Michael Pento: Insolventes Amerika
15.06.2020 | Mike Gleason
Mike Gleason: Es ist mir nun ein Privileg, Michael Pento, Präsident und Gründer von Pento Portfolio Services, begrüßen zu dürfen. Michael ist ein bekannter Vermögensverwalter, Marktkommentator und Autor des Buches "The Coming Bond Market Collapse: How to Survive the Demise of the U.S. Debt Market." Er war über die Jahre hinweg regulärer Gast bei uns und es ist immer wieder eine Freude, ihn bei uns zu haben.
Michael, ich danke Ihnen für Ihre Zeit. Willkommen zurück.
Michael Pento: Danke, dass ich hier sein darf, Mike.
Mike Gleason: Nun, Michael, es ist einige Monate her, seit Sie das letzte Mal hier waren und in der Welt ist seitdem einiges geschehen. COVID-19 hat die Vereinigten Staaten heimgesucht und deutliche Störungen innerhalb der Wirtschaft verursacht. Gouverneure haben Ausgangssperren verhängt. Millionen Menschen haben sich arbeitslos gemeldet. Wir erleben nun Proteste und soziale Unruhen in vielen Städten des Landes, weil die Polizei letzte Woche einen dunkelhäutigen Mann in Minnesota tötete.
Und vor diesem Hintergrund scheinen sich die Märkte scheinbar gut zu entwickeln. Die Aktien steigen noch immer und es scheint nicht, als sei die Wall Street allzu besorgt darum. Hören wir uns Ihre Meinung an, Michael, denn es ist mittlerweile ziemlich schwer, die Punkte zwischen Wall und Main Street zu verbinden. Helfen Sie uns dabei.
Michael Pento: Ja. Dieses Jahr ist so ziemlich nichts los, was? Es war ziemlich langweilig. Die Kluft zwischen Arm und Reich, die bereit gigantisch war, ist exponentiell gewachsen. Und man muss sich die Frage stellen, ob das BIP - laut der Atlanta Fed - im zweiten Quartal um mehr als 52% fallen wird, das ist eine saisonal angepasste Rate, Mike. Das BIP wird im zweiten Quartal um mehr als die Hälfte reduziert werden. Wie in Gottes Namen ist es möglich, dass sich die Aktien nahe Rekordhochs befinden? Und das anhand Bewertungen.
Nun, hier ist eine Statistik für Sie. Es brauchte sieben Jahre, bis die Fed-Bilanz auf 3,7 Billionen Dollar gestiegen war. Das war von Januar 2008 oder Dezember 2007... als das National Bureau of Economic Research (NBER) entschied, dass uns über Januar 2015 die große Rezession bevorstand. Das war die stärkste Erhöhung der Fed-Bilanz - sieben Jahre, 3,7 Billionen Dollar.
Alleine in den letzten 10 Monaten verzeichnete die Bilanz eine Zunahme um 3,4 Billionen Dollar. Was also in den sieben Jahren passiert ist, ist auch in den letzten 10 Monaten geschehen. Und wenn wir darüber nachdenken, dann muss man sich auch nicht wundern, dass die Aktienkurse steigen. Das findet auf der ganzen Welt statt. Die Zentralbanken sind verrückt geworden und waren bereits vor dieser Virus-Krise verrückt; nun jedoch haben sie ihren Höhepunkt vollkommen überschritten. Sie drucken Geld wie Simbabwe. Das würde selbst Simbabwe und vielleicht Ungarn oder die Weimarer Republik Deutschlands in den Schatten stellen.
Und niemand scheint sich um die Abwertung der Kaufkraft der Fiatwährungen zu sorgen, weil all das gleichzeitig geschieht. Wenn nur ein Land dies täte, dann würden wir einen Währungskollaps beobachten können, doch jedes Land tut das. Und übrigens, Mike... Ich möchte das klarstellen... die Fed-Bilanz steht nun bei mehr als 7 Billionen Dollar. Und sie wächst weiter. Sie wird innerhalb der nächsten Monate auf 9 oder 10 Billionen Dollar steigen und niemanden wird das kümmern. Wie lange werden die Leute noch Vertrauen in die Kaufkraft des Papiergeldes haben? Ich habe keine Ahnung, doch es wird stetig aufgezehrt.
Mike Gleason: Das führt mich direkt zu meiner nächsten Frage. Wenden wir uns der staatlichen Reaktion auf all dies zu; wir haben offensichtlich bereits einige unglaubliche Stimuli verzeichnet und noch mehr davon ist geplant. Wie wird sich dies Ihrer Meinung nach entwickeln und was wird das für den Dollar bedeuten? Denn größtenteils hält er sich an den Währungsmärkten noch relativ gut. Offensichtlich ist das der Fall, weil jedes Land der Welt dies tut, doch helfen Sie uns dabei, einen Sinn dahinter zu erkennen und wohin uns die Abwertung all dieses Papiergeldes bringt.
