Was Sie schon immer über Gold wissen wollten ...
21.06.2010 | Prof. Antal E. Fekete
... aber bisher nicht zu fragen wagten
Es folgt eine Transkription eines Interviews, das am 06. Mai 2010 auf Anfrage eines goldfreundlichen Hedgefonds gegeben wurde.
Frage: Professor Fekete, Sie sind als entschiedener Verfechter der Rückkehr zum Goldstandard bekannt. Aber Mainstream-Ökonomen meinen, ein Goldstandard sei nicht praktikabel und bekämpfen diese Idee, wo und wie sie nur können. Was entgegnen Sie dieser Kritik?
Antwort: Zu sagen, der Goldstandard sei nicht praktikabel, ist so, als würde man sagen Ehrlichkeit sei nicht praktikabel oder Verfassungen könnten unbekümmert missachtet werden, wenn es gerade passt. Die amerikanische Verfassung fordert zum Beispiel einen metallischen monetären Standard für die Vereinigten Staaten und das in überdeutlichen Worten. Die Gegner des Goldstandards hatten nie die moralische Standfestigkeit aufbringen können, die Verfassung so abzuändern, dass die Aufhebung des Goldstandards dort formal verankert ist. Trotzdem konfiszierte Roosevelt im Jahr 1933 das Gold der Staatsbürger, gab ihnen im Austausch dafür uneinlösbares Papier und ging anschließend dazu über, den Wert des Goldes im Verhältnis zu diesem Papier um 75% heraufzusetzen. Wer die Macht hat, hat das Recht: Wenn es nicht fair und legal geht, dann wird der starke Arm des Staates ausgefahren, der es durch Schikane richtet und der die Polizei und die Gefängniszelle auf seiner Seite hat.
Jüngeren Datums (erst in unserem Jahrhundert) sind die Änderungen in der Verfassung der Schweiz per Referendum. Sie gewährleistete ebenfalls den Goldstandard. Die Bürger hatten ein Wochenende lang Zeit, zu debattieren und über die Vor- und Nachteile der vorgeschlagenen Änderungen zu entscheiden. Die anrüchige Eile, mit der die Änderungen durch den konstitutionellen Prozess geprügelt wurden, verrät das schlechte Gewissen der Verfasser dieser Änderungen.
Eines der Grundprinzipien, die den Goldstandard stützen, ist der Umstand, dass in der Rechtssprechung keine doppelten Standards toleriert werden dürfen. Die Staatsregierung, ihre Unterabteilungen und Behörden sollten demselben Vertragsrecht unterliegen wie auch die Staatsbürger. Es gibt keinen triftigen Grund, warum das Finanzministerium und die Zentralbank Schuldverschreibungen und Verpflichtungen herausgeben dürfen, die sie weder einhalten können noch wollen - jeder andere würde dafür nach dem Strafgesetzbuch bestraft werden. Zu sagen, der Goldstandard sei nicht praktikabel, heißt also auch, dass die Regierung im Umgang mit ihren Untergebenen von den Bestimmungen des Strafgesetzbuches ausgenommen werden sollte.
Frage: Welche grundlegenden Schritte müssten auf dem Weg zur Wiedereinführung des Goldstandards unternommen werden? Was müsste genau passieren?
Antwort: Dazu gehören drei unausweichliche Schritte. Erstens müsste man Gold wieder als gesetzliches Zahlungsmittel prägen lassen. Das bedeutet: Jeder, der sein Gold (in der richtigen Menge und Qualität) in gesetzliche Goldzahlungsmittel konvertieren möchte, soll das bei der Prägeanstalt auch tun können - ohne dass dabei Prägegebühren anfallen und ohne Mengenbegrenzungen. Man würde also Gold zurückbekommen, Unze für Unze, in geprägter Form und die Prägekosten würden vom Staat übernommen werden - genauso wie die Kosten für Reparatur und Instandhaltung von Straßen übernommen werden. Umgekehrt müssen die Eigentümer von gesetzlichen Goldzahlungsmitteln das Recht zum Horten, zum Einschmelzen und zum Export haben - so wie es ihnen passt. Damit soll das Recht der Geldmengenregulierung auf das Volk übertragen werden und nicht in den Händen ungewählter Bürokraten liegen.
Zweitens: Der Umstand, dass Papiergeld als das gesetzliche Zahlungsmittel geschützt wird ("legal tender protection"), muss ein für alle Mal als verfassungswidrig erklärt werden. Nötigung und Zwang sollen somit beseitigt werden - denn die Arbeitenden sind gezwungen, uneinlösbare Währung für die erbrachten Dienste zu akzeptieren.
