Michael Pento: "Der kommende Crash wird schlimmer als 2000 und 2008"
26.07.2018 | Chris Martenson
Michael Pento, Vermögensverwalter und Autor des Buches "The Coming Bond Market Collapse" ist in dieser Woche für unseren Podcast zu Gast und erklärt, warum er davon ausgeht, dass die Welt auf ein wirtschaftliches Chaos und einen heftigen Börsencrash zusteuert. Die sich abzeichnende Umkehr der Zinsstrukturkurve in den USA betrachtet er als zuverlässigen Indikator für den Beginn einer Rezession noch in diesem Herbst.
Chris Martenson: Willkommen zur aktuellen Ausgabe unseres wöchentlichen Podcasts! Es ist Zeit für ein Geständnis: Niemals, und ich meine wirklich niemals, hätte ich geglaubt, dass die weltweite finanzielle und monetäre Verantwortungslosigkeit so weit führen und so lange anhalten könnte. Wir haben zehn volle Jahre des endlosen Gelddruckens erlebt und erst jetzt denken die Zentralbanken so langsam darüber nach, diese Maßnahme zu beenden.
Ja, die Federal Reserve hat begonnen, ihre Bilanz allmählich zu reduzieren, indem sie zulässt, dass gewisse Finanzinstrumente ihre Fälligkeit erreichen und nicht ersetzt werden. Doch gemeinsam haben die bedeutenden Zentralbanken im Laufe des letzten Jahres dennoch 1,1 Billionen Dollar an neuem Geld in die Märkte gepumpt. Das Ergebnis dieses Gelddruckens ist weithin bekannt: massive Spekulationsblasen an den Immobilien-, Aktien- und Anleihemärkten, sowie ein enormes Wohlstands- und Einkommensgefälle, welches in Europa und in den USA zu großen politischen und gesellschaftlichen Verwerfungen geführt hat.
Eines Tages wird der Wahnsinn enden. Aber wie? Wird sich alles höflich klären und in geordnete Bahnen lenken lassen, wie die Notenbanker hoffen? Oder wird Chaos ausbrechen und gewaltige Verluste sowie massenhafte Entlassungen mit sich bringen? Wir werden diesen Wahnsinn heute gemeinsam mit dem Finanzexperten Michael Pento analysieren, dem Vorsitzenden und Gründer des Investmentunternehmen Pento Portfolio Securities und Autor des Buches "The Coming Bond Market Collapse". Michael, schön, dass Sie heute wieder bei uns sind!
Michael Pento: Danke für die Einladung, Chris.
Chris Martenson: In einem kürzlich veröffentlichten Artikel haben Sie geschrieben, dass Sie eine weitere Finanzkrise erwarten. Erklären Sie uns, wie Sie zu dieser These gelangen.
Michael Pento: Nun, das würde wahrscheinlich mehr als eine Stunde dauern. Ich gebe Ihnen die Kurzversion: Den ersten Punkt haben Sie bereits angesprochen, die Ausweitung der Geldmenge durch die Zentralbanken. Seit 2008 haben die Notenbanken ihre Bilanzen gemeinsam von 3 Billionen Dollar auf insgesamt 15 Billionen Dollar erhöht, weil sie den Konjunkturzyklus und Rezessionen ein für alle Mal abschaffen wollten.
Sie druckten - man könnte auch sagen sie fälschten - also 12 Billionen Dollar, um einen Kollaps der Assetpreise zu verhindern. Das ist ihnen gelungen. Die Aktienkurse sind auf neue Spitzenstände gestiegen und in den USA entspricht die Marktkapitalisierung aller börsennotierten Unternehmen mittlerweile 145% des Bruttoinlandsprodukts. Dieser Wert ist ein absolutes Novum, ein neuer Rekord. Der vorherige Rekord wurde übrigens im März 2000 verzeichnet - kein gutes Zeichen.
Ein normales Verhältnis wären rund 50%. Der Wert aller Unternehmensaktien sollte also etwa 50% der gesamtwirtschaftlichen Leistung entsprechen, doch heute liegt er bei 145%. Daran zeigt sich, welche Unmengen an Geld wir gedruckt haben. Dieses Geld ist in die Aktienmärkte geflossen und hat dort zu einer Spekulationsblase geführt. Offensichtlich ist gleichzeitig auch an den Anleihemärkten eine Blase entstanden, denn weltweit sind Staatsanleihen im Wert von Billionen von Dollar im Umlauf, die negativ verzinst sind. An den Immobilienmärkten hat sich ebenfalls eine neue Blase gebildet.
