GoldSeiten.de - Gold & Silber, Münzen und Barren sowie Minengesellschaften

Deutschland hortet Gold in Vorbereitung auf Währungsreform

09.04.2020  |  Jan Nieuwenhuijs

Die Deutschen horten Gold. Ich schätze, dass die Deutschen etwa 9.000 Tonnen privates Gold besitzen - fast so viel, wie die Franzosen und die Italiener gemeinsam. Doch welches Motiv steckt dahinter?

Open in new window

Wir müssen monetäres Gold von nicht-monetärem Gold, oder Privatgold, unterscheiden. Geldpolitische Führungskräfte wie Zentralbanken halten monetäres Gold, während Privatpersonen Privatgold in Form von Barren, Münzen oder Schmuck besitzen. Für die Finanzstabilität jedes Landes sind nicht nur die monetären Goldreserven von Interesse, sondern auch die privaten Bestände.

Der World Gold Council (WGC) meint, dass es etwa 198.000 Tonnen oberirdisches Gold gibt, von denen sich 35.000 Tonnen im Besitz von Zentralbanken befinden. Wer besitzt die restlichen 155.000 Tonnen? Und wo befindet sich dieses Gold? In einem vorherigen Artikel habe ich geschätzt, dass China mehr als 20.000 Tonnen Privatgold besitzt. Heute werfe ich einen Blick auf die größten Volkswirtschaften Europas: Deutschland, Frankreich und Italien.

Mein Startpunkt ist eine deutsche Studie (Goldbesitz der Privatpersonen in Deutschland), die vom deutschen Research Center for Financial Services (CFIN) 2010 durchgeführt wurde. Die Studie behandelt die Motive dafür, warum die Leute Gold besitzen und wie viel sie besitzen. Auch wenn die Umfrage hauptsächlich auf Deutschland bezogen war, gibt es auch Zahlen für Italien und Frankreich.

Open in new window

Nach 2010 maß CFIN weiterhin den deutschen Privatbesitz von Gold. Letztes Jahr wurden Recherchen der CFIN im Namen der Reisebank angestellt. Anders als andere europäische Länder bieten viele Banken in Deutschland ihren Klienten physische Goldinvestitionsprodukte an. Deshalb veröffentlichte die Reisebank diese detaillierte Studie darüber, wie viel Gold die Deutschen besitzen.

Open in new window



Anfang 2019 schätzte CFIN, dass die Deutschen etwa 8.918 Tonnen physisches Gold in Form von Barren, Münzen und Schmuck besitzen, während sich diese Zahl im Jahr 2010 auf 7.558 Tonnen belief. In anderen Worten: Der deutsche Privatbesitz von Gold stieg in zehn Jahren um 1.360 Tonnen.

Um zu berechnen, wie viel Gold nun Franzosen und Italiener besitzen, habe ich nach Angebots- und Nachfragedaten gesucht, die am besten mit der Erhöhung um 1.360 Tonnen in Deutschland übereinstimmen. Die besten Daten stammten vom WGC. Auch wenn die "Nettobarren- und -münznachfrage" perfekt passt, ist die "Nettoschmucknachfrage" deutlich weniger akkurat. Nichtsdestotrotz möchte ich dem WGC dafür danken, ihre Methode verdeutlicht zu haben und dem Metals Focus dafür, dass sie zusätzliche auf Länder spezifizierte Daten zur Verfügung gestellt haben, die öffentlich nicht verfügbar sind.


Schlussfolgerung

Betrachten Sie den unteren Chart, der die Schätzungen für den Privatbesitz von Gold in Deutschland, Frankreich und Italien 2010 vs. 2020 zeigt.

Open in new window

Für Deutschland habe ich mich größtenteils auf die CFIN-Daten sowie WGC-Daten für 2019 bezogen, um auf eine Schätzung von 8.992 Tonnen privaten Goldbesitzen 2020 zu kommen. Das ist eine Zunahme von 19% im Vergleich zu 2010.

Im Falle von Frankreich habe ich die CFIN-Studie von 2010 als Startpunkt verwendet und mir die Zahlen mithilfe von Daten des WGC erschlossen. Somit halte ich die französischen Bestände von Barren und Münzen für akkurater als die Schmucknachfrage, da letzteres anfälliger für inakkurate Kalkulationen zu sein scheint.

Seit 2010 fügten die Franzosen ihren Barren- und Münzbeständen praktisch nichts hinzu und verkauften etwa 120 Tonnen Schmuck. Altgoldangebot in Frankreich übersteigt Schmuckverbrauch. Meine beste Schätzung ist, dass die französische Bevölkerung insgesamt 4.605 Tonnen besitzt. Das sind 2% weniger als 2010.

