Nuklearpartikel - vom Winde verweht
26.11.2007 | Hans Jörg Müllenmeister
In der Tat muss man als Rohstoffkenner auch einmal die ambivalente Seite eines heißhungrig nachgefragten Schwermetalls ansprechen. Gesagt, getan!
Da gibt es eine teuflische Substanz, der wir alle unfreiwillig ausgeliefert sind, die so ohne weiteres nicht meßbar ist, und vor der wir Zivilisten uns im Erstfall nicht schützen können. Selbst die beste Gasmaske versagt. Mehr als ein Dutzend Staaten dieser Welt führen das Teufelszeug in Ihrem Waffenarsenal, und einige haben über Jahre davon lebhaften, besser gesagt, todbringenden Gebrauch gemacht. Ohne Skrupel.
Mit dem "chirurgischen" Einsatz kleiner Nuklearwaffen der "depleted uranium" DU-Waffengattung, öffnete sich die Büchse der Pandora über weite Gebiete der Erde. Und das war erst der Anfang. Das sogenannte abgereicherte Uran zur DU-Waffenherstellung bekommt das US-Militär zum Nulltarif von den Kernkraftwerken eine elegante Entsorgung des Atommülls! Beim Aufschlag eines DU-Geschosses auf ein hartes Ziel entsteht eine Höllentemperatur von bis zu 6.000°C: Jetzt nimmt Uranoxid Keramikeigenschaften an. Nanopartikel aus eingeatmetem Uranoxid mit einer Größe von nur 0,000.001 mm überwinden die Luft-Blut-Schranke, dringen in Körperzellen ein und geben eine lebensbedrohende Strahlendosis an das Gewebe ab. Eingeatmetes Uranoxid wird zur chronischen Quelle der Strahlungsvergiftung im Körper. Die entstehenden freien Radikale erzeugen oxidativen Stress in den Zellen. Mehr noch, der hochgiftige und radioaktive Staub besteht aus einem unlöslichen und einem schwer löslichen Oxid. Über die Lungen werden die Uranverbindungen aufgenommen und vorwiegend in den Lymphknoten, den Knochen und dem Gehirn eingelagert.
Ziele, die von Urangeschossen getroffen werden, sind vom Explosionsstaub umgeben, den der Wind viele Kilometer weit trägt. Gelangen eingeatmete Partikel in die Blutbahn, kann sich ein kleinerer Teil der Uranpartikel auflösen und kurzfristig verschiedene Organe vergiften. Das ist vergleichbar mit einer Schwermetallvergiftung, allerdings hochgefährlich in weitaus geringeren Dosen. Vergiftet und zerstört werden vor allem die Zellen von Nieren und Leber. Nachhaltig schädigend und hoch wahrscheinlich ist eine allmählich einsetzende chronische Uranvergiftung, hervorgerufen durch radiotoxische Wirkungen.
Der in den Körperflüssigkeiten nichtlösliche Teil des Uranoxids lagert sich allmählich im Skelett ein, von wo eine schwachradioaktive Strahlung ausgeht. Das Isotop Uran-238 der Munition ist ein Alpha-Strahler. Bereits ein Blatt Papier schirmt einen Alpha-Strahler ab. Finden aber Uran-Aerosole den Weg in die Lunge, geraten dies Partikel direkt in Kontakt mit lebendigem Gewebe. Aus meiner Praxis weiß ich, dass Edelsteinschleifer in Sri Lanka, die des öfteren den grünen radioaktiven Sammlerstein Ekanit (u.a. ein Alpha-Strahler) schliffen, häufig an Krebsleiden erkrankten. Alpha-Quellen sind nämlich um das zwanzigfache biologisch schädlicher als die gleiche Menge an Beta- oder Gammastrahlen. Besonders gefährdet ist das Knochenmark. Wird es über eine längere Zeit radioaktiv bestrahlt, kann der Betroffene unter Blutarmut und Immunschwäche leiden. Es können sich bösartige Tumore ausbilden. Heimtückisch sind latente radiologische Langzeitwirkungen von Uranvergiftungen. Schilddrüsenkrebs kann beispielsweise 10 bis 40 Jahre nach der Kontamination auftreten, Erbgutschäden wie Missbildungen noch nach drei, vier Generationen.
Das Isotop Uran-238 der DU-Geschosse zerfällt in Thorium und Protactinium. Die dabei freigesetzte Beta- und Gamma-Strahlung erhöht weiter die Strahlenbelastung. Uranpartikel ergeben also eine dynamische Mischung radioaktiver Isotope. Man schätzt, dass die Chromosomenschäden durch Alpha-Strahlen 100mal grösser sind, als die anderer Strahlungsarten. Die schweren, stark geladenen Partikel können Löcher in die DNA reissen und eine Kaskade freier Radikale frei setzen; diese stören die fein aufeinander abgestimmten zellulären Prozesse.