All diese Blasen sind parallel entstanden, haben sich gemeinsam aufgebläht. Und jetzt haben die Notenbanken beschlossen, ihre Geldpolitik wieder zu straffen. Viele Menschen werden mir jetzt sicher widersprechen, aber meine persönliche Meinung ist, dass die Federal Reserve noch nie einen so aggressiven Straffungskurs verfolgt hat wie heute. Ich will auch erklären, warum ich das denke.
Chris Martenson: Noch nie?
Michael Pento: Wir wissen, dass die Fed die Zinsen bereits von 0% auf 2% angehoben hat und der nächste Zinsschritt wird im September erwartet. Danach wird wahrscheinlich im Dezember eine weitere Erhöhung folgen, d. h. es wären vier Anhebungen in diesem Jahr. Nächstes Jahr sollen weitere vier Schritte folgen. Kein Problem? Oh doch. Ich werde gleich erklären, worin das Problem besteht.
Zur gleichen Zeit verkauft die Fed ihre Vermögenswerte, um die Bilanz zu kürzen. Ich sage ganz bewusst "verkaufen", denn genau das tun die Notenbanker im Grunde genommen. Sie nehmen z. B. eine Staatsanleihe mit einer Laufzeit von zehn Jahren, die gerade fällig wird, und lassen sich den Nennbetrag von der Staatskasse auszahlen. Diese hat allerdings kein Geld, also muss sie sich an die Öffentlichkeit wenden und das Geld auftreiben. Ab Oktober werden davon Assets im Wert von 50 Milliarden Dollar monatlich betroffen sein.
Im Moment sind es 30 Milliarden Dollar, ab Juli sind es 40 Milliarden Dollar und dann wird der monatliche Umfang auf 50 Milliarden Dollar erhöht. Insgesamt wird sich das öffentliche Angebot an US-Treasuries also schon bald um 600 Milliarden Dollar zusätzlich pro Jahr erhöhen, und diese Schuldverschreibungen müssen zu Marktzinsen finanziert werden. Sie kommen zusätzlich zur erwarteten Neuverschuldung von 1,2 Billionen Dollar im nächsten Jahr dazu.
Die Fed strafft damit stärker als je zuvor, ist "falkenhafter" als je zuvor. Es gibt nur ein Problem: Der Spread zwischen den langfristigen und den kurzfristigen Zinsen kann kaum noch geringer werden, ohne dass sich die Zinsstrukturkurve umkehrt.
Im Moment beträgt die Differenz zwischen der Rendite der 10-jährigen und der 2-jährigen US-Staatsanleihe nur 34 Basispunkte. Die Fed hat aber praktisch versprochen, dass im September eine weitere Zinserhöhung folgen wird, weil sie guten Beschäftigungszahlen fürchtet - als ob diese der Grund für Inflation wären. Die Notenbanker haben Angst, dass sich die Wirtschaft überhitzen könnte, und glauben deswegen, sie mit höheren Zinsen ausbremsen zu müssen. Das wären dann weitere 25 Basispunkte.
Wenn die Rendite der 2-jährigen Treasuries die aktuelle Differenz zum Leitzins beibehält und ebenfalls um 25 Basispunkte klettert, wäre die Zinskurve anschließend fast flach und würde sich im Dezember umkehren.
Warum ist das so wichtig? Wen interessiert die Zinsstrukturkurve? Ich bin sicher, dass sich der ein oder andere das jetzt fragt. Nun, wenn sich die Zinsstrukturkurve umkehrt, dann führt das fast immer zu einer Rezession. Tatsächlich kann ich behaupten, dass eine Inversion der Kurve in unserer heutigen Zeit, im Rahmen des aktuellen Fiatwährungssystems, definitiv zu einer Rezession führen wird, weil sie zur Folge hat, dass sich das Geldangebot verringert. Die permanente Ausweitung der Geldmenge ist jedoch der Treibstoff der Kursgewinne und der Blasen an den Finanzmärkten.
Wenn sich die Zinskurve nun umkehrt, dann sinkt auch das Geldangebot, weil die Banken dann mit ihren Assets, d. h. ihren langfristigen Krediten, weniger Geld verdienen, als sie in Form von Zinsen für ihre Verbindlichkeiten, d. h. für die Einlagen, zahlen müssen. Das ist ein Patentrezept dafür, die Banken insolvent zu machen. Unter diesen Voraussetzungen wird die Kreditvergabe abnehmen.
Das Angebot an Liquidität wird also stark sinken, weil keine Bank mehr einen Kredit vergeben wird, wenn es sich für sie angesichts der Einlagenzinsen nicht mehr lohnt. Abgesehen davon führt eine Rezession typischerweise auch dazu, dass ein Teil Einlagen abgezogen wird. Wenn die Kurse an den Finanzmärkten fallen, kann ein Bank-Run die Folge sein. Das Zusammenspiel dieser Faktoren führt also immer zu einem wirtschaftlichen Abschwung. Genau diesen Punkt werden wir im Herbst oder gegen Jahresende erreichen.
