Doug Casey - Das Ende der westlichen Zivilisation ...
16.11.2020 | Presse anonym
International Man: Der Niedergang der westlichen Zivilisation befindet sich in den Köpfen vieler Menschen. Lassen Sie uns über diesen Trend sprechen.
Doug Casey: Die westliche Zivilisation hat ihren Ursprung im antiken Griechenland. Unter den weltweiten Zivilisationen ist sie einzigartig darin, die Einzelperson - und nicht das Kollektiv - in eine zentrale Position zu rücken. Sie verankerte Logik und rationales Denken - und nicht Mystik und Aberglaube - um mit der Welt umzugehen. Deshalb haben wir Wissenschaft, Technologie, großartige Literatur und Kunst, Kapitalismus, persönliche Freiheit, das Konzept von Fortschritt und vieles mehr. Tatsächlich ist fast alles Wertvolle in der materiellen Welt der westlichen Zivilisation zu verdanken.
Ayn Rand sagte einmal: "Ost minus West ergibt null." Ich denke, dass sie damit etwas zu weit ging, als ein rhetorischer Apparat, doch sie lag essentiell richtig. Wenn man betrachtet, was die anderen Zivilisationen der Welt zur Party beigetragen haben - zumindest über die letzten 2.500 Jahre - dann ist das trivial. Ich habe jahrelang im Orient gelebt. Es gibt viele Dinge, die ich daran liebe - dazu zählen Kampfsport, Yoga und die Küche. Doch all der Fortschritt, den sie gemacht haben, ist auf die Früchte des Westens zurückzuführen.
International Man: Es gibt so viele Dinge, die die westliche Zivilisation entwürdigen. Wo fangen wir an?
Doug Casey: Es wurde korrekterweise gesagt, dass eine Zivilisation immer von innen heraus kollabiert. Der Erste Weltkrieg, im Jahr 1914, signalisierte den Beginn des langen Zusammenbruchs der westlichen Zivilisation. Natürlich waren Termiten bereits dabei, an den Grundpfeilern zu nagen, mit Werken von Jean-Jacques Rousseau und Karl Mary. Seitdem befindet sie sich auf einem Abwärtspfad, obwohl sich Technologie und Wissenschaft rasant verbessert haben.
Sie sind jedoch wie ein Schwungrad mit verzögerter Funktion, das mit gelagerter Energie und angesammelten Kapital funktioniert. Ohne Kapital, intellektuelle Freiheit und Entrepreneurialismus verlangsamen sich Wissenschaft und Technologie. Ich bin optimistisch, dass wir es bis Kurzweils Singularität schaffen, doch es gibt keine Garantien.
Die Dinge veränderten sich außerdem mit Gründung der Federal Reserve im Jahr 1913. Davor verwendeten die USA Goldmünzen als Geld. "Der Dollar" war ein Name für 1/20 einer Unze Gold. Das ist es, was der Dollar war. Papierdollar waren nur Quittungen für Gold, das beim Finanzministerium gelagert wurde. Die Einkommenssteuer, eingeführt im selben Jahr, streute noch mehr Sand ins Getriebe der Zivilisation. Die Welt war vor den Ereignissen in den Jahren 1913 und 1914 viel freier, was den Staat ins Zentrum von allem stellte.
Die Fed und die Einkommenssteuer sind sowohl desaströs als auch unnötig, auf jegliche Art und Weise Feinde des Normalbürgers. Leider haben die Leute angefangen zu glauben, dass sie fester Bestandteil des kosmischen Firmaments sind. Sie sind der Hauptgrund - es gibt jedoch leider eine Menge anderer Gründe - warum der Lebensstandard des durchschnittlichen Amerikaners seit Anfang der 1970er Jahre gesunken ist. Gäbe es diese Dinge und die immense Menge zerstörten Kapitals während zahlreicher Kriege der letzten 100 Jahre nicht, so hätten wir wahrscheinlich bereits den Mond und den Mars kolonialisiert. Neben anderen Dinge...
Doch ich möchte erneut betonen, dass die Wissenschaft, die Technologie und all diese wunderbaren Spielzeuge, die wir haben, nicht die Essenz der westlichen Zivilisation sind. Sie sind Konsequenzen des Individualismus, des Kapitalismus, des rationalen Denkens und der persönlichen Freiheit. Es ist wichtig, Ursache nicht mit Wirkung zu verwechseln.
