meinung zur nächsten signifikanten Kursbewegung des Dow Jones? Als bearisher Beobachter hoffe ich, dass der Index noch vor dem Mai unter die -12,5-%-Marke im BEV-Chart sinkt. Allerdings wäre ich überrascht, falls das wirklich passieren sollte. Noch überraschter wäre ich von einem Anstieg über die -2,5%-Linie, doch mir ist bewusst, dass an unseren "regulierten" Märkten nichts unmöglich ist.

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Das Problem an diesem Markt ist, dass er wenig mit wirtschaftlichen Fundamentaldaten zu tun hat. Die Politiker und die Mainstream-Finanzmedien haben die steigenden Aktienkurse erfolgreich als "Wirtschaftswachstum" verkauft und das "Wachstum" mit der Politik in Verbindung gebracht, die die "klügsten Köpfe des Landes" in Washington erdacht haben. Ein Rückgang der Märkte ist daher ein Zeichen für die "Regulatoren" in der US-Regierung, alles Nötige zu tun, um ein Absinken der überhöhten Werte zu verhindern. Das gilt ganz besonders in einem Wahljahr wie 2018.

Eines Tages wird sich jedoch herausstellen, dass diese Mission zum Scheitern verurteilt war. Die Zinsen steigen beispielsweise schon wieder an. Es ist kein Geheimnis, dass die Zinsen, wie auch die Aktienmärkte, schon seit Jahrzehnten "verwaltet" werden. Der folgende Chart zeigt jedoch, dass sich hier etwas geändert hat.

Sehen Sie sich die farblich hervorgehobene Zeitspanne von Januar 2008 bis Januar 2017 an: Damals waren die Hypothekenzinsen (rote Linie) niedriger als die Renditen der Anleihen mit der besten Bonität (Barron’s Best Grade Bond Yields, grüne Linie). Im Zuge der Finanzkrise fielen die Hypothekenzinsen weit unter die Renditen der sichersten Anleihen - und das zu einer Zeit, als der sekundäre Hypothekenmarkt, der zuvor ein Handelsvolumen von Billionen Dollars hatte, völlig zusammenbrach und sich keinerlei Käufer mehr fanden. Logisch wäre damals ein plötzlicher Anstieg der Hypothekenzinsen um 20% gewesen, um Käufer zurück an den Markt zu locken. Das hätte jedoch zahlreiche Familien zahlungsunfähig gemacht (und die Immobilienpreise abstürzen lassen). Das konnte die Politik nicht zulassen, also musste etwas getan werden.

Grund für den Rückgang der Hypothekenzinsen unter die Anleiherendite war die Unterstützung der US-Notenbank Federal Reserve: Diese kaufte Hypotheken zu deutlich höheren Preisen, als der freie Markt verlangte, und in solchen Mengen, dass die Hypothekenzinsen anschließend neun Jahre lang unter den Renditen der besten Anleihen lagen. Vor Jahren schon nannte ich das den "Dumm-und-Dümmer"-Markt und fügte deshalb das entsprechende Filmposter von Jim Carry und Jeffrey Daniels in den Chart ein.

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Im Januar 2017 kletterten die Hypothekenzinsen dann erstmals seit 2008 wieder über die Renditen der Best Grade Bonds. Wie alle anderen Renditen und Zinsen befinden sie sich seit Sommer 2016 wieder im Aufwärtstrend. Das muss etwas zu bedeuten haben. Wie ein unter seinen Studienkrediten ächzender Hochschulabsolvent mit einem nutzlosen Abschluss beginnt die Federal Reserve nun langsam aber sicher, die Last der überwältigenden Schulden zu spüren, die sie für etwas auf sich genommen hat, was sich rückblickend gar nicht lohnte.

Auch die Rohölpreise erhöhen sich seit 2016 wieder. Es wird bereits spekuliert, dass der Ölpreis auf mehr als 100 $ je Barrel steigen könnte. Nun, vielleicht. Doch wie fast alle Vermögenswerte an unseren heutigen Märkten wird der Ölpreis von den Entscheidungsträgern "gemanagt". Falls es ihren Zielen zuträglich ist, werden sie einen solchen Anstieg womöglich zulassen.

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Die Staatsschulden der USA nehmen ebenfalls immer weiter zu. Was wir unten sehen, wird das Finanzsystem und die Wirtschaft eines Tages in der Zukunft zusammenbrechen lassen. Die Menschen sind heute realitätsfremd, viel mehr als noch Anfang der 1980er Jahre. Es ist kein Zufall, dass das US-Finanzministerium dem Anleihemarkt Couponzahlungen von deutlich mehr als 10% bieten musste, als die Staatsschulden erstmals auf über 1 Billion Dollar stiegen. 1981 wurde sogar eine langfristige Staatsanleihe mit einem Zinssatz von 15% herausgegeben!

