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Jim Rickards: Die nächste Finanzkrise & warum Sie Gold und Silber brauchen

27.04.2018  |  Mike Gleason

Mike Gleason: Es ist mir eine Freunde, heute James Rickards, den Herausgeber des monatlichen Newsletters Strategic Intelligence und Leiter des James Rickards Project, welches sich mit der Analyse der komplexen Zusammenhänge zwischen Geopolitik und globalen Kapitalflüssen befasst, zu unserem wöchentlichen Podcast begrüßen zu dürfen. Mr. Rickards ist zudem der Autor verschiedener Bestseller, z. B. "Die Geldapokalypse", "Währungskrieg", "The New Case for Gold" und "Der Weg ins Verderben". Abgesehen davon ist Mr. Rickards auch Vermögensverwalter und Anwalt und wurde als Wirtschaftsexperte von namhaften Medien wie CNBC, BBC, Bloomberg, Fox News, CNN usw. interviewt.

Jim, danke, dass Sie sich heute wieder Zeit für uns nehmen. Wie geht es Ihnen?


Jim Rickards: Danke Mike, mir geht es großartig. Vielen Dank für die Einladung.


Mike Gleason: Ich möchte heute mit einem Ihrer aktuellen Bücher beginnen. In "Der Weg ins Verderben: Wie die Eliten die nächste Krise vorbereiten und wie Sie sich davor schützen können" machen Sie eine Reihe interessanter Bemerkungen. Während die Finanzmedien den Aktienboom und das Wirtschaftswachstum diskutieren, sind Sie nicht ganz so optimistisch. Wir wissen beide, dass ein Großteil des Wachstums der letzten Jahre auf den umfassenden Stimulierungsmaßnahmen der Zentralbanken beruhte, und dass die grundlegenden Probleme, die zur letzten Finanzkrise führten, noch nicht gelöst wurden.

Tatsächlich glauben Sie, dass die nächste finanzielle Katastrophe nicht mehr allzu lange auf sich warten lassen wird, und dass sich viele wohlhabende Personen bereits darauf vorbereiten. Bitte legen Sie kurz dar, was Sie beobachtet haben.


Jim Rickards: Sie haben hier zwei verschiedene Themen angesprochen. Das eine ist die Frage, wie sich die Wirtschaft kurz- bis mittelfristig entwickeln wird. Welche Prognosen lassen sich für das kommenden Jahr treffen? Wie geht es an den Aktienmärkten weiter etc.? Das ist ein Teil der Analyse. Der andere, größere und tiefer schürfende Teil geht jedoch der Frage nach, ob es erneut zu einer verheerenden Finanz- und Liquiditätskrise, zu einer globalen Panik kommen kann und mit welchen Reaktionen in diesem Fall zu rechnen wäre.

Lassen Sie mich diese beiden Themen getrennt betrachten. Es gibt einen Unterschied zwischen einer normalen Rezession im Zuge des Konjunkturzyklus und einem Crash der Finanzmärkte. Beides kann miteinander einhergehen, aber das ist nicht zwangsläufig so. Am 29. Oktober 1987 ist der US-Aktienmarkt beispielsweise um 22% eingebrochen, an einem einzigen Tag. Das entspräche heute etwa einem Kursverlust von 5.000 Punkten beim Dow Jones. Wir wissen beide, dass niemand mehr von etwas anderem redet, wenn der Dow Jones nur 500 Punkte fällt.

Und jetzt stellen Sie sich einen Rückgang von 5.000 Punkten an einem Tag vor. Genau das ist prozentual gesehen aber im Oktober 1987 passiert. Es kam zu einer Panik an den Finanzmärkten, obwohl es keine Rezession gab. Der Wirtschaft ging es gut und nach ein paar Tagen hatten sich die Börsen von dem Schock erholt. Die Zeit danach war tatsächlich ganz günstig für Investments, denn die Aktien legten anschließend wieder zu. 1990 kam es dann z. B. zu einer normalen Rezession. Die Arbeitslosenzahlen stiegen, einige Unternehmen gingen Pleite, aber es kam nicht zu einem Finanzcrash.

2008 erlebten wir beides gleichzeitig. 2007 markierte den Beginn einer Rezession, die bis 2009 andauerte, und es entwickelte sich eine Panik an den Finanzmärkten, die im September und Oktober 2008 mit dem Zusammenbruch von Lehman Brothers und AIG ihren Höhepunkt erreichte. Es handelt sich also um zwei verschiedene Dinge.