International Man: Sie haben erwähnt, dass der Lebensstandard des durchschnittlichen Amerikaners seit Anfang der 1970er Jahre zurückgegangen sei. Das hängt direkt damit zusammen, dass die US-Regierung die letzte Verbindung zwischen Gold und Dollar im Jahr 1971 aufgab. Seitdem war die Federal Reserve in der Lage, den US-Dollar ohne Einschränkung abzuwerten.
Ich denke, dass die Transformation des Dollar zu einer reinen Fiatwährung die Rechtsstaatlichkeit und Moral in den USA untergraben hat. Das ist ähnlich dem, was im römischen Reich passierte, nachdem es begann, seine Währung abzuwerten. Was denken Sie, Doug?
Doug Casey: Die Regierungen und Zentralbanken weltweit teilen sich eine gemeinsame Philosophie, die diese Politik vorantreibt. Sie glauben, dass man Wirtschaftsaktivität durch Ankurbeln der Nachfrage erschafft und man die Nachfrage durch Drucken von Geld stimuliert. Und das ist auf gewisse Weise natürlich wahr. So wie ein Fälscher eine lokale Wirtschaft stimulieren kann.
Leider missachten sie das und ignorieren, dass eine Person oder eine Gesellschaft reich wird, indem sie mehr produziert, als konsumiert wird, und den Unterschied spart. Mithilfe dieses Unterschieds, der Ersparnisse, erschafft man Kapital. Ohne Kapital sind Sie auf bloße Subsistenz reduziert. Diese Leute denken, dass man durch Inflation - also Zerstörung - der Währung Wohlstand erschaffen kann. Doch tatsächlich zerstören sie Kapital: Wenn man den Wert der Währung zerstört, dann schreckt dies Leute vom Sparen ab. Und wenn die Leute nicht sparen, können sie kein Kapital aufbauen; und der Teufelskreis setzt sich fort.
Das ist für die Zivilisation an sich destruktiv, sowohl lang- als auch kurzfristig. Je mehr Papiergeld, Kredit, sie erschaffen, desto stärker fokussiert sich die Gesellschaft auf das Finanzwesen und nicht Produktion. Deshalb gibt es deutlich mehr Menschen, die Finanzwesen studieren als Wissenschaft. Der Fokus liegt zunehmend auf Spekulation, nicht Produktion. Financial Engineering, nicht mechanisch, elektrisch oder chemisch. Und eine Menge Gesetze und Regulierungen, um die instabile Struktur am Einbrechen zu hindern.
Was eine echte, zivilisierte Gesellschaft zusammen hält, sind keine Gesetze, Regulierungen und Politik. Es ist der Gruppendruck, gesellschaftliche Schmach, moralische Bestätigung und Ihre Reputation. Dies sind vier Elemente, die alles zusammen halten. Die westliche Zivilisation ist auf Voluntarismus aufgebaut. Doch wenn der Staat wächst, wird dieser in jedem Aspekt der Gesellschaft durch Zwang ersetzt. Es gibt Regulierungen für die undurchsichtigsten Bereiche des Lebens. Wie Harvey Silverglate in seinem Buch hervorhob, begeht der durchschnittliche Amerikaner drei Verbrechen am Tag. Ob er geschnappt und verurteilt wird, ist eine Sache des Glücks und launenhafter Wille irgendeines Funktionärs. Das ist antithetisch zu den Kernwerten der westlichen Zivilisation.
International Man: Da wir gerade von antiken Zivilisationen wie Rom sprechen... Die Zinsen befinden sich auf ihrem niedrigsten Niveau der letzten 5.000 Jahre der Geschichtsschreibung. Staatsanleihen im Wert von Billionen Dollar werden zu negativen Renditen gehandelt. Natürlich könnte dies nicht an einem freien Markt passieren. Es ist nur aufgrund der Zentralbankmanipulation möglich. Wie werden künstlich niedrige Zinsen den Zusammenbruch der westlichen Zivilisation beeinflussen?
