Deutsche Industrie verliert im internationalen Wettbewerb
13.05.2025 | Folker Hellmeyer
EUR/USD eröffnet bei 1,1112 (05:46 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,1066 im US-Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 147,80. In der Folge notiert EUR-JPY bei 164,26. EUR-CHF oszilliert bei 0,9372
Märkte: USD und US-Aktienmärkte stark – US-Haushaltsdaten top
An den Finanzmärkten reüssierten in den letzten 24 Handelsstunden US-Aktienmärkte und der USD primär als Folge der handelspolitischen Vereinbarungen zwischen Peking und Washington, die in dieser Form von dem Mainstream nicht erwartet wurden (beide Seiten reduzierten Zölle, USA von 145% auf 30%, China von 125% auf 10% für 90 Tage). Europas Aktienmärkte gewannen an Boden, ohne der Dynamik der US-Märkte folgen zu können. In Fernost ist der Impakt aus den USA und Europa ex Japan unausgeprägt. Der USD konnte am Devisenmarkt deutlich zulegen. In der Folge sanken der Goldpreis und Bitcoin. Silber gewann gegenüber dem USD an Boden (Potential industrielle Nachfrage).
Am Abend setzten die Daten des öffentlichen Haushalts den nächsten unerwarteten positiven Akzent für die USA, den USD und US-Aktienmärkte. Das Federal Budget (entscheidende Teilmenge des öffentlichen US-Haushalts) verzeichnete per Berichtsmonat April einen Überschuss in Höhe von 258,0 Mrd. USD nach zuvor -161,0 Mrd. USD. Im Vorjahr kam es zu einem Plus in Höhe von 210 Mrd. USD. Dieser Aprilwert ist der zweithöchste Aktivsaldo in der US-Geschichte (April und September sind Hauptsteuerzahlungsmonate).
Aktienmärkte: Late Dax +0,60%, EuroStoxx 50 +1,81%, S&P 500 +3,26%, Dow Jones +2,81%, NASDAQ 100 +4,02%. Aktienmärkte in Fernost Stand 05:57 Uhr: Nikkei (Japan) +1,63%, CSI 300 (China) +0,03%, Hangseng (Hongkong) -1,71%, Sensex (Indien) -0,57% und Kospi (Südkorea) +0,06%. Rentenmärkte: Die 10-jährige Bundesanleihe rentiert heute früh mit 2,64% (Vortag 2,55%), während die 10-jährige US-Staatsanleihe eine Rendite in Höhe von 4,46% (Vortag 4,40%) abwirft.
Devisenmärkte: Der EUR (-0,0115) verlor gegenüber dem USD im Tagesvergleich an Boden. Gold (-46,00 USD) war im Zuge von Gewinnmitnahmen wegen rückläufiger Krisenszenarien deutlich rückläufig. Silber (+0,21 USD) legte dagegen vor dem Hintergrund potentiell höherer industrieller Nachfrage zu. Der Bitcoin notiert bei 101.680 USD (06:00 Uhr). Gegenüber der Eröffnung am Vortag ergibt sich ein Rückgang im Tagesvergleich um 2.400 USD.
Deutsche Industrie verliert im internationalen Wettbewerb
Die Industrie sieht sich im weltweiten Wettbewerb laut aktueller IFO-Umfrage zunehmend belastet. 24,4% der Unternehmen verzeichneten im April eine sinkende internationale Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Ländern außerhalb der Europäischen Union (Januar -23,9%). Im Wettbewerb innerhalb der EU gibt es laut IFO keine Entwarnung, aber einen Lichtblick. Hier fiel der Anteil von 20,9% auf 13,4%.
Die deutsche Industrie büße im internationalen Vergleich nach und nach an Schlagkraft ein, so der IFO-Umfragechef Wohlrabe. Die Herausforderungen im internationalen Wettbewerb blieben gewaltig. Durch die jüngsten Zollstreitigkeiten sortieren sich die Machtverhältnisse auf den globalen Märkten derzeit neu.
Besonders kritisch blicken die Metallerzeuger und-bearbeiter auf ihre Lage: Von sinkender Wettbewerbsfähigkeit sprechen 43,3% nach 37,8% im Januar. Die Elektroindustrie und der Maschinenbau meldeten weitere Rückschläge. Bedenken in Bezug auf ihre Wettbewerbsfähigkeit bleiben in der Automobilbranche bestehen: Das geben 33% an, verglichen mit 42,5 Prozent zuvor. Relativ stabil sehen sich dagegen die Getränkehersteller, deren internationale Position sich kaum verändert habe, so das IFO-Institut.
Der Bundesverband der Deutschen Industrie fordert von der neuen Regierung schnelle steuerliche Entlastungen, niedrigere Energiepreise und ein Sofortprogramm Bürokratieabbau. Die neue Bundesregierung müsse schnell loslegen und pragmatisch handeln, damit sich die Stimmung in der Wirtschaft drehe, so BDI-Präsident Peter Leibinger. Entscheidend hierfür sei ein Signal noch vor der Sommerpause, damit Unternehmen nicht länger mit Investitionen zögern (Kapitalstock!).
Kommentar: Der Verfall der deutschen Wettbewerbsposition bleibt markant. Das Energiethema (nachhaltige Versorgungssicherheit nicht gewährleistet, preisliche Konkurrenzfähigkeit nicht ansatzweise gegeben), das bisher von der Bundesregierung nur in kosmetischen Ansätzen adressiert wird, hat bezüglich der Wettbewerbsposition eine Schlüsselfunktion. Um das Preisdilemma zu verdeutlichen finden sie die Charts der Erdgaspreise Europa (+775,2%) vs. USA (+120,9%) im Fünfjahresvergleich nachstehend (© Finanzen.net).
Deutschland: Tourismus schwächer
Im März 2025 verbuchten die Beherbergungsbetriebe in Deutschland 32,7 Millionen Übernachtungen in- und ausländischer Gäste. Wie das Statistische Bundesamt nach vorläufigen Ergebnissen mitteilt, waren das 7,7% weniger als im März 2024. Ein Grund für diesen Rückgang dürften die späteren Osterfeiertage und Osterferien in diesem Jahr sein, die 2024 überwiegend im März und 2025 fast komplett im April lagen. In den ersten drei Monaten bezifferte sich der Rückgang im Jahresvergleich auf 4,4%.
Kommentar: Die Erklärung mit den Osterfeiertagen kann in der Tat Teile der Entwicklung erklären. Zu berücksichtigen ist zudem, dass im letzten Jahr ein Rekord bei Übernachtungen zu verzeichnen war (Quantität). Aber bereits im letzten Jahr kam es zu einer Tendenz zu preisgünstigen Übernachtungen (Camping & Co.). Ergo kam es bereits zu einem qualitativen Rückgang (Umsatzbetrachtung). Nur eine massive Reformagenda kann Nachhaltigkeit einer positiven Tendenz bezüglich Quantität und Qualität gewährleisten!
Deutschland: Klima und Umwelt verlieren in Bevölkerung an Bedeutung
Trotz Sorgen wegen der Erderwärmung verlieren Umwelt- und Klimaschutz für die Menschen an Bedeutung. Das zeigte eine gestern vorgestellte Studie des Umweltbundesamts und des Bundesumweltministeriums. Zwar halte mit 54% mehr als die Hälfte der Befragten Umwelt- und Klimaschutz für sehr wichtig. Doch 2020 habe dieser Wert noch 65% betragen. Auch das Ziel, die globale Erwärmung unter zwei Grad zu halten, finde weniger Unterstützung. Als dringlicher werde die Situation im Gesundheits- oder Bildungssektor wahrgenommen, wie auch wirtschaftliche Entwicklung sowie öffentliche Sicherheit und Kriege.
Kommentar: Die Klimapolitik (Kosten bis zu 4,5 Billionen EUR bis 2050, Staatsverschuldung aktuell bei rund 2,6 Billionen EUR) kann nur mit einer sehr prosperierenden Wirtschaft gelingen (höheres Steueraufkommen und höhere Einkommen). Die seit rund 20 Jahren verfolgte Politik nicht für, sondern gegen die Wirtschaft (Energie, Bürokratie, Steuerhöhe, Misstrauen), bedarf einer vollständigen Neuausrichtung pro Kapitalstock (Summe aller Unternehmen).
Wer diese Kausalität zwischen Wirtschaft und Transition ignoriert, hat keine Chance die Transition auch nur ansatzweise erfolgreich zu gestalten (!). Man kann aber mit fehlgeleiteter Politik die Struktur der Wirtschaft und damit die Zukunft der Gesellschaft und der politischen Stabilität zerstören.
Deutschland hat seit 1990 den CO2 Ausstoß von 1.052 Mio. Tonnen per 2023 auf 572 Mio. Tonnen reduziert und hat per Ende 2023 noch einen Anteil von 1,58% des globalen Ausstoßes (China 2023 31,5%, USA 12,99%, Indien 8,1%, Russland 4,81%, Japan 2,62%). “Food for thought!“ (Daten von Statista). Maß und Mitte in einem pragmatischen und nicht ideologischen Zuschnitt sind die Garanten für Erfolg. Mehr gibt es nicht zu sagen! Doch, wo stünden wir mit Atomkraftwerken neuerer oder neuester Bauart?
Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden
USA: Federal Budget mit sattem Überschuss!
Das Federal Budget (entscheidende Teilmenge des öffentlichen US-Haushalts) verzeichnete per Berichtsmonat April einen Überschuss in Höhe von 258,0 Mrd. USD nach zuvor -161,0 Mrd. USD. Im Vorjahr kam es zu einem Plus in Höhe von 210 Mrd. USD. Dieser Aprilwert ist der zweithöchste Aktivsaldo in der US-Geschichte (April und September sind Hauptsteuerzahlungsmonate).
Dänemark: Verbraucherpreise (J) unverändert bei 1,5%
Die Verbraucherpreise legten per Berichtsmonat April im Jahresvergleich um 1,5% nach zuvor 1,5% zu.
Japan: Stimmung der Wirtschaftsfachleute sinkt auf tiefsten Stand seit 02/2022
Der Index "Economy Watcher ́s Poll" sank per Berichtsmonat April von zuvor 45,1 auf 42,6 Zähler und markierte den tiefsten indexstand seit Februar 2022.
Derzeit ergibt sich für den USD gegenüber dem EUR eine positive Tendenz. Ein Überschreiten der Widerstandszone bei 1,1510 – 1.1540 negiert das Szenario.
Viel Erfolg!
© Folker Hellmeyer
Chefvolkswirt der Netfonds Gruppe
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