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Zieht sich der Hegemon USA selbst den Stecker?

27.09.2021  |  Rolf Nef

Die US Notenbank notiert täglich die sog. RRPs, Reverse Repurches. Was ist das? Dass Notenbanken Obligationen kaufen und so die Geldmenge erhöhen, die wiederum die Konsumgüterpreise und/oder die Vermögenswerte sowie die Kreditmenge treiben, ist allseits bekannt. Mit RRPs macht das Fed das Gegenteil. Es verkauft Wertschriften und zieht Liquidität aus dem Bankensystem ab. Dass es diese Wertschriften per Termin auf einen Tag später oder mehr wieder zurückkauft, ändert nichts an der Tatsache der Liquiditätsverknappung, solange das Geschäft repetiert wird.

Die erste Grafik zeigt, dass diese Operationen im April 2021 bei Null startete und jetzt (3.9. 2021) bei 1.070 Milliarden US$ steht (22.9.21: 1.283). Also hat das Fed 1.070 Milliarden $ dem Finanzsystem entzogen. Ist das viel?

Grafik 2 zeigt die monetäre Basis des Fed seit 1918. Das ist jene Summe, die die Notenbank dem Finanzsystem zur Verfügung stellt. Buchhalterisch gesprochen ist es der Notenumlauf und die Guthaben der Geschäftsbanken bei der Notenbank, also Teil der Passiven. Der überwiegende Teil besteht aus den Guthaben der Geschäftsbanken. Wenn also die Monetäre Basis von rund 6 Billionen $ um mehr als 1 Billion gekürzt wird, und das in fünf Monaten, dann ist das erheblich.

Im Vergleich dazu die Phase von April 2015 bis September 2019, als die Monetäre Basis von 4.060 Milliarden $ auf 3.200 Milliarden heruntergefahren wurde, also ein Zeitraum von vier Jahren. Prompt reagierten die kurzen Zinssätze nach oben. Prompt reagierte ebenso das Fed und schoss via Wertschriftenkäufe Liquidität ein. Nur ja kein Crash war die Devise. Der restliche Anstieg auf 6.000 Milliarden $ ist dem Covid Einbruch zu verdanken, weil das Fed über 2 Trillionen $ einschoss.

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Grafik 1


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Grafik 2


Dieser Anstieg der RRPs oder die Verknappung der Liquidität hat wenig Echo gefunden in den Finanzportalen. Nur gerade Zoltan Pozsar, ein Analyst für kurzfristige Zinsen der CS in NY, hat darauf aufmerksam gemacht. Das Narrativ ist und bleibt, es wimmelt von Liquidität, buy the dips. Aber offensichtlich ist der Crash gewünscht. Die Geschichte der Liquiditäts-verknappung zeigt dies. Nur waren die Blasen noch nie so groß.

Ob diese Verkürzung der Liquidität ausreicht, um die Assetblasen zum Platzen zu bringen, weiss niemand. Ein Platzen der Blasen ist aber mehr als ein ökonomisches Ereignis. Das US Imperium käme damit an den Beginn seines Endes. Es ist nicht militärisch gefährdet, es gefährdet sich selbst durch

Wenn die USA 1776 gestartet sind, dann sind sie 2021 245 Jahre alt. Das entspricht etwa der historischen Lebensdauer von Imperien. Hier eine Übersicht:

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Hohe Verschuldung und Asset Blasen gehen Hand in Hand. Hier einige Grafiken zu diesen beiden Themen:

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Grafik 3


Die US Verschuldung ist absolut mit ca. 87 Trillionen US$ als auch relativ zur Produktion auf einem Höchststand.

1835 kam es zum ersten großen Einbruch der US Wirtschaft und Finanzmärkte. Andrew Jackson, der erste US Präsident der nicht aus dem Establishment kam, unterzeichnete ein präsidiales Dekret, das verlangte, dass Boden und Immobilien nur noch mit Gold und Silber und nicht mehr mit Kredit bezahlt werden dürfen. Die 1816 gegründete zweite US-Notenbank förderte die Spekulation mit dem den Indianern geklauten Land.