Sehen wir uns den Konjunkturzyklus an. In Bezug auf die Wirtschaft bin ich nicht besonders optimistisch. Ich weiß, dass derzeit ein großes Trara um das Wachstum gemacht wird. In den USA wurde gerade erst eine Steuerreform beschlossen und die Aktienmärkte sind auf neue Allzeithochs gestiegen. Man braucht sich die Kurse ja nur anzusehen. Nichtsdestotrotz gibt es einige Faktoren, die in der Wirtschaft aktuell für heftigen Gegenwind sorgen. Es gibt z. B. Hinweise darauf, dass die Federal Reserve die Geldpolitik zu stark strafft.

Wir dürfen nicht vergessen, dass die Fed zwei Dinge gleichzeitig tut, die sie in dieser Kombination noch nie zuvor getestet hat. Sie erhöht die Zinsen und reduziert gleichzeitig ihre Bilanz. Letzteres ist das Gegenteil der quantitativen Lockerungen (QE), der Anleihekäufe. Diese sind wiederum nichts anderes als Gelddrucken. Die Notenbanker schaffen neues Geld aus dem Nichts und kaufen damit Anleihen auf. Auf diese Weise weiten sie die Geldmenge aus. Das hat die Fed von 2008 bis 2013 getan. 2013 begann sie dann, die Käufe zu verringern, bis das QE-Programm Ende 2014 abgeschlossen wurde. In diesen sechs Jahren hat die US-Notenbank ihre Bilanz von 800 Milliarden $ auf 4,4 Billionen $ erhöht.

Jetzt haben die Notenbanker den Kurs geändert und den Rückwärtsgang eingelegt. Sie werden allerdings keine einzige Anleihe verkaufen. Wenn eine Anleihe fällig wird, muss der Emittent den Nennbetrag zurückzahlen. Wenn Sie also beispielsweise eine US-Staatsanleihe gekauft haben, die heute ihr Fälligkeitsdatum erreicht, wird das US-Finanzministerium Ihnen Ihr Geld überweisen. Wenn es das Geld stattdessen jedoch an die Fed überweist, verschwindet das Geld. Das ist das Gegenteil von Gelddrucken. Die Fed zerstört im Grunde genommen Geld, sie verringert das Geldangebot und erhöht gleichzeitig die Zinsen.

Das ist praktisch eine doppelte Straffung und ich glaube nicht, dass die US-Wirtschaft auch nur annähernd so stark ist, wie die Notenbanker denken. Die Fed verlässt sich auf die sogenannte Philips-Kurve. Diese besagt derzeit, dass die Arbeitslosigkeit gering ist, was die Löhne nach oben treiben wird. Die Inflation wartet in diesem Szenario schon hinter der nächsten Ecke, deshalb wird die Geldpolitik gestrafft. Aber in dieser Theorie gibt es jede Menge Fehler.

Die Fed strafft die Geldpolitik also aus den falschen Gründen und zur falschen Zeit. Es gibt zahlreiche Hinweise darauf, dass das Wirtschaftswachstum zuletzt auf höherem Konsum beruhte, doch dieser basierte wiederum auf neuen Schulden. Die Leute reizten den Kreditrahmen ihrer Kreditkarten aus und die Privatverschuldung stieg deutlich an. Die Sparrate liegt dagegen in der Nähe eines sehr langfristigen Tiefs.

Diese Situation scheint auf Dauer nicht tragfähig zu sein. Es gibt also genügend Gründe zu glauben, dass die Fed es übertreiben wird, dass sie einen Fehler macht und die Wirtschaft in eine Zeit der Rezession oder der Disinflation und Stagnation wirft. Ich kaufe ihr die Geschichte, dass uns frohe Zeiten der Inflation bevorstehen, einfach nicht ab.

Es besteht auch Grund zu der Annahme, dass die Steuerreform die Wirtschaft nicht so stark positiv beeinflussen wird, wie man gemeinhin erwartet. Letztendlich wird nur das Haushaltsdefizit um eine weitere Billion Dollar erhöht - dabei befinden wir uns bereits in der Gefahrenzone. Das bremst die Wirtschaft nur zusätzlich aus. Es ist also aus vielen Gründen von einer wirtschaftlichen Abkühlung auszugehen, die dem Aktienmarkt den Wind aus den Segeln nehmen und zu einer potentiell sehr ernsten Korrektur von 10-20% führen wird. Wir reden hier von Kursverlusten von 5.000 bis 6.000 Punkten beim Dow Jones bis zum Jahresende. Das ist ein mögliches Szenario.



