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Update zum "Bargeldkrieg": Bessere Aussichten

07.09.2022  |  Claudio Grass

Seit Jahren verfolge ich alle relevanten Updates zum Bargeldkrieg des Staates genauestens. Ich habe eine Menge gelesen und geschrieben über all die direkten und indirekten Bemühungen, die Entscheidungsfreiheit der Bürger einzuschränken und sicherzustellen, dass sie all ihre Transaktionen und Ersparnisse in das digitale Reich verlagern, wo die zentralen Behörden sie besser beobachten, kontrollieren und, falls notwendig, konfiszieren können.

Seit einiger Zeit schon sieht die Zukunft ziemlich düster aus. Nach der COVID-Krise und all dem, was wir über digitale Zentralbankwährungen (CBDCs) gehört und gelesen haben, kann man es den freiheitsliebenden Bürgern und unabhängigen Denkern nicht übel nehmen, wenn sie die Hoffnung verloren haben. Doch in den letzten Monaten scheinen Fünkchen der Hoffnung am Horizont aufgetaucht zu sein.


Ein schwerer Kampf für den Staat

Wie wir in vorherigen Analysen dieses Problems angesprochen haben, fand eine unermüdliche und gemeinschaftliche Kampagne der Regierungen und ihrer Zentralbanken statt, die Verwendung von Bargeld durch Unternehmen sowie Privatpersonen zu minimieren und letztlich vollständig abzuschaffen. Über Jahre hinweg wurden Zeit, Mühe und Steuergelder in diese Bemühungen gesteckt. Doch die Bevölkerung blieb größtenteils hartnäckig stur, so dass wir in Reaktion darauf jede Menge Ansätze beobachten konnten. Sie alle nutzten „Zuckerbrot und Peitsche“, mit ähnlich enttäuschenden Ergebnissen.

Sowohl in den USA als auch in Europa unternahm man "leichte" behördliche Schritte - wie die Errichtung kleiner Hindernisse hier und da für größere Bargeldtransaktionen, zusätzliche Vorschriften für die Reise mit Papiergeld in größeren Mengen - und allgemein wurden einige Unannehmlichkeiten und Umstände eingeführt, die diese Option einfach unattraktiver machten. Als das nicht funktionierte, versuchten sie extrem fadenscheinige Argumente zu nutzen und stellten fast vollständig falsche Behauptungen über die "Art von Menschen" auf, die Bargeld verwenden.

Ähnlich der heutigen Rhetorik über Krypto und dezentralisiertes Geld wurden gegen das Bargeld die inzwischen mehr als bekannten Behauptungen aufgestellt. Nur Steuerhinterzieher, Drogenkartelle und Terroristen brauchten die Privatsphäre, die Bargeld bietet, und somit haben gesetzestreue, aufrechte Bürger "nichts zu befürchten, wenn sie nichts zu verheimlichen haben." Natürlich lachten die meisten vernünftigen Bürger entweder über dieses Narrativ oder ignorierten es einfach und wir kümmerten uns alle weiter um unsere eigenen Belange.

Das war vor allem in Europa der Fall, der Heimat der "stursten" Bargeldnutzer der Welt, wie der Deutschen, der Schweizer und der Italiener. Also schalteten die Bürokraten in Brüssel eine Stufe hoch, in Koordination mit den meisten nationalen Regierungen. In den letzten zehn Jahren wurde die "Peitsche" sehr großzügig eingesetzt. Beispielsweise wurden Bargeldtransaktionen über 10.000 Euro komplett verboten. Die Europäische Zentralbank (EZB), unter der Leitung von "Super Mario" Draghi, gab eines Tages einfach bekannt, dass sie aufhören würde, 500-Euro-Scheine zu drucken, was ernsthafte Probleme für gesetzestreue Bürger, Sparer und Geschäftsführer bedeutete, die auf diesen Schein angewiesen waren.

Natürlich veränderten sich die Gewohnheiten eines großen Teils der Bevölkerung mit der Zeit, vor allem da Banktechnologie und, in jüngerer Vergangenheit, Fintech-Lösungen einfachere und praktischere Alternativen zu Bargeld lieferten, was die Bemühungen der Regierungen unterstützte. Diese Entwicklungen ironischerweise klar gezeigt, dass Privatunternehmen und die Innovation, die sie mitbrachten, mehr dazu beitrugen, die Menschen davon zu überzeugen, digitale Zahlungsarten als Option zu betrachten, als die Nötigung und die infantilen Angstkampagnen des Staates es je zu tun vermochten.

Eine Menge Leute, vor allem die jüngeren Generationen, haben diese Optionen angenommen. Viele andere sind teilweise zu einem "Hybrid"-Ansatz übergegangen; sie nutzen oder sparen Bargeld, verlassen sich für tägliche Transaktionen oder größere Käufe aber auch auf digitales Geld.

