Stagflation, Zölle, Börsencrash – Warum Gold jetzt glänzt
09.04.2025 | Markus Blaschzok
Der Goldpreis hat einmal mehr seine Rolle als sicherer Hafen unter Beweis gestellt und hält sich weiterhin stabil über der Marke von 3.000 US-Dollar je Unze. Im Gegensatz dazu erlebten die globalen Aktienmärkte in der vergangenen Woche einen drastischen Einbruch. Seit ihren Höchstständen vor rund sechs Wochen verlor der breite US-Aktienindex "S&P 500" im Tief rund 22%, während die Nasdaq sogar um über 26% abstürzte.
Die neuen US-Zölle haben eine Blase angestochen, die sich über Jahre hinweg aufgebaut hat. Die Weltwirtschaft steht nicht wegen Trumps Zöllen vor einer Rezession – die Zölle sind vielmehr als die Nadel zu verstehen, die eine längst überdehnte Blase zum Platzen gebracht hat. Die Liquidität hatte in den vergangenen Jahren kontinuierlich abgenommen, wie die schrumpfenden Zentralbankbilanzen zeigen, und die Rezession war angesichts gestiegener Zinsen sowie massiver Fehlallokationen in den Volkswirtschaften längst überfällig.
Die Anleihenmärkte konnten vom Einbruch der Aktienkurse kaum profitieren und gerieten in den letzten drei Handelstagen selbst unter Druck, was typisch für eine Stagflation ist. Geldpolitische Eingriffe der Notenbanken würden die Lage nur verschärfen, weshalb die Zentralbanken mit dem Rücken zur Wand stehen. Es ist daher möglich, dass sie diesmal nicht die Aktienmärkte stützen, sondern eine mehrmonatige Baisse zulassen werden. Für viele junge Investoren, die seit 2008 dank der QE-Programme von echten Bärenmärkten verschont geblieben sind, dürfte das eine völlig neue Erfahrung werden. "Buy the Dip" könnte sich in diesem Umfeld als Sargnagel für deren Vermögen erweisen.
Die zunehmenden Stagflationssorgen werden dem Goldpreis in Zukunft spürbaren Auftrieb verleihen – ebenso den Goldminen. Sollte sich die Baisse an den Aktienmärkten fortsetzen, wäre es denkbar, dass auch der Goldpreis kurzfristig unter Druck gerät. In solchen Phasen müssen Investoren oft Goldbestände liquidieren, um Verluste an den Aktienmärkten zu decken und wieder einmal den Dip zu kaufen. Diese Rücksetzer am Goldmarkt dürften jedoch nur von begrenzter Dauer sein und stellen eine antizyklische Kaufchance dar.
Die gegenwärtige Zollpolitik wirkt eindeutig inflationsfördernd und erhöht zugleich die wirtschaftliche Unsicherheit – ein Umfeld, in dem Banken, institutionelle Investoren und Vermögensverwalter zunehmend gezwungen sind, ihre Allokationsstrategien zu überdenken. Das Interesse an Gold als sicherem Hafen wird weiter zunehmen, denn in einer stagflationären Phase liefern weder Aktien- noch Anleihemärkte reale Renditen – der Kapitalerhalt rückt daher in den Fokus der Investoren. Noch Ende 2019 – als die Zinsen historisch tief lagen – stand ich mit meiner Prognose eines rasanten und vor allem nachhaltigen Zinsanstiegs in Kombination mit einer Dekade der Stagflation völlig allein auf breiter Flur. Heute ist genau dieses Szenario in aller Munde und befeuert den Goldpreis.
Sollten die Notenbanken auf diese Herausforderungen erneut mit expansiver Geldpolitik reagieren und ihre bekannten Instrumente zur Bilanzausweitung reaktivieren, halte ich es für durchaus realistisch, dass der Goldpreis binnen kurzer Zeit die Marke von 4.000 US-Dollar pro Unze erreicht und in den nächsten Jahren weit hinter sich lassen wird. Die Zinsen werden in den zweistelligen Bereich springen und den Aktien- und Anleihenmarkt in eine mehrjährige Baisse schicken.
Real versus nominal: Die unterschätzte Entwertung des Dow Jones
Das Dow-Gold-Ratio – das Verhältnis des Dow-Jones-Index gemessen in Unzen Gold – ist infolge des jüngsten Aktienmarkt-Crashs auf 12,5 gefallen. Das bedeutet, dass aktuell rund 12,5 Unzen Gold erforderlich sind, um einen "Anteil" am US-Aktienmarkt zu kaufen. Bereits in den vergangenen Jahren, als das Verhältnis noch zwischen 20 und 25 lag, habe ich prognostiziert, dass es im Zuge einer kommenden Stagflation auf Werte um 2 fallen könnte.
Ein ähnliches Muster zeigte sich bereits in den 1970er-Jahren: Damals sank das Ratio von nahezu 30 auf etwa 2. Während der Dow Jones nominal rund 16 Jahre lang um die Marke von 1.000 Punkten pendelte, brach er währenddessen inflationsbereinigt um etwa 85 % ein. Gleichzeitig stieg der Goldpreis um das 24-Fache an und glich den Kaufkraftverlust des US-Dollars mehr als aus. Ich halte es für durchaus wahrscheinlich, dass wir in dieser Dekade eine vergleichbare Entwicklung erleben werden.
Bereits in den vergangenen Jahren hat der Goldpreis den Dow Jones deutlich outperformt – zeitweise sogar um das Doppelte. Ich gehe fest davon aus, dass sich dieser Trend bis zum Ende des Jahrzehnts fortsetzen wird.

Silber unter Druck – Chancen im Schatten der Rezession
Der Silberpreis war Ende der letzten Woche dramatisch im Zuge des Börsencrashs gefallen – von 35,50 US-Dollar im Hoch auf ein Tief bei 27,50 US-Dollar zum Handelsbeginn am Montag. Dies entspricht einem Minus von 22,5% in weniger als drei Handelstagen. Anders als Gold ist Silber nicht nur ein monetäres Edelmetall und Wertspeicher, sondern auch ein industriell stark genutzter Rohstoff. In Rezessionen geht die Nachfrage aus der Industrie häufig temporär stark zurück, was die Preise für Silber, Platin und Palladium regelmäßig stark belastet.


Hinzu kommt, dass in solchen Phasen oft auch spekulative Short-Positionen aufgebaut werden, während die Bullen am Terminmarkt das Handtuch werfen, was den Verkaufsdruck zusätzlich erhöht. Gerade jetzt zeigt sich eine deutlich überkaufte Situation am Terminmarkt, die deutlich ausgeprägter ist als am Goldmarkt, womit genügend Potenzial für eine weitere Korrektur durch Verkäufe am Terminmarkt vorhanden wäre.
Anders als beim Gold gab es beim Silber in den vergangenen Monaten und im vergangenen Jahr auch kein klares strukturelles Angebotsdefizit. Rechnet man die Investmentnachfrage heraus, war der Markt weitgehend ausgeglichen und nicht im Defizit – ein weiterer Grund, warum das Rückschlagpotenzial bei Silber kurzfristig größer ist als bei Gold.
In der Folge ist auch das Gold-Silber-Ratio zuletzt stark auf über 100 angestiegen. Das bedeutet, dass man derzeit mehr als 100 Unzen Silber benötigt, um eine Unze Gold zu kaufen. Sollte sich die Rezession verstärken und folgend die Aktienmärkte als auch Rohstoffpreise weiter unter Druck geraten, so könnte auch der Silberpreis noch weiter nachgeben. In einem solchen Szenario wäre sogar ein Anstieg des Ratios auf 120 Unzen Silber je Unze Gold denkbar.

Tritt dies ein, so würde Silber zu einem antizyklischen Kauf, denn mit einer wahrscheinlichen Rückkehr des Ratios in Richtung 80 auf Sicht weniger Monate – und langfristig sogar in den Bereich von 45 – eröffnet sich eine Chance auf große Gewinne in den nächsten Jahren, wenn man mutig ist und antizyklisch agiert. Silber könnte in den Folgejahren während einer anhaltenden Stagflation den Goldpreis outperformen, sobald Investoren beginnen nach dem sicheren Hafen Gold auch vermehrt in Silber umzuschichten, um Vermögen vor hoher Inflation und hohen Zinsen zu schützen.
Kurzfristig bleibt Silber jedoch stark abhängig von der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung. Sollte sich die Lage weiter eintrüben, besteht weiteres Abwärtspotenzial. Auf der anderen Seite: Sollte es zu geldpolitischen Interventionen durch die Notenbanken kommen, dürfte auch für Silber nur noch eine Richtung infrage kommen – nach oben.
Goldminenaktien zeigen Stärke
Trotz des Crashs an den Aktienmärkten hielten sich die Goldminen relativ stark. Der HUI-Goldminenindex fiel von 370 auf 315 Punkte im Tief und verteidigte dieses Niveau. Sollte das Hoch bei 370 Punkten in den nächsten Wochen und Monaten überschritten werden, so könnte die Rallye schnell bis in den Widerstandsbereich von 550 Punkten weitergehen.
Ein Risiko besteht, falls die Standardaktienmärkte weiter fallen und der Goldpreis durch Liquidationen unter Druck gerät. Dann könnten auch die Minenaktien kurzfristig noch in den Bereich um die 270 Punkte fallen, was jedoch die ultimative antizyklische Kaufchance wäre. Langfristig dürften die Goldminen-Aktien mit einem steigenden Goldpreis überproportional profitieren, da in Zeiten der Stagflation mehr Kapital in Gold- und Silberminen fließt, ähnlich wie in den 70er Jahren.


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© Markus Blaschzok
Dipl. Betriebswirt (FH), CFTe
Chefanalyst GoldSilberShop.de / VSP AG
BlaschzokResearch
GoldSilberShop.de
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