Das andere Szenario, das ich in meinem Buch beschreibe, umfasst zusätzlich noch eine Panik an den Finanzmärkten. Solche Ereignisse sind gar nicht so selten, wie man vielleicht glaubt. Die eintägige, oder vielmehr zweitägige Panik 1987 habe ich bereits erwähnt. 1994 kam es in Mexiko zur Tequila-Krise, 1998 zum Zusammenbruch von Long-Term Capital Management im Zuge der russischen Währungskrise und im Jahr 2000 platzte die Dotcom-Blase. 2007 folgte die Krise am Hypothekenmarkt, die 2008 im Crash der allgemeinen Märkte mündete. Es kommt also etwa alle fünf bis sieben Jahre zu einer Finanz-Panik.

Man kann nicht gerade die Uhr danach stellen, aber ein solcher zeitlicher Abstand ist typisch. Der letzte Crash liegt nun schon neun Jahre zurück. Es sollte also niemanden überraschen, wenn es morgen wieder soweit ist. Ich sage nicht vorher, dass es morgen zu einem Crash kommen wird; ich sage nur, dass es niemanden überraschen sollte, wenn es morgen, im nächsten Monat oder auch erst im nächsten Jahr passiert. Glauben Sie nicht, dass wir heute vor solchen Ereignissen gefeit sind.

Natürlich kann auch beides gleichzeitig geschehen - eine Rezession könnte z. B. eine Finanzkrise nach sich ziehen, wie 2008. 1998 kam es zu einem Crash und die Wall Street tat sich zusammen und rettete den Hedgefonds Long-Term Capital Management. 2008 kam es zur Finanzkrise und die Zentralbanken taten sich zusammen und retteten die Wall Street. Jeder Bail-out ist größer als der letzte. Wer wird bei der nächsten Krise die Zentralbanken retten? Jede Krise ist schlimmer als die vorherige, jede Reaktion darauf umfassender.

Die nächste Krise wird die größte von allen werden. Sie wird die Möglichkeiten der Zentralbanken übersteigen und es wird nur noch eine Option bleiben. Der US-Leitzins - die Federal Funds Rate - liegt aktuell bei 1,5%. Wenn man zum jetzigen Zeitpunkt auf globaler Ebene Liquidität bereitstellen müsste, könnte die Fed das Zinsniveau also nur um 1,5% senken, bevor es wieder bei Null liegt. Entsprechende Studien deuten jedoch darauf hin, dass die Zinsen 3% oder 4% sinken müssen, um die US-Wirtschaft aus einer Rezession zu befreien. Wie soll das gehen, wenn sie ohnehin nur bei 1,5% liegen? Wenn weitere Zinssenkungen unmöglich sind, was wird man dann tun?

Quantitative Lockerungen sind die Antwort, aber auch das wurde bereits versucht, und die Fed hält noch immer ihre im Rahmen der letzten QE-Maßnahmen aufgekauften Anleihebestände. Man hat begonnen, sie zu reduzieren, aber die Bilanzsumme beläuft sich dennoch auf mehr als 4 Billionen Dollar. Wie weit wird sie sich beim nächsten Mal erhöhen? Auf 8 oder 12 Billionen Dollar?

Manche sagen jetzt, "Na und, wo ist das Problem?" Dazu gehören auch moderne Geldtheoretiker wie Stephanie Calvin, Paul McCulley und Warren Mosler. Einige von ihnen denken, dass es keine Obergrenze dafür gibt, wie viel Geld die Fed drucken kann, aber die gibt es. Keine rechtliche Obergrenze - rechtlich betrachtet ist die Notenbank in dieser Hinsicht nicht eingeschränkt. Aber es gibt sehr wohl eine psychologische Grenze, eine Art unsichtbare Schwelle.

Wenn diese überschritten wird, sagen die Leute, "Okay, das reicht jetzt, ich bin raus. Dollars sind mir zu unsicher, ich kaufe stattdessen lieber Gold, Silber, Kunstgegenstände, Land oder meinetwegen auch Kryptowährungen. Hauptsache, ich bekomme etwas anderes als Dollars, denn in diese Währung habe ich kein Vertrauen mehr." Das wäre nicht das erste Mal in der Geschichte.

