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Ist Entwertung auch Enteignung?

11.11.2023  |  Prof. Dr. Eberhard Hamer

Art. 14 unseres Grundgesetzes (Ziff. 1) garantiert das Eigentum: "Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet". Inhalt und Schranken des Eigentums können allerdings durch Gesetz bestimmt werden.

Eine Enteignung nach Abs. 3 des Art. 14 GG ist "nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig" und nur gegen Entschädigung.

Mit dieser Eigentumsgarantie wird sowohl gesellschaftlich der private Rechtsraum jedes einzelnen souveränen Bürgers geschützt als auch wirtschaftlich anerkannt, dass jeder Wirtschaftsteilnehmer primär zum eigenen Nutzen handeln darf und das Ergebnis dieses Nutzens, "Eigentum", geschützt ist.

Mit diesem Individualvorrang des Eigentums und der prinzipiellen Souveränität des Bürgers steht die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG deutlich gegen die Kollektivsysteme des Nationalsozialismus, des Kommunismus und jetzt auch der Klimaideologen, welche den Bürger, sein Handeln und auch sein Vermögen ihrer kollektiven Ideologie unterordnen. In den Ideologie-Diktaturen und Zentralverwaltungswirtschaften ist der Mensch für kollektive Ziele, Zwecke und Ergebnisse da, hat er sich unterzuordnen und ist das, was ihm verfügbar bleibt, gleichsam "Verzicht der Allgemeinheit" auf Inanspruchnahme.

Mit der Machtergreifung von Rot-Grün 2021 hat sich das Grundverständnis unseres Staates vom individuellen zum kollektiven Vorrang geändert:


Wenn man mehr ausgeben will, als man hat, nimmt man Schulden auf. Und wenn eine Regierung mehr ausgibt, als sie hat und einnimmt, werden Schulden gemacht. Und wenn dies zu lange geht, werden die Schulden so hoch, dass sie nicht mehr bezahlt werden können, ist dies in der Privatwirtschaft Privatkonkurs, Zusammenbruch, Verlust des gesamten Vermögens, Ende des Unternehmens. Im öffentlichen Sektor dagegen bedeutet Überschuldung und Staatsbankrott Enteignung der Bürger.


Die Enteignung der Bürger als Überlebensrecht des Staates

Als Deutschland 1945 den Krieg verloren hatte oder die DDR 1989 zusammenbrach oder wie viele inzwischen ständig geschehene Staatskonkurse zeigen, ist der Zusammenbruch der Staatsfinanzen nicht das Ende des Staates, sondern das Ende des Wohlstandes seiner Bürger.

Und wenn die Schulden höher sind als sie zurückgezahlt werden können, greifen die Staaten üblicherweise nach dem Privatvermögen der Bürger, kommt es zur kollektiven Massenenteignung.

Der Art. 14 lässt hierfür bereits ein Schlupfloch offen: Enteignungen sind nämlich "zum Wohl der Allgemeinheit" per Gesetz möglich.

Da aber der Staat mit dem privaten Sachvermögen seiner Bürger nichts anfangen kann – er braucht nicht Sachgüter, sondern Geld – und weil die Enteignung von Sachgütern nur mit Entschädigung möglich ist (Art. 14 Abs. 3 GG), muss sich die Enteignung zuerst darauf konzentrieren, die Finanzmittel für das weitere Überleben des Staates aus den Bürgern zu erpressen.

Er muss also den Bürgern ihr Finanzvermögen nehmen und Sachvermögen mit möglichst hohen Abgaben belasten, um auf diese doppelte Weise wieder zu Geld zu kommen.

Dass das Immobilienvermögen der Bürger mit einer Sonderlast praktisch entwertet würde, wäre in Frankreich z.B. nicht durchsetzbar, ist aber in Deutschland bereits mit dem Lastenausgleich nach dem Kriege durchgezogen worden. 40% des Wertes der Grundstücke mussten in jährlichen Raten an den Staat abgezahlt werden, was zu einem plötzlichen Wertverfall der Grundstücke führte, aber als zulässige Enteignung von deutschen Gerichten bestätigt wurde.

Für andere Sachwerte der Bürger ist eine Sonderabgabe schon schwieriger, weil der Staat diese meist nicht aufspüren kann. Lediglich bei den Pkw hat er die Daten und kann er die Steuern kräftig erhöhen. Was die Bürger aber in ihren Wohnungen oder ihren Tresoren haben, lässt sich nicht ermitteln. So viel Polizei- und Finanzbeamte hat der Staat nicht.

Wir werden also nach dem kommenden Zusammenbruch der rot-grünen Träume und unserer Staatsfinanzen wieder mit einem Lastenausgleich auf unser Immobilienvermögen rechnen können, einer Teilenteignung, bei welcher uns auch das Verfassungsgericht nicht schützt, denn dort sitzen von der Politik berufene Parteigänger, die erfahrungsgemäß ihren Genossen nie in den Rücken fallen, sondern immer für ihre Wohltäter stimmen ². Immerhin schützt uns das Enteignungsverbot des Grundgesetzes wohl noch in der Höhe vor Ausgleichsabgaben, bei über 50% wäre es eine Sachenteignung mit Entschädigungspflicht, also wirkungslos. Die Lastenausgleichsabgabe bleibt also unter 50%. Aber immerhin ….

Wenn unser Staat unser Sachvermögen nicht mehr greifen kann, greift er nach dem Finanzvermögen.



Konsequenz daraus: Die Väter des Grundgesetzes haben sich wirtschaftliche Enteignung nicht vorstellen können. Hätten sie gewusst, wie hemmungslos unsere Zentralbank und unsere Regierung uns unser wirtschaftliches Vermögen entziehen und vernichten kann, hätten sie sicher die Enteignung im Art. 14 GG nicht nur auf Sachvermögen, sondern auch auf das Wirtschaftsvermögen bezogen.

So müssen wir von unseren Politikern verlangen, dass die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG nicht nur auf das Sachvermögen beschränkt bleibt, sondern auf das wirtschaftliche Vermögen ausgedehnt wird, dass wir also auch vor wirtschaftlicher Enteignung geschützt werden.

Die Pflicht dazu ergibt sich einmal aus der Souveränität des Staatsbürgers als letzte Instanz der Politik und außerdem aus dem Grundsatz der Marktwirtschaft, dass jeder grundsätzlich das Recht auf den eigenen Arbeitsertrag hat und auf das damit selbst geschaffene Vermögen.

Oder lassen wir wieder wie im Kommunismus den Eigentumsvorrang des Staates mit freier Enteignung der Bürger zu?


© Prof. Dr. Eberhard Hamer
Mittelstandsinstitut Niedersachsen e.V.


¹ Vgl. dazu Hamer, E. und I. "Mittelstand unter lauter Räubern, die Plünderung der Selbständigen", Hannover 2011
² Enteignungsgesetze der DDR und Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dazu
³ Hamer, E. "Wer finanziert den Staat?", Hannover 1982, S. 112 ff.
⁴ Vgl. Hamer, E. "Wer finanziert den Staat?", Hannover 1982, S. 112 ff.
⁵ Fasst man Haushalt und Unternehmen gruppenspezifisch zusammen, so ist die Obergruppe am Aufkommen der direkten Steuern nur mit 15%, bei den indirekten Steuern und Sozialabgaben dagegen praktisch nicht beteiligt, trägt der Mittelstand sowohl bei den direkten Steuern als auch bei den Sozialabgaben mit Abstand die stärkste Staatslast, so Hamer, E. "Wer finanziert den Staat?", 2. Auf. 1982, S. 167