Ein solcher Zwang wurde zum ersten Mal 1909 in Frankreich und Deutschland legalisiert, nur fünf Jahre vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Diese Länder wollten sicherstellen, dass sie ihre Beamten und Bediensteten sowie das militärische Personal mit Papierzetteln bezahlen konnten - alle Erwerbstätigen wurden somit quasi der staatlichen Verfügung im Kriegsfall unterstellt - ohne Rücksicht auf Staatshaushalt und Steuereinahmen. Die zweite Bestimmung ist also folgendermaßen motiviert: Regierungen dürfen nicht die Möglichkeit bekommen, unerklärte und unpopuläre Krieg anzuzetteln (so wie die alten Könige), sie müssen dafür Steuern erheben. Der Erste Weltkrieg hätte ein frühes Ende genommen, hätte es die rechtliche Einführung gesetzlicher Zahlungsmittel nicht gegeben. Sobald dem Finanzministerium das Gold ausgegangen wäre, wären die Kriegstreibenden gezwungen gewesen, Frieden zu schließen - sofern sich die Wählerschaft nicht bereiterklärt hätte, für eine Weiterführung des Blutbades und der Zerstörung von Eigentum zu zahlen. Und somit hätte es um die Welt besser gestanden.
Drittens müsste man sich jenem Prinzip zuwenden, das als die "Real Bill Doctrine" von Adam Smith bekannt ist: Handelswechsel - auf eine schnellbewegliche Handelsware gezogen, nach welcher dringlichste Nachfrage seitens der Verbraucher besteht; Wechsel, die zudem innerhalb von 91 Tagen (die Länge einer Jahreszeit) in Goldmünzen eingelöst werden - müssen wieder für die spontane monetäre Zirkulation freigegeben werden. Dies würde eine Flexibilität des Geldsystems gewährleisten, die nicht staatlich erzwungen ist, sondern durch freiwillige Kooperation zwischen Produzenten und Verbrauchern zustande kommt und der Befriedigung menschlicher Bedürfnisse und Wünsche dient.
Es würde sich zeigen, dass der Markt für diese real bills als Clearingstelle des Goldstandards funktioniert. 1918, nach Ende des 1. Weltkrieges, entschlossen sich die siegreichen Alliierten, nicht zuzulassen, dass sich in der Welt wieder ein multilateraler, internationaler Handel organisiert. Was jedoch nicht heißt, dass sie nicht zum Goldstandard zurück wollten - wie man am Beispiel Großbritanniens sehen kann, das sich 1925 entschied, das Pfund Sterling erneut zum Vorkriegswechselkurs in Gold zu konvertieren; allerdings war nur bilateraler Handel erlaubt. Das bedeutete aber nicht Geringeres als die Kastration des Goldstandards: Sobald die Clearingstelle amputiert war, konnte er nicht mehr funktionieren.
Die alliierten Mächte taten dies aus Gehässigkeit und Rachegefühl: Sie wollten Deutschland weit über die Bestimmungen des Versailler Friedensabkommens hinaus lähmen. Bilateralen Handel für Deutschland zu erzwingen, bedeutete nichts anderes als eine Blockade zu Friedenszeiten, wodurch die alliierten Mächte die Importe und Exporte Deutschlands überwachen und kontrollieren konnten. Diese Maßnahme ging nach hinten los. Die Große Depression und der Zusammenbruchs des internationalen Goldstandards zwischen 1931 und 1936 gingen auf die erzwungene Beseitigung der multilateralen Finanzierung des Welthandels über goldgedeckte Handelswechsel (real bills) zurück.
Der Goldstandard bracht nicht aufgrund seines "kontraktionistischen Wesens" zusammen - wie Keynes unterstellte. Er brach zusammen, weil sein Clearingsystem, der Wechselmarkt, blockiert war. Sinkende Preise in den 1930ern waren nicht die Ursache der Großen Depression: Sie waren die Wirkung. Die Ursache waren sinkende Zinssätze. Übrigens wurden die sinkenden Zinssätze wiederum durch die illegale Einführung von "Offenmarktinterventionen" durch die US-Notenbank im Jahr 1921 verursacht - die Zentralbank zahlt Bestechungsgelder, in Form risikoloser Profite, an Anleihespekulanten, damit sie die Anleihepreise in schwindelnde Höhen bieten.
Frage: Bis zu welchem Grad müsste Geld durch Gold "gedeckt" sein?