Bei der nächsten Finanzkrise werden die Zentralbanken also nicht mehr in der Lage sein, diese zu bewältigen. Und es sollte niemanden überraschen, falls die Krise schon morgen beginnt.

Es wird ihnen dann nichts anderes übrig bleiben, als das System einzufrieren. Erst die Geldmarktkonten, dann die Bankkonten, dann die Aktienmärkte. Vielleicht werden die Geldautomaten so umprogrammiert, dass Sie nicht mehr als 300 Dollar pro Tag für Lebensmittel und Benzin abheben können. Dann wird es heißen, "Wozu brauchen Sie mehr als 300 Dollar am Tag? Wir können nicht zulassen, dass Sie all Ihr Geld von Ihrem Bankkonto abheben.

Wir können nicht zulassen, dass Sie Ihr Kapital aus dem Geldmarkt abziehen. Wir können nicht zulassen, dass Sie Ihre Aktien verkaufen." In meinem Buch beschreibe ich all das noch viel ausführlicher und gebe alle Quellen an. Das ist kein Science-Fiction-Szenario, sondern der echte Plan für den Ernstfall.

Um noch einmal zusammenzufassen: Ich gehe davon aus, dass sich die Wirtschaft 2018 schlechter entwickelt, als im Allgemeinen angenommen wird. Möglicherweise wird es allein deshalb zu einem Börsencrash kommen. Ich rechne außerdem mit einer weiteren Finanzkrise. Der genaue Zeitpunkt ist unmöglich vorherzusagen, aber acht, neun Jahre nach der letzten Panik würde ich sagen, dass die nächste nicht mehr in allzu ferner Zukunft liegt. Und die Folgen werden ein Ausmaß haben, wie wir es schon seit den 1930er Jahren nicht mehr erlebt haben.


Mike Gleason: Kommen wir nun noch einmal speziell auf Gold zu sprechen. Sichere Vermögenswerte, einschließlich der Edelmetalle sind heute zumindest beim Mainstream der Anleger völlig außer Mode. Die meisten Investoren sind vollkommen unvorbereitet und werden die nächste Finanzkrise wie im Jahr 2008 erst dann kommen sehen, wenn es schon zu spät ist.

Das Vertrauen in den US-Dollar und das Finanzsystem ist nur schwer zu erschüttern, wenn es nicht gerade viele überzeugende Hinweise darauf gibt, dass beides in ernsten Schwierigkeiten steckt. Selbst manche Goldbugs zweifeln an ihren Überzeugungen. Sie wissen, dass es zahlreiche Risiken gibt, aber sie sind es ganz einfach leid, dass sich fast alle Assets besser entwickeln als die Edelmetalle. Was sagen Sie den Anlegern, die darüber nachdenken ihr Gold zu verkaufen und stattdessen beispielsweise in Aktien investieren wollen?


Jim Rickards: Zunächst einmal muss man bedenken, dass der vierjährige Bärenmarkt im Goldsektor noch nicht so lange vorüber ist. Er dauerte vom August 2011 bis Dezember 2015. Während dieser Baisse sank der Goldpreis etwa 45%. Wenn man den Goldpreis von 240 $ im Jahr 1999 als Ausgangsbasis verwendet und sich dann den Anstieg auf 1.900 $ und den Rückgang auf 1.050 $ ansieht, wird klar, dass es sich um ein 50%-Retracement handelte.

Mein Freund Jim Rogers, einer der besten Rohstoffinvestoren aller Zeiten, besitzt selbst jede Menge Gold und geht davon aus, dass der Preis wieder steigen wird. Aber er sagte zu mir: "Weißt du Jim, nichts steigt von hier nach hier" - und dabei deutete Richtung Himmel - "ohne dass es zwischendurch zu einer Korrektur von 50% kommt."

Ich glaube, das war ein guter Rat. Aber das 50%-Retracement liegt nun bereits hinter uns und wir befinden uns in einem neuem Bullenmarkt. Während der Hausse von August 1971 bis Januar 1980 ist der Goldpreis mehr als 2.000% gestiegen. Beim darauf folgenden, 20-jährigen Bärenmarkt ist er bis 1999 rund 70% gefallen. Dann begann ein neuer Bullenmarkt und Gold verzeichnete Kursgewinne von mehr als 700%. Darauf folgte ab August 2011 die Korrektur mit einem Rückgang um 45%, aber jetzt befinden wir uns wieder in einem Bullenmarkt. Dieser begann im Dezember 2015.



