Zerohedge: Gerät der Dollar-Standard außer Kontrolle?
07.08.2020 | Presse anonym
Während sich manche Medien auf die Krankenhausaufnahme zweiter Golf-Monarchen fokussieren, so sehen sie den Wald vor lauter Bäumen nicht: Natürlich wären der Tod von Emir von Kuwait (91 Jahre) oder König Salman von Saudi-Arabien (84 Jahre) ernsthafte politische Affären. Vor allem der Tod von König Salman könnte die Region auf den Kopf stellen.
Dennoch beruht die Golf-Stabilität weniger darauf, wer die Staatsführung erbt, sondern vielmehr auf tektonischen Veränderungen der Geopolitik und des -finanzwesens, die gerade erst sichtbar werden. Es ist Zeit, sich weg zu bewegen von faden Grübeleien darüber, wer in diesen gestörten Familien "aufstrebend" oder "völlig erledigt" ist.
Die nüchterne Tatsache ist, dass die Golf-Stabilität darauf beruht, genug Energie zu verkaufen, um interne Unstimmigkeiten loszuwerden, und überdimensionierte Überwachung und Sicherheitsausrüstung zu bezahlen. Derzeit sind die Zeiten schwer, doch die finanziellen "Puffer" der Staaten halten gerade noch (doch nur für die großen drei: Saudi-Arabien, Abu Dhabi und Katar). Für andere ist die Situation fatal. Die Frage ist, wird dieser existierende Status Quo bestehen bleiben? Hier stechen Warnungen vor Veränderungen bestimmter tektonischer Platten auf der Welt hervor.
Die kuwaitische Problematik der Nachfolgerschaft ist symbolisch für den Golf-Riss: Ein Kandidat für Emir, (der Bruder), steht mit Saudi-Arabien und dessen "Krieg" gegen die Sunniten (die Muslimbruderschaft). Der andere, (der älteste Sohn), wird aktiv von der Muslimbruderschaft, Katar und der Türkei unterstützt. Deshalb sitzt Kuwait fest auf dem Golf-Abgrund - eine Region mit deutlichen, jedoch entmachteten Schia-Minderheiten und einem zweigeteilten Sunniten-Camp, das "sich selbst bekriegt."
Auch wenn das interessant ist, ist es noch immer relevant? Der Golf wird von zwei großen Finanzblasen Geisel genommen. Das echte Risiko für diese Staaten könnte von diesen Blasen ausgehen, denen man nicht allzu einfach die Luft entziehen kann. Sie werden durch Massenpsychologie am Leben erhalten - die sich in Sekundenbruchteilen ändern kann - und enden üblicherweise katastrophal in einem Markt-"Tobsuchtsanfall" oder einem "Bust" - und dem nachfolgenden Risiko einer Depression, sollten die Zentralbanken jemals versuchen, ihren Fuß vom geldpolitischen Gaspedal zu nehmen.
Die allgegenwärtige "Assetblase" der USA ist berühmt. Zentralbanker sorgen sich seit Jahren um sie. Und die Fed wirft ihr Geld entgegen - ohne Unterlass - um sie am Platzen zu hindern. Doch wie zuvor erwähnt, sind derartige Blasen sehr anfällig für Psychologie - und diese könnte sich verändern, während die gefeierte, V-förmige, erwartete Wirtschaftserholung in der Ferne verschwindet. Doch derzeit glauben Investoren nicht, dass die Fed sie implodieren lassen würde - dass die Fed absolut keine Option besitzt, außer mehr und mehr Geld hineinzupumpen (zumindest bis zu den Wahlen im November... und was dann?).
Weniger sichtbar ist die andere "Assetblase." Der inländische Immobilienmarkt Chinas. Mit seiner geschlossenen Kapitalbilanz schwappt eine hohe Summe (etwa 40 Billionen Dollar) in kollektiven Bankkonten umher. Dieses Geld kann nicht ins Ausland fließen (zumindest nicht legal), also rotiert es zwischen drei Assetmärkten: Apartments, Aktien und Rohstoffe. Doch Investment in Apartments ist der absolute König! 96% der chinesischen Städter besitzen mehr als eines: 75% privaten Reichtums wird durch Investitionen in Eigentumswohnungen dargestellt - wobei 21% leer stehen, da es nicht genügend Mieter gibt.
Kurz gesagt: Die Chinesen jagen Immobilienbewertungen massiv hinterher. Der WSJ erklärte: "Das zentrale Problem in China ist die Tatsache, dass die Käufer herausgefunden haben, dass die Regierung nicht gewillt zu sein scheint, den Markt fallen zu lassen. Wenn Immobilienpreise deutlich fallen, dann würde das die primäre Einkommensquelle der meisten Bürger auslöschen und möglicherweise zu Unruhen führen."
