Hab ich etwas übersehen? Vier Bärenargumente gegen Gold & Silber
11.04.2021 | Lobo Tiggre
Anmerkung Redaktion: Auf Wunsch des Autors möchten wir der Leserin/dem Leser mitteilen, dass Beiträge von Herrn Gburek nicht mehr regelmäßig erscheinen werden.
Autorin und Philosophin Ayn Rand mahnte uns bekannterweise, "unsere Annahmen zu prüfen." Es zahlt sich also aus, sich selbst zu fragen, ob man vielleicht etwas übersehen hat - vor allem, wenn man mit einer Situation konfrontiert wird, die keinen Sinn macht. Die unsinnige Investment-Realität besagt, dass Anzeichen für steigende Inflation dafür sorgen, dass der Goldpreis - die weltbeste Absicherung seit tausenden von Jahren - fällt.
Ich habe bereits mehrfach erklärt, warum das geschieht: Nominalzinsen steigen in Reaktion auf Erwartungen höherer Inflation schneller als die CPI. Jeder kann einen Blick auf den Haushalt werfen und erkennen, dass die offizielle CPI Mist ist, doch es ist die Zahl, die politische Entscheidungsträger, Unternehmen und Investoren verwenden. Die Verzögerung zwischen Nominalzinsen und CPI lässt die Realzinsen weniger negativ erscheinen und das ist bearisch für Gold.
Das besorgt mich nicht, weil ich denke, dass die CPI deutlich aufholen wird. Sowohl Gold als auch Nominalzinsen könnten zeitgleich steigen, wenn Realzinsen fallen. Das haben wir zuvor schon beobachten können, nach dem Crash 2008. Gut. Irgendwie macht das alles auf eine verzerrte Art und Weise Sinn. Ich kann selbstbewusst "Preisnachlässe erwerben." Doch was, wenn ich etwas Wichtiges übersehen habe? Unabhängiges Denken und die Disziplin, den eigenen Überzeugungen treu zu bleiben, sind erstklassige Werte für erfolgreiche Spekulanten. Eingebildete Übermut wiederum nicht. Also...
Überprüfen wir unsere Annahmen
Steigen Nominalzinsen schneller als die CPI? Ja. Die aktuellsten CPI-Zahlen sind vom Februar. Die Nominalzinsen der 10-Jahresstaatsanleihe sind seit dem gestrigen Handelsschluss (5. April) seitdem um etwa 19,4% gestiegen. War dieser sichtbare Anstieg der Realzinsen bearisch für Gold? Ja. Zumindest auf einer täglicher Basis können wir beobachten, wie sich Gold und Nominalzinsen stark invertiert entwickeln.

Ebenfalls können wir das längerfristig beobachten, wie ich zuvor bereits in einem Chart zeigte.

Interessanterweise stellte der gestrige Handelsschluss (5. April) in Gold einen Anstieg um 5,80 Dollar je Unze Anfang März dar - der Zeitspanne, in der die mutmaßlichen Realzinsen um 19,4% stiegen. Meine Erklärung dafür war, dass einige Investoren beginnen, Inflationserwartungen stärker zu gewichten als die CPI, was schon immer eine nachhinkende Zahl war. Steigen die Inflationserwartungen also?
Ja. Ich habe keine Ahnung, was Fed-Vorsitzender Powell denkt, wenn er sagt, dass die Inflationserwartungen bei 2% "gut verankert" seien. Nun, tatsächlich schon; ich denke, er betrachtet die langfristigen Durchschnitte. Doch wenn das der Fall ist, dann ist dies eine absichtliche Entscheidung, keinen Blick auf den aktuellen Trend zu werfen. Das brachte die Erwartungen kürzlich über 3% - und sie steigen schnell.