Gold steigt und fällt; es ist volatil und wir wissen, dass es Preismanipulationen gibt. Die Leute kaufen Gold und dann kommt irgendein Hedgefonds daher und drückt den Preis nach unten und die Anleger fragen sich, "Warum habe ich das nur gekauft?"

Ich verstehe, dass das entmutigend ist. Ich verstehe, wie schwierig es ist, die Kursgewinne an den Aktienmärkten und bei Bitcoin zu beobachten, wenn man selbst in Gold investiert ist, und der Kurs sich nur seitwärts zu entwickeln scheint. Aber das ist nicht wahr. 2016 legte Gold mehr als 8% zu, 2017 mehr als 13%. In diesem Jahr ist der Kurs bisher 3% gestiegen. Im Vergleich zum Boden des Bärenmarktes im Dezember 2015 ist der Goldpreis heute 25% höher. Damit gehört Gold zu den Anlageklassen mit der besten Performance. Es ist nicht wahnsinnig in die Höhe geschossen wie der Bitcoin, aber Bitcoin bricht jetzt wieder ein, wie ich schon vor einiger Zeit vorhergesagt hatte.

2016 und 2017 waren die ersten beiden aufeinanderfolgenden Jahre seit 2011 und 2012, in denen der Goldpreis gestiegen ist. Damals hatte er sein Top allerdings schon überschritten. Dass Gold im Jahresverlauf 2011 insgesamt gestiegen ist, ist eher eine Art statistische Anomalie - zum Jahresende lag der Kurs trotzdem deutlich unter dem Septemberhoch. Jetzt befinden wir uns jedoch im dritten Jahr des neuen Bullenmarktes und Gold hat keinen schlechten Start hingelegt.

Die Fundamentaldaten sind gut, selbst wenn man mögliche Katalysatoren wie einen Krieg mit Nordkorea, einen Verlust des Vertrauens in den US-Dollar oder einen Finanzcrash erst einmal außen vor lässt. Es gibt eine ganze Reihe von Faktoren, die den Goldpreis nach oben treiben werden. Schon eine normale Rezession oder außer Kontrolle geratene Inflationsraten würden reichen.

Außerdem möchte ich betonen, dass sich Gold trotz Gegenwind so gut entwickelt. Die Fed hat die Zinsen angehoben, und wenn nicht nur die nominellen, sondern auch die realen Zinsen steigen, sind das normalerweise schwierige Bedingungen für den Goldpreis. Er klettert aber trotzdem. Können Sie sich vorstellen, was passiert, wenn die Fed ihren Kurs umkehren muss, weil sie die Geldpolitik zu stark gestrafft hat? Wenn das Wirtschaftswachstum beginnt sich zu verlangsamen, wird die Fed "pausieren". Das bedeutet nicht, dass die Notenbanker den Leitzins senken werden, aber dass sie mindestens eine Erhöhung auslassen werden.

Im Moment ist die Notenbank wie ein Uhrwerk, eine Zinsanhebung alle drei Monate. März, Juni, September, Dezember, immer 25 Basispunkte. Ab und zu lassen sie jedoch einen Zinsschritt aus. Wenn die Märkte eine Erhöhung erwarten und die Fed stattdessen pausiert, wirkt das wie eine geldpolitische Lockerung. Alles hängt von den Erwartungen ab. Das wird dieses Jahr passieren und dann wird sich der Gegenwind für Gold in einen Rückenwind verwandeln und das gelbe Metall wird noch mehr Auftrieb erhalten. Ich rechne mit einem Anstieg auf 1.400 $ im Jahresverlauf, vielleicht auch höher.

Meine langfristige Vorhersage ist bekanntermaßen ein Goldpreis von 10.000 $ und von dieser rücke ich auch nicht ab. Diese Prognose basiert auf reiner Mathematik. Das ist der implizierte, nicht inflationäre Goldpreis, der nötig wäre, um im Falle eines Finanzcrashs oder einer Liquiditätskrise das Vertrauen in das Währungssystem wiederherzustellen. Das ist keine aus der Luft gegriffene, sondern eine berechnete Zahl. Natürlich wird ein solcher Preis nicht über Nacht erreicht.