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Heute belaufen sich die Staatsschulden auf mehr als 20 Billionen Dollar, doch die Renditen sind niedriger als in den frühen 1960er Jahren. Ich bin altmodisch genug, um zu glauben, dass daran etwas ganz und gar falsch ist. Eines Tages wird es ein regelrechtes Blutbad an den Anleihemärkten geben - aber offensichtlich nicht schon nächste Woche und wahrscheinlich nicht einmal in diesem Jahr.

Die US-Regierung unter Präsident Trump gibt allerdings jede Menge geborgtes Geld aus. Das Haushaltsdefizit wird Ende dieses Jahres womöglich eine Billion Dollar betragen. Wenn die Renditen weiterhin so niedrig bleiben sollen, bedeutet das, dass jemand diese neuen, noch nicht ausgegebenen Schuldpapiere zu den aktuellen Renditen kaufen muss. Aber wer?

Die Federal Reserve könnte es tun, aber auch die Notenbank versucht derzeit, ihre Anleihebestände abzubauen. China droht ebenfalls mit dem Verkauf von US-Treasuries. Das Reich der Mitte und andere Staaten halten amerikanische Schuldtitel im Wert von Billionen Dollar (siehe Tabelle unten). Eines Tages, wenn die Renditen zu steigen beginnen, werden sie ihre Käufe bereuen.



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Vielleicht werden die Anleiherenditen schon zu Weihnachten viel höher liegen als heute, im April. Das würde alles ändern, sowohl an den Finanz- als auch an den Edelmetallmärkten. Für den Dow Jones würden höhere Renditen bedeuten, dass er die rote Linie, die im folgenden Chart das 52-Wochen-Tief markiert, zum ersten Mal seit 2009 signifikant nach unten drücken würde. Das muss eines Tages geschehen, und wenn es so weit ist, wird das niemandem von uns gefallen. Den Rentenfonds fällt es schon jetzt schwer, ihren Verpflichtungen nachzukommen. Wie wird es den Pensionären ergehen, wenn der Dow Jones sein 52-Wochen-Tief unter die 14.500-Punkte-Linie verlegt?

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Der nächste Chart macht auf anschauliche Weise deutlich, wie verrückt es am Aktienmarkt heute zugeht. Das Handelsvolumen ist eine Maßzahl für die Nachfrage nach den Produkten, die die Wall Street verkauft - Aktien. Seit Januar 1900 hat sich das Volumen immer im Gleichschritt mit den Kursen erhöht und ist gesunken, wenn es abwärts ging. Diese Korrelation ist nicht in Stein gemeißelt, daher gab es in den hundert Jahren zwischen 1900 und 2000 auch Ausnahmen zu dieser Regel.

Doch was wir seit dem Jahr 2000 erleben, ist wirklich bizarr: Auf dem Boden der beiden massiven Bärenmärkte, zu denen es seitdem kam, stieg das Handelsvolumen jeweils auf ein Rekordhoch! Die Tiefstpunkte von Bärenmärkten sind eigentlich dafür bekannt, dass der Markt zu diesem Zeitpunkt illiquide ist, und dass das Volumen gegenüber den Hochs des Bullenmarktes stark abgenommen hat. Während der Bärenmärkte nach dem Platzen der Dotcom- und der Subprime-Hypothekenblase war jedoch alles anders: Das Handelsvolumen des Dow Jones (blaue Linie) und der NYSE (rote Linie) erreichte damals neue Spitzenwerte.

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Der Aufwärtstrend, der nach der US-Präsidentschaftswahl im November 2016 begann, ging wie in früheren Zeiten mit einem steigenden Handelsvolumen einher - zumindest beim Dow Jones, wenn schon nicht an der NYSE insgesamt. Der 40-wöchige gleitende Durchschnitt des Handelsvolumens des Dow Jones lag zum Ende der letzten Woche auf einem Niveau, wie wir es seit dem Boden des letzten Bärenmarktes nicht mehr gesehen haben.

Wenn wir diesen Chart zurück in die 1990er Jahre bringen würden, um ihn den damaligen Marktanalysten zu zeigen, würden diese uns sagen, dass die Entwicklung Handelsvolumens - insbesondere beim Dow Jones - in den letzten 18 Jahren ein Ding der Unmöglichkeit ist. Aber doch ist es genau so passiert. Was geschieht hier?