Seit den frühen 90er Jahren wird die Fernwirkung der Uranaerosole durch Hochleistungs-Luftprobenfilter routinemässig in Berkshire/England durch das Atomwaffeninstitut Aldermaston gemessen. Dabei stellte sich heraus, dass es eine signifikante Zunahme an Uran in sämtlichen Filtern am Beginn des Irak-Kriegs gab, die bis Kriegsende andauerten. Über den gesamten Zeitraum hinweg gab es einen beständigen Luftstrom vom Irak nordwärts. England lag im Zentrum eines Hochdruckgebiets; es brachte Luft vom Süden und vom Südosten mit sich.
Die Distanz zwischen Bagdad und dem Meßort betrug etwa 4.000 km. Die regelmäßigen Wüstensand-Niederschläge in England gemahnen daran, dass gewisse langlebige Luftschadstoffe über die Atmosphäre jeden Menschen erreichen. Diese alarmierende Erkenntnis wurde erstmals nach den überirdischen Atomversuchen der 60er Jahre und den daraus resultierenden Strontium-90-Befunden in der Milch dokumentiert; später wieder nach dem Unfall in Tschernobyl. Indessen schufen Waffennarren uranhaltige Waffen, es sind also keine bloßen "Betriebsunfälle". Die erwähnten Filter-Messungen beweisen, dass die Folgeschäden nicht auf das Kampfgebiet beschränkt bleiben. So gibt es eine Dunkelziffer zur Schädigung der Bevölkerung in vielen Ländern. Obwohl die Urankonzentrationen in der Luft quantitativ gering sind, weisen die Befunde in England auf die Verbreitung einer neuen Art Uran: keramische Nano-Uranoxidpartikel.
Wer aber von uns meint, das der Einsatz dieser kleinen Nuklearwaffen bloß ein Relikt der jüngsten Kriege sei, sieht sich arg getäuscht. Im Gegenteil. Dieses Teufelsungut hat das Zeug, eine Dritte Weltkatastrophe, ein Armageddon, auszulösen, um das andere häßliche Wort zu vermeiden.
Reagan war der erste Präsident, der mit der Armageddon-Theologie das Weiße Haus infizierte. Er sagte 1976, er glaube, ein nukleares Armageddon stehe vor der Tür. Auch Bush glaubt fest an ein flammendes Armageddon, und das Auserwählte direkt in den Himmel auffahren. Das erklärt vieles. Was aber sind die Hintergründe für weitere, weltweite Atomschweinereien? Welcher Gefahr nähern wir uns?
Fakt ist, die USA können die Spur von 17.000 kg waffenfähigem Uran nicht zurückverfolgen, sie haben an 43 Länder während der letzten 50 Jahren des kalten Krieges Uran verliehen und weitergegeben. Daraus ließen sich theoretisch 300 große A-Bomben bauen. Für eine effiziente Atombombe benötigt man 50 kg angereichertes Uran. Tatsache ist, dass alle Nationen die Atomwaffen besitzen, den Umweg über die zivile Nutzung gegangen sind, z. B. Irak, Nordkorea, Indien, Pakistan, Südafrika. Ein friedliches Atomprogramm läßt sich so modifizieren, dass auch hochgradig reines Uran oder Plutonium für Waffen produziert wird.
Fakt ist: Das größte Verbreitungsnetzwerk an Nukleararsenal unterhält Pakistans Chefatomingenieur Dr. Abdul Qadeer Khan. Er verkaufte Rundumpakete (angereichertes Uran, Zentrifugen, Skizzen zum Bau von A-Bomben), einschließlich Hotlineservice zur Atombombentechnologie an Libyen, Nordkorea und vermutlich auch an den Iran. Ein einträchtiges Geschäft!
Fakt ist, dass Dubai in den Vereinigten Arabischen Emiraten der Hauptumschlagplatz von Schwarzmarktprodukten für die gesamte Nuklear-Technologie ist, die Dr. Khan verkaufte.
Fakt ist: Die Japaner bestätigten, dass sie über 200 kg Plutonium verloren haben, ausreichend, um etwa 25 Nagasaki-Atombomben herzustellen. Sie haben keine Ahnung wohin das Plutonium verschwand.
Fakt ist: In den Ländern der ehemaligen Sowjetunion liegen geschätzt 7.000 strategische und etwa 8.000 taktische Atomwaffen. Bei den taktischen Atomsprengköpfen handelt es sich um kleine nicht komplett inventarisierte Kurzstreckenwaffen wie Torpedos, Artilleriegranaten und Minen. Wegen ihrer handlichen Größe sind sie ein ideales Diebesgut. Das amerikanisch-russische Sicherungsproramm ruht indessen seit 1998; es sollte zur Sicherung von 68 Tonnen Plutonium führen - geeignet für den Bau von 10.000 Nuklearbomben.