Im Moment befinden wir uns jedenfalls wieder in einem Bullenmarkt; den Boden haben wir hinter uns gelassen. Gold hat Aufwärtsdynamik, aber während des Tiefpunkts und kurz danach sind die Anleger immer am pessimistischsten. Genau dann sollte man kaufen - wenn es am schwierigsten ist. Es liegt in der menschlichen Natur, nach einer so langen Baisse entmutigt zu sein und zu sagen, "ich hab es so satt". Aber das ist meist der beste Zeitpunkt für Käufe.


Mike Gleason: Sie sind viel herumgekommen in der Welt und sind immer auf dem Laufenden, nicht nur hier in den Vereinigten Staaten, sondern rund um den Globus. Ich weiß, dass Sie erst kürzlich aus Europa zurückgekommen sind. Sind die Anleger überall so selbstzufrieden, oder ist das nur eine westliche oder amerikanische Erscheinung? Was tun die Leute anderswo, um sich zu schützen oder auf Krisen vorzubereiten?

Jim Rickards: In den USA ist es definitiv besonders schlimm. Vor nicht allzu langer Zeit war ich in Peking und mein Begleiter sagte, "Hey, ich möchte dir etwas zeigen." Wir fuhren durch ein etwas heruntergekommenes Viertel und dann bogen wir um die Ecke und standen plötzlich vor einem Gebäude, das ausgeleuchtet war wie der Time Square. Es war ein Goldhandelszentrum und obwohl es schon ziemlich spät am Abend war, hatte es noch geöffnet.

Es war beleuchtet wie ein Fußballstadium, mit roten Teppichen ausgelegt und die Hostessen liefen in langen Seidenkleidern umher und präsentierten kleine Schaukästen voller Münzen, Barren und Schmuck. Das Geschäft lief offensichtlich großartig. Die Goldnachfrage ist in China sehr hoch, sowohl bei Privatpersonen als auch auf staatlicher Ebene.

Man darf nicht vergessen, dass es in China nicht so viele Optionen gibt. Das Land erzielt enorme Handelsüberschüsse und viele Leute verdienen jede Menge Geld, aber es gibt nicht so viele Investitionsmöglichkeiten. Sie können nicht in ausländische Aktien investieren und sie können ihr Geld nicht so leicht außer Landes bringen wie wir. Als US-Bürger ist es kein Problem, in Schwellenmärkte, Europa oder Japan zu investieren. Ob es eine gute Idee ist, steht auf einem anderen Blatt, aber zumindest ist es nicht schwierig. In China sieht das anders aus.

Dort sind Investoren im Grunde genommen auf den inländischen Aktien- und Immobilienmarkt beschränkt, und beide Märkte neigen zur Bildung von Spekulationsblasen und sind zuletzt mehrfach eingebrochen. Die Anleger sehen sich also nach andern Optionen um, wenn sie fürchten, dass die Aktien und Immobilien überbewertet sind, und sie ihr Geld nicht auf einem Bankkonto liegen lassen wollen. Also kaufen sie Gold und auch die Regierung selbst kauft Gold.

Russland und China haben ihre Goldreserven in den letzten zehn Jahren übrigens verdreifacht. 2006 besaß Russland noch 600 Tonnen Gold, heute sind es fast 2.000 Tonnen. Das Gleiche gilt für China, wobei China in Wirklichkeit zweifellos viel höhere Goldbestände hat, die in keiner öffentlichen Statistik auftauchen. 2.000 Tonnen sind die offizielle Angabe. Auch in Australien und in Europa beobachte ich ein reges Interesse an Gold.

Nur die Amerikaner scheinen es nicht zu verstehen. Ich weiß nicht, warum. Vielleicht liegt es daran, dass der Dollar die bedeutendste globale Reservewährung ist. Vielleicht kommen die Amerikaner auch zu selten aus ihrem Land heraus. Nur 16% der US-Bürger haben überhaupt einen Pass. Die meisten nutzen diesen sicherlich, um in die Karibik, nach Kanada oder vielleicht nach Mexiko oder Bermuda zu fahren. Vielleicht unternehmen sie auch einmal im Jahr eine Reise nach London, Paris oder Italien, um ein bisschen Urlaub zu machen.

Aber die Zahl der Amerikaner, die schon einmal in China, Japan, Australien, Afrika oder anderswo waren, ist sehr gering. Ich will damit niemanden kritisieren, aber wir dürfen nicht vergessen, in was für einer großen Welt wir leben. In vielen Ländern gibt es eine immense Nachfrage nach Gold, aber nicht in den USA. Ich fürchte, dass die Amerikaner die letzten sein werden, die es begreifen.