Das ehrgeizige Ziel des Staates, Bargeld zu einem Relikt der Vergangenheit zu machen, erwies sich jedoch als kaum realisierbar. Zumindest bis zum Jahr 2020 schienen die Bemühungen nur im Schneckentempo voranzukommen, und der ganze Krieg gegen das Bargeld wirkte wie zum Scheitern verurteilt. Bis zu diesem Zeitpunkt das es so aus, als sei eine Art „Pattsituation“ erreicht worden, in welcher der Staat so viele Menschen bekehrt hatte, wie es ihm je möglich sein würde, und weitere Bemühungen weitgehend vergeblich wären.

Im zweiten Teil befassen wir uns mit den Auswirkungen der COVID-Krise und werfen einen Blick auf den aktuellen Stand des "Kriegs gegen das Bargeld".


Endlich, ein Sieg für den Staat

Zentralplaner und Bürokraten aller Couleur sind im Allgemeinen nicht für ihren Scharfsinn oder ihre Fähigkeit bekannt, Chancen rechtzeitig zu erkennen und erfolgreich zu nutzen. Sie hinken immer mehr oder weniger allen anderen Mitgliedern der Gesellschaft hinterher: von den Innovatoren und Unternehmern bis hin zu den kriminellen Vordenkern. Das ist der Grund, warum sich alle aufrechten Bürger noch ein gewisses Maß an Freiheit bewahrt haben, aber auch der Grund, warum wir alle immer noch Beweise dafür sehen müssen, dass der Staat dazu da ist, uns vor schlechten Akteuren zu "beschützen".

Dennoch war die Pandemie wohl zu groß und offensichtlich, um sie als Gelegenheit zu verpassen, selbst für eine Gruppe chronisch kurzsichtiger Menschen. Die Art und Weise, wie sie sie nutzten, um ihre Ziele zu verfolgen und neue, größere und bessere Angriffe auf das Bargeld vorzunehmen, war zugegeben ziemlich derb und unreif, doch es hat nichtsdestotrotz funktioniert. Während es sich nicht um die elegantesten Propagandaintrigen handelte, die wir in der modernen Geschichte beobachten konnten, so war es zweifellos effektiv, die Angst vor einer Krankheit mit dem Papiergeld zu verknüpfen. So wurde eine deutliche Zahl an Menschen vom Bargeld abgeschreckt, was die Situation in diesem Krieg wirklich herumriss.



Oberflächlich mag die zentrale Behauptung der Behörden, es bestehe ein reales und ernsthaftes Risiko, sich mit "dem tödlichen COVID-Virus" durch bloße Berührung einer Dollarnote zu infizieren, wie ein eher schwacher Schachzug erscheinen; wie einer, der wahrscheinlicher den gegenteiligen Effekt auf rational denkende Individuen haben würde. Es gab keinerlei wissenschaftliche Beweise für diese Behauptung, als sie erstmals ausgesprochen wurde, und selbst nach Monaten wurden keine Beweise präsentiert. Sicherlich würde kein vernünftiger Bürger diese Behauptung ernst nehmen, richtig?

Das Problem war, dass diese COVID-Krise klar aufzeigte, dass Verstand und Vernunft im Westen tatsächlich bedauerlich knapp sind. Wo die Angst vor all den Bargeld liebenden Dschihadisten und Dollarscheine sammelnden Kartellbossen versagte, hatte die "unsichtbare Bedrohung" Erfolg. Die Menschen fingen an, Papierscheine zu meiden, die meisten in einer "besser auf Nummer sicher gehen"-Manier, andere weil sie tatsächlich ernsthaft Angst hatten. Es gibt zahlreiche Berichte aus dieser Zeit über Menschen, die Papiernoten in die Mikrowelle legten und sie bleichten, eine Tatsache, die sowohl amüsant wie auch außerordentlich deprimierend ist.

Natürlich waren es nicht nur die vom Staat gesponserten Angstkampagnen, die zu dieser Abkehr vom Bargeld führten. Die Lockdowns und erzwungenen Geschäftsschließungen machten es in vielen Fällen praktisch unmöglich, Bargeld zu nutzen. Es ist also offensichtlich, dass dieser "Sieg" auch auf extremen Zwang zurückzuführen ist. Nichtsdestotrotz bleibt die Tatsache bestehen, dass eine große Menge von Verbrauchern ihr Verhalten erfolgreich geändert hat. Noch wichtiger ist, dass die Bargeldnutzung selbst nach Ende der Lockdowns nicht auf das Niveau von vor der Pandemie zurückkehrte.

Viele nutzten weiterhin digitale Zahlungsarten und hielten an den Gewohnheiten fest, die sie während des Höhepunkts der Pandemie entwickelt hatten. So voreilig und naiv wie immer beeilten sich die Zentralbanker ihren finalen Triumph zu feiern. Die "bargeldlose Gesellschaft", die sie sich seit Jahrzehnten vorgestellt hatten, war nun praktisch eine vollendete Tatsache.