Selbst während der Pandemie - oder vielleicht aufgrund dessen, als Chinesen einstiegen - stiegen die Preise im Jahresvergleich im Juni um 4,9%. Der Gesamtwert chinesischer Häuser und des Inventars von Bauunternehmen erreichte 52 Billionen Dollar im Jahr 2019, so Goldman Sachs; d.h. das Doppelte des US-Wohnungsmarktes und mehr als der gesamte US-Anleihemarkt.
Wenn das nach Amerikas QE-inflationierten Assetmärkten klingt, dann ist das korrekt. Sowohl die chinesische Immobilien- als auch die US-amerikanische Aktienblase sind instabil. Welche platzt wohl zuerst?
Wer weiß... doch die Blasen sind auch dafür anfällig, aufgrund geopolitischer Ereignisse zu platzen. Niemand hat eine Ahnung davon, wie chinesische Offizielle die Immobilienblase handhaben können, ohne die allgemeinere Wirtschaft zu destabilisieren. Und selbst wenn der Markt stark bleibt, so erzeugt dies Kopfschmerzen für die politischen Entscheidungsträger, die aggressivere Wirtschaftsstimuli dieses Jahr verschieben mussten - was einige Analysten für notwendig halten, weil man teilweise fürchtet, dass dies Immobilienpreise weiter inflationieren wird.
Ah... hier ist es: Direkt vor unserer Nase - das Risiko. Der Handel mit Eigentumswohnungen hat die gesamte Wirtschaft Chinas an sich gerissen und den Offiziellen die Hände gebunden. Genau zu dem Zeitpunkt, zu dem Trumps Handelskrieg zu einem neuen ideologischen Kalten Krieg geworden ist, der auf die chinesische Kommunistenpartei abzielt.
Was, wenn die chinesische Wirtschaft unter weiteren US-Sanktionen weiter fällt, oder wenn COVID-19 wiederauflebt? Wird der Immobilienmarkt dann zusammenbrechen und Rezession oder Depression verursachen? Es sind schließlich China und Asien, die den Großteil der Golf-Energie erwerben: Nachfrage nimmt ab und der Preis fällt. Das Schicksal der Wirtschaft dieser Golf-Staaten - und deren Stabilität - basiert auf der Hoffnung, dass diese Mega-Blasen nicht platzen.
Blasen sind ein Faktor, doch es gibt ebenfalls Anzeichen dafür, dass sich die tektonischen Platen auf eine andere Art und Weise auseinander bewegen, die jedoch nicht weniger bedrohlich ist. Goldman Sachs sitzt im Herzen des westlichen Finanzsystems und stellt einen Großteil der Angestellten von Team Trump sowie der Federal Reserve. Dessen Rohstoffstratege Jeffrey Currie schrieb kürzlich, dass "reale Sorgen über die Langlebigkeit des US-Dollar als eine Reservewährung aufgetaucht sind."
Was? Goldman meint, dass der Dollar seinen Status als eine Reservewährung verlieren könnte. Undenkbar? Nun, das wäre die Standard-Meinung. Die Dollarvorherrschaft und Sanktionen wurden lange als Washingtons Würgegriff um die Welt angesehen, mit dem die Vorrangstellung der USA gesichert wurde. Amerikas "versteckter Krieg", wenn man es so nennen möchte. Trump sieht den Dollar klar als Knüppel, der Amerika wieder großartig machen wird. Des Weiteren haben Trump und Mnuchin - und nun der Kongress - Kontrolle über das Arsenal des Finanzministeriums übernommen; der Sanktionsknüppel ist zu einer echten Welle geworden.
Doch innerhalb bestimmter US-Kreise gab es auch eine nonkonformistische Ansicht, die besagt, dass die USA ihr Wirtschaftsmodell mithilfe eines "angebotsseitigen", von Technologie angeführten Wunders "neu starten" müssen, um Wachstumsstillstand zu beenden. Zu viele Schulden erdrücken die Wirtschaft und erhalten Zombie-Unternehmen am Leben. Im Jahr 2014 meinte Jared Bernstein, Obamas ehemaliger Volkswirtschaftler, dass der US-Dollar seinen Status als Reservewährung verlieren muss, wenn so ein Neustart jemals stattfinden soll. Er erklärte auch warum:
"Es gibt einige Binsenwahrheiten über die Weltwirtschaft, doch jahrzehntelang war eine davon die Rolle des US-Dollar als weltweite Reservewährung. Es ist ein Kernprinzip der amerikanischen Wirtschaftspolitik. Denn wer hätte es denn nicht gerne, wenn die eigene Währung von ausländischen Banken und Regierungen in Reserve gehalten werden möchte?
