Mr. Buffetts Einstiegssignal
03.11.2008 | James Turk
In einem am 16. Oktober in der New York Times erschienenen Artikel erzählt uns Warren Buffett, dass er "amerikanische Aktien gekauft " hat. Er ist bisher einer der allerbesten Investoren gewesen und hat über die letzten vier Jahrzehnte beeindruckende Investitionsleitungen vollbracht. Aus diesem Grund sollten wir uns anschauen, was er gerade macht.
Herr Buffetts Gründe, jetzt zu kaufen, werden im folgenden Kommentar zusammengefasst: "Ich kaufe immer strikt nach einer einfachen Regel: Sei ängstlich, wenn andere gierig sind, und sei gierig, wenn andere ängstlich sind. Und ganz sicher greift die Angst gerade um sich und erfasst sogar erfahrene Investoren. Sicherlich haben die Investoren Recht, wenn sie gerade Institutionen misstrauen, deren Geschäft in hohem Maße fremdfinanziert ist oder aber Unternehmen, die sich in schwachen Wettbewerbspositionen befinden. Aber Angst in Bezug auf das langfristige Wohlergehen der führenden, nationalen Unternehmen ergibt keinen Sinn. Die Gewinne dieser Geschäftszweige werden mit Sicherheit einen Schluckauf bekommen - so wie es schon immer gewesen ist. Aber die meisten Großunternehmen werden in den folgenden 5, 10 oder 20 Jahren neue Gewinnrekorde aufstellen."
Aller Wahrscheinlichkeit nach wird er natürlich Recht haben, aber er warnt: "Ich möchte an dieser Stelle ganz deutlich sein: Ich kann die kurzfristigen Bewegungen des Aktienmarktes nicht vorhersagen." Herr Buffet ist ganz klar ein erfahrener Investor und er kauft die Schnäppchen, wenn er sie sieht, was möglicherweise genau zurzeit der Fall ist. Aber genauso klar ist auch, dass sein Fokus auf das Langfristige gerichtet ist.
Wenn er diese Unfähigkeit, kurzfristige Bewegungen im Aktienmarkt vorherzusehen, zum Ausdruck bringt - oder vielleicht auch meint, dass sie ihm gleichgültig sind - verweist Herr Buffett auch argumentativ auf die Geschichte. "Während der Depression fiel der Dow auf sein Tief bei 41 - das war am 8. Juli 1932. Die wirtschaftlichen Bedingungen verschlechterten sich jedoch weiterhin, bis Franklin D. Roosevelt im März 1933 das Amt übernahm. Zu dieser Zeit hatte sich der Markt schon wieder um 30% nach oben bewegt. Oder denken Sie doch an die frühen Tage des Zweiten Weltkriegs, als es für die USA in Europa und im Pazifik schlecht lief. Der Markt erreichte im April 1942 sein Tief, eine ganze Zeit bevor sich das Blatt für die Alliierten wendete. Und auch Anfang der 80er Jahre war die Zeit Aktien zu kaufen, als die Inflation wütete und die Wirtschaft am Boden lag. Kurz: Schlechte Nachrichten sind die besten Freunde der Investoren."
Die von ihm gewählten Zeitpunkte sind interessant. Rückblickend wissen wir, dass sie wichtige Wendepunkte darstellten. Ich habe diese drei Zeitpunkte in einem Chart untergebracht. Der folgende Chart zeigt den Preis des Dow Jones Industrial Average jeweils zu Monatsende - gemessen in Goldgewichten.

Die von Buffett gewählten Wendepunkte verbindet eine Sache. Wie wir im oben stehenden Chart sehen können, befinden sich alle diese Punkte auf der grünen, horizontalen Linie. Sie zeigt, dass der DJIA relativ billig gewesen ist, vergleicht man ihn mit der Kaufkraft von Gold. Der DJIA entsprach an den Punkten 1, 2 und 3 jeweils 64,4 g, 84,7g und 40,0g Gold. Denken Sie daran, dass dies den Preisen zu Monatsende entspricht. Innerhalb dieser Monate wurden sogar noch niedrigere Preise erreicht.
Im Vergleich betrug der Preis des DJIA am 30. September laut dem oben stehenden Chart 384 Gramm Gold. Am 16. Oktober, als Herr Buffetts Artikel erschien, fiel der Preis des DJIA auf 348,5 Gramm Gold; zum Zeitpunkt, da ich diesen Artikel verfasse, liegt der Preis immer noch ungefähr dort.
