Gold: Übergang in mittelfristige Konsolidierung?
27.05.2024 | Björn Heidkamp
Der abgebildete Chart zeigt die historische Kursentwicklung des Gold Futures von 1988 bis heute, bei Kursen von 2.334,50 USD/Unze. Ein Notierungsstab bildet die Kursschwankungen des Gold Futures für ein Quartal ab.
Langfristiger Aufwärtstrend intakt
Aus der langfristigen Perspektive des Quartalscharts befindet sich der Gold Future wieder in einem übergeordneten primären Aufwärtstrend. Anfang März schafften es die Bullen das gelbe Edelmetall aus der über 3,5 Jahre anhaltenden Seitwärtsbewegung zu katapultieren. Dieser Ausbruch bestätigt die langfristig positive Trendausrichtung des Goldes.
Am 12. April erreichte der Gold Future den aktuellen Höchststand bei 2.448,80, ehe bis zum 03. Mai eine kurze Gegenbewegung bis auf 2.285,20 eingeleitet wurde. Im darauffolgenden Aufwärtsimpuls der letzten drei Wochen reichte das Aufwärtsmomentum nicht mehr, um neue Bestmarken zu erreichen.
In der abgelaufenen Börsenwoche setzten sich die Bären erstmalig seit langem auf Basis des Wochenschlusskurses deutlich durch. Seit Mittwoch verlor das gelbe Edelmetall beschleunigt an Wert. Mit einem Schlusskurs bei 2.334,50 befindet sich der Schlusskurs vom Freitag nahe dem Wochentiefstkurs.
Ermüdungsnotierungslücke auf Wochenchart
Am Montag der abgelaufenen Börsenwoche eröffnete der Gold Future bei 2.426,60 und somit knapp über dem Vorwochenhoch. Mit einem Bewegungshoch bei 2.438,90 versuchten die Bullen am Montag erneut die aktuelle Bestmarke in Angriff zu nehmen. Bis Mitte der Woche scheiterten die Goldoptimisten jedoch und die Bären übernahmen das Ruder und verkauften Gold bis zum Ende der Woche ab.
Im Nachhinein lässt sich die Notierungslücke zu Wochenbeginn als "Ermüdungsgap" klassifizieren. Derartige Gaps treten nach ausgedehnten Kursbewegungen auf und führen nicht selten zu Konsolidierungen und/oder Trendwechseln auf kleineren Zeitebenen.
"Bearish Engulfing" Pattern
In der japanischen Candlestick Analyse hat sich eine negative Zwei-Candlestick Formation ausgebildet: Die eigentliche Formation des Bearish Engulfing Pattern besteht aus einem roten (fallend) Kerzenkörper der auf einen grünen (steigend) Kerzenkörper folgt. Der rote Kerzenkörper muss dabei nach beiden Seiten hin länger sein, als der vorherige grüne Kerzenkörper.
Der rote Kerzenkörper hat den grünen Kerzenkörper somit "eingehüllt". Je länger der zweite Kerzenkörper relativ zum ersten ist, desto bedeutsamer ist dieses Signal in der japanischen Candlestick Analyse. Damit soll das Bearish Engulfing Pattern zeigen, dass in einem Aufwärtstrend die Bären, zumindest temporär, die Oberhand gewonnen haben.
Signale, dieser Art, lassen sich in einem normalen Balkenchart nicht (oder nur schwer) erkennen.
Beginn einer mittelfristigen Konsolidierung?
Aus der Perspektive des mittelfristigen Wochencharts befindet sich der Gold Future noch in einem Aufwärtstrend. Durch das angegebene Kursverhalten der abgelaufenen Börsenwoche jedoch verdichten sich die Hinweise auf eine mögliche Konsolidierung. Als obere Begrenzungszone scheint sich der Bereich zwischen 2.425 und 2.450 ausgebildet zu haben. Im unteren Bereich besteht die potentielle Zone erhöhter Aufnahmebereitschaft mit dem Marktwendepunkt vom 3. Mai bei 2.285 bis dato lediglich "aus einem Bein". Virtuell dürfte sich die von Großinvestoren im Gold viel beachtete steigende 50 Tage Linie bei aktuell 2.319 stützend auswirken.
Aufgrund des starken Anstiegs der letzten Monate unterliegt der eine oder andere Marktteilnehmer der Versuchung seine aufgelaufenen Gewinne zu realisieren. Dadurch korrigieren derartige Märkte häufig bzw. treten erst einmal auf der Stelle, ohne die langfristige positive Grundausrichtung zu gefährden. Genau in dieser Phase befindet sich Gold aktuell. Grundsätzlich sind die Bären bereit Verkaufssignalen auf kleineren Zeiteinheiten größere Aufmerksamkeit zu schenken. 