Chris Martenson: Sie haben hier viele wichtige Punkte angesprochen, Michael. Auf einen möchte ich noch einmal genauer eingehen. Sie hatten erwähnt, dass die Federal Reserve und vielleicht auch andere Zentralbanken den Konjunkturzyklus abschaffen und durch etwas ersetzen wollen, was wir dann wahrscheinlich Kreditzyklus nennen. Statt Unternehmenspleiten gibt es dann Einbrüche der Kreditmärkte.
Ich bin der Ansicht, dass diese insgesamt schädlicher sind als normale Rezessionen im Rahmen zyklischer Konjunkturrückgänge. Letztere sorgen dafür, dass schlechte Geschäftsideen vom Markt verschwinden. Würden sie dem zustimmen? Und wenn ja, was geschieht dabei und warum ist das Ende von Kreditzyklen so gefährlich?
Michael Pento: Wie Sie wissen hatten wir früher einen Goldstandard und normale Wirtschaftszyklen. Die Rezessionen waren meist relativ mild, weil die Assetpreise im Vergleich zur zugrundeliegenden Wirtschaft gar nicht erst auf solch astronomische Höhen aufgebläht wurden. Aber heute haben wir negativ verzinste Schuldpapiere. Es gibt Regierungen und in Europa teilweise sogar Unternehmen, die dafür bezahlt werden, dass sie Geld leihen. Das wird sich infolge der sinkenden Liquidität allerdings ziemlich plötzlich ändern, und dann werden die Anleiherenditen dramatisch in die Höhe schießen.
Bislang ist der LIBOR von 0,3% auf 2,33% gestiegen, aber stellen Sie sich nur vor, welches Niveau er im Rahmen einer Krise erreichen würde. Der LIBOR, die London Interbank Offered Rate, ist der Satz, zu dem Kredite und Derivate im Wert von 370 Billionen Dollar verzinst werden. Nein, das war kein Versprecher. Diese Summe steht bei einem Einbruch des Kreditzyklus auf dem Spiel. Die weltweit ausstehenden Schulden sind damit um ein Vielfaches höher als die weltweite Wirtschaftsleistung. Die Gesamtschulden belaufen sich auf 230 Billionen Dollar, glaube ich.
Chris Martenson: 233 Billionen, als sich das letzte Mal nachgesehen habe.
Michael Pento: 233 Billionen, was 330% des Bruttoweltprodukts entspricht.
Chris Martenson: Exakt.
Michael Pento: Insgesamt haben die ausstehenden Kredite und Derivate also eine Höhe von schätzungsweise 370 Billionen Dollar. Wenn durch einen Kreditboom solche gewaltigen Blasen entstehen wie heute, wenn die Immobilien- und die Anleihemärkte verzerrt und die Aktienmärkte massiv überbewertet sind, und wenn die Leute dann immer noch behaupten, die Assets wären fair bewertet, muss ich lachen. Wenn ich mir die mittleren Kurs-Gewinn-Verhältnisse, Kurs-Umsatz-Verhältnisse und das Verhältnis der Marktkapitalisierung zum BIP anschauen, dann ist klar, dass das der teuerste Aktienmarkt der Geschichte ist.
Chris Martenson: Sprechen wir noch einen Moment über die Anleihemärkte, mit denen Sie sich für Ihr Buch ja ausführlich befasst haben. Um es noch einmal zu wiederholen: Ich hätte wirklich nie gedacht, dass wir uns jemals an diesem Punkt befinden würden. Was mich besonders erstaunt, ist nicht, dass wir Fehler machen, sondern dass wir exakt die gleichen Fehler nochmal machen.
Michael Pento: Nicht die gleichen. Dieses Mal sind sie viel schlimmer.
Chris Martenson: Sprechen wir über diese Fehler. Sie haben den LIBOR erwähnt. Ich denke, dass viele Menschen gar nicht wissen, wo der Unterschied zwischen einer Unternehmensanleihe und einem Unternehmenskredit ist. Ich möchte, dass Sie uns mit in die Welt der Covenant-Lite-Kredite nehmen, aber helfen Sie uns zunächst zu verstehen, warum das ein Problem ist.
Michael Pento: Nun, zuerst einmal muss gesagt werden, dass die Unternehmensschulden im Verhältnis zum BIP ebenfalls ein Rekordhoch erreicht haben. Sie entsprechen heute in den USA etwa 45% der wirtschaftlichen Gesamtleistung.
Chris Martenson: Wow.
