GoldSeiten.de - Gold & Silber, Münzen und Barren sowie Minengesellschaften

LBMA: Transparenz im Londoner Papiergold-Kasino?

06.12.2018  |  Ronan Manly

Die London Bullion Market Association (LBMA) hat kürzlich einen Satz Daten zum "Handelsvolumen" veröffentlicht, die die OTC-Märkte für Gold und Silber in London und Zürich erfassen. Diesen Daten zufolge werden täglich umgerechnet 939 Tonnen Gold (30,2 Mio. Unzen) und 11.174 Tonnen Silber (359,2 Mio. Unzen) von den Mitgliedern der LBMA (wie Market Maker und Banken) zur Abwicklung auf diesen beiden Märkten (loco London/loco Zürich) gehandelt.

Relativieren wir dieses Handelsvolumen: Nur ungefähr 3.200 Tonnen Gold werden weltweit im Jahr abgebaut. Das bedeutet, dass etwa alle dreieinhalb Handelstage das "Gold", mit dem LBMA-Mitglieder durch "Settlement" in London oder Zürich handeln, die Menge an Gold überschreitet, die tatsächlich weltweit in einem Jahr gefördert wird. Genauso verhält es sich bei Silber, pro Jahr werden weltweit ungefähr 27.000 Tonnen gewonnen. LBMA-Mitglieder handeln alle zweieinhalb Tage mit mehr "Silber" als in einem ganzen Jahr abgebaut wird.

Obwohl die neuen Daten der LBMA allgemeiner Natur und stark verdichtet sind und nichts dazu beitragen, den Schleier der Geheimhaltung zu lüften, der über diesen Märkten gebreitet ist, beweist das schiere Ausmaß an Handelsvolumen, was allgemein angenommen wurde: Und zwar, dass der außerbörsliche Gold- und Silberhandel hauptsächlich in London und hauptsächlich durch die LBMA-Goldbanken stattfindet, wobei überwiegend synthetische, minimal gedeckte Positionen in Gold und Silber in Sammelverwahrung und viel weniger physisches Gold und Silber gehandelt werden.

Die LMBA hat diese Daten in einer irreführenden Weise als "LBMA-i Handelsberichterstattung gestartet: Liefert Transparenz (auf globalen OTC-Edelmetallmärkten)" angekündigt. Schon der Begriff "Handelsberichterstattung" täuscht, da die LMBA in Wirklichkeit über keine Handelsgeschäfte Bericht erstattet, ob anonymisiert oder nicht. Weiterhin können die neuen Daten nur als zusammengefasste, verdichtete und erst nach dem eigentlichen Handel veröffentliche Volumendaten allgemeiner Natur bezeichnet werden.

Nehmen wir irgendeine Standarddefinition von Handelsberichterstattung unter der als MIFID bekannten Finanzmarktrichtlinie der EU und Sie werden sehen, dass das, was die LBMA dem Markt aushändigt, nicht im geringsten der Definition von Handelsberichterstattung gleichkommt.

"Gemäß der MiFID II, sind Investment-Firmen dazu verpflichtet, grundlegende Informationen über ihre Geschäfte nahezu sofort zu melden, sodass die Informationen auf dem Markt verbreitet werden können. Die nahezu in Echtzeit ablaufende Distribution von Handelsinformationen soll die Preistransparenz steigern und einen besseren Einblick geben, wie Preise gebildet und börsennotiert werden."

"Der Schwerpunkt der Handelsberichterstattung liegt darin, Transparenz und gerechte Rahmenbedingungen auf dem Markt sicherzustellen."


Wie Sie sehen werden, tragen die neuen Daten nicht dazu bei, Transparenz oder Markteffizienz auf den undurchsichtigen und geheimnistuerischen Londoner Edelmetallmärkten zu schaffen. Infolgedessen wird eine korrekte Preisfindung für Gold und Silber verhindert. Aber zuerst betrachten wir, was die Daten beinhalten und welche Überraschungen bezüglich der Größe des Markts in den kürzlich veröffentlichten Daten verborgen sind.