Die Politik mischt sich in die Finanzmärkte ein und nutzt die von der Federal Reserve erzeugte monetäre Inflation, um eine Art Pseudo-Nachfrage nach den Aktien der 30 im Dow Jones gelisteten Unternehmen zu finanzieren. Eine Taktik, die einer Bananenrepublik würdig wäre.

Wie der Dow Jones treibt auch Gold die Investoren immer wieder zur Eile an, nur um sie anschließend warten zu lassen. Doch die schlimmsten Tage liegen nun hinter uns. Nach dem Rekordhoch im August 2011 kam es zu einer beträchtlichen Korrektur, in deren Rahmen der Goldpreis mehr als 40% fiel. Seitdem hat sich der Kurs allerdings gut erholt und wir können unseren Fokus nun auf die -27,5-%-Linie im BEV-Chart richten. Wenn der Kurs über diese Marke klettert (1.370 $), sollte sich der Bullenmarkt fortsetzen.

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Der nächste Chart zeigt Gold und seine Stufensumme. Zwischen August 2011 und März 2014 war hier eine klassische "bearishe Box" zu sehen: Die Marktstimmung (die rot dargestellte Stufensumme) weigerte sich zweieinhalb Jahre lang, dem Goldpreis auf seinem Weg nach unten zu folgen. Als sich die Box schloss und sich der Trend der Stufensumme dem Preistrend anglich, brach das Sentiment ein. Beachten Sie auch, dass der Großteil der Kursverluste bei Gold im März 2014 bereits geschehen war.

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In den letzten beiden Monaten des Abwärtstrends der Marktstimmung (Oktober-Dezember 2015) fällt die Stufensumme wie ein Stein von einer Klippe. Selbst die Bullen am Goldmarkt sind zu diesem Zeitpunkt völlig verzweifelt. Die Leserbriefe, die ich damals bekam, belegen, dass die Goldbullen genau zu dieser Zeit das Handtuch warfen, während der Goldpreis begann, die überwältigende Zahl der Tage mit Kursverlusten zu ignorieren. Im Dezember 2015 bildeten sowohl der Goldpreis als auch seine Stufensumme einen Boden, während die Edelmetalle unter den Investoren vollkommen unbeliebt waren. Für mich klingt das nach einem harten, langfristigen Boden. Mit dem haben die bearishen Trader an der COMEX jetzt zu kämpfen.



Wenn Sie sich einen Moment Zeit nehmen, um die obenstehenden Charts für Gold und den Dow Jones zu vergleichen und sich ansehen, dass der Aktienindex noch nicht einmal 10% unter sein letztes Rekordhoch gefallen ist, während Gold sich nach der langfristigen Bodenbildung allmählich erholt, sollte klar werden, dass es derzeit vernünftiger ist in Gold als in den Aktienmarkt zu investieren.

Unten ist die Stufensumme von Gold und dem Dow Jones tabellarisch dargestellt.

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Beide Vermögenswerte notieren derzeit innerhalb einer Handelspanne, aber der 200-tägige gleitende Durchschnitt der Volatilität des Dow Jones schloss letzte Woche bei 0,57% - kein gutes Zeichen. Der folgende Kerzenchart, aus dem sich Anfangskurs, Schlusskurs sowie das jeweilige Intraday-Hoch und -Tief ablesen lassen, zeigt, warum: Bis zum 26. Januar war die Volatilität des Aktienindex gering; es gab keine großen Kursschwankungen innerhalb eines Handelstages und keine großen prozentualen Kurssprünge vom Handelsschluss des einen bis zum Handelsschluss des nächsten Tages.

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All das änderte sich, als der Markt korrigierte und die enorme Zunahme der Volatilität für Unruhe unter den Anlegern sorgte. Die nachfolgenden Tabellen mit der Häufigkeitsverteilung helfen, den obenstehenden Chart zu verstehen. Beachten Sie dabei bitte, dass die Tabellen zum 1. Dezember getrennt wurden, d. h. die ersten beiden Monate der rechten Tabelle sind gleichzeitig die letzten beiden Monate des Aufwärtstrends, in denen die Volatilität noch gering war.

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Noch ein Wort zum Kerzenchart. In den letzten beiden Wochen hat sich die tägliche Volatilität wieder etwas beruhigt. Sollte sich das fortsetzen, wird der Dow Jones demnächst wahrscheinlich wieder neue Rekordstände verzeichnen. Das ändert jedoch nichts an der bearishen Gesamtsituation an den Aktien- und Anleihemärkten. Diese sind gefährlich überbewertet. Ihre Kurse spiegeln die Erwartung einer perfekten Zukunft wider - doch wir leben in einer unvollkommenen Welt...


© Mark J. Lundeen



Dieser Artikel wurde am 22.04.2018 auf www.gold-eagle.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.