Deutschland: Insolvenzen auf 10-Jahreshoch
27.06.2025 | Folker Hellmeyer
EUR/USD eröffnet bei 1,1705 (05:44 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,1672 im europäischen-Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 144,42. In der Folge notiert EUR-JPY bei 169,02. EUR-CHF oszilliert bei 0,9369.
Märkte: Zuversicht nimmt zu, Gold leidet
Die Finanzmärkte waren in den letzten 24 Handelsstunden überwiegend von höherer Zuversicht geprägt. Das führte zumeist zu freundlichen Entwicklungen an den Aktienmärkten bei nur wenig Ausnahmen. Rentenmärkte verzeichneten wenig Bewegung. Mit steigender Zuversicht verlor Gold an Attraktivität, Bitcoin konnte sich dagegen halten, Silber legte sogar zu (Aspekt industrielle Verwendung).
In der Geopolitik waren keine neuen Belastungen zu verzeichnen. Zwischen China und den USA kam es laut Weißem Haus zu einer Annäherung. Man habe sich auf eine Zusatzvereinbarung bei Exporten (u.a. Seltene Erden) geeinigt. Die EU hat einen Vorschlag der USA für eine Einigung im Zollstreit erhalten.
Das Datenpotpourri (siehe unten) lieferte dagegen mehr Schatten als Licht. Das BIP der USA sank stärker als erwartet. Der Einzelhandelsindex des UK brach ein. Die Verbraucherstimmung in Deutschland schwächte sich ab. Japans Einzelhandel verfehlte die Prognose und war schwächer als im Vormonat und in China enttäuschte die Gewinnentwicklung der Industrieunternehmen. Der starke US-Auftragseingang bei langlebigen Wirtschaftsgütern ist volatilen Flugzeugorders geschuldet und nicht extrapolierbar. Er ist aber mindestens "erfrischend".
Aktienmärkte: Late Dax +0,96%, EuroStoxx 50 +0,17%, S&P 500 +0,80%, Dow Jones +0,94%, NASDAQ 100 +0,94%. Aktienmärkte in Fernost Stand 05:55 Uhr: Nikkei (Japan) +1,68%, CSI 300 (China) -0,03%, Hangseng (Hongkong) +0,02%, Sensex (Indien) +0,10% und Kospi (Südkorea) -0,98%. Rentenmärkte: Die 10-jährige Bundesanleihe rentiert heute früh mit 2,56% (Vortag 2,56%), während die 10-jährige US-Staatsanleihe eine Rendite in Höhe von 4,26% (Vortag 4,27%) abwirft.
Devisenmärkte: Der EUR (+0,0014) ist im Tagesvergleich gegenüber dem USD zart befestigt. Gold (-41,00 USD) verlor gegenüber dem USD an Boden, während Silber (+0,05 USD) leicht zulegen konnte. Der Bitcoin notiert bei USD 107.550 (05:58 Uhr). Gegenüber der Eröffnung am Vortag ergibt sich ein Rückgang im Tagesvergleich um 330 USD.
Deutschland: Auftragseingang im Bauhauptgewerbe per April schwach
Der preisbereinigte Auftragseingang im Bauhauptgewerbe ist im April 2025 gegenüber März 2025 laut Statistischem Bundesamt kalender- und saisonbereinigt um 8,0% gefallen. Der Auftragseingang im Hochbau legte um 9,3% zu, während der Auftragseingang im Tiefbau gegenüber dem von Großaufträgen geprägten Vormonat um 20,6% sank.
Im Vergleich zum Vorjahresmonat April 2024 stieg der reale, kalenderbereinigte Auftragseingang im Bauhauptgewerbe im April 2025 um 5,7%. Dabei nahm der Auftragseingang im Hochbau um 16,2% zu und im Tiefbau um 2,4% ab.
Im weniger volatilen Dreimonatsvergleich lag der kalender- und saisonbereinigte Auftragseingang von Februar 2025 bis April 2025 um 2,1 % höher als in den drei Monaten zuvor (Hochbau: +3,6 %; Tiefbau: +0,8 %).