Nicht so schnell

Eine Sache, die professionelle Panikmacher hätten kommen sehen müssen, ist die Tatsache, dass das Einzige, was noch furchteinflößender ist als die Gefahr, sich mit einem Virus anzustecken, das einen vielleicht krank macht, der Gedanke ist, definitiv nicht in der Lage zu sein, Miete oder Hypotheken zu zahlen und mit Sicherheit entweder zu hungern oder obdachlos zu werden. Und genau das ist es, was seit Beginn des Jahres passiert. Alle die Errungenschaften, die die Befürworter der "bargeldlosen Gesellschaft" während der COVID-Krise machten, werden recht schnell ins Gegenteil verkehrt.

Kürzliche Berichte haben gezeigt, dass die Veränderungen bei der Bargeldnutzung zu den vielen Auswirkungen gehören, die die Inflation auf das Konsumverhalten hatte. Da sich mehr und mehr Haushalte unter finanziellen Druck befinden und nicht in der Lage sind, die grundlegenden Ausgaben zu decken und sich fürchten, was als Nächstes folgen wird, wenn der Winter beginnt und die Energiepreise auf Rekordniveaus steigen, war die Rückkehr zur Bargeldverwendung eine der "instinktiven" Handlungen vieler Verbraucher.

Verschiedene Leute entschieden sich aus verschiedenen Gründen dazu, zum Bargeld zurückzukehren. Einer der am häufigsten genannten Gründe ist die Tatsache, dass man so einen besseren Überblick über seine Ausgaben behalten kann.

Für anspruchsvollere und vorausschauendere Bürger überwiegen andere Gründe. Für viele, die die wirtschaftliche und politische Richtung, in die wir uns alle bewegen, erkannt haben, wird es immer schwieriger, den Banken und Regierungen zu vertrauen. Es bräuchte nichts so Dramatisches oder Unvorstellbares wie einen Bankensturm (auch wenn die Bürger des Libanon die Wahrscheinlichkeit eines solchen Ereignisses vielleicht anders einschätzen), damit die Menschen den Zugang zu ihrem Geld verlieren oder zumindest stark eingeschränkt werden.

Insbesondere unter den gegenwärtigen geopolitischen Bedingungen, der aktuellen Inflationskatastrophe, der Abwärtsspirale der meisten fortgeschrittenen Volkswirtschaften und einer anhaltenden Energiekrise kann man sich vorstellen, dass im Namen der "Solidarität" und des "Gemeinwohls" staatliche Maßnahmen mit ähnlichen Auswirkungen verhängt werden.

Ein gutes Beispiel für die Flucht der Öffentlichkeit zurück zum Bargeld ist das Vereinigte Königreich, eine der am stärksten von der Inflation betroffenen fortgeschrittenen Volkswirtschaften und eines der Länder, in denen der digitale Zahlungsverkehr am weitesten verbreitet war. Die Trendwende ist bereits unübersehbar, wie jüngste Berichte der Post zeigen, die an ihren Schaltern rekordhohe Bargeldabhebungen verzeichnet.

Wie Euronews berichtete: "Im vergangenen Monat hat die Organisation einen Rekord von 801 Millionen Pfund (951 Millionen Euro) an Bargeldabhebungen für Privatpersonen abgewickelt, ein Anstieg von fast 8% im Vergleich zum Vormonat und von über 20% im Vergleich zum Vorjahr. Insgesamt wurden an den Postschaltern über 3,3 Milliarden Pfund (3,9 Milliarden Euro) an Bargeld ein- und ausgezahlt. Dies ist das erste Mal in der 360-jährigen Geschichte der Post, dass die Schwelle von 3,3 Milliarden Pfund in einem einzigen Monat überschritten wurde."

Wie jeder Edelmetallanleger weiß, ist es natürlich keine besonders kluge Anlagestrategie, seine Ersparnisse in Papierstücken zu halten, die außer blindem Vertrauen keinerlei Wert haben. In einer schweren Krise oder bei einem massenhaften Zusammenbruch des Vertrauens in die Regierung wäre der einzige Nutzen, den diese Dollar- und Euroscheine für ihre Besitzer hätten, die Wärme, die sie spenden könnten, wenn man sie verbrennt. Dennoch ist es wichtig, diesen Trend als einen Schritt in die richtige Richtung anzuerkennen und die Hoffnung aufrechtzuerhalten, dass Vernunft und Verstand in unseren Gesellschaften vielleicht wieder alltäglicher werden.


© Claudio Grass
www.claudiograss.ch


Teil 1 dieses Artikels wurde am 30.08.2022 auf www.claudiograss.ch und Teil 2 am 01.09.2022 auf www.claudiograss.ch veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.