Meine These wird also gut von den relevantesten Daten unterstützt. Könnte ich hier etwas übersehen, was nicht Teil dieses Arguments ist? Nun, ich habe meine Twitter-Gemeinde gefragt und erhielt einige Vorschläge. Crowdsourcing kann großartig sein... mit der richtigen Zielgruppe. Hier sind die Top-Bärenargumente für Gold, die als Herausforderungen genannt wurden:
Bearisches Argument Nr. 1: Bitcoin stiehlt Gold die Schau
Ich denke, da ist etwas dran; in der Hinsicht, dass hochliquides Kapital recht einfach zwischen Bitcoin und Gold hin- und herschwappen kann, abhängig davon, was zu diesem Zeitpunkt schneller steigt. Doch ich denke außerdem, dass Bitcoin größtenteils neue Investoren angezogen hat - trotz einiger prominenter Fälle. Ich habe zudem meine Leser befragt und ich würde sagen, dass der Prozentsatz von Goldinvestoren, der tatsächlich Gold oder Goldaktien verkaufte, um Kryptowährungen zu erwerben, etwa bei 1% liegt.
Zuletzt befand sich die Gesamtmarktbewertung von Bitcoin bei etwa 1 Billionen Dollar, während die von Gold bei etwa 10 Billionen Dollar liegt. Wenn wir zum Zwecke dieses Arguments annehmen, dass die Hälfte des Geldes, das in Bitcoin investiert wurde, Geld ist, das in Gold geflossen wäre, dann wäre dies ein deutlicher Wert, jedoch noch immer nur 5% gegenüber Gold.
Preise werden zu Margins festgelegt, diese 1% oder 5% könnten einen Gegenwind darstellen, doch ich denke, dass beides weggeweht werden wird, wenn Gold das nächste Mal angesagt ist. Und da sowohl Gold als auch Bitcoin Alternativen zum USD sind, macht es Sinn, dass sie allgemein zusammen steigen sollten, wenn der USD an Wert verliert. Wenn man die täglichen Störgeräusche glättet, dann ist das tatsächlich so. Bitcoin korreliert schließlich - mit Gold.

Dass Bitcoin manchmal schneller gestiegen ist als Gold, macht die Tatsache nicht ungeschehen, dass Bitcoin und Gold allgemein gemeinsam stiegen. Das macht für mich Sinn. Ich habe schon lange argumentiert, dass die Krypto-Anhänger Gold einen großen Gefallen tun, indem sie gesamte Generationen über die Gefahren der Fiatwährungen aufklären. Kurz gesagt: Ich denke, dass Bitcoin zwar von Belang ist, jedoch nicht den Untergang für Gold darstellen wird.
Bearisches Argument Nr. 2: Deflation
Meine wirtschaftliche Meinung gehört der Österreichischen Schule an: freie Märkte und Hartwährung. Doch in dieser Ära des Reservebankwesens und massiver Regierungsinterventionen innerhalb der Wirtschaft betrifft die Inflation, die wir erleben, mehr als nur die Geldmenge. Das ist ein großes Thema, doch die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes ist eine wichtige Variable. Wenn sie schneller fällt als Geld erschaffen wird, dann sind Gelddruckerei und Deflation zeitgleich möglich.
Das ist zum derzeitigen Zeitpunkt wichtig, weil die Machthaber die Banken mit Liquidität überflutet haben, doch die Banken abgeneigt waren, Kredite zu vergeben. Das stellte seit Ausbruch von COVID-19 eine Vollbremsung für die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes dar. Und was auch immer wir von den COVID-Statistiken und -Maßnahmen halten, die politischen Entscheidungsträger reagieren sicherlich auf die kürzliche Welle.