Aus diesem Blickwinkel ist der DJIA natürlich noch nicht so gut bewertet wie an den drei Wendepunkten, auf die Herr Buffett verweist. Vielleicht beschränkt sich Herr Buffett ja auch auf ganz bestimmte, unterbewertete Aktien, deren Namen er nicht erwähnt und nicht auf die großen Indizes. Ein altes Sprichwort lautet: It is a market of stocks, and not a stock market. Ein Index wie der DJIA oder der S&P 500 kann ja gar nicht in der Lage sein, diejenigen individuellen Aktien aufzuzeigen, die gerade heute ein außergewöhnliches Wertsteigerungspotential aufweisen. Aber Herr Buffett warnt uns ja auch, wenn er sagt: "[D]ie Investoren [haben] Recht, wenn sie gerade Institutionen misstrauen, deren Geschäft in hohem Maße fremdfinanziert ist oder aber Unternehmen, die sich in schwachen Wettbewerbspositionen befinden."
Nichtsdestotrotz sollte man vernünftigerweise abwägen, ob Herr Buffett sein Einstiegssignal nicht zu früh gibt. Wenn man sich die Preise aus der Goldperspektive anschaut, so mag es in der Tat viel zu früh kommen. Allerdings macht Herr Buffett noch eine weitere, wichtige Beobachtung in seinem Artikel, die seine Denkweise weiter erklärt.
"Zurzeit fühlen sich diejenigen sicher, die Cash-Äquivalente besitzen. Das sollten sie nicht. Sie haben sich für eine schrecklich langfristige Anlage entscheiden, eine, die sich wirklich gar nicht bezahlt macht und die mit Sicherheit an Wert verliert. Es ist nun einmal so, dass sich die aktuell auf Krisenbewältigung abzielende Regierungspolitik möglicherweise als inflationär herausstellen wird und somit den Verfall des realen Wertes von Geldkonten beschleunigen wird. Mit allergrößter Wahrscheinlichkeit werden Aktien innerhalb der nächsten zehn Jahre besser abschneiden als Bargeld - und möglicherweise sogar weitaus besser."
Dieser Absatz macht deutlich, dass Herr Buffett den Aktienmarkt ausschließlich aus der Dollarperspektive betrachtet. Eigentlich empfiehlt er uns, Aktien anstatt Dollars zu besitzen, was meiner Meinung nach ein guter Ratschlag ist, geht man davon aus, dass der Dollar rapide entwertet wird. Denn neue Dollars werden außergewöhnlich schnell und in einem sehr großen Umfang geschaffen, der das Wirtschaftwachstum bei weitem übersteigt. Zudem liegen die Zinsen, die jemand aus $-Anlagen ziehen kann, weitaus niedriger als die Inflationsrate. Mit anderen Worten - so wie es Herr Buffett ausdrückt: Der Dollar ist "eine schrecklich langfristige Anlage, […] die sich wirklich gar nicht bezahlt macht und die mit Sicherheit an Wert verliert."
Aus Dollarperspektive sind Aktien also die bessere Wahl. Aber aus meiner Sicht bleibt Gold die bessere Alternative; das ist ein Standpunkt, den ich jetzt schon seit vielen Jahren vertrete. Werfen Sie zum Beispiel mal einen Blick auf die folgenden drei Artikel, die auf dieser Seite veröffentlicht wurden:
15. Mai 2006 - Hold Gold, Not the Dow
4. Oktober 2006 - Gold Is Still the Better Choice
4. Juni 2007 - What New Record?
Zusammenfassend kann man sagen: Es gibt Zeiten, in denen man in Aktien investiert sein sollte und Zeiten, sein Geld bar zu halten. Gerade jetzt ist Bargeld die bessere Wahl, aber nicht Dollar-Cash, wie uns Herr Buffett warnt. Aktien sind billig - im Vergleich zum Dollar. Der Dow schloss letzte Woche mit einem neuen Tiefststand für 2008, so auch der Index Standard & Poor's 500. Bis jetzt ist der DJIA in diesem Jahr um 37% gesunken, während der S&P 500 40% verlor und der Nasdaq 41%. Bei diesen Ständen rät Herr Buffett, dass Aktien eine bessere Wahl sind als Dollars. Ich aber denke, dass Aktien keine bessere Wahl sind, stellt man sie Gold gegenüber. Wenn man aus der Geschichte Lehren ziehen kann, und ich glaube daran, wie auch Herr Buffett, der ja auch historische Beispiele auswählte, so muss der Preis des DJIA gemessen in Gold noch viel weiter fallen.
Daher sollten Investoren auch die Hände vom DJIA und anderen großen Aktienindizes lassen und weiterhin beim Gold bleiben - womit sie ihr Geld ganz ruhig im Sicheren haben, bis die in Gold bewerteten Aktienpreise auf vernünftigere Stände gesunken sind.
© James Turk
GoldMoney.com
Dieser Artikel erschien am 27.10.08 auf www.kitco.com und wurde exklusive für GoldSeiten übersetzt.
Hinweis GoldSeiten: Herr Turk ist Betreiber von GoldMoney.com und Buchautor (Der Kollaps des Dollars). Für die am 7.+8.11.2008 in München stattfindende "Internationalen Edelmetall- & Rohstoffmesse" konnten wir ihn als Referenten gewinnen. Eine kostenlose Registrierung für die Messe ist ab sofort möglich.