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Im Herzen des Londoner Goldmarktes operieren Zentralbanken im Verborgenen

07.06.2021  |  Ronan Manly

Während viele Menschen mit dem Begriff "Londoner Goldmarkt" vertraut sein werden, werden die meisten nur wenig Wissen über seine innere Funktionsweise haben, besonders wenn es darum geht, wie und in welchem Umfang die Zentralbanken der Welt Gold in London über die Bank of England und die LBMA-Bullionbanken handeln und verleihen. Und so soll es ihrer Ansicht nach auch bleiben. Nie in der Geschichte der Finanzmärkte gab es einen Handelsplatz, der undurchsichtiger, geheimnisvoller und undurchdringlicher war als der Londoner Goldmarkt. Vor allem, wenn es um die Goldgeschäfte der Zentralbanken geht.

Dass der Londoner Goldmarkt (d.h. der Großhandelsmarkt) von einer Kabale von LBMA-Bullionbanken kontrolliert wird, ist weithin bekannt, aber was nicht so gut verstanden wird, ist, dass im Kern dieses Dunstes die Bank of England sitzt, die die Zentralbanken der Welt beaufsichtigt, koordiniert und ihnen die Durchführung ihrer Goldtransaktionen erleichtert, einschließlich der ultra-geheimen Goldleih- und Goldswap-Transaktionen.

Aus genau diesem Grund erklärte der berühmte "Another" das Folgende:

"Wenn Sie nach Fakten suchen, werden Sie diese finden, doch die Objekte, die Sie finden, werden nicht wahr sein! Dachten Sie, dass die leistungsstarke Welt der LBMA in einem Fischglas operieren würde, in das jeder Einblick hat? Wir können das, was von außen sichtbar ist, nicht als Beweis für das nehmen, was im Inneren stattfindet. Um die Antwort zu finden, müssen Sie mit inneren Annahmen arbeiten und damit auf den Außenbereich schließen!"

In diesem Zitat sprach "Another" spezifisch über Zentralbanken, als er fortfuhr:

"Denken Sie nun: Hätten die weltweiten Zentralbanken Gold wirklich so lange behalten, wenn sie es nur bei dessen fortlaufenden Rohstoffpreis bewerten würden?"


Bank of England, BIZ & LBMA

Ich hebe dies hier hervor, weil letzte Woche ein ungewöhnlicher und überraschender Artikel von Bloomberg veröffentlicht wurde. Der Artikel, der anonyme "Bulliontrader" zitierte, behauptete, dass in den Londoner Tresoren der Bank of England gelagerte Goldbarren im Mai "zu ungewöhnlich hohen Aufpreisen" zwischen 30 bis 40 US-Cent je Unze, und bis zu 50 US-Cent, verkauft wurden.

Gewöhnlich belaufen sich diese Aufpreise, laut Bloomberg, auf zwischen 0 bis 20 US-Cent. Die Aufpreise auf das BoE-Gold, so Bloomberg-Quellen, seien nach oben hin ebenfalls gegenüber Aufpreisen auf ähnliche Goldbarren in kommerziellen Tresoren in London abgewichen; wie die JP-Morgan-Tresore in der City of London.

Die Pointe des Bloomberg-Artikels war, dass "diese Aufschläge zumindest teilweise durch Käufe der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich [BIZ] getrieben werden, die regelmäßig im Auftrag der Zentralbanken der Welt mit dem Metall handelt." Dieser Bloomberg-Factoid wurde wiederum einer anonymen Quelle zugeschrieben, nämlich "einer Person mit direktem Wissen, die darum bat, nicht identifiziert zu werden, weil die Informationen nicht öffentlich sind."

Eine andere anonyme Person erzählte Bloomberg, dass "die BIZ kürzlich bis zu 1 Million Unzen BOE-Metall von verschiedenen Geschäftsbanken mit einem Aufschlag von 30 bis 40 Cent gekauft hat." All dies veranlasste Bloomberg zu der Schlussfolgerung, dass "die Zentralbanken möglicherweise wieder auf dem Markt kaufen."