Michael Pento: Ja, es gibt einige Leute, die sagen: "Der Dollar wird einbrechen, der Dollar wird einbrechen." Nun, gegenüber was wird er einbrechen? Das ist die Frage, die man sich stellen muss. Ich meine, es ist eine Währung und den Wert einer Währung misst man gegenüber etwas, richtig? Was kann man mit ihr kaufen? Was ist die Kaufkraft des Dollar? Nun, ich glaube nicht, dass er seinen Wert gegenüber Euro oder Pfund oder Yuan oder Yen verliert. Das wird nicht passieren. Er wird seinen Wert gegenüber harten Vermögenswerten, Energie, Gold, Platin und Ackerland verlieren.
Dort wird der Dollar den Großteil seines Wertes verlieren, nicht gegenüber anderen fehlerhaften Fiatwährungen. Doch hier ist die Wahrheit, Mike: Auf der ganzen Welt gibt es insolvente Nationen. Das war bereits vor dem Virus der Fall und seitdem ist es deutlich schlimmer geworden. Lassen Sie mich Ihnen ein Beispiel geben. Die Staatsschulden der Vereinigten Staaten liegen bei 26 Billionen Dollar, gestützt durch einen Jahresumsatz von etwa 3 Billionen Dollar.
Das bedeutet, dass unsere bestehenden Schulden 850% unseres Umsatzes ausmachen. Und dieser Umsatz führt alleine in diesem Jahr zu einem jährlichen Defizit von etwa 4 Billionen Dollar. Rechnen wir das auf einen Haushalt herunter. Sagen wir, dass ein Haushalt etwa Einkommen in Höhe von 100.000 Dollar verzeichnet und ausstehende Schulden über 850.000 Dollar besitzt. Doch hier ist das echte Problem: Diese 100.000 Dollar Einkommen sind nicht genug, um die jährlichen Ausgaben zu decken. Man muss im Jahr 130.000 Dollar mehr ausgeben als man einnimmt, wenn wir annehmen, dass der obige Haushalt die USA darstellt.
Und schlimmer noch ist, dass diese Regierung aggressiv Inflation verfolgt, was die Zinskosten dieser Schulden erhöhen wird. Was sage ich? Das sind nur die Vereinigten Staaten. Wir sind eine Nation, die insolvent ist. Wir werden einen Insolvenz- und Inflationszusammenbruch unseres Anleihemarktes erleben. Das ist es, auf das wir uns zubewegen.
In meinem Leben habe ich bei einigen Dingen falsch gelegen, Mike, doch bei anderen Dingen auch richtig... vor allem, wenn es um das Investieren geht. Ich habe den Zusammenbruch des Staatsschuldenmarktes viele Jahre prognostiziert. Ich habe niemals erwartet, dass die Zentralbanken weltweit Fiatpapier im Wert von 26 Billionen Dollar drucken würden, um die Zinsen auf null und niedriger zu drücken. Das ist es, was sie getan haben.
Wir haben also bereits unsere Insolvenz-Variabel für die Gleichung. Nun müssen diese Zentralbanker nur erfolgreich sein und Inflation erreichen. Dann wird die große Katastrophe an den Anleihemärkten stattfinden. Dann werden die weltweiten Aktienmärkte implodieren. Dann wird die echte Greater Depression beginnen.
Mike Gleason: Ja, gut gesagt. Ich denke, dass die Tage, in denen man Kaufen und Halten konnte, vorbei sind und die Leute müssen sich das eingestehen.
Nun, ein Volkswirtschaftler der Fed erklärte letzte Woche, dass er für Negativzinsen in den USA sei. Vorsitzender Powell hat in der Vergangenheit seine negative Meinung gegenüber Negativzinsen zum Ausdruck gebracht, doch es ist wahrscheinlich nicht vollkommen unmöglich, dass wir so etwas irgendwann in den Vereinigten Staaten haben werden. Sprechen Sie doch darüber, was das bedeuten könnten und wie wahrscheinlich so etwas wäre.
Michael Pento: Nun, sie haben nicht in Europa funktioniert, Mike. Dort wurde ziemlich klar demonstriert, dass Negativzinsen der Wirtschaft nicht helfen und Institutionen zerstören. Die Fed existiert, um Banken zu schützen. Ich glaube also nicht, dass sie Negativzinsen im nominalen Sinne des Wortes einführen werden. Wenn Sie mich also fragen, ob wir Negativzinsen im realen Sinne sehen werden? Ja, das ist zu 100% garantiert. Sie sind bereits hier. Negativzinsen im realen Sinne, inflationsbereinigt, gibt es bereits. Sie sind im Kommen. Und sie werden eine ganze Zeit lang bestehen bleiben und immer negativer werden. Das ist Fakt.
Doch hier ist ein Punkt, über den Sie nachdenken sollten. Janet Yellen, ehemalige Vorsitzende der Federal Reserve, erklärte, dass sie Regulierungen darüber verändern möchte, was die Fed derzeit kaufen kann. Es ist also noch nicht genug, dass die Fed Schrottanleihen erwerben kann und primäre Kredite an Unternehmen ausgeben kann. Das ist nicht genug für die Fed. Yellen möchte, dass die Fed die Zustimmung des Kongresses hat, Aktien zu kaufen. Und sie möchte diese Zustimmung jetzt haben, weil sie weiß, dass das, was ich erwähnt habe, passieren wird.