Michael Pento: Das ist ein Allzeithoch, aber auch die Qualität der Schuldverschreibungen hat abgenommen. Anders gesagt ist die Zahl der Zombie-Unternehmen ebenfalls höher als je zuvor. Zombie-Unternehmen sind die Gesellschaften, deren operativer Cashflow nicht reicht, um den Schuldendienst zu leisten. Auch das Volumen an Schuldverschreibungen mit BBB-Rating hat einen Rekord erreicht. Die Qualität der Kredite ist also schlechter, als wir das jemals erlebt haben.
Übrigens hat selbst Mario Draghi angekündigt, die quantitativen Lockerungen zu beenden. Die monatlichen Anleihekäufe der EZB werden im Oktober zunächst von 30 Milliarden auf 15 Milliarden Euro reduziert und dann zum Jahresende ganz eingestellt. Die Federal Reserve betreibt unterdessen ab Oktober das Gegenteil von QE, im Umfang von 50 Milliarden Dollar pro Monat. Die Zentralbanken erhöhen also die Zinsen. Der LIBOR ist, wie erwähnt, bereits von 0,3% auf 2,33% gestiegen.
Wenn die Zinsen steigen, bedeutet das mehr und mehr Stress für die Unternehmen, die ohnehin kaum die Gewinnschwelle erreichen, sowie für die Zombie-Unternehmen, die nur überleben können, weil sie neue Schulden aufnehmen, um die alten Schulden zu tilgen, und deren Einnahmen nicht einmal reichen, um die Zinsen zu bezahlen.
Die Situation ist in dieser Form völlig neu. Und aus diesem Grund wird die nächste Rezession oder Depression viel schlimmer werden. 2008 konnten die Zentralbanken immerhin noch die Zinsen senken. Nehmen wir nur die Fed als Beispiel: Ihr Leitzins lag bei 5,25%. Dieser wurde im Zuge der Krise auf 0% gesenkt, und erst danach wurden die quantitativen Lockerungen beschlossen. Ende 2007 und Anfang 2008 belief sich die Bilanzsumme der Fed noch auf 800 Milliarden Dollar.
Jetzt kann die Notenbank die Zinsen allerdings nur von 2% auf 0% senken und die Bilanz beträgt bereits 4,4 Billionen Dollar. Darüber hinaus lagen die US-Staatsschulden 2007 bei 10 Billionen Dollar, während sie jetzt 22 Billionen Dollar betragen. Es gibt einfach nicht mehr genügend Spielraum. Noch kritischer ist die Lage in Europa und Japan. Die Leitzinsen der EZB und der Bank of Japan liegen schon heute bei 0% bzw. im negativen Bereich. Die Rendite der deutschen Bundesanleihe beträgt 0,35%.
Mr. Kuroda, der Vorsitzende der Bank of Japan, hat es noch schwerer. Die japanische Wirtschaft befindet sich bereits auf halbem Wege zu einer offiziellen Rezession. Im ersten Quartal betrug das Wirtschaftswachstum des Landes -0,6%. Was wird die Bank of Japan tun, wenn es wirklich zu einem Abschwung kommt? Wie wird sie dem Land aus der Rezession helfen, wenn die Zinsen schon bei 0% liegen und sie bereits 80 Billionen Yen im Jahr neu druckt? Ich denke mir diese Zahlen nicht aus.
Das ist die Zentralbank eines bedeutenden Landes, einer bedeutenden Wirtschaftsnation. Ich glaube Japan hat die viertgrößte Wirtschaft der Welt und sie drucken jedes Jahr 80 Billionen Yen, nur um sich über Wasser zu halten, um den Anleihenmarkt und den Aktienmarkt vor der Implosion zu bewahren. Was können sie noch tun, wenn es zu einer Rezession kommt, Chris? Wahrscheinlich werden sie einfach nur die Hände in die Luft werfen. Was wollen sie auch machen, die Zinsen senken, Geld drucken? Ihnen bleiben keine Möglichkeiten mehr.
Wir leben in einer global vernetzten Wirtschaft. Wenn es in Japan abwärts geht, wird die Rezession auch auf die Vereinigten Staaten und auf China übergreifen - und es gibt nichts, was die Zentralbanken dagegen tun können, weil ihre Bilanzen bereits über alle Maßen strapaziert sind.
Chris Martenson: Nun, Michael, viele Leute fragen sich: Was sollte die Zentralbanken denn davon abhalten, die Geldmenge erneut auszuweiten und ihre Bilanzen noch einmal zu verdreifachen, zu verfünffachen oder zu verzehnfachen? Eine nicht ganz unberechtigte Frage.