Kommentar: Auf ersten Blick ist der Rückgang im Monatsvergleich unerbaulich. Auf zweiten Blick ist er jedoch positiv. Der Rückgang im Tiefbau (staatlich dominiert) ist mit allergrößter Wahrscheinlichkeit hinsichtlich der geplanten Infrastrukturmaßnahmen temporär. Die positive Entwicklung im Hochbau (privat dominiert) impliziert neben einer Bodenbildung eine Trendwende.
Deutschland: Insolvenzen auf 10-Jahreshoch
Laut Analyse von Creditreform mussten 11.900 Unternehmen im 1. Halbjahr 2025 Insolvenz anmelden (+9,4%). Die Forderungsausfälle werden auf 33,4 Mrd. EUR geschätzt (+ rund 4 Mrd. EUR im Jahresvergleich). Die Insolvenzen erreichten ein 10-Jahreshoch. Besonders betroffen war der Mittelstand. Bis zum Jahresende sei eine Wende nicht absehbar, so Creditreform.
Kommentar: Creditreform liegt richtig. Die Insolvenzentwicklung hat eine gegenüber der Konjunktur nachlaufende Qualität. Das Niveau der Insolvenzen ist eine Mahnung an Berlin, Ursachen und nicht Aspekte der Krisenentwicklung zu konterkarieren (Energie!). Der Bruch des Koalitionsvertrags bezüglich der Entlastung bei der Stromsteuer weist in die falsche Richtung!
Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden
Eurozone: Deutschlands Verbraucher bewerten Lage negativer
Deutschland: Der GfK-Konsumklimaindex sank per Berichtsmonat Juli von zuvor -20,0 (revidiert von -19,9) auf -20,3 Zähler. Die Prognose lag bei -19,3 Punkten.
UK: Einzelhandelsindex bricht ein
Der vom CBI ermittelte Index für den Einzelhandel stelle sich per Berichtsmonat Juni auf -46 nach zuvor -27 Punkte und markierte den tiefsten Indexwert seit Januar 2024.
USA: BIP sank im 1. Quartal stärker, Flugzeuge „pushen“ Auftragseingang
Das BIP verzeichnete laut finaler Berechnung bedingt durch die Zollverzerrungen und deren Wirkung auf die Handelsbilanz (nicht extrapolierbar) einen Rückgang in der auf das Jahr hochgerechneten Fassung um 0,5% (Prognose und vorläufiger Wert -0,2%). Der Auftragseingang für langlebige Wirtschaftsgüter nahm per Berichtsmonat Mai im Monatsvergleich um 16,4% (Prognose 8,5%) nach zuvor -6,6% (revidiert von -6,3%) zu.
Der von der Federal Reserve Chicago berechnete "National Activity Index", der aus 85 Einzelindikatoren generiert wird, stellte sich per Berichtsmonat Mai auf -0,28 Punkte nach zuvor -0,36 Punkten (revidiert von -0,25 Punkten).
Der Index anhängiger Hausverkäufe stieg per Berichtsmonat Mai von zuvor 71,3 auf 72,6 Zähler. Das Niveau ist historisch weiter sehr prekär (Tiefpunkt US-Immobilienkrise 75,7!) Der Kansas Fed Composite Index verzeichnete per Berichtsmonat Juni einen Anstieg von -3 auf -2 Punkte. Die Zahl der Arbeitslosenerstanträge lag per 21. Juni 2025 bei 236.000 (Prognose 245.000) nach zuvor 246.000 (revidiert von 245.000) .
Japan: Einzelhandelsumsätze verfehlen Prognose
Die Arbeitslosenrate stellte sich per Berichtsmonat Mai auf 2,5% nach zuvor 2,5%, Die Einzelhandelsumsätze legten per Berichtsmonat Mai im Jahresvergleich um 2,2% (Prognose 2,7%) nach zuvor 3,5% zu.
China: Gewinne der Industrieunternehmen deutlich schwächer
Die Gewinne der Industrieunternehmen sanken in der Phase von Januar bis Mai im Jahresvergleich um 1,1%. In der Phase Januar bis April lag das Plus bei 1,4%.
Derzeit ergibt sich für den USD gegenüber dem EUR eine neutrale Tendenz.
Viel Erfolg!
© Folker Hellmeyer
Chefvolkswirt der Netfonds Gruppe
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