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Die Schwierigkeit hierbei ist, dass nichts davon verifiziert oder bestätigt werden kann, da alle Quellen, die Bloomberg zitiert, anonym sind. Die Spitze des Eisbergs war, dass sowohl die BIZ als auch die Bank of England Kommentare verweigerten, wobei Bloomberg erklärte: "Ein Sprecher für die BIZ lehnte einen Kommentar ab und zitierte als Grund das Kundengeheimnis. Die BoE lehnte ebenfalls Kommentare ab."

Wenn also die angeblichen Protagonisten es ablehnen, sich zu äußern, warum haben sich dann kommerzielle Goldhändler mit "direktem Wissen" dazu entschlossen, sich zu nicht-öffentlichen Informationen zu äußern, während sie gleichzeitig darum bitten, nicht identifiziert zu werden? Und wer hat sich zuerst an Bloomberg gewandt? Wurde dieser Artikel von den Bullionbanken und/oder der Bank of England/BIZ über Bloomberg in die Medien platziert? Und wenn ja, zu welchem Zweck?

Obwohl wir wissen, dass sich der Goldpreis nicht aus der physischen Goldnachfrage, sondern aus dem Handel mit nicht zugewiesenen synthetischen Goldkrediten in London und dem Handel mit Gold-Futures an der COMEX ableitet, fährt Bloomberg fort, die etablierte Linie zu vertreten, dass die Aktivitäten der Zentralbanken auf dem Goldmarkt dem Goldpreis helfen, da sie ihren Artikel mit der unbegründeten Behauptung abschlossen, dass "die Zentralbanken dazu beigetragen haben, den Anstieg des Goldpreises während des größten Teils des letzten Jahrzehnts zu unterstützen."



Aber kein Wort über die geheimnisvolle Welt der Goldleihe der Zentralbanken bei der Bank of England, die eigentlich das Gegenteil tut und das Goldangebot ausweitet, indem sie Gold an die LBMA-Bullionbanken verleiht, während sie so tut, als ob die Zentralbanken es immer noch halten, und auf diese Weise den Goldpreis am Steigen hindert. In der euphemistischen Formulierung der Bank of England und der LBMA sorgt diese Goldleihe "für Liquidität auf dem Londoner Goldmarkt", was mit anderen Worten bedeutet, dass ein Angebot geschaffen wird, das nicht existiert.

Alles, was wir über die Goldoperationen der BIZ wissen, ist die Tatsache, dass die BIZ Goldkonten in London (Bank of England), New York (NY Fed), und Bern, Schweiz (Schweizer Nationalbank), hält und ihren Zentralbankkunden via dieser Konten "Goldstandortwechsel, Verwahrung und Abwicklung: London, Bern oder New York" sowie "Goldkäufe und -verkäufe: Spot, Outright Forwards, Swaps und Optionen" anbietet.

Und die Hüter dieser Informationen am Londoner Goldmarkt sind die Bank of England, die BIZ und die LBMA-Bullionbanken. Manchmal wird die LBMA Lippenbekenntnisse bezüglich der Transparenz der Zentralbankgoldoperationen abgeben, wie in einem Artikel ihrer Alchemist-Publikation. In typischer LBMA-Manier trug dieser Artikel jedoch nichts dazu bei, den Mantel der Geheimhaltung zu lüften, und war so allgemein gehalten, dass er (absichtlich) nichts bisher Unbekanntes über die Goldoperationen der Zentralbank enthüllte.

Ein weiteres Beispiel ist der angebliche Vorschlag der LBMA, die Identität von Goldbarren und deren Transaktionen auf die Blockchain zu stellen. Was für ein Unsinn!

Das ist das Letzte, was die LBMA tun würde, da sie Zentralbankengold nicht ignorieren könnte und, um es in den Worten von GATAs Chris Powell zu sagen: "Die Mengen, Orte, und Disposition der staatlichen Goldreserven sind Geheimnisse, die heikler sind als die Mengen, Orte und Disposition von Nuklearwaffen." Kurz gesagt: Die LBMA und die Bank of England mögen Transparent des Londoner Goldmarktes behaupten, wenn in Wirklichkeit das Gegenteil der Fall ist.