Michael Pento: Ich werde Ihnen sagen, warum das nicht so einfach ist. Ein Fiatwährungssystem beruht allein auf Vertrauen. Wenn meine Dollar durch Gold gedeckt wären, wüsste ich, dass Gold einen inneren Wert hat. Es ist schön, selten, praktisch unzerstörbar und hat seine Kaufkraft seit tausenden von Jahren behalten. Dieser Wert basiert also im Grunde genommen nicht auf Vertrauen, sondern auf Wissenschaft und auf Fakten. Es kostet rund 1.000 Dollar, eine Unze Gold aus der Erde zu gewinnen. Die Förderung und Aufbereitung ist äußerst arbeits- und energieintensiv.
Ich weiß also, dass Gold einen inhärenten Wert hat. Wenn meine Währung jedoch nicht gedeckt ist, dann beruht ihr Wert allein auf dem Vertrauen in die Zentralbanken und deren Fähigkeit zur Kontrolle der Zinsen. Die Zentralbank kann Geld drucken, auch 85 Milliarden Dollar im Monat über mehrere Jahre hinweg.
Sie kann ihre Bilanzsumme von 800 Milliarden Dollar auf 4,5 Billionen Dollar erhöhen, aber dafür müssen zwei Voraussetzungen gegeben sein: Erstens müssen alle anderen Staaten zur selben Zeit eine ähnliche Strategie verfolgen und zweitens müssen die Bürger oder zumindest die Märkte verstehen, dass die Zentralbank all die aufgekauften Finanzinstrumente auch wieder abverkaufen und dadurch die Geldmenge verringern und dem Bankensystem die Liquidität wieder entziehen kann. Das gibt der Öffentlichkeit das Vertrauen, dass ihr lausiger Fiatdollar seine Kaufkraft zumindest scheinbar behält.
Wenn die Zentralbank jedoch 3,7 Billionen Dollar an neuem Geld druckt, die Zinsen von 5,25% auf 0% senkt und anschließend nur leicht wieder anhebt, auf 2%, und dann eingesteht, dass sie ihre Bilanz nie wieder normalisieren kann, weil die Wirtschaft in eine Rezession abgleitet, dann sieht die Situation ganz anders aus. Ich bin überzeugt davon, dass die Notenbanken wieder zum Gelddrucken übergehen werden, wenn sich die Weltwirtschaft abkühlt, und dieses Mal wird das Urteil der Märkte vernichtend ausfallen. Die Märkte sind der wahre Ursprung der Inflation und ihr Vertrauen in die Währungen und deren Kaufkraft würde in diesem Fall rasant schwinden.
Wenn die Federal Reserve unter Jerome Powell also bei einem Leitzins von vielleicht 2,5% erneut eine Zinssenkung beschließt oder eine neue Runde der quantitativen Lockerungen ankündigt, dann ist die Katze aus dem Sack. Der Markt wird dann verstehen, dass die Fed Schuldverschreibungen im Wert von Billionen von Dollar dauerhaft monetarisiert hat und diese Assets nie wieder verkaufen kann. Die Fed wird diese Dollars nie wieder aus dem Bankensystem entfernen können und das ist ein todsicheres Rezept für unkontrollierte Inflation, selbst wenn andere Zentralbanken eine ähnliche Strategie verfolgen. Der große Gewinner wird in diesem Fall Gold sein.
Chris Martenson: Sehr gut, dass Sie zu dieser Schlussfolgerung kommen. Auf Gold wollte ich ohnehin noch zu sprechen kommen, doch zuvor würde ich einen Gedankengang gern noch weiter verfolgen, weil er so wichtig ist. Europa scheint, politisch gesehen, zumindest in Bezug auf einige Angelegenheiten eine widerspenstigere, eine aktivere Bevölkerung zu haben als die Vereinigten Staaten. Die Europäer haben erkannt, dass es eine Ungerechtigkeit ist, wenn die Zentralbank Geld druckt und die Luft wirft bzw. in den "Markt" - d. h. die Großbanken - pumpt.
Es erscheint ihnen unfair, weil einige Leute im Zuge dessen extrem reich werden, während andere, z. B. die arbeitende Bevölkerung Griechenlands, Spaniens, Italiens usw., das Nachsehen haben. Politisch betrachtet wird es dieses Mal wahrscheinlich äußerst schwierig für alle Zentralbanken, sich an den Händen zu fassen und "Kumbaya" zu singen. Ich glaube nicht, dass die EZB noch über die nötige politische Schlagkraft verfügt. Was denken Sie? Könnte Europa zur Bruchstelle der koordinierten globalen Geldpolitik werden?