Handelsberichterstattung: nur dem Namen nach

Die Daten zum LBMA-Handelsvolumen kommen in Form einer kleinen, zum Download verfügbaren, excelähnlichen Tabelle (cvs-Datei). Diese zeigt für jeweils Gold und Silber die verdichteten Daten zum Handelsvolumen in Feinunzen innerhalb einer Woche in vier verschiedenen Produktkategorien (Spot, Swap/Forward, Option und Darlehen/Leasings/Einlagen) über verschiedene Zeiträume von "Spot" (jetzt) bis "mehr als ein Jahr". Laut LBMA deckt der Bericht Folgendes ab:

"Handelsdaten der letzten Woche für Gold und Silber in allen vier Assetklassen (Spots, Swaps, Forwards und Optionen), in voranschreitender zeitlicher Abfolge (Zeitfenster)."

Dieser gesammelte Volumen-Daten-Bericht (bekannt als Volume Report) umfasst die letzte Woche (meist fünf Arbeitstage) und wird künftig jeden Dienstagmorgen um 9 Uhr Londoner Zeit von der LBMA veröffentlicht. Der erste Wochenbericht über die Volumendaten umfasst die Woche vom 12. bis 16. November und sieht folgendermaßen aus:

Open in new window



Es gibt auch einen zweiten LBMA-Bericht vom gleichen Format, der als Bericht zum "offenen Volumen" bekannt ist. Er soll alle "offenen Geschäfte" mit Gold und Silber erfassen. Das erste Exemplar dieses "Open-Volume-"Berichts beinhaltet Geschäfte, die ab 5. November gesammelt wurden. Beide Berichte können auf dieser Seite heruntergeladen werden.

Ein Beispiel bei Gold: Addiert man die letzten vier Gesamtwerte in Feinunzen in der rechten Spalte, erhält man 151.002.465 Feinunzen; teilt man es durch fünf, erhält man 30.200.493 Feinunzen, also 939 Tonnen. Den Wert in US-Dollar errechnet man, indem das Gesamtvolumen (z. B. 30,2 Mio. Feinunzen) mit dem aktuellsten LBMA-Goldpreis vor der Veröffentlichung des Berichts multipliziert. In diesem Fall waren es 1221,60 US-Dollar am 19. November.

Das Ergebnis ist 36,892 Mrd. US-Dollar. Das erklärt, warum die LBMA eine Marktgröße von 36,9 Mrd. US-Dollar in ihrer Pressemitteilung angab. Ihrem Bericht zufolge erfolgten 63% des Goldhandels am Spotmarkt, 31% in Swaps/Forwards und die restlichen 6% in Form von Optionen und Darlehen/Leasings/Einlagen.

Das Gleiche bei Silber: Laut erstem Bericht wurden 1.796.281.067 Feinunzen Silber in einer Woche "gehandelt", was durch fünf geteilt, 359.256.213 Unzen oder 11.174 Tonnen ergibt. Bei einem Silberpreis von 14,36 US-Dollar am 19. November hatte dieser Handel einen Wert von 5,159 Mrd. Dollar, was die LBMA in ihrer Pressemitteilung auf 5,2 Mrd. Dollar aufrundete. Ihrem Bericht zufolge fanden 59% des Silberhandels am Spotmarkt statt, 36% in Swaps/Forwards und die restlichen 5% in Optionen und Darlehen/Leasings/Einlagen.

Derzeit heißt es, dass die Handelsvolumendaten im LBMA-Bericht die Handelsberichterstattung von 43 LBMA-Mitgliedern, einschließlich aller 13 LBMA-Market Maker, widerspiegelt. Die Market Maker sind Goldbanken, wie JP Morgan, HSBC, Goldman Sachs, SocGen, Morgan Stanley und UBS. Die LBMA sagt, dass im Januar 2019 weitere 15 Mitglieder anfangen werden, ihre Geschäfte an die Datenbank weiterzugeben. Dies würde die Gesamtsumme der LBMA-Mitglieder, die Bericht erstatten, auf 58 bringen.


Termin für tägliches Handelsvolumen: jetzt noch nicht

Zur Erinnerung: Die LBMA versprach "Handelsberichte" vor mehr als drei Jahren. Das war kurz nachdem die Finanzbehörden des Vereinigten Königreichs 2014 die Initiative "Fair and Efficient Market Review"(zu Deutsch: Überprüfung für faire und effiziente Märkte) als Reaktion auf die Marktmanipulation der britischen FICC-Märkte, starteten, die eine Verbesserung der Fairness und Effizienz auf diesen Märkten verlangte, einschließlich der Gold- und Silbermärkte im Londoner Großhandel.

