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Der chinesische Goldmarkt: Noch immer die Zügel in der Hand

24.07.2018  |  Ronan Manly

Da nun die erste Hälfte 2018 hinter uns liegt, ist nun ein guter Zeitpunkt gekommen, um die Geschehnisse am chinesischen Goldmarkt zu betrachten. Als Erinnerung: China ist der größte Goldproduzent der Welt, der größte Goldimporteur der Welt und Chinas Shanghai Gold Exchange ist die größte physische Goldbörse der Welt.

Aus verschiedenen Gründen, wie den Gesetzen zum grenzüberschreitenden Warenverkehrs, den Mehrwertsteuerregelungen und der hohen Liquidität, fließt das physische Goldangebot fast vollständig durch das Aufbewahrungssystem der Shanghai Gold Exchange (SGE). Diese Ströme bestehen aus importiertem, im Inland gefördertem und recyceltem Gold. Demnach muss die chinesische Goldnachfrage beinahe vollständig durch physische Goldkäufe an der SGE gedeckt werden und diese Käufe stellen wiederum einen angemessenen Näherungswert für die Goldnachfrage der chinesischen Großhändler dar. Demnach gilt:

Physisches Goldangebot an der SGE = Goldkäufe mittels der SGE = Chinesische Goldnachfrage der Großhändler

Das Goldangebot umfasst Goldimporte, Bergbauangebot, Altgold/recyceltes Gold und Desinvestitionen. Letztere sind das Gegenteil einer Investition. Es gilt als eine Investition, wenn eine Institution oder Einzelperson Goldbullion direkt an der SGE erwirbt, während eine Desinvestition der Verkauf von physischem Gold ist, welches zunächst eine Scheideanstalt passiert und dann erneut an das Aufbewahrungssystem der SGE übergeben wird.

Die Goldnachfrage des Großhandels umfasst die Verbrauchernachfrage und die institutionelle Nachfrage (direkte Goldkäufe an der SGE). (Eine genauere Erklärung der Angebots- und Nachfrageformel, wie sie auf den chinesischen Goldmarkt anzuwenden ist, finden Sie hier in englischer Sprache.)

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Chinesischer Goldmarkt: Noch immer lebhaft


Goldkäufe an der SGE im Jahr 2018

In den zum Juni 2018 endenden 6 Monaten wurden insgesamt 1.038,4 Tonnen physisches Gold über die Shanghai Gold Exchange nachgefragt. Diese Abflüsse repräsentieren Gold, das tatsächlich physisch aus den über ganz China verteilten Lagerhallen der SGE genommen wurde. Die monatlichen Goldabhebungen an der SGE von Januar bis Juni 2018 betrugen:

Die Gesamtmenge von 1.038 Tonnen ist der dritthöchste Wert, der seit der Eröffnung der SGE in den ersten sechs Monaten eines Jahres verzeichnet wurde. Höher war die Nachfrage nur im ersten Halbjahr 2013 mit 1.098 Tonnen und im ersten Halbjahr 2015 mit 1.178 Tonnen. Der folgende Chart zeigt die kumulativen Goldabhebungen aus den SGE-Tresorräumen in den ersten sechs Jahresmonaten und vergleicht die Jahre 2008 bis 2018.

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Physische Goldkäufe an der SGE in den ersten sechs Monaten der Jahre 2008 bis 2018. (Quelle: www.GoldChartsRUs.com)


Die diesjährigen Goldabhebungen bis einschließlich Ende Juni 2018 entsprächen 2.076 Tonnen, wenn man sie auf das Gesamtjahr hochrechnet. Das wäre die vierthöchste jährliche Nachfrage nach den Jahren 2015, 2013 und 2014. Insgesamt deutet der Umfang der Goldabhebungen an der Shanghaier Edelmetallbörse seit Beginn des Jahres auf einen äußerst lebhaften und gesunden chinesischen Goldmarkt und auf eine sehr starke Großhandelsnachfrage nach Gold hin, wobei die Volumen mit denen der letzten fünf Jahre vergleichbar sind.