Antwort: Die Real Bills Doctrine ist hier der Schlüssel zur Frage. In einem Quartal gibt es im Durchschnitt 75 Geschäftstage. Deswegen wird an einem Geschäftstag im Durchschnitt ein Fünfundsiebzigstel, sprich 1 1/3 Prozent , der ausstehenden real bills in Gold fällig. Jederzeit muss also ausreichend Gold zur Verfügung stehen, um die Wechsel bei Fälligkeit zu begleichen; mehr, wenn der Diskontsatz steigt, weniger, wenn er sinkt. In normalen Zeiten müsste den Handelsbanken bei gewöhnlichem Geschäftsverlauf genug Gold zufließen, mit dem sie die fällig werdenden Wechsel bezahlen können. In unnormalen Zeiten gehen die Banken an den Wechselmarkt und verkaufen mit Abschlag eine ausreichende Menge Wechsel aus ihren Portfolios, um Gold aufzubringen.
Das dürfte kein Problem sein: Eine fällig werdende real bill ist die ertragreichste Anlage, die eine Handel- und Geschäftsbank besitzen kann. Irgendwo auf der Welt wird es immer Handelsbanken geben, die mehr als genug Gold haben. Die werden alles versuchen, um an ertragbringende Anlagen zu gelangen. Bis zur Fälligkeit steigt der Wert der real bills mit jedem Tag. Sie verkörpern den "sich selbst-liquidierenden Kredit". Der Verkauf der entsprechenden Handelsware an den Endverbraucher sorgt für die erforderlichen Geldmittel, um die Wechsel zu liquidieren.
Frage: Was passiert, wenn ein Land kein Gold in den Tresoren hat?
Antwort: In einem solchen Land wird nun der Diskontsatz steigen. Zeigt sich eine positive Differenz zwischen den geltenden Diskontsätzen zweier Länder, so verbessern sich die Handelbedingungen zugunsten des Landes mit dem höheren Satz. Es hat niedrigere Barpreise für seine Exporte zu bieten, während es niedrigere Preise (insgesamt 91 Tage) für seine Importe zu zahlen muss. Das bedeutet, dass dieses Land das Gold für seine Exporte 91 Tage vor dem Zeitpunkt bekommt, an dem die in Gold zu begleichenden Wechsel für die Importe des Landes fällig werden. Zusätzlich wird der höhere Diskontsatz für einen Zufluss kurzfristigen Kapitals sorgen, mit dem sich Exporte und Importe besser finanzieren lassen. Wir dürfen dabei nicht vergessen, dass Importe nicht durch Exporte, nicht durch Gold finanziert werden. Gold ist dazu da, das Land durch vorübergehende Ungleichgewichte zu bringen.
Sollte diese Hilfe nicht ausreichen, um mit der Goldknappheit zurechtzukommen, so müssen die Verbraucher - um essen, sich kleiden und im Winter wärmen zu können - in ihre Taschen greifen und die Goldmünzen herausholen, damit die Wechsel für ihre Importe bei Fälligkeit beglichen werden können.
Wichtig ist also Folgendes: Ein Goldknappheit muss nicht zu Mangel und Not führen - dank des Diskontsatz-Mechanismus herrscht ein sich selbst-korrigierender Zustand.
Frage: Für August haben Sie die Eröffnung einer Schule in Budapest angekündigt, die Sie die New Austrian School of Economics nennen. Warum neu? Warum österreichisch? Warum in Ungarn?
Antwort: Die Austrian School of Economics begann mit Carl Menger (1840-1921), der aus Österreich-Ungarn stammte und der, wie Isaac Newton, die Grabinschrift humanis generis decus (Stolz des Menschengeschlechts) verdient. Die ersten Mitglieder der Schule (z.B. Menger persönlich) waren allesamt große Geldwissenschaftler, denen die Vorstellung einer nichteinlösbaren Währung verhasst war. Keynes prägte die Idee, der Goldstandard sei ein "barbarisches Relikt" und müsste abgeschafft werden. Durch Bestechung und Erpressung wurden die Hochschulen dazu gebracht, die neue Doktrin hochzuhalten, während die Österreichische Nationalökonomie verkümmerte.
Als der intellektuelle Bankrott des Keynesianismus offensichtlich wurde (er stellte alles auf den Kopf, indem er die Tugend der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit geißelte und die Sünde der Verschwendung in den Himmel hob) kam es gerade in den Vereinigten Staaten zu einer Renaissance der Österreichischen Schule, die sich für Vernunft und die Rückkehr zum Goldstandard ausspricht. Die "amerikanischen Österreicher" wehren sich jedoch vehement gegen die Real Bills Doctrine von Adam Smith - aus doktrinären Gründen, da sie dem Heiligsten des Heiligen - der Geldmengentheorie - widerspricht. Sie verstehen nicht, dass der Umlauf der goldgedeckten Wechsel spontan verläuft und dass seine Unterdrückung nichts anderes als der unberechtigte Eingriff in das Funktionieren des freien Marktes ist. Sie erkennen den Unