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Das Vampir-Fiatgeldsystem. Was es anrichtet, was es für Ihr Vermögen bedeutet

22.09.2024  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit

Wer kennt sie nicht: die blutsaugenden Vampire, die gruseligen Untoten, inszeniert in mittlerweile unzählig vielen Kinofilmen, inspiriert vor allem vom Roman „Dracula“, veröffentlicht im Jahr 1897 von Bram Stoker (1847-1912) - man denke hier nur einmal an den Stummfilm "Nosferatu - eine Symphonie des Grauens" (1922, Regie F. W. Murnau), an "Dracula" (1958) mit Christopher Lee in der Hauptrolle, an Roman Polańskis Parodie "Tanz der Vampire" (1967) und an "Nosferatu - Phantom der Nacht" (1979) mit Klaus Kinski als Graf Dracula, Regie Werner Herzog.

Der Vampir ist ein Dämon, der des nachts aus seiner Gruft steigt und sich aufmacht, um unschuldigen Menschen ihr Blut auszusaugen. Er raubt ihnen aber nicht nur ihren Lebenssaft, ohne den der Blutsauger nicht sein kann, er infiziert so manches seine Opfer, macht sie durch seinen Biss ebenfalls zu Untoten und damit Teil seines finsteren Reiches. Die Widersacher und Verfolger der Vampire haben es schwer: Der Vampir kann sich schließlich verstellen, vor allem verwandeln, etwa in einen Wolf oder eine Fledermaus, und er hat mitunter gewaltige, übermenschliche Kräfte.

Zurückschrecken kann man den Vampir nur, indem man ihm Knoblauchzehen und Rosenkränze entgegenstreckt, ihn mit Weihwasser benetzt oder ihm das christliche Kreuz vorhält. Wirksam ausschalten lässt sich der Vampir nur mit recht brachialen Mitteln - wie etwa Enthaupten oder ihm einen Holzpflock in sein Herz treiben.

Der Vampir ist ein alter und verbreiteter Mythos. Das Bild eines blutsaugenden Untoten oder verwandte Vorstellungen gibt es seit je her in vielen Kulturkreisen. Der Dämon steht für Aberglaube, ist gewissermaßen Projektionsfläche für Urängste, das Unerklärliche, das Böse als Gegenpol des Guten. Das Bild einer Kreatur, die des nachts daherkommt, seine Opfer heimsucht, ihnen ihr Blut nimmt, sie aus dem Licht in die Dunkelheit befördert, ist zweifelslos ein äußerst bedrohliches. Und wenn man etwas länger über die Gruselgeschichte des Vampir-Dämons nachdenkt, dann erkennt man unweigerlich sogar Parallelen, Berührungspunkte zum heute überall auf der Welt vorzufindenden Fiatgeld(-system).


Es geschieht in der Nacht, im Dunkeln, in der Finsternis:

Man kann wohl mit Fug und Recht davon ausgehen, dass die allermeisten Menschen nicht wissen, wie das heutige Fiatgeldsystem aufgebaut ist, wie es funktioniert, und was es anrichtet. In Schule und Universität werden sie darüber mehr oder weniger im dunklen gelassen, und entsprechend treffen sie die Folgen des Fiatgeldes überraschend, unvorbereitet, unerbittlich. In der Tat: Wer weiß schon, dass unser heutiges Fiatgeldsystem ein "einstufiges Mischgeldsystem" ist, in dem die staatliche Zentralbank ein (Zwangs-)Monopol innehat und das sogenannte Fiat-Zentralbankgeld erzeugt, und die Geschäftsbanken, auf Basis des Fiat-Zentralbankgeldes, ihr eigenes Fiat-Geschäftsbankengeld produzieren?

Und wer weiß schon, dass das Fiatgeld sprichwörtlich "aus dem Nichts" herbeifantasiert wird, dass es für eine Form der Gelderzeugung steht, die keinerlei Bezug zur "echten Ersparnis" aufweist? Und ist nicht vielen Menschen der durch und durch inflationäre Charakter des Fiatgeldes unbekannt? Wer erklärt ihnen, dass - ökonomisch gesehen - das Ausweiten der Fiatgeldmenge inflationär ist? Dass es zu Güterpreisen führt, die höher ausfallen im Vergleich zu einer Situation, in der die Fiatgeldmenge nicht erhöht worden wäre?

Ebenso liegt überwiegend im Dunkeln, dass die Ausgabe von Fiatgeld über den Kreditmarkt für Kapitalfehllenkungen und für Boom-und-Bust sorgt, dass es die Volkswirtschaften in die Überschuldung treibt, dass es den Staat immer weiter anschwellen lässt auf Kosten der Freiheiten von Bürgern und Unternehmern. Kurzum: Für die meisten Menschen liegt das, was das Fiatgeld anrichtet, im Dunkeln; es vollzieht sich sprichwörtlich im Zuge der Finsternis.


Die Opfer sind meist hilflos und ahnungslos, ihre Lebenskräfte werden ihnen sprichwörtlich ausgesaugt:

Das Fiatgeld hat in der Tat etwas Aussaugendes, weil es die einen auf Kosten der anderen begünstigt. Das beginnt schon bei der staatlich diktierten Monopolisierung des Geldes. Es erlaubt der einen Gruppe (den Personen, die das Fiatgeld erzeugen dürfen) auf Kosten der anderen (die das monopolisierte Geld verwenden müssen) zu leben. Vor allem aber sind die die Erstempfänger des neuen Fiatgeldes die Begünstigten. Sie können mit dem neuen Geld Güter und Dienstleistungen kaufen, deren Preise noch unverändert sind. Sie sind die Begünstigten, werden reicher.

Das neue Geld wandert sodann sprichwörtlich von Hand zu Hand, wird nachfragewirksam verwendet, und in diesem Zuge steigen dann auch die Güterpreise. Die Spätempfänger des neuen Geldes können folglich nur noch zu erhöhten Güterpreisen kaufen. Sie sind die Benachteiligten. Die Erstempfänger stellen sich also auf Kosten der Spätempfänger besser - die einen saugen also im übertragenen Sinne die anderen aus. Die größten Verlierer, die am stärksten Ausgesaugten, sind diejenigen Personen, die gar nichts von der neu geschaffenen Geldmenge abbekommen.

Die Umverteilungswirkung des Fiatgeldes, die sich quasi im Dunkel der Nacht vollzieht, macht die Banken, die Fiat-Geschäftsbankengeld erzeugen, zu Gewinnern; und auch diejenigen, die Kredite in Fiatgeld aufnehmen (können). Die Zinskosten, die die Firmen auf Fremdkapital bezahlten, gehen natürlich in die Absatzpreise der Güter ein. Sie sind also als Preisbestandteile von den Konsumenten zu tragen, die die Güter kaufen.



Insbesondere sind es aber auch der Staat und die von ihm Begünstigten, die zu den großen Gewinnern zählen. Denn der Staat finanziert mittlerweile einen erheblichen Teil seiner Ausgaben mit neuen Bankkrediten und damit neu geschaffenen Fiatgeld. Mit dem neuen Geld, das er sich beschafft, bezahlt der Staat seine Repräsentanten, Angestellten, Pensionäre etc., und er bezahlt mit dem neuen Geld auch die Firmen, von denen er Güter und Dienste einkauft. Sie alle zählen zu frühen Empfängern des neuen Geldes, gehören also zu den Hauptnutznießern - auf Kosten der vielen, die nicht so eng mit dem Staat verbandelt sind.

Nun mag man einwenden: Derartige Umverteilungen von Einkommen und Vermögen, die die Fiatgeldvermehrung bewirkt, kommen auch in einem Sach- beziehungsweise Edelmetallgeldsystem zustande. Das ist richtig. Allerdings wäre die Vermehrung in einem - sagen wir - Goldgeldsystem weniger stark und chronisch im Vergleich zu einem Fiatgeldsystem. Letzteres ist ja darauf ausgelegt, eine politisch bewirkte Umverteilungswirkung herbeizuführen. Man kann auch sagen: Das Fiatgeldsystem ist politisch bewusst installiert, und zwar wegen seines Vampir-Charakters. Es verarmt die breite Bevölkerung, lässt sie unter ihren Möglichkeiten verbleiben.


Wie ein Vampir infiziert auch das Fiatgeld seine Opfer, macht aus ihnen quasi Komplizen und Helfer des Fiat-Vampirgeldes:

Das Fiatgeld infiziert seine Verwender sprichwörtlich, macht sie ungewollt zu Sklaven des Fiatgeldsystems. Wer Fiatgeld verwendet, der nimmt an Transaktionen teil, die nicht für alle gleichermaßen vorteilhaft sind. Er entwickelt dabei auch recht bald ein Interesse daran, dass das Fiatgeldsystem erhalten bleibt. Beispielsweise gibt das Fiatgeldsystem den Anreiz, sich zu verschulden, und mit kreditfinanzierten Ausgaben Vermögen (Haus, Firmen etc.) zu kaufen.

Das Fiatgeldsystem stellt nicht nur günstige Kredite (aus dem Nichts) bereit, es sorgt auch für einen chronischen Preisauftrieb gerade auch bei Vermögensgütern. Die Verschuldeten stellen sich unter den "Normalbedingungen" des Fiatgeldsystems besser gegenüber denen, die sparsam sind, die sich nicht (über die Halskrause) verschulden. Das wirtschaftliche Wohl der Fiatgeldabhängigen hängt dann davon ab, dass das inflationäre Fiatgeldsystem fortgeführt wird, dass es in Krisenphasen „gerettet“ wird vom Staat und seiner Zentralbank - auf Kosten derjenigen, die persönlich nicht oder weniger stark vom Fiatgeldsystem profitieren.

Vor allem dient das Fiatgeldsystem dem Staat und allen, die von ihm direkt oder indirekt finanziell abhängen. Politiker, Bürokraten, Bankangestellte, Firmen die Aufträge vom Staat erhalten, sie alle entwickeln ein Verlangen, dass das Fiatgeldsystem erhalten bleibt. Sie alle werden so gesehen zu Fiatgeld-Vampiren: Speisen ihr (Lebens-)Einkommen durch ein sprichwörtliches Aussaugen derjenigen, die produktive Tätigkeiten erstellen.

Und natürlich haben die Fiatgeld-Halter das Nachsehen, weil das Fiatgeld chronisch an Kaufkraft verliert, und die Zinsen, die die Zentralbanken setzen, mittlerweile nach Abzug der (echten) Teuerungsrate meistens negativ sind - die Ersparnisse, die in Termin- und Spareinlagen und auch Anleihen gehalten werden, werden entwertet.


Der Vampir und das Fiatgeld können das helle Sonnenlicht - die blanke Wahrheit - nicht vertragen:

Der Vampir zerfällt zu Staub, er ist besiegt, wenn ihn das helle Sonnenlicht trifft. Ähnlich verhält es sich auch beim Fiatgeld: Wenn die Menschen wirklich verstehen und begreifen, welche negative Wirkungen das Fiatgeld verursacht, welche Schäden es in die Welt bringt, dann wäre es vermutlich um das Fiatgeld - und die Produktions- und Beschäftigungsstruktur, die es hervorbringt - geschehen.

Das ist vermutlich auch der Grund, warum so wenig (oder gar nichts) in Schule und Universität über das Fiatgeld vermittelt wird. Seine dunklen Seiten werden im Dunkeln gehalten, im staatlich beeinflussten Bildungsbetrieb wird verhindert, dass das helle Licht der Erkenntnis auf das Fiatgeldsystem fällt. Man denke nur einmal daran, dass man die Zentralbankräte als "Währungshüter" bezeichnet, dass sie die Inflation "bekämpfen". Nichts könnte entfernter von der Wahrheit sein - ganz so wie der Vampir, der seine Gäste üblicherweise empfängt und beköstigt, sich mit ihnen geistreich zu unterhalten pflegt, ohne ihnen dabei seine wahre Natur zu offenbaren.

Das Sonnenlicht macht dem Vampir den Garaus. Die helle ökonomische Einsicht allein mag das Fiatgeldsystem zwar ins Wanken, aber nicht notwendigerweise auch zum Einsturz bringen. Jedoch gekoppelt mit einer einfachen, recht verstandenen Ethik (nach dem Motto: "Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem anderen zu"), wären die Zeiten des Fiatgeldes wohl gezählt.

Bis dahin jedoch sollte der Geldanleger, der Investor sich bewusst sein, dass das Fiatgeld nicht nur schwerwiegende ökonomische, sondern auch ethische Defekte hat. Und dass man auch als erfolgreicher Investor letztlich diesen Schäden nicht wird entkommen können. So gesehen liegt es im wohlverstandenen Interesse aller, dass das helle Sonnenlicht der Wahrheit das Fiatgeldsystem trifft. Denn Wohlstand und Frieden lassen sich mit einem Fiatgeldsystem nicht dauerhaft aufrechterhalten. Wie aber lässt sich das Fiatgeldsystem besiegen?

Nun, indem die man die Menschen über die Übel, die das Fiatgeld bringt, offen und ehrlich aufklärt; indem man ihnen zudem nahelegt, ihr Leben, ihre Ersparnisse so wenig wie nur irgend möglich abhängig vom Fiatgeld zu machen; und indem man auch für die Idee wirbt, einen freien Markt für Geld zuzulassen, technologische Neuerungen, die dem staatlichen Zugriff entzogen sind, befördert und ermutigt. Zusammengenommen wirkt all das wie ein gleißender Sonnenstrahl, das auf das Vampir-Fiatgeldsystem trifft - und es letztlich zu Staub zerfallen lassen kann.


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
BOOM & BUST REPORT



Auszug aus dem "BOOM & BUST REPORT" - ein Werkzeug für objektive und verlässliche Berichterstattung. Die Publikation für kritische, hinterfragende Geldanleger erscheint alle 14 Tage aus der Feder von Prof. Dr. Thorsten Polleit.