Michael Pento: Guter Punkt, Chris. Ich sage schon seit Langem, dass die finanziellen Stimulierungsmaßnahmen nur dann erfolgreich beendet werden können, wenn die Zentralbanken das gleichzeitig tun und sich aufeinander abstimmen. Die Federal Reserve sollte die Zinsen also eigentlich nicht erhöhen, wenn die EZB und die Bank of Japan das nicht ebenfalls tun. Aber genau das geschieht gerade und wir sehen ja, was es in den Schwellenländern anrichtet. Der argentinische Peso, der brasilianische Real, die türkische Lira - all diese Währungen brechen massiv ein. Es ist sehr schwierig, den Geldhahn nur einseitig abzudrehen.
Sie haben in diesem Zusammenhang einen interessanten Punkt angesprochen, den ich noch kurz kommentieren möchte, und der dafür gesorgt hat, dass Trump Präsident werden konnte.
Die Mittelschicht wurde im Zuge dieser Geldpolitik dezimiert, ja regelrecht ausgenommen, und zwar nicht nur in den USA, sondern auch in Europa. Die Finanzialisierung der Wirtschaft, die Abschaffung des Konjunkturzyklus, das Vermeiden jeglicher Rezessionen führt dazu, dass die Menschen in der obersten Gesellschaftsschicht äußerst wohlhabend werden, weil sie bereits finanzielle Vermögenswerte besitzen. Sie halten Aktien, Anleihen und Immobilien, die alle im Preis steigen. Gleichzeitig werden aber auch Energie, Lebensmittel, Kleidung usw. teurer - Dinge, für die die unteren Schichten einen viel größeren Teil ihres Einkommens ausgeben.
Infolgedessen werden die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer. Es kommt zu einer Spaltung der Gesellschaft, die dazu beträgt, dass Parteien wie die Fünf-Sterne-Bewegung in Italien an die Macht kommen, und dass jemand wie Trump zum US-Präsidenten gewählt wird. Ich denke, dass diese populistischen Bewegungen weiter an Einfluss gewinnen werden, während wir uns unaufhaltsam auf eine globale Rezession oder Depression zubewegen, die wahrscheinlich noch in diesem Jahr beginnen wird.
Chris Martenson: Ich stimme Ihnen da voll und ganz zu. Noch eine kurze Nebenbemerkung: Das Wall Street Journal hat kürzlich einen umfangreichen, empathischen Beitrag über Italien veröffentlicht, der den Fokus hauptsächlich auf alle die jungen Frauen legte, die noch immer bei ihren Eltern wohnen müssen usw. Sie haben es tatsächlich geschafft, einen 1.800 Wörter langen Artikel zu schreiben, ohne dabei einmal auf die Ursachen dieser unglücklichen Lage einzugehen.
Wie wir gerade diskutiert haben, liegen diese in der Geldpolitik der Zentralbanken, die einen Keil der Vermögens- und Chancenungleichheit in die Gesellschaft getrieben hat. Wie kann es sein, dass uns noch immer solche Beiträge vorgesetzt werden? Das sind keine Fake News, aber sie lassen den Kontext und die Hintergründe völlig außer Acht.
Michael Pento: Nun, die Bevölkerung wurde gewissermaßen betäubt und es ist sehr praktisch, sie in Bezug auf die Vorgänge im Hintergrund und in Bezug auf die Funktionsweise von Währungen so unwissend wie möglich zu halten. Es nützt den Machthabenden, wenn die Menschen nicht wissen, was einer Währung echten Wert verleiht, oder welche Vorzüge eine Deckung durch Gold hätte. Wenn sie wirklich wüssten, was mit der Kaufkraft ihres Geldes geschieht, wenn sie die Ursachen für die Kluft zwischen Reich und Arm wirklich verstehen würden ...
Sie verstehen das auf eine instinktive Weise, aber es wird ihnen nicht richtig erklärt, zumindest nicht auf Sendern wie CNBC. Dort werden Sie keine Diskussionen dieser Art zu hören bekommen. Ich wurde von diesem Sender übrigens schon seit mehr als einem Jahr nicht mehr eingeladen und ich weiß nicht einmal, warum. Vielleicht, weil ich die Dinge beim Namen nenne und das Drucken von 12 Billionen Dollar als Geldfälschung bezeichne. Vielleicht, weil ich den Zuhörern erkläre, dass die Zentralbanken dieses Geld nie wieder aus dem Umlauf nehmen können.
Wenn sie das versuchen, wenn sie das Geld im Grunde genommen zerstören, dann steigen die Zinsen. Doch wenn sich die Zinssätze erhöhen, während gleichzeitig die größten Finanzblasen der Geschichte bestehen und die Verschuldung ein Rekordniveau erreicht hat, dann kollabiert die Wirtschaft, so wie im Jahr 2008. Darauf steuern wir zu. Aber vielleicht sind die Notenbanker auch ebenso ahnungslos wie die meisten anderen. Sie sehen sich die Phillips-Kurve an und hoffen, dass ihre Modelle ihnen sagen, was sie tun sollen.