Doug Casey: Es ist sehr, sehr ernst. Ich hielt negative Zinsen zuvor für metaphysisch unmöglich, doch in der bizarren Welt, die von Zentralbanken geschaffen wurde, ist das passiert. Negative Zinsen schrecken vor dem Sparen ab. Sparen ist das, was Kapital aufbaut. Ohne Kapital enden wir als leere Hülle - Rom im Jahr 450 n. Chr., oder das heutige Detroit - eine Menge wunderschöner, jedoch leerer Gebäude und keinerlei Wirtschaftsaktivität. Schlimmer noch; es zwingt die Menschen dazu, ihr Geld verzweifelt in jede idiotische Spekulation zu investieren, um der Inflation zuvorzukommen. Sie jagen den Blasen hinterher, die das Falschgeld erschafft.
Lassen Sie mich etwas verdeutlichen: Damit Wissenschaft und Technologie voranschreiten können, braucht man Kapital. Woher kommt das Kapital? Es kommt von Leuten, die mehr produzieren, als sie konsumieren und den Unterschied sparen. Schulden bedeuten hingegen, dass man über seine Verhältnisse hinaus lebt. Man konsumiert entweder Kapital, das andere gespart haben, oder verpfändet seine Zukunft.
Null- und Negativzinspolitik sowie die Gelderschaffung aus dem Nichts, sind tatsächlich destruktiv für die Zivilisation. Es vermittelt dem durchschnittlichen Laien, dass er keine Kontrolle über sein eigenes Schicksal hat. Er fängt an, zu glauben, dass der Staat, Glück oder Gott für ihn sorgen wird. Diese Haltung ist typisch für Leute, die aus rückständigen Teilen der Welt stammen - nicht der westlichen Zivilisation.
International Man: Was sagt das über die Wirtschaft und die Gesellschaft aus, dass die Menschen so hart daran arbeiten, zu interpretieren, was Offizielle der Federal Reserve und anderer Zentralbanken sagen?
Doug Casey: Es ist eine beschämende Zeitverschwendung. Es erinnert mich an Primitive, die den Rat von Hexendoktoren suchen. Vor 100 Jahren machten die reichsten Menschen des Landes - die Rockefellers, die Carnegies, etc. - ihr Geld durch Erschaffung von Industrien, die tatsächlich Dinge herstellten. Nun schieben die reichsten Menschen des Landes einfach nur Geld umher. Sie werden reich, weil sie der Regierung und dem Hydranten der Währung nahestehen, der von der Federal Reserve materialisiert wurde. Ich denke, dass dies ein Zeichen ist, dass sich die Gesellschaft in den USA verschlechtert hat.
Die Welt dreht sich deutlich weniger um echte Produktion, doch vielmehr um das Raten, in welche Richtung sich die Finanzmärkte bewegen werden. Negativzinsen erschaffen Blasen und das wird letztlich zu einem wirtschaftlichen Zusammenbruch führen.
International Man: Negativzinsen sind essentiell eine Steuer auf Ersparnisse. Eine Menge Leute würde ihr Geld lieber von der Bank abheben und es unter einer Matratze verstecken, als diesen Stich zu spüren. Die wirtschaftlichen Zentralplaner wissen das. Das ist der Grund, warum sie Negativzinsen verwenden, um den Krieg gegen Bargeld anzukurbeln - der Anstoß, um Papierwährung zu eliminieren und eine bargeldlose Gesellschaft zu erschaffen.
Das Bankensystem ist sehr fragil. Banken halten nicht viel Papiergeld. Es sind größtenteils digitale Bytes in einem Computer. Wenn die Leute anfangen, Papiergeld in Massen abzuheben, wird es nicht viel brauchen, um das gesamte System zum Einsturz zu bringen. Ihre Lösung ist es, Bargeld schwerer zugänglich und, in einigen Fällen, illegal zu machen. Deshalb sind wirtschaftliche Hexendoktoren in Harvard darauf aus, die 100-Dollar-Note abzuschaffen.
Nehmen wir Frankreich als Beispiel. Es ist dort nun illegal, Bargeldtransaktionen über 1.000 Euro durchzuführen, ohne diese angemessen zu dokumentieren. Negativzinsen haben den Bargeldkrieg angekurbelt. Wenn die Zentralplaner diesen Krieg gewinnen, wäre das der finale Todesstoß für die finanzielle Privatsphäre. Wie hängt das mit dem Zusammenbruch der westlichen Zivilisation zusammen?