Für Italien habe ich denselben Vorgang wie für Frankreich verwendet. Italien verzeichnete ebenfalls eine unbedeutende Veränderung seiner Barren- und Münzbestände seit 2010. Die massive Schmucksammlung Italiens wurde um 710 Tonnen reduziert. Der Goldpreisanstieg in der Eurozone 2012 kann dies erklären. Die Altschmuckverkäufe steigen tendenziell bei höheren Preisen, wie es damals in Italien der Fall war.

Beachten Sie auch, dass die italienische Wirtschaft zu diesem Zeitpunkt Schwierigkeiten hatte. Zum Stand von 2020 beträgt meine Schätzung des italienischen Privatgoldes 5.707 Tonnen. Das ist ein Rückgang von 11% im Vergleich zu 2010.

Wie der obige Chart zeigt, sind die Deutschen der Inflation gegenüber misstrauisch, weshalb sie physisches Gold als Absicherung besitzen. In der Umfrage der CFIN von 2011 erklärten mehr als 80% der Befragten, dass sie Gold aufgrund von Werterhaltung und als Schutz vor Inflation erwerben würden. Dort ist ebenfalls eine Grafik enthalten, die den Anteil der Leute zeigt, die Gold in Deutschland (23%), Frankreich (3,3%) und Italien (6,7%) für Investitionszwecke erworben haben. Die Deutschen sehen Gold als sicheren Hafen. Die Franzosen und Italiener halten es vielmehr für einen Verzierungsgegenstand.



Open in new window

Im Jahr 2011 erwartete mehr als die Hälfte der Deutschen eine Währungsreform und dachte, dass Gold dabei helfen könne, diese besser zu überstehen, so die Umfrage von CFIN. Aufgrund der Coronakrise sind die Spannungen innerhalb der Eurozone wieder an die Oberfläche getreten. Das italienische Verhältnis von Schulden zu BIP liegt bei 135% und das Land hält am Pandemic Emergency Purchase Programme der EZB als Rettungsleine fest.

Das deutsche Schulden-BIP-Verhältnis liegt bei 62%. Diese Statistiken lassen vermuten, dass der deutsche Ansatz zur Volkswirtschaft ergiebiger ist. Ebenso war es wahrscheinlich weise, dass die Deutschen so viel Gold erworben und sich auf finanzielle Unruhe vorbereitet haben.

Open in new window

Im Jahr 2018 schrieb der Vorsitzende der deutschen Zentralbank, Jens Weidmann, offen:

Fragen Sie irgendeine Person in Deutschland, was sie mit Gold assoziiert und Sie werden in den meisten Fällen zu hören bekommen, dass es gleichbedeutend mit Werterhaltung und wirtschaftlichem Reichtum ist. Fragen Sie uns bei der Bundesbank, was unsere Goldbestände für uns bedeuten und wir werden Ihnen erzählen, dass sie zuallererst einen sehr großen Teil der deutschen Reserveassets ausmachen… und ein wichtiger Anker sind, der das Vertrauen in den innewohnenden Wert der Bundesbankbilanz untermauert.

Die Bundesbank veröffentlicht dies, um detaillierte Angaben machen zu können, wie wichtig Gold im Laufe der Geschichte geworden ist, zuerst als Zahlungsmittel und später als Stabilitätsgrundlage des internationalen Geldsystems.



Anhang

Was Gold-ETFs und Wertpapiere angeht, die in der CFIN-Studie von 2010 erwähnt werden, habe ich wenige Informationen darüber, was die Franzosen und Italiener derzeit investieren. Beide Nationen haben physisch gedeckte Fonds, die an ihren Börsen gehandelt werden, doch keine wirklich inländischen.

Der Amundi-Gold-ETF in Paris wird auch in anderen Ländern gehandelt, während das Gold in London gelagert wird. Außerdem hält er nur 20 Tonnen. Dasselbe gilt für den WisdomTree-Gold-ETF, der an der Italian Stock Exchange (gelagert in London und hält 14 Tonnen) gehandelt wird.

Deutschland hat zwei inländische ETFs, die lokal Gold lagern: Xetra und Euwax. Kombiniert halten diese ETFs 217 Tonnen - auch wenn ich nicht weiß, wie viel davon den Deutschen gehört. Andere Wertpapiere halte ich nicht für beachtenswert.

Ich habe CFIN gefragt, ob man plane, eine neue Studie über den Privatbesitz von Gold in Frankreich und Italien durchzuführen, doch man war sich unschlüssig.

Wenn Ihnen dieser Artikel gefallen hat, dann können Sie den ursprünglichen Autor auf The Gold Observer unterstützen oder den englischen Newsletter abonnieren.


© Jan Nieuwenhuijs
The Gold Observer



Dieser Artikel wurde am 2. April 2020 auf www.voimagold.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.