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Jährliche, physische Goldabhebungen von der SGE, 2008 bis 2017, bis einschließlich Juni 2018. Quelle: www.GoldChartsRUs.com


Goldimporte nach China

Weltweit ist monetäres Gold (d. h. Zentralbankengold) von Zöllen und Meldevorschriften ausgenommen, wenn es Grenzen passiert. Angesichts dieser Ausnahme ist es schwierig herauszufinden, wie viel Gold die Zentralbanken (einschließlich der Chinesischen Volksbank) zu einem bestimmten Zeitpunkt wirklich besitzen.

Die Flüsse alles übrigen, d. h. nicht monetären Goldes sind üblicherweise schätzbar, da es keine allgemeine Ausnahme von Zöllen und Meldevorschriften gibt. Jedoch ist China ein Sonderfall, da es seine Goldimport- oder -exportstatistiken nicht publiziert. Aus diesem Grund ist es schwieriger, den Umfang des grenzüberschreitenden, nicht monetären Goldhandels in China zu beziffern. Es ist jedoch möglich, Chinas Goldimporte zu schätzen, indem man die Goldexporte anderer Länder nach China betrachtet.

Im Verlauf des bisherigen Jahres sind Hongkong und die Schweiz, wie erwartet, Chinas zwei Hauptlieferanten nicht monetären Goldes geblieben. Kleinere Bezugsquellen des Landes sind das Vereinigte Königreich, Australien und die USA. Während Hongkong der größte Goldlieferant bleibt, bezieht China seit einigen Jahren mehr Gold direkt von anderen Ländern als von Hongkong.

Betrachtet man die Schweiz, kann man sehen, dass das Land in den ersten fünf Monaten 2018, von Januar bis Mai, 212,6 Tonnen nicht monetäres Gold nach China exportierte. 41,2 Tonnen im Januar, 67,2 Tonnen im Februar, 29,6 Tonnen im März, 26,6 Tonnen im April und 38 Tonnen im Mai. Tatsächlich stellte China von Januar bis Juni 2018 in jedem Monat das größte Einzelziel der Schweiz für nicht monetäre Goldexporte dar, noch vor Indien und Hongkong.

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China importierte im Februar 2018 67,2 Tonnen Gold aus der Schweiz. Quelle: www.GoldChartsRUs.com


Als ich diesen Artikel verfasst habe, hatte man die Statistiken des Schweizer Goldhandels für Juni 2018 noch nicht veröffentlicht. Rechnet man die Schweizer Goldexporte nach China jedoch basierend auf den ersten fünf Monaten hoch, kann man von insgesamt 255 Tonnen in den Monaten von Januar bis Juni und von 510 Tonnen für das Gesamtjahr ausgehen.

Das scheint eine ziemlich hohe Zahl zu sein, da China 2017 insgesamt nur 299,8 Tonnen nicht monetäres Gold direkt aus der Schweiz importierte. China tendiert jedoch zunehmend dazu, mehr Gold direkt aus einigen Ländern statt über den Umweg von Hongkong einzuführen, also wäre eine Zunahme der Schweizer Goldexporte direkt nach China zu erwarten. Wie groß diese Zunahme für das Gesamtjahr 2018 sein wird, werden wir nur durch weitere, monatliche Aktualisierungen der Schweizer Handelsstatistiken erfahren.

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Schweizer Goldexporte nach Ländern, 2017, Quelle: www.GoldChartsRUs.com


Laut dem Census and Statistics Department Hongkongs exportierte die Sonderverwaltungszone in den ersten drei Monaten 2018 auf Nettobasis 144,2 Tonnen Gold nach China. Hochgerechnet auf sechs Monate wären das etwa 290 Tonnen; im Gesamtjahr wären es rund 580 Tonnen. Das entspräche einem Rückgang von 7,5% verglichen mit den Nettogoldexporten von Hongkong nach China im Gesamtjahr 2017. Mit einer solchen Abnahme ist durchaus zu rechnen, da China sein Gold, wie eben erwähnt, zunehmend direkt von anderen Quellen bezieht.