Doug Casey: Ich denke, dass der nächste Schritt ihres idiotischen Plans es ist, das Bargeld abzuschaffen. Vor Jahrzehnten haben sie Goldmünzen abgeschafft, die täglich in den Taschen der Menschen zirkulierten. Dann haben sie Silbermünzen abgeschafft. Und nun planen sie, Bargeld insgesamt abzuschaffen. Man wird also nicht einmal mehr Euro oder Dollar oder Pfund in seinen Portemonnaies haben oder zumindest nur in sehr kleinen Stückelungen. Alles andere wird durch elektronische Zahlungsabwicklung durchgeführt werden müssen.
Das ist ein großes Desaster für die durchschnittliche Person: Absolut alles, was man kauft oder verkauft - vielleicht mit Ausnahme eines Schokoriegels oder eines Hamburgers - wird über das Bankensystem abgewickelt werden. Demnach wird die Regierung in der Lage sein, jede Transaktion und Zahlung zu überwachen. Die finanzielle Privatsphäre - was heute noch davon übrig ist - wird praktisch aufhören, zu existieren.
Privatsphäre ist einer der größten Unterschiede zwischen einer zivilisierten und einer primitiven Gesellschaft. In einer primitiven Gesellschaft, in Ihrer kleinen Schlammhütte, kann jeder durch das Fenster sehen oder Ihr Zelt öffnen. Sie haben keinerlei Privatsphäre. Jeder kann alles hören; alles sehen. Das war eine der wunderbarsten Sachen der westlichen Zivilisation - Privatsphäre wurde wertgeschätzt und respektiert. Doch das Konzept, wie so viele andere, ist auf bestem Weg, abgeschafft zu werden...
International Man: Sie haben bereit zuvor einmal erwähnt, dass Sprache und Worte wichtige Hinweise auf den Zusammenbruch der westlichen Zivilisation liefern. Inwiefern?
Doug Casey: Viele Wörter, die Sie hören, vor allem im Fernsehen und von anderen Medien, werden verwechselt oder vollkommen missbraucht. Viele kürzliche Veränderungen der Art und Weise, wie Wörter verwendet werden, korrumpieren die Sprache. Wie George Orwell gerne hervorhob: Kontrolle der Sprache ist eine Kontrolle der Gedanken. Die Korruption der Sprache trägt zur Korruption der Zivilisation an sich bei.
Das ist kein trivialer Faktor bei der Zerstörung der westlichen Zivilisation. Wörter - deren exakte Bedeutung und wie sie verwendet werden - sind sehr wichtig. Wenn Sie nicht meinen, was Sie sagen und sagen, was Sie meinen, dann ist es unmöglich, akkurat zu kommunizieren. Vergessen Sie die Übertragung philosophischer Konzepte.
Nehmen wir beispielsweise Aktionär und Stakeholder. Wir alle wissen, dass ein Aktionär eine Aktie eines Unternehmens besitzt, doch ist Ihnen aufgefallen, dass Aktionäre über die letzte Generation weniger wichtig geworden sind als Stakeholder? Obwohl Stakeholder nur Mitläufer, Angestellte, etc. sind. Doch jeder erkennt an: "Ja, wir müssen auf die Stakeholder achten." Woher kommt dieses Konzept? Es ist eine kürzliche Erfindung, doch der dumme Amerikaner scheint zu denken, dass es seit Gründung des Landes in Stein gemeißelt ist.
Uns wird erzählt, dass wir sie beschützen müssen, als wären sie eine wertvolle und vom Aussterben bedrohte Spezies. Ich sage: "Verflucht seien die Stakeholder." Wenn sie mitbestimmen wollen, was ein Unternehmen tut, dann sollten sie Aktionäre werden. Stakeholder sind eine Klasse, die aus dem Nichts von kulturellen Marxisten erschaffen wurde, um Aktionären das Fürchten zu lehren.
© Doug Casey
Dieser Artikel wurde am 03.11.2020 auf www.internationalman.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.