Wenn die Finanzkrise erst einmal da ist und der Goldpreis in die Höhe schießt, werden sich die Leute natürlich wünschen, dass sie eher gekauft hätten, aber sie werden trotzdem Gold erwerben wollen. Meine Sorge ist, dass sie dann womöglich keins mehr bekommen können, weil die Händler und die Münzprägestätten selbst im Lieferrückstand sind. Große Fonds und Institutionen werden in der Lage sein, ein wenig Gold aufzutreiben, aber Sie werden sehen, dass es schwierig sein wird, physisches Gold zu bekommen. Das ist ein Grund mehr, jetzt zu kaufen, unabhängig vom Preis.



Ich selbst besitze Gold und ich rate allen Anlegern, ebenfalls Gold zu kaufen, physisches Gold. Die Aktien der Goldunternehmen bieten eine Hebelwirkung auf den Goldpreis (wenn sie gut ausgewählt sind) aber ich empfehle trotzdem physisches Gold. Verwahren Sie es nicht in einer Bank. Es gibt genügend zuverlässige, gut versicherte Tresorbetreiber, bei denen Sie Ihr Gold einlagern können. Aber kaufen Sie es, solange Sie es noch kriegen können und solange der Preis niedrig ist.


Mike Gleason: Wir haben das in der Vergangenheit schon selbst erlebt. Es gab durchaus Zeiten, in denen es schwierig war, Gold zu bekommen, und das war vielleicht nur ein Vorgeschmack auf das, was passiert, wenn die Märkte richtig verrückt spielen.

Bevor wir zum Ende des Interviews kommen, können Sie uns vielleicht noch einen konkreteren Ausblick auf die Entwicklungen am Goldmarkt in diesem Jahr geben. Vielleicht möchten Sie auch noch etwas zu den Kryptowährungen sagen, die Sie vorhin kurz angesprochen haben, oder auf die Vermögenswerte eingehen, die am stärksten von einem sinkenden Dollar profitieren werden. Wo sehen Sie die besten Werte und das größte Potential?


Jim Rickards: Nun, ich mag Gold. Ich mag auch Silber. Ich rede und schreibe viel über Gold und halte Präsentationen über das Edelmetall. Die erste Frage ist dann meistens: "Danke, Jim. Was denken Sie über Silber?" Die Antwort ist, ich liebe Silber. Ich denke, es hat einen Platz an der Seite von Gold. Gold wird nicht auf 3.000 $ oder 4.000 $ steigen, ohne dass Silber gleichzeitig auf 40 $ oder 50 $ je Unze klettert.

Die Dynamik am Silbermarkt unterscheidet sich von der Dynamik am Goldmarkt, weil Silber auch in großen Mengen für industrielle Anwendungen benötigt wird, aber es ist fraglos auch ein monetäres Metall und wird bei der Aufwärtsbewegung mit von der Partie sein. Ich habe schon immer zum Kauf einer "Monster Box" geraten, einer versiegelten Box mit 500 American Silver Eagles, die direkt von der Münzprägestätte kommen.

Einschließlich des Einzelhandelsaufschlags kostet Sie das rund 10.000 $, aber meiner Meinung nach sollte jeder eine solche Box haben. Für mich ist sie das Äquivalent von Taschenlampe und Batterien. Wenn der Hurrikan aufzieht, holen Sie Ihre Taschenlampe, passende Batterien und Wasser und treffen vielleicht noch einige andere Vorkehrungen. Für den Fall, dass das Stromnetz zusammenbricht, sollten Sie auch Silbermünzen besitzen.

Die Gründe dafür können vielfältig sein, nicht nur Naturkatastrophen. Wenn der Strom weg ist, funktionieren weder die Geldautomaten noch Ihre Kreditkarten, noch Ihre Kryptowährungen. Wenn Sie ein paar Silbermünzen dabei haben, können Sie trotzdem Lebensmittel für Ihre Familie kaufen.

Was die Kryptowährungen betrifft, habe ich sehr viel Zeit mit Recherchen verbracht. Auf Twitter werde ich ständig kritisiert. Die Trolle sind unterwegs. "Sie sind ein Dinosaurier. Sie verstehen es einfach nicht", usw. Manchmal antworte ich etwas wie, "Ich habe schon Computerprogramme geschrieben, bevor du überhaupt geboren wurdest", und meistens trifft das auch zu. Mein Punkt ist, dass ich die Technologie dahinter sehr gut verstehe. Ich habe mich ausführlich damit befasst und genieße den Vorteil, mit Experten zusammenzuarbeiten.