Als eines der wahrscheinlich längsten Projekte in der Geschichte der Finanzmärkte - bevor irgendwelche Daten überhaupt veröffentlicht wurden (die LBMA brachte im April 2015 eine strategisch platzierte Studie zu "Handelsberichterstattung" heraus) - hätte man erwarten können, dass, wenn die LBMA-Daten endlich veröffentlicht wurden, sie in einem fertigen und ordentlichen Zustand wären.

Aber, wie so oft der Fall mit der LBMA und ihren Goldbankenmitgliedern, verpfuschten sie die Angelegenheit und für die nächsten paar Monate, zumindest bis irgendwann in Q1 2019, werden die obigen Berichte zum Handelsvolumen lediglich die Daten einer Woche beinhalten und auch nur einmal pro Woche veröffentlicht werden. Nicht täglich. Und wieder: Das ist keine Handelsberichterstattung, noch nicht einmal Transaktionsberichterstattung, da gemäß MiFID II Transaktionsberichterstattung der Anforderung von T+1 unterliegt. Dabei ist T der Tag der Transaktion und 1 der Tag danach.

Nun kann oder will die LBMA nach drei Jahren keine Statistiken zum Handelsvolumen auf T+1-Basis vor Q1 2019 vorzeigen. Was versteckt sie? Und warum erlauben die UK-Aufsichtsbehörden, dass der Londoner Bullionmarket von der Handelsberichterstattung und T+1-Transaktionsberichterstattung freigestellt ist? Warum, nach drei Jahren Planung, Gestaltung und Datenerfassung, können 15 zusätzliche LBMA-Mitglieder ihre Daten erst im Januar 2019 der Sammlung für die "Handelsberichterstattung" hinzufügen, und nicht schon beim Start im November 2018?

Da alle Daten, auf denen der Bericht beruht, täglich in der LBMA-Datenbank für "Handelsmeldungen" griffbereit stehen, sieht es wieder so aus, als ob die LBMA einerseits behauptet, ihre Transparenz zu erhöhen, andererseits aber der Durchsetzung nur widerstrebend nachgeht, da sie nicht will, dass der Markt die Kursbewegungen von Gold-und Silberpreisen mit spezifischen Handelsvolumen an dem jeweiligen Tag verknüpft, was tägliche Meldungen offenbaren könnten.

Die UK-Finanzaufsichtsbehörden (Schatzkammer, Bank von England und die UK-Finanzdienstleistungsaufsicht (FCA)), die die Überprüfung zur Fairness und Effizienz der Märkte durchführten, schweigen auch zu der Tatsache, dass das, was die LBMA als "Handelsberichterstattung" veröffentlicht, gewiss keine Handelsberichterstattung ist.


Handelsvolumen jetzt mysteriöserweise 82% niedriger als 2011

Das rätselhafteste an den neuen Daten zum Handelsvolumen ist, dass die täglichen Mittelwerte für Gold am OTC-Goldmarkt in London um einiges niedriger sind als allgemein angenommen wurde. Viele Jahre hat die LBMA jeden Monat Zahlen zum Clearing-Volumen vorgelegt, die das Handelsvolumen von Gold und Silber beziffern, das durch die Clearing-Plattform "Aurum" der London Precious Metals Clearing Limited (LPMCL) abgewickelt wurde.



Die konventionelle Meinung auf dem Markt (und eine, die sogar von Finanzwissenschaftlern und dem World Gold Council vertreten wurde) war, dass das Volumen im außerbörslichen Goldhandel in London zwischen sieben- bis zehnmal höher als das Clearing-Volumen war. Das erlaubte es, Handelsvolumen zu schätzen oder hochzurechnen, indem man das Clearing-Volumen mit beispielsweise 10 multiplizierte. Ein Multiplikator von zehn war tatsächlich auch das, was die LBMA selbst angab, als sie eine Umfrage zum Handelsvolumen unter ihren Mitgliedern in Q1 2011 durchführte. Die LBMA schrieb in ihrer Umfrage von 2011:

"Es ergibt sich auch, dass ein Verhältnis von fast zehn zu eins zwischen den Umsatzzahlen und den Clearing-Statistiken besteht. Es ergibt sich, dass Spot-Transaktionen die große Mehrheit aller Transaktionen (ungefähr 90%) bilden, wärehnd Forwards und andere Transaktionen jeweils ungefähr 5% ausmachen. Das durchschnittliche tägliche Handelsvolumen auf dem Londoner Markt in diesem Zeitraum betrug 173.713.000 Unzen oder 240,8 Mrd. $."