Das Perfide daran: Die USA bauen weiter an einer neuen Klasse kleinerer Atombomben, die als "benutzbar" gelten. Kaltfrech predigen sie dem Rest der Welt, er solle auf Atomwaffen verzichten. Die kleinen Nuklear-Ungeheuer sind so hochstilisiert, als wären sie eine neue Variante konventioneller Waffen. Eine 1-kg-Atombombe, nur 20% so groß wie die Hiroshimabombe, gezündet in New York, würde wahrscheinlich 20.000 Menschen töten, danach aber noch 10.000 Menschen durch Verbrennungen 3. Grades und an den Folgen der Verstrahlung hinweg raffen.
Das waffenbesessene Amerika ist seit dem II. Weltkrieg ständig mit weiteren Kriegsaktivitäten fehlbeschäftigt. Fast die Hälfte des Bruttosozialprodukts verschlingen allein die Rüstungsausgaben. Ganz zu schweigen von den seelischen Hinterlassenschaften, den psychischen "Kollateralschäden": Mit 6.256 Toten überstieg 2005 die Selbstmordrate ehemaliger US-Soldaten um 60% die der Menschen, die seit 2003 im Irak-Einsatz ums Leben kamen. Eine andere wahnwitzige Zahl: bisher verballerten die USA 3,5 Billionen USD im Afghanistan- und Irak-Krieg.
Die Politik von Bush besteht darin, Massenvernichtungswaffen mit Massenvernichtungswaffen zu bekämpfen, ein neu-biblisches "Auge um Auge-Prinzip". Damit hat er ein zweites nukleares Zeitalter vom Zaume gebrochen. Selbst der CIA Chef Georg Tenet sagt: „die Welt ist konfrontiert mit einem neuen nuklearen Aufrüstungsrennen ... wir sind in ein neues Zeitalter der Verbreitung eingetreten“.
Tatsächlich verbreitet die Bush-Administration aktiv nukleare Technologie und das entsprechende Know-how; sie spielt dieses Teufelszeug den potentiell instabilen Nationen zu. Die US-Regierung ermutigt amerikanische Unternehmen, nukleare Hardware und Know-How ins Ausland zu verkaufen. Vizepräsident Dick Cheney warb z. B. im April 2004 bei den Chinesen für den Erwerb von Westinghouse-Atomkraftwerken. Welch irrwitziges Konzept dahinter steckt, ist nur hypothetisch zu mutmaßen.
Ist es ganz normales Profitstreben, oder fördert die Regierung die Atomenergie, um Wahlkampfspenden aus der Nuklearlobby zu belohnen, etwa die Unternehmen Westinghous, General Electric, Framatome, Brechtel, Halliburton. Solange waffenfähiges Material in der Welt umhergeistert, können leicht jährlich eine halbe Milliarde USD für ein Netzwerk aus US-Spionage-Argenten, die in 80 Länder aktiv sind, rechtfertigt werden.
Und jetzt ein Erklärungsversuch zum religiös verbrämten Irrsinn: In den USA gewinnt eine Bewegung an Kraft, die versucht, die Grenzen zwischen Kirche und Staat aufzuheben und durch eine religiöse Regierung zu ersetzen. Ideologisch ähnlich gelagerte Gruppen möchten eine theokratische Ordnung einführen, die in biblischen Gesetzen die Demokratie ersetzt.
Eine weitaus größere Gruppe von Christen glaubt, ihre persönliche Erlösung hinge von der Rückkehr Jesus auf Erden ab. Zu diesen Anhängern der Armageddontheorie, gehört u.a. auch Reverend Billy Graham.
Alle fundamentalistisch-christliche Anführer in den USA glauben, der III. Weltkrieg sei unvermeidbar. Der sei sogar ein Teil des Gottes Plans. Und genau diese Ideologen legen die politischen Ziele der Republikaner fest. Sie sind ihrem Ziel der Indoktrination viel näher als wir es wahrhaben wollen. Diese Gruppe kontrolliert den Kongreß und das Weiße Haus.
Begierig harren auch die Anhänger des "christlichen Zionismus" darauf, Israel bei der Übernahme und Kontrolle des Heiligen Landes zu helfen, da es sich um einen notwendigen Schritt auf dem Weg zur erfolgreichen Rückkehr Christi handle. Bush meint, dass eine böswillige Detonation einer Nuklearwaffe in einer Schlüsselstadt wie Jerusalem oder New York unvermeidbar ist und nicht aufzuhalten wäre.
Haben wir es schlußendlich mit religiösen Eiferern oder Wirrköpfen zu tun, die unsere "Endzeit" herbei bomben wollen. Ist das Realität, ist das ein böser Traum oder ist alles nur in den Wind gesprochen?
© Hans-Jörg Müllenmeister