Das es zu einer Inflations- und Insolvenzimplosion des Anleihemarktes kommen wird, der dafür sorgt, dass die Aktien von alleine um 80% einbrechen werden. Und das ist der Grund, warum ich denke, dass sie den Weg jetzt ebnen möchte; damit Aktien erworben werden können, wenn das geschieht.
Mike Gleason: Sollte das passieren, wird dies das Ende der freien Märkte sein, wie wir sie kennen. Gehen wir nun zu Gold über. Es ist ein harter Vermögenswert, der sich in dieser Art Umfeld gut entwickelt. Den größten Teil der letzten ein bis zwei Monate konsolidierte es, nachdem Mitte März der große Selloff stattfand. Gibt es bei Gold irgendetwas, das Sie überrascht hat, Michael? Und was denken Sie, werden diese Markt- und Wirtschaftsgegenwinde für das gelbe Edelmetall im Laufe des restlichen Jahres bedeuten?
Michael Pento: Nun, zu Beginn des Jahres erhöhte ich meine Allokation von 10% auf 20% Gold. Ich habe diese kürzlich zurück auf 10% reduziert und ich erzähle Ihnen rasch warum. Wenn Sie, wie ich, ein aktiver Trader sind, dann möchten Sie den Ertrag in Ihrem Portfolio maximieren. Es besteht derzeit eine Menge Optimismus darüber, dass die Wirtschaften in der Welt wieder öffnen. Und es gibt da die Federal Reserve, die größtenteils aufhörte, Staatsanleihen zu kaufen. Sie kauften Staatsanleihen im Wert von 75 Milliarden Dollar, um die Zinsen zu drücken.
Die Zinsen explodierten im März und stiegen von 0,3% auf 1,2% im März. Die Fed kaufte Staatsanleihen im Wert von 75 Milliarden Dollar am Tag. Nun erwirbt sie nur noch Staatsanleihen im Wert von 4 Milliarden Dollar am Tag. Und wenn man also optimistisch gegenüber der Wirtschaft, kommenden Wirtschaftsdaten und dem Halt der Fed-Staatsanleihekäufe ist, dann könnte man eventuell einen Anstieg der nominalen Zinsen und in einigen Monaten eine Spitze beobachten können.
Das erwarte ich also für die nächsten zwei bis zweieinhalb Monate. Das ist es, was der Goldmarkt im Übrigen erwartet. Der Aufstieg des Goldmarktes wurde temporär eingedämmt, weil man über die Situation, die ich erwähnte, besorgt war. Doch auf der anderen Seite erwarte ich, dass die Fed bekanntgeben wird, dass man die Rendite der langfristigen Staatsanleihen aktiv eindämmen wird. Das erwarte ich für Herbst.
Denn sie können dem Markt nicht den Rücken kehren, da dieser insolvent ist, wie ich zuvor erwähnt habe. Wenn es im Herbst also eine Rückkehr gibt, ein Wiederaufleben des Virus stattfindet und sich die Daten verschlechtern, dann muss die Fed wieder eingreifen und die Renditen eindämmen. Und das wird eine Gelegenheit für Gold bieten, auf Rekordhochs zu steigen.
Mike Gleason: Geben Sie den Leuten da draußen abschließend etwas Rat.
Michael Pento: Okay. Nun, zuerst sollte man jeden Tag mit einem Gebet beginnen. Das ist eine gute Art und Weise, den Tag zu beginnen. Und das hilft zudem dabei, jegliche Depression zu überwinden, die Sie vielleicht verspüren. Und was das Investieren angeht, so müssen Sie ein aktiver Manager bleiben. Das ist nicht die Welt Ihres Großvaters.
Ich spreche hier nicht von einer Welt, in der die Märkte frei funktionieren und Sie eine Vielzahl von Aktien kaufen und halten können und sagen: "Wissen Sie was? Wenn der Markt fällt, dann werden meine Anleihen den Verlust am Aktienmarkt ausgleichen können." Nun, die 10-Jahresstaatsanleihen werfen 0,7% Rendite ab, Mike, also wird man dabei nicht sonderlich viel Geld machen können. Sie müssen aktiver Manager sein. Sie können sich nicht zurücklehnen und die Wall Street Ihre Kaufkraft und Ihren Lebensstandard zerstören lassen.
Mike Gleason: Ja, gut gesagt. Das unterstreicht die Wichtigkeit, gute Leute an seiner Seite zu haben. Ich danke Ihnen, Michael. Ich wünsche Ihnen alles Gute. Bleiben Sie sicher und gesund. Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende.
Michael Pento: Ich danke Ihnen, Mike.
Mike Gleason: Nun, das war es dann wieder für diese Woche. Ich danke noch einmal Michael Pento von Pento Portfolio Strategies.
© Mike Gleason
Money Metals Exchange
Der Artikel wurde am 05. Juni 2020 auf www.moneymetals.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.