Aber die letzten Zahlen der LBMA zum Clearing-Handelsvolumen von 2018 deuten auf einen viel kleineren Faktor als 10. Die jüngste LBMA-Clearing-Statistik vom September 2018 besagt, dass täglich 18,9 Mio. Feinunzen Gold verrechnet werden. Vergleicht man das mit den 30,2 Mio. gehandelten Feinunzen (939 Tonnen) pro Tag, so ist der Faktor nur 1,6 und nicht annähernd 10.

Open in new window

Das ist noch nicht alles: Das aktuell gemeldete tägliche Handelsvolumen von 30,2 Mio. Feinunzen Gold im November 2018 ist 82% niedriger als das tägliche Handelsvolumen von 173,7 Mio. Unzen Gold im ersten Quartal 2011. Wie kann das sein? Die 2011 durchgeführte Umfrage war freiwillig und 36 "ordentliche Mitglieder" der LBMA zu der Zeit, einschließlich aller Market Maker, haben sich daran beteiligt.

Die aktuellen Daten zum Handelsvolumen 2018 basieren auf Handelsdaten, die 42 LBMA-Mitglieder, einschließlich aller Market Maker, vorgelegt haben. Wie konnte das tägliche Handelsvolumen 2011, basierend auf den Geschäften von 36 Mitgliedern (einschließlich aller Market Maker), fast sechsmal so groß sein wie das tägliche Handelsvolumen 2018, basierend auf den Geschäften von 42 Mitgliedern (einschließlich aller Market Maker)? Waren Geschäfte bestimmter Art von der Berichterstattung ausgenommen?

In einem Brief von Januar 2015 an die Fair and Efficient Market Review (FEMR) der Bank von England, erklärte die LBMA, dass "es anerkannt werden sollte, dass die Rolle der Zentralbanken im Goldmarkt 'völlige' Transparenz ausschließen könnte, zumindest auf öffentlicher Ebene ...".

Wurden diese oder andere Arten von Handel, wie z. B. staatlicher Handel, kaschiert oder aus den Handelsvolumendaten herausgefiltert? Das können wir nur herausfinden, wenn die LBMA uns aufklärt oder aber die Methodik zur Verfügung stellt, wie sie die Daten sammelt, aus denen diese kumulierten Handelsvolumenzahlen bestehen.


Fazit

Das Transaktionsregister oder Meldezentrum der LBMA, namens LBMA-i, dem die Mitgliedsfirmen der LBMA ihre Handelsdaten melden, hat eine riesige Menge Handelsdaten, die die LBMA auf dem Markt veröffentlichen könnte, falls sie das denn im Interesse eines fairen und effizienten Handels wollte. Es würde echte Handelsberichterstattung geben, die - noch einmal zur Erinnerung - nach MIFID derart aussieht, dass "grundlegende Angaben zum Handel beinahe unverzüglich gemeldet werden, damit die Informationen auf dem Markt verbreitet werden, um die Preistransparenz zu verbessern".

Man könnte die Berichte nach Kundentyp, wie z. B. Minenbetreiber, Scheideanstalten, Zentralbanken, Institutionen der Käuferseite, Banken usw., und nach Handelsarten, wie z. B. ETF-Handel, Interbankenhandel, Exchange for Physicals (EFP), Spekulationshandel, Goldeinlagen von Zentralbanken, Handel mit physischen Metallen auf Kommissionsbasis usw. kategorisieren. Tatsächlich sind die Möglichkeiten schier unerschöpflich, um richtige Handelsberichterstattung zu leisten, wenn alle Daten in einer Datenbank erfasst sind, wie es der Fall im LBMA-i-Meldezentrum ist.

Doch die LBMA hat es vorgezogen keine angemessenen Berichte vorzulegen, und die UK-Finanzaufsichtsbehörden sahen lieber weg. Die Londoner Gold- und Silbermärkte werden also weiterhin undurchsichtig bleiben und durch einen Mangel an Markteffizienz charakterisiert sein, den eine ordnungsgemäße Handelsberichterstattung zumindest teilweise hätte ausgleichen können.


© Ronan Manly
BullionStar



Dieser Artikel wurde am 21. November 2018 auf www.bullionstar.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.