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Chinesische Goldimporte aus Hongkong, Quelle: www.GoldChartsRUs.com


Aus einigen Staaten wie dem Vereinigten Königreich, Australien, den USA und Kanada importiert China das Gold auf direktem Weg. Zusammen sind diese Quellen, verglichen mit Hongkong und der Schweiz, noch immer relativ unbedeutende Goldhandelspartner Chinas. Basierend auf den Zahlen von 2017 haben sie im ersten Halbjahr 2018 zusammen aber immerhin wahrscheinlich etwa 30 bis 40 Tonnen Gold nach China verschifft.


Goldproduktion Chinas im Jahr 2018

Neben Goldimporten bleibt Gold, das aus der Bergbauproduktion stammt, eine wichtige Goldquelle Chinas. Laut der China Gold Association (CGA) produzierte das Land 98,22 Tonnen Gold im ersten Quartal 2018, ein Rückgang von 3 Tonnen verglichen mit Q1 2017. Dabei stammten 80,8 Tonnen aus der primären Goldproduktion und 17,4 Tonnen aus Minenbetrieben, in denen Gold als Nebenprodukt gewonnen wird.

Bislang hat die CGA zwar noch keine offiziellen Angaben zur Goldproduktion im zweiten Quartal gemacht, doch der hochgerechnete Wert des ersten Quartals würde eine inländische Minenproduktion von weniger als 200 Tonnen Gold im ersten Halbjahr 2018 und etwa 400 Tonnen im Gesamtjahr bedeuten.

Während in China 2017 noch 426,14 Tonnen Gold gefördert wurden und die Produktion damit bereits bereits 27,3 Tonnen, oder 6%, niedriger ausfiel als 2016, scheint 2018 erneut ein Jahr zu sein, in dem der Ausstoß des weltweit führenden Goldproduzenten sinkt. Angesichts der weiterhin lebhaften Nachfrage am chinesischen Goldmarkt müssen diese relativen Produktionsdefizite künftig durch größere Goldimporte oder zunehmende Mengen an wiederverwertetem Gold ausgeglichen werden.


Preisaufschläge an der Shanghai Gold Exchange

Die Aufschläge auf den Shanghai-Goldpreis gegenüber dem internationalen Goldpreis blieben 2018 positiv, stabil und allgemein niedrig, mit Ausnahme einer kurzen Zeitspanne Ende März. Preislich beliefen sich die SGE-Aufschläge im bisherigen Jahr auf etwa 1 bis 2 Yuan je Gramm oder lagen prozentual ausgedrückt zwischen 0,3% und 0,8%.

Die positiven Aufschläge deuten auf den Anreiz hin, Gold von West nach Ost zu verlagern, während das im Allgemeinen moderate Niveau dieser Aufschläge in diesem Jahr zeigt, dass es aktuell keine großen Angebotseinschränkungen wie schärfere Goldimportregulierungen gibt, die die Aufschläge höher treiben könnten. Vergleichen Sie diese Situation mit dem Spätjahr 2016, als der Goldpreis in Shanghai 2% bis 3% über dem als der internationalen Goldpreis lag, weil Gerüchte über angebliche Einschränkungen der Goldimporte und mögliche Kapitalkontrollen kursierten.

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SGE-Aufschläge auf Gold im Jahr 2018. Quelle: www.GoldChartsRUs.com


Wie die physischen Goldkäufe an der Shanghaier Edelmetallbörse zeigen, belief sich die Goldnachfrage im chinesischen Großhandel in den ersten sechs Monaten dieses Jahres auf mehr als 1.000 Tonnen, angedeutet. Diese Nachfrage muss das Land prinzipiell mithilfe seiner wichtigen Angebotsquellen decken, d. h. mit der inländischen Minenproduktion, den Goldimporten, dem Goldrecycling und durch Desinvestitionen.

Wie aus den Daten vom Jahresbeginn bis Ende Juni hervorgeht, steuerte der chinesische Goldbergbau etwa 200 Tonnen zum Goldangebot bei. Nicht monetäre Goldimporte, insbesondere aus der Schweiz und aus Hongkong, machten weitere 560 bis 580 Tonnen aus. Damit blieben etwa 300 Tonnen übrig, die durch die Wiederaufbereitung von Altgold und Desinvestitionen aufgebracht werden müssten.


© Ronan Manly
BullionStar



Dieser Artikel wurde am 19. Juli 2018 auf www.bullionstar.com und zuvor auf RT.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.