Frankreich und Italien haben gerade neue Lockdown-Maßnahmen bekanntgegeben. Orte wie Brasilien verzeichnen hohe Zahlen. Die USA hoffen, dass man bald wieder öffnen könne - und das hoffe ich auch - doch ich bin sicher, dass die US-Politiker wieder zumachen werden, wenn die Zahlen steigen. Das prognostiziere ich nicht; ich sage hier nur, dass ich die Bedrohung anerkenne. Selbst ohne neuen Lockdown erscheinen die andauernden Auswirkungen wahrscheinlich rezessionell - vielleicht jahrelang. Und sicher, eine langwierige Rezession würde deflationären Druck ausüben.
Doch das muss nicht unbedingt zur tatsächlichen Deflation führen - und ich denke auch nicht, dass dies der Fall sein wird. Die Keynesianer, die darauf beharren, dass Deflation die große Bedrohung ist, der wir uns gegenübersehen, vergessen die 1970er Jahre. Stagflation ist ein echtes Phänomen. Das ist tatsächlich meine wirtschaftliche Basisprognose nach der Post-Lockdown-Welle. Was mich so sicher macht?
Nun, zum Einen ist die Gelddruckerei wichtig und war jenseits von Gut und Böse. Einige argumentieren, dass die USA seit der Weltfinanzkrise wie verrückt Geld gedruckt haben, ohne hohe Inflation zu erschaffen und dass sie somit so viel drucken können wie sie wollen. Das ignoriert die Tatsache, dass die im letzten Jahr gedruckte Geldmenge die bisherige Gelddruckerei deutlich überstieg. Die Daten sprechen hier praktisch von keinem ähnlichen Ereignis. Behauptungen, dass die aktuelle Gelddruckerei nicht von Belang ist, basieren nicht auf den Daten.

Und es sind außerdem nicht nur die Banken, die die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes beeinflussen. Die Reaktion vieler Personen und Haushalte auf die COVID-Situation war es, Geld zu sparen. Das ist kurzfristig deflationär, da es die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes vermindert. Was passiert also, wenn sich das umkehrt? Ich bin sicher, dass es das wird - und das basiert nicht nur auf einer Vermutung. Wir haben bereits beobachten können, dass die US-Sparraten nach der ersten und zweiten Welle in den USA abgenommen haben.