Sie betrachten die Arbeitslosenquote in den USA und denken, "Oh mein Gott, wir stehen kurz vor der Hyperinflation." Dabei stehen wir in Wirklichkeit kurz vor einer deflationären Depression, nicht vor einer unkontrollierbaren Inflation. Das ist genau das Gegenteil. Doch sie vertrauen weiter auf ihre fehlerhaften Modelle, die noch nie richtig funktioniert haben, und auf die Daten, die der Wirklichkeit hinterherhinken. Die Inflation ist beispielsweise ein nachlaufender Indikator.
Die Notenbanker sorgen sich also darum, dass das Wachstum die Wirtschaft überhitzen könnte, wenn sie sich vielmehr darum sorgen sollten, was passiert, wenn die Wirtschaft einbricht. Was werden wir tun? Warum haben wir es dem Sturm der kreativen Zerstörung 2009 nicht erlaubt, die Assetpreise so weit sinken zu lassen, bis sie vom freien Markt gestützt werden? Wir könnten eine stabile Währung, eine stabile Dynamik von Inflation und Deflation sowie stabile Zinsen haben. Aber wir haben gegen den Abschwung gekämpft, der potentiell nur eine kurze, vorübergehende Depression gewesen wäre und vielleicht etwa zwei Jahre angedauert hätte.
Stattdessen hatten wir nun ein Jahrzehnt, welches sich in Wahrheit als langgezogene Rezession beschreiben lässt. Die Wirtschaft ist zu keinem Zeitpunkt dynamisch gewachsen. Das Wachstum lag bei 2% oder knapp darunter und selbst dieser Wert wurde nur erreicht, weil die Inflationsrate zu niedrig berechnet wurde. Aus wirtschaftlicher Sicht war das ein verlorenes Jahrzehnt, so wie das in Japan schon seit dutzenden Jahren der Fall ist. All das führt unweigerlich auf den nächsten Schritt hin, der meiner Ansicht nach viel schlimmer sein wird: eine synchrone, globale Depression. Das ist es leider, was die Zentralbanken und Regierungen ihrer Bevölkerung auferlegt haben.
Chris Martenson: Die meisten Medien versuchen, die Zentralbanken als eine Art Wohltätigkeitsorganisation darzustellen und schreiben, dass das Gelddrucken ein Nullsummenspiel ist, wenn die Notenbanken ihren Job richtig machen. Manche ziehen einen Gewinn daraus, andere machen einen Verlust. Wenn in Japan Geld gedruckt wird, um den Yen abzuwerten, dann freut man sich. Juhuu, Rekordgewinne für Sony. Aber die Menschen, die versuchen von festverzinslichen Anlagen zu leben oder die auf importierte Lebensmittel angewiesen sind, haben darunter zu leiden.
Die Zentralbanken transferieren auf diese Weise Vermögen von der allgemeinen Bevölkerung in die Taschen einiger Unternehmen, weil ihnen das sinnvoll erscheint. Ich bin mir sicher, dass sie dafür Gründe haben, die in ihren Augen logisch sind. Aber sie organisieren auf die Weise eine Umverteilung des Kapitals, die der Gesellschaft als Ganzes schadet.
Ihre Theorie ist also, dass die Zentralbanken die Geldmenge, die Märkte und die Assetpreise zwar vorübergehend aufblähen können, aber dass sie letztlich scheitern müssen, weil es sich bei dem neu gedruckten Geld nicht um echtes Vermögen handelt. Und wenn der Crash beginnt, dann wird alles sehr schnell gehen und der Kollaps wird womöglich sehr viele Bereiche erfassen.
Michael Pento: Ganz genau. Ich würde das auch nicht als Nullsummenspiel bezeichnen, sondern eher als Negativsummenspiel. Kurzfristig bewirkt es vor allem die Auslöschung der Mittelschicht und den weiteren Abstieg der unteren Gesellschaftsschichten. Alle steigen ab, mit Ausnahme einer kleiner Klasse von Aristokraten. Eine Plutokratie, eine Herrschaft des Geldes, entsteht. Das ist an sich schon schlimm genug.
Doch am Ende des Kreditzyklus, wenn es wieder abwärts geht, werden alle ärmer. Wenn Sie dachten, das bisherige Gelddrucken war schon schlimm genug, dann ziehen Sie sich warm an. Beim nächsten Abschwung wird es nicht nur Zinssenkungen und quantitative Lockerungen geben. Die Zentralbanken werden auf neue Methoden wie Helikoptergeld, negative Zinsen und Bargeldverbote zurückgreifen müssen, um die Inflation wieder anzukurbeln.