Andrew Jackson war als hoher Militär an diesen Indianerfeldzügen beteiligt, damals eine ehrenwerte und rentable Beschäftigung. Nur die Notenbank störte ihn. Mit dem Slogan "Kill the Bank" gewann er 1829 die Wahlen. Er setzte sich durch und die Bank wurde geschlossen. In der ersten Phase brach die Produktion ein. Private Kreditnehmer gingen massenweise pleite wie auch viele Bundesstaaten. Das Kredit/BSP-Verhältnis fiel vor dem Bürgerkrieg unter 50%, ein Traumzustand für die heute über 400%.



Der amerikanische Bürgerkrieg brachte die Wende kurzfristig für die Staatsschulden aber vor allem für die privaten Kredite. Die Kriegsfinanzierung ist ein weiteres Unikum der US Finanzgeschichte. Der Hauptharst der Kosten wurde nicht mit Krediten finanziert, sondern der Präsident Abraham Lincoln ließ einfach durch das Treasury Dollar Noten drucken und das Publikum akzeptierte sie.

Das alles liest man nicht nach in Milton Friedmans und Anna Schwartzs Buch "A Monetary History of the United States, 1867 - 1960". Denn wie der Titel schon sagt, begann die Untersuchung erst mit dem Jahr 1867. Finanzgeschichte wird eben wie die übrige Geschichte auch durch die Sieger geschrieben. Milton und Schwartz arbeiteten an der von der Rockefeller Stiftung finanzierten Universität Chicago. Der Wälzer von über 800 Seiten hat trotzdem für den Nobelpreis gereicht, denn auch der gehört zum Machtsystem, wie der Friedensnobelpreis zeigt.

Nach dem Bürgerkrieg setzte das Wirtschaftswachstum mit überdurchschnittlichem Kreditwachstum wieder ein, aber insgesamt erträglichem Niveau. Kaum war die dritte Notenbank der US im Dezember 1913 gegründet, startete ein halbes Jahr später der erste Weltkrieg, gerade richtig um diesen mitzufinanzieren. Mit dem Ende des Krieges fielen die Rohstoffpreise und die Inflation. Damit setzte die Disinflation ein und fliegende Finanzmärkte. Allerdings dauerte die Phase nur acht Jahre verglichen mit den heute 39 Jahren gemessen am Start des Aktienbullmarktes von August 1982.

Wiederum wurde der Stecker gezogen indem das Fed Anfangs 1929 die Zinsen erhöhte. Die Liquidität hielt das Fed über die kommenden Jahre knapp und die Depression nahm ihren Lauf, idem große Teile der privaten Kredite zusammenbrachen, bis das Niveau des Kreditzyklus wieder so tief war wie am Ende der letzten Abwärtsphase und bei 62% neu startete und heute bei 270% liegt, im Total mit dem Staat über 400%.

Das in sehr kurzen Worten die wichtigsten Stationen der US Kredit- und Steckerzieh-Geschichte.

Warum ist die Blase noch nicht geplatzt? Der oben gezeigte Kreditleverage sieht zinsadjustiert ganz anders aus. Grafik 4 zeigt das Kredit/BSP Verhältnis multipliziert mit dem Zinssatz 10 jähriger Staatsanleihen. So gesehen sind wir auf dem Niveau von 1950.

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Grafik 4


Nebst der Kreditblase besteht eine US-Aktienblase, die Grafik 5 zeigt. Blau ist die Entwicklung des Dow Jones logarithmisch mit dem 10er Logarithmus und rot ist die Entwicklung linear seit 1789. Natürlich ist die Messung in US$. Dieser hat aber massiv an Kaufkraft verloren. Darum die Messung des Dow in Gold, das auf solche Kaufkraftverluste mit Preiserhöhungen reagiert.