Doch neue Recherchen enthüllen, dass das, was einst ein Privileg war, nun eine Last ist, Arbeitsplatzwachstum untergräbt, Bilanz- und Handelsdefizite erhöht und Finanzblasen aufbläst. Um die amerikanische Wirtschaft wieder auf den Weg zu bringen, muss die Regierung ihre Bemühungen unterlassen, den Status des Dollar als Reservewährung aufrechtzuerhalten."
Das ist essentiell die Davos-Neustartlinie. Christine Lagarde rief im selben Jahr zu einem "Neustart" der Geldpolitik auf - und dazu, sich um das träge Wachstum und die Arbeitslosenzahlen zu kümmern.
Und kürzlich gab das U.S. Council on Foreign Relations (CFR) ein Dokument aus mit Namen: It is Time to Abandon Dollar Hegemony. Das ist die Globalistenlinie. Das CFR war Vorläufer der europäischen und Davos-Projekte. Es ist nicht Trumps. Er kämpft darum, Amerika als Sitz der westlichen Macht beizubehalten und nicht, um diese Rolle an Merkels europäisches Projekt - oder China - abzugeben. Warum würde Goldman Sachs also so etwas sagen? Achten Sie genau auf Goldmans Umrahmung: Es ist nicht die Davos-Linie.
"Stattdessen schreibt Currie, dass die zunehmende Abweichung zwischen steigendem Goldpreis und einem schwächeren Dollar "von einer möglichen Veränderung der US-Fed hin zu einer inflationären Tendenz vor dem Hintergrund zunehmender geopolitischer Spannungen angetrieben wird und zusätzlich durch inländische, politische sowie gesellschaftliche Unsicherheit sowie eine zunehmende Welle COVID-19-Infektionen verschlimmert wird."
Übersetzung:
"Es geht um die explosive Schuldenansammlung der USA aufgrund der Coronavirus-Quarantäne. In einer Welt, in der es bereits über 100 Billionen Dollar in Dollar ausgezeichneten Schulden gibt, bezüglich der die USA nicht in Zahlungsverzug geraten wird; noch jemals zurückgezahlt werden wird. Deshalb können sie nur durch Inflation weggezaubert werden. Die Schulden können also nur durch Abwertung der Währung gehandhabt werden."
Currie meint also, dass die Dollarabwertung auf dem Aufgabenplan der Fed steht. Und das bedeutet, dass "echte Sorgen um die Langlebigkeit des US-Dollar als Reservewährung aufgetaucht sind." Es ist eine nuancierte Nachricht: Sie deutet an, dass das geldpolitische Experiment, das 1971 begann, endet. Currie erklärt, dass die USA nicht länger in der Lage sind, eine Wirtschaft mit derartig hohen Schulden zu verwalten, indem einfach nur neue Währung gedruckt wird. Die Schuldensituation ist bereits präzedenzlos - und die Pandemie verschlimmert dieses Vorgang.
Kurz gesagt: Die Dinge geraten außer Kontrolle, was nicht dasselbe wie die Bewerbung eines Neustarts ist. Und die Abwertung des Geldes ist unausweichlich. Deshalb hebt Currie die Abweichung zwischen dem Goldpreis (den Regierungen üblicherweise unterdrücken) und dem schwächeren Dollar hervor. Wenn dies über die Kontrolle der Fed hinausgeht, dann ist dies auch letztlich bei Trump der Fall.
Sollte das Vertrauen in den Dollar abnehmen, werden alle Fiatwährungen gemeinsam fallen - genau wie G20 Zentralbanken an dieselbe Politik gebunden sind wie die USA. Chinas Situation ist kompliziert. Auf der einen Seite würde ihm die Dollarabwertung schaden, doch auf der anderen Seite würde eine allgemeine Abwertung der Fiatwährung es China und Russland erlauben, dem Messer zu entkommen, das der Dollar gegen ihre Kehlen hält.
Und die Golf-Staaten? Der Ölpreisrückgang in diesem Jahr sorgte bereits dafür, dass einige Investoren gegen die Währungen der Golf-Staaten wetteten, was langjährige Währungskopplungen mit dem Dollar unter Druck setzte. Mitgliedsländer des Golfkooperationsrates haben ihre Währungen seit den 1970er Jahren an den Dollar gekoppelt, doch niedrige Ölnachfrage und Dollarschwäche würden die Bedrohung für die "Währungskopplungen" der Golf-Staaten verschlimmern. Würde eine Koppelung zerbrechen, so wäre nicht klar, ob es für diese Währung unter derzeitigen Umständen einen offensichtlichen Boden geben würde.
[Ursprünglich geschrieben von Alastair Crooke via The Strategic Culture Foundation]
© Zerohedge
Der Artikel wurde am 3. August 2020 auf www.zerohedge.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.