Ich war im Idea Lab von IBM und habe den Leiter des Projekts Hyperledger Fabric getroffen, das in Zusammenarbeit mit der Linux Foundation entsteht. Hyperledger Fabric ist eine Distributed-Ledger-Technologie, die der Nachfolger der alten Blockchain wird. Ich verstehe die Technologie, aber viele der Technologen verstehen die Geldtheorie nicht. Wenn man digitale Technologie zu Geld machen will, muss man sich aber auf beiden Gebieten auskennen. Vielen Technologieexperten fehlt jedoch der Zugang zur Geldtheorie.

Wir sehen hier gewissermaßen eine "Verwirrung der Massen". Ich mache den Leuten keinen Vorwurf. All das ist neu; es ändert sich täglich und wöchentlich und viele Menschen unterscheiden nicht zwischen den digitalen Währungen und der Plattform oder der Technologie dahinter. Bitcoin und die Blockchain sind aber nicht das Gleiche. Bitcoin ist ein Token, eine virtuelle Münze, die theoretisch als Währung fungieren kann, aber Blockchain ist die Basis dafür. Es gibt übrigens mehr als eine Blockchain. Mittlerweile sind es vermutlich mehrere tausend und sie sind nicht alle gleich, genauso wenig, wie alle Kryptowährungen gleich sind.

Die Fiatwährungen gleichen sich schließlich auch nicht. Sie mögen zwar alle aus Papier sein und aus einer Druckerpresse stammen oder in ihrer digitalen Form in Erscheinung treten, und sie mögen alle von einer Zentralbank herausgegeben werden, aber nichtsdestotrotz besteht ein großer Unterschied zwischen dem US-Dollar und dem Simbabwe-Dollar oder zwischen dem Euro und dem venezolanischen Bolivar.

Das Gleiche gilt auch für die Kryptos. Manche von ihnen finde ich gar nicht schlecht, aber nicht Bitcoin, Ethereum, Ripple oder Monero. Keine der virtuellen Währungen, um die so viel Wirbel gemacht wird. Lassen Sie sich nicht von den Worten "Kryptowährung" oder "Blockchain" verleiten. Verstehen Sie den Unterschied zwischen der Währung und der Plattform und zwischen den verschiedenen Blockchains. Diese basieren auf unterschiedlichen Technologien:

Es gibt alles, vom Federated Byzantine Agreement über Proof of Work, Proof of Space bis hin zu Proof of Stake. Erst heute habe ich schon wieder ein neues Konzept gesehen. Es ist wie im wilden Westen, aber Sie können einen Ansatzpunkt finden, wenn Sie sich intensiv mit der Technologie befassen.


Mike Gleason: Jim, es war mir wie immer ein Vergnügen, mit Ihnen zu sprechen. Sagen Sie unseren Zuhörern und Lesern zum Schluss doch noch, woran Sie gerade arbeiten, wie sie Ihren Newsletter und Ihre Bücher bestellen können, und wie sie sich sonst noch auf dem Laufenden halten können.

Jim Rickards: Mein neustes Buch, "Der Weg ins Verderben" war ein New-York-Times-Bestseller und ist bei Amazon oder im Handel erhältlich. Das vorherige Buch, "The New Case for Gold", ist für Ihre Hörer vielleicht interessant. Es entkräftet all die Argumente, die normalerweise gegen Gold vorgebracht werden und gibt einen Ausblick auf die Zukunft. Im Moment arbeite ich wieder an einem neuen Buch, das aber nicht vor November erscheinen wird.

Mein Newsletter "Strategic Intelligence" wird über Agora Financial vertrieben, ebenso wie eine Reihe anderer Publikationen, z. B. Project Prophecy, Currency Wars Alert und Rickards' Gold Speculators. Wenn Sie sich ein wenig auf der Webseite von Agora Financial umschauen, werden Sie alles finden. Auf Twitter und einer anderen Plattform namens Collide finden Sie mich unter @JamesGRickards. Ich bin dort ziemlich aktiv.

Mike Gleason: Wunderbar. Jim, vielen Dank, dass Sie sich heute Zeit für uns genommen und Ihre Einblicke mit uns geteilt haben. Bis zum nächsten Mal!


© Mike Gleason
Money Metals Exchange



Der Artikel wurde am 20. April 2018 auf www.moneymetals.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.