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Zentralbankpräsenz - Versteckt vor unserer Nase

Aber wenn die LBMA und die Bank of England gezwungen sind oder sich dafür entscheiden, den Londoner Goldmarkt miteinander öffentlich zu diskutieren, was gelegentlich geschieht, haben sie manchmal keine andere Wahl, als auf die Goldgeschäfte der Zentralbanken auf dem Londoner Goldmarkt hinzuweisen. Beispiel dafür ist der kürzliche Brief von der LBMA zur Prudential Regulation Authority (PRA) der Bank of England über die Behandlung von synthetischen "nicht zugewiesenen" Goldkrediten im Rahmen der Finanzierungs- und Liquiditätsregeln für Banken, die von den Regulierungsbehörden in Basel III (Basel Standards) vorgeschlagen werden.

Bevor Ihre Augen glasig werden, werden wir hier nicht auf dieses komplexe Thema eingehen, sondern nur hervorheben, was der Brief mit dem Titel "The Impact of the NSFR on the Precious Metals Market" über Zentralbanken im Zusammenhang mit dem Versuch der LBMA, die Fata Morgana des nicht zugewiesenen Papiermarktes und ihres Papiergold-Clearing-Systems (London Precious Metals Clearing Limited - LPMCL) zu schützen, zu sagen hat. In dem LBMA-Dokument erfahren wir, dass:

"LPMCL bedient Kunden wie Zentralbanken, zentrale Gegenparteien, andere Geschäftsbanken, Finanzinstitute und viele andere Nicht-Banken-Marktteilnehmer." (Seite 3)

Einer der Vorschläge (ein Vorschlag von 85% zur Berechnung des Required Stable Funding (RSF)) würde u.a.:

"Zentralbankoperationen einschränken - Weniger LPMCL-Clearingbanken könnten die Einlagen, Kredite und Swaps der Zentralbanken mit Edelmetallen einschränken. Diese Operationen sind wichtig, um die Kosten für die Lagerung von Goldreserven auszugleichen und Erträge zu generieren. Außerdem wird dadurch wichtige Liquidität für den Markt bereitgestellt." (Seite 4)

In typischer Ablenkungsmanier verwendet die LBMA das fadenscheinige Argument, dass die Zentralbanken sich um die Kosten für die Goldlagerung sorgen (Hinweis - das tun sie nicht), während in Wirklichkeit die wirkliche Sorge darin besteht, dass Goldeinlagen, Goldleihe und Goldswaps den Bullionbanken eine fertige Quelle für physisches Gold bieten, um den Markt zu speisen. Eingeschränkte Zentralbankoperationen, so das LBMA-Dokument, würden "die Struktur und Attraktivität" des nicht zugewiesenen Goldmarktes "grundlegend verändern."



Der LBMA-Bericht fährt fort und enthüllt, dass bei diesen Golddarlehen der Zentralbanken an Geschäftsbanken die Zentralbanken physisches Gold (das bei der Bank of England aufbewahrt wird) an die Geschäftsbanken übertragen und die Zentralbanken Zinsen erhalten (die in Papiergoldunzen akkumuliert werden, die aber in eine Fiat-Währung umgewandelt werden können) (Seite 5).

Was der NSFR-Brief nicht sagt, ist, dass diese Golddarlehen oft jahrelang zwischen den Geschäftsbanken hin- und hergeschoben werden und das physische Gold nie an die Zentralbanken zurückgezahlt wird, sondern weiterhin in deren Büchern verbleibt.

Beachten Sie, dass dieser Brief ("The Impact of the NSFR on the Precious Metals Market") der LBMA an die PRA der Bank of England offiziell eigentlich ein gemeinsamer Brief der LBMA und des World Gold Council (WGC) ist. Aber nirgendwo in dem Dokument wird der World Gold Council erwähnt, außer in einer Fußnote und in einem Anhang. Lassen Sie sich nicht täuschen. Dies ist ein LBMA-Dokument durch und durch, wobei der World Gold Council nur als gehorsamer Handlanger seinen Namen hinzufügt.