Gold saisonal weiter neutral bis Anfang Juli
Aufgrund historischer Erfahrungswerte lassen sich für Rohstoffe, Währungen, Aktien und Indizes statistische Durchschnittswerte berechnen.
Aus dieser rein statistischen Sicht pendelte der Gold Future in den geglätteten Durchschnittsverläufen der letzten 20 Jahren zwischen Mitte April und Ende Juni richtungslos seitwärts hin und her. Ab Anfang Juli setzt dann erfahrungsgemäß die stärkste Phase des Jahres im Gold Future ein und die Bullen übernehmen wieder das Zepter.
CoT: "Managed Money" baut Netto Long Positionen weiter aus
Im Commitment of Traders (CoT)-Report legen die großen Produzenten und Händler von Indizes, Rohstoffen und Devisen ihre Positionierung am Terminmarkt offen. Es handelt sich um das sogenannte "Hard-Sentiment."
Mit 193.972 (21. Mai 2024 Futures & Options) Netto Long Positionen des "Managed Moneys" baut diese mit Stops agierende Investorengruppe ihre Long Positionierung weiter aus. Damit wurden Positionierungen, wie im November 2021 und März 2022 überstiegen. Insbesondere die Abwärtsbewegung des Goldes im März 2022 ist im Chart ablesbar. Jedoch ist zu den Extremwerten aus 2019 und 2020 noch "Luft nach oben" und die langfristige Chartsituation bleibt aktuell deutlich besser.
Das Risiko bei Einsetzen eines Kursrückgangs anderseits, dass diese Investorengruppe durch das Auflösen ihrer Long Positionierungen eine mögliche Abwärtsbewegung beschleunigen kann, ist nicht von der Hand zu weisen.
Das "Smart-Money" in Form der Commercials (Produzenten, weiter verarbeitetes Gewerbe und Swap Dealer) ist mit -287.207 (21. Mai 2024 Futures & Options) Netto Short Kontrakten positioniert. Somit erhöht diese bestens informierte Investorengruppe aus Sicht der Historie ihre eher zurückhaltend bis pessimistisch Positionierung weiter.
Fazit:
Aus der Perspektive des langfristigen Quartalscharts befindet sich der Gold Future in einem etablierten Aufwärtstrend. Derartige junge Trends (März 2024) pflegen sich in der Regel weiter fortzusetzen bis sehr gute Argumente gegen sie vorliegen, was aktuell im Chart weiter nicht abzulesen ist. Somit bleiben die langfristigen Erfolgschancen weiter auf der Kaufseite.
Aus der mittelfristigen Sichtweise deutet sich eine mögliche Ruhephase im Gold an. Durch die beschriebenen Aspekte im Wochenverlauf hat sich das Chartbild des Wochencharts eingetrübt. Eine potentielle Seitwärtsbewegung zwischen den Widerständen um 2.425 und 2.450 und den Unterstützungen um die steigende 50 Tage Linie bei aktuell 2.319 und dem Marktwendepunkt aus dem Mai bei 2.285 deutet sich an.
Fällt Gold unter 2.285 ist mit einer weiteren Fortsetzung der kurzfristigen Abwärtsbewegung zu rechnen. Nach unten ist Gold aber relativ gut abgesichert: Als nächsttieferer Unterstützungsbereich wäre die Zone zwischen 2.200 und 2.250 (offene Notierungslücke, wichtige gleitende Durchschnittslinien auf dem Wochenchart) zu nennen. Maximal wäre ein Pull Back auf die alten Widerstände und neuen Unterstützungen um 2.070 bis 2.040 möglich, ohne den neuen langfristigen Aufwärtstrend zu gefährden.
Bei Kursen unter 1.990 verschlechtert sich das langfristig positive Gesamtbild wieder.
Steigt der Gold Future klar über die bisherige Bestmarke bei 2.448,80 eröffnet sich weiterer Auswärtsspielraum in Richtung 2.600.
In der Gesamtgemengelage mit den CoT-Daten, der neutralen Kalendereffekte bis Anfang Juli und der erwähnten Ereignisse dieser Woche sind deutlich höhere Bestmarken aktuell unwahrscheinlicher als das erstgenannte Konsolidierungsszenario.
© Björn Heidkamp
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