Die Sparrate sinkt nun wieder, bleibt jedoch weit über langfristigen Durchschnitten. Das macht die Erwartung eines massiven Ausgabeanstiegs, sobald Verbraucher entscheiden, dass die Luft wieder rein ist, vernünftig. Und ich erwarte einfach nicht, dass die Machthaber eine Deflation erlauben würden. Sie haben bereits gezeigt, dass sie keine Angst haben "so viel wie notwendig" zu drucken, um sicherzustellen, dass es keine Deflation gibt. Somit meine Erwartung einer Stagflation.
Bearisches Argument Nr. 3: Manipulation
Wie ich bereits gesagt habe, gibt es an den Gold- und Silbermärkten jede Menge Manipulation. Das beweist nicht, dass es eine Zentralbankverschwörung ist. Ich habe kein Problem dabei, zu glauben, dass es so sein könnte. Doch genau weil ich so skeptisch gegenüber den Machthabern bin, verlange ich ausreichend Beweise, bevor ich eine Theorie akzeptieren kann. Und einfache Gier unter den Gaunern des privaten Sektors ist eine weitere gültige Erklärung für die Handelsdaten, die so klar nach Manipulation riechen.
Nichtsdestotrotz hielt die Manipulation Gold nicht davon ab, 1980 auf 850 Dollar, 2011 auf 1.900 Dollar oder im letzten Jahr auf 2.063 Dollar zu steigen. Dass Gold höher sein "sollte", negiert nicht die Tatsache, dass die Machthaber nicht in der Lage sind, Gold vom Steigen abzuhalten, wenn ein großer Bullenmarkt anbricht. Wenn Manipulation der Hauptfaktor im Gold- und Silberpreis ist, dann wäre es für Investoren und Spekulanten rational, diese Märkte vollständig aufzugeben.
Jeden Tag, an dem man sich an einem derartigen manipulierten Markt befindet, ist es möglich, dass die Gauner die Preise einbrechen lassen werden und so für hohe Verluste sorgen. Warum sollte irgendjemand das riskieren wollen? Würde ich der "Alles ist der Manipulation zuzuschreiben"-These glauben, dann hätte ich nie so spekuliert, wie ich das habe. Ich hätte niemals das Geld verdient, das ich habe. Manipulation als Erklärung für alles geht zu weit.
Bearisches Argument Nr. 4: Keine Nachfrage nach sicheren Häfen
Mehrere Leser deuteten den Gedanken an, dass es an der Wall Street keine Angst gäbe und dass selbst die Menschen an der Main Street mit Regierungsschecks ruhiggestellt wurden. Warum sollten wir in einem derart risikofreudigen Umfeld überrascht darüber sein, eine Goldpreisabnahme zu beobachten? Das klingt vernünftig, ignoriert jedoch die Tatsache, dass Gold seit der Powell-Wende Ende 2018 bis letzten August gemeinsam mit den Aktien an der Wall Street stieg. Beides kann als Anzeichen für Inflation angesehen werden.
Ebenfalls wird hier der Berg an Beweisen ignoriert, der zeigt, dass Realzinsen in unseren "modernen", von Regierungen unterhaltenen Wirtschaften die beste, erklärende Variable sind, wenn es um den Goldpreis geht. Doch stellen Sie sich vor, dass dies ein großer Teil des "Problems" ist, das ist mit Gold heute gibt. Das würde andeuten, dass die aktuelle, relative Schwäche der Währungsmetalle eine Kaufgelegenheit ist; bevor die Nadel von Gier auf Angst schwingt - was immer der Fall ist.
Gibt es kein gutes Bärenargument?
Kein Argument, das ich gesehen habe, hat meine bullische Haltung erschüttert. Ich habe darüber nachgedacht und kann jedoch kurzfristig eine glaubwürdige Bedrohung sehen... Bald wird es neue CPI-Zahlen vom Bureau of Labor Statistics geben. Doch was, wenn die Nominalzinsen bis dahin erneut gestiegen sind - oder sogar mit deren Bekanntgabe steigen?
Wenn die Nominalzinsen weiterhin schneller steigen als die CPI, dann würde dies den Goldpreis weiter unter Druck setzen. Das könnte nächste Woche passieren. Und könnte sogar wahrscheinlich sein. Und vielleicht sogar mehrere Monate andauern. Doch ich sehe dies nicht als echtes Bärenargument - nur eine potenzielle Gelegenheit für diejenigen, die noch Bargeld zum Investieren haben. Warum? Aus zwei einfachen Gründen:
1. Ich denke, dass die Inflation die Erwartungen bald übersteigen wird. Wenn ich richtig liege, dann sollten die Anleiherenditen der CPI bald nachfolgen anstatt sie anzuführen.
2. Ich denke, dass die steigenden Renditen der 10-Jahresstaatsanleihe nördlich der 2% - doch weit vor 3% - zu einem ernsthaften Problem für die US-amerikanische Wirtschaftserholung werden. Wenn ich richtig liege, dann wird die Fed dazu gezwungen werden, mit einer Form der Renditekurvekontrolle einzugreifen.
Eine weitere Möglichkeit wäre ein allgemeiner Marktzusammenbruch, wie wir im letzten März, oder 2008, beobachten konnten. Diese weltweiten Ereignisse zerstören alles - alles - einschließlich Gold und Silber. Doch Grund dafür ist nicht die Tatsache, dass Währungsmetalle als sichere Häfen scheitern. Grund ist, dass Margin Calls und das Bedürfnis nach Bargeld zur Risikoreduktion extreme Liquiditätsengpässe verursachen und die Leute dazu zwingen, alles Mögliche zu verkaufen. In anderen Worten: Diese kurzlebigen Abwärtsspitzen zeigen, dass Gold seine Arbeit tut und in Zeiten großer Not als Quelle der Ersparnisse dient.
Und wenn diese Preisrückgange auftreten, dann stellen sie sich als spektakuläre Kaufgelegenheiten für diejenigen heraus, die liquide und mutig genug sind, zu kaufen, wenn andere verkaufen. Ja, Gold und Silber sind in den intensivsten Momente der Liquiditätsengpässe 2008 und 2020 eingebrochen - doch erinnern Sie sich daran, was danach geschah. Denken Sie daran, dass dies "zukunftsorientierte Aussagen" sind. Ich kann sie nicht beweisen. Doch sie entsprechen meiner Meinung.
© Lobo Tiggre
www.independentspeculator.com
Dieser Artikel wurde am 06. April 2020 auf www.independentspeculator.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.