Grafik 6 zeigt die Entwicklung des Dow Industrials gemessen in Gold. So gesehen war der Preis 1980 tiefer als 1932 im Tief. Das Hoch war mit 40 1999. Heute mit 20 ist der Dow immer noch um die Hälfte tiefer als 1999, allerdings ohne Dividenden gerechnet.

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Grafik 5


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Grafik 6


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Grafik 7




Obige Grafik 7 den Shiller Index für amerikanische Wohnhäuser, ein wichtiger Vermögenswert vieler Familien. Die schwarze Linie zeigt den Preis in US$, die rote mit der Skala rechts denselben Preis, aber gemessen in Gold, der seinen höchsten Punkt 1971 hatte. Die Häuser sind mit rund 10.000 Milliarden $ Hypotheken belastet, danebst lasten noch 4.200 Milliarden $ Konsumkredite auf den Familien.

Kein Zweifel, die Blase der Vermögenswerte ist vorhanden und dies schon lange. Über ihr platzen entscheidet aber nicht ihre Größe, sondern ob sie weiter genährt wird. Und diese Nahrung wird seit April 2021 verknappt, bewußt.

Die zweite Archillesverse der USA ist ihre Währung. Weil diese von vielen Marktteilnehmern aller Art als Reservemedium verwendet wird, sei es als Bankguthaben oder Anlagen in Staatsanleihen. Dies ist ein Novum der Finanzgeschichte. Nie vorher gab es eine Reservewährung, Guthaben der Notenbanken in Fremdwährungen wurden stets gegen Gold getauscht.

Die Änderung kam 1944 mit Bretton Woods, als der US$ die Reservehaltung übernahm, weil der Glaube vorherrschte, man könne jederzeit $ gegen Gold eintauschen. Als Nixon diese Konvertibilität am 15. August 1971 aufhob, begann der US$ zu sinken, aber die Reservehaltung blieb. Grafik 8 zeigt die Leistungsbilanz der USA seit 1960.

Obwohl sich diese laufend verschlechtert hat, ist es nie zu einer Flucht aus dem Dollar gekommnen. Alleine Treasuries liegen 7.200 Milliarden $ in ausländischen Händen. Der Bullmarkt der Finanzmärkte hat aber auch Investitionen in Aktien angezogen. Danebst gibt es noch Direktinvestitionen, nur sind diese nicht flüssig. Seit 1960 beträgt das akkumulierte Leistungsbilanzdefizit 12.500 Mio. US$.

Eine Flucht aus dem Dollar wird es dann geben, wenn es eine Flucht aus den US Finanzinvestitionen geben wird. Darum ist die Beobachtung der Liquiditätsverknappung so zentral, denn diese wirkt zuerst auf die Finanzmärkte.

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Grafik 8


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Grafik 9


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Grafik 10


Grafik 9 zeigt den US$ gegen Schweizer Franken, einer Währung mit chronischem Leistungsbilanzüberschuß. Die Grafik 10 zeigt das Pfund gegen US$ und reflektiert den Zerfall des Britischen Imperiums ab dem 1. Weltkrieg.

Eine Flucht aus dem US$ hätte verheerende Wirkung für die US-Inflation, weil es eine Flucht in Rohstoffe auslösen würde. Warum soll China an Wert verlierende US$ halten, wenn es genau so gut Kupfer oder Nickel bunkern kann?

Grafik 11 zeigt die Preisentwicklung von Kupfer. Der Anstieg seit 2016 geht parallel mit dem US$ Preiszerfall. Rohstoffmärkte sind im Vergleich mit den Finanzmärkten extrem eng und reagieren bei starker Nachfrage mit sehr scharfen Preisanstiegen.

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Grafik 11


Der nächste Beitrag soll die Situation der Schweiz aufzeigen, wie sich ein Ende des US-Finanzbooms auf die Schweiz auswirken könnte.


© Rolf Nef