Dieser World Gold Council ist wirklich seltsam, eine Organisation, die die größten Goldminengesellschaften der Welt umfasst, die sich aber (bis zum Beweis des Gegenteils) niemals für den physischen Goldmarkt einsetzt, sondern lediglich ein Lakai in Übereinstimmung mit den LBMA-Bullionbanken in ihrem Bestreben ist, den fraktionierten Papiergoldmarkt in London aufrecht zu erhalten.

Das Dokument, das auf der LBMA-Webseite erscheint, wurde am 30. April 2021 erstellt und zuletzt am 4. Mai 2021 angepasst. Der Autor der PDF ist "Emmy Richardson", LBMA Office Coordinator. Darüber hinaus wird nirgendwo auf der Website des World Gold Councils dieser NSFR-Brief erwähnt oder auch nur auf diesen Brief an die PRA der Bank of England hingewiesen. Es ist eine durch und durch LBMA-Initiative, mit einem Stempel des World Gold Councils.

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Zentralbankoperationen - von Geheimnissen umhüllt

Wo schauen Sie also hin, wenn Sie etwas über die Goldtransaktionen der Zentralbanken und die Goldleihgeschäfte auf dem Londoner Markt wissen wollen? Auf der Website der Bank of England? Die BIZ-Website? Die LBMA-Website? Einige einschneidende Bloomberg-Untersuchungsartikel? Falsch, falsch und nochmals falsch.

Die richtige Antwort lautet: Nirgendwo, und das liegt genau daran, dass das Thema der Goldoperationen der Zentralbanken und der Goldleihe streng gehütete Geheimnisse sind, die nie dokumentiert, nie veröffentlicht und nie von den Finanzmedien untersucht werden. In der Tat wurde noch nie ein Finanzmarkt von den Mainstream-Medien weniger untersucht als der Londoner Goldmarkt.

Das ist der Grund, warum die Goldbarren-Gewichtslisten der Zentralbanken nie veröffentlicht werden, da ihre Veröffentlichung offenbaren würde, dass ein Großteil ihres Goldes nicht unbelastet in London lagert, sondern längst ausgeliehen ist. Das ist der Grund, warum der vertrauliche IWF-Bericht von 1999 zeigte, dass Zentralbankbeamte der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, der Europäischen Zentralbank, der Bank of England, der Deutschen Bundesbank, der französischen Zentralbank und anderer europäischer Zentralbanken "andeutete, dass sie Informationen bezüglich Goldleihgeschäften und Goldswaps äußerst marktempfindlich empfanden, angesichts der beschränkten Zahl an Teilnehmern bei derartigen Transaktionen."

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Daseinsberechtigung des Londoner Goldmarktes in seiner derzeitigen Form mit seiner extremen Geheimhaltung der Goldkauf- und -verkaufstransaktionen der Zentralbanken und der Goldverleihtransaktionen genau darin besteht, zu verhindern, dass neugierige Augen irgendetwas Wichtiges darüber erfahren, was auf dem Londoner Goldmarkt wirklich vor sich geht.

Das liegt daran, dass Marktinformationen Macht bedeuten und ein Mangel an Informationen den etablierten Teilnehmern (den Zentralbanken, der Bank of England, der BIZ und den LBMA-Bullionbanken) erlaubt, diese Macht auf Kosten des gesamten globalen Goldmarktes zu missbrauchen. Um das berühmte Zitat von Winston Churchill zu paraphrasieren:

"Ich kann Ihnen nicht vorhersagen, wie der Londoner Goldmarkt funktioniert. Es ist ein Rätsel innerhalb eines Mysteriums, das wiederum innerhalb eines Enigma steckt; aber vielleicht gibt es einen Schlüssel. Dieser Schlüssel ist die Kontrolle über den Goldpreis."


© Ronan Manly
BullionStar



Dieser Artikel wurde am 04. Juni 2021 auf www.bullionstar.com und zuvor auf RT.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.