In den Vereinigten Staaten wird es nicht reichen, den Leitzins wieder von 2,5% auf 0% zu senken und das frisch gedruckte Geld über die Banken und deren Überschussreserven zu verteilen. Das allein wird die Wirtschaft nicht wieder in Schwung bringen. Man wird das Bankensystem umgehen und das Geld auf direktem Wege verteilen müssen. Die Zentralbank wird also die Schulden des Finanzministeriums monetarisieren und dieses wird das Geld direkt an die Bürger weiterleiten.
Außerdem denke ich, dass man das Bargeld abschaffen wird. Meiner Meinung nach ließ man die Kryptowährungen nur deshalb so lange gewähren, weil die Zentralbanken etwas einführen wollen, was ich als "Fed Coin" bezeichne: eine digitale Währung, die über die Blockchain gehandelt wird.
Es wird sich um rein elektronisches Geld handeln und Sie werden es sich nicht physisch auszahlen lassen können. Sie werden nicht die Möglichkeit haben, Ersparnisse anzulegen, weil die Zinsen negativ sein werden, um die Geldumlaufgeschwindigkeit und das Geldangebot zu erhöhen. Das sind die Maßnahmen, mit denen ich rechne. Aus diesem Grund denke ich auch, dass es ein Negativsummenspiel sein wird. Die Inflationsraten werden steigen und die sozialen Unruhen werden zunehmen, weil die von den Zentralbanken geschaffene Situation langfristig nicht tragbar ist. Dieses System beginnt bereits überall auf der Welt Risse zu bekommen.
Chris Martenson: Michael, in der verbleibenden Zeit möchte ich noch eine Frage stellen: Wie kann sich der durchschnittliche Anleger schützen?
Michael Pento: Nun, wir haben ein Inflations-/Deflationsportfolio konstruiert. Im Moment sind wir in Bezug auf die allgemeinen Märkte auf Nettobasis short, wobei wir inverse ETFs verwenden. Wir nutzen keine Hebel und keine Margins. Das Modellportfolio ist short in Schwellenmärkten, während wir auf den US-Dollar derzeit Long-Positionen halten, weil wir in den USA im Verhältnis zu anderen Währungen immerhin noch ein gewisses Wachstum und höhere Zinsen haben. Ich glaube wirklich, dass die Zeit für Gold kommen wird, aber aktuell ist Gold in unserem Modellportfolio untergewichtet, weil der Kurs negativ auf steigende Zinsen reagiert.
Es gibt hier verschiedene Ansätze. Es gibt diejenigen, die zur Durchschnittspreismethode, zum langfristigen Kaufen und Halten von Gold raten und immer wieder versichern, dass alles gut wird. Es gibt diejenigen, die auf ein ausgeglichenes Aktien- und Anleiheportfolio setzen. Beides kann funktionieren, letzteres aber vor allem, wenn nicht an beiden Märkten riesige Spekulationsblasen entstanden sind. Diese haben wir zur Zeit allerdings und die Märkte werden letztlich einbrechen. Sowohl die Aktien- als auch die Anleihekurse werden in die Tiefe stürzen. Sie brauchen also ein Modell, das Ihnen sagt, wann es Zeit ist, auszusteigen und Ihre Gewinne zu schützen.
Der dritte Crash seit 2000 wird meiner Einschätzung nach der heftigste werden. Damals ist der NASDAQ um 85% abgestürzt und der S&P 500 hat etwa die Hälfte seines Wertes verloren. 2008 wiederholte sich das. Aber ich fürchte, dass die dritte Runde noch viel schlimmer wird. Wie gesagt, es gibt nicht viel, was die Zentralbanken und die Regierungen kurzfristig tun können, um den unkontrollierten Kurs- und Preisverfall zu stoppen und in Inflation zu verwandeln. Mittelfristig wird ihnen das aber durchaus gelingen und deswegen glaube ich auch, dass Gold im Zuge dessen einen bislang beispiellosen Aufwärtstrend erleben wird.
Chris Martenson: Michael, vielen Dank, dass Sie sich heute Zeit für uns genommen und Ihre Gedanken mit uns geteilt haben. Bitte sagen Sie unseren Lesern und Zuhörern noch, wo sie mehr über Ihre Arbeit und Ihren Fonds erfahren können.
Michael Pento: Besuchen Sie einfach meine Webseite PentoPort.com oder schreiben Sie mir direkt eine E-Mail an mpento@pentoport.com.
Chris Martenson: Wunderbar, und nochmals vielen Dank.
Michael Pento: Danke, Chris.
© Chris Martenson
Peak Prosperity
Der Artikel wurde am 27. Juni 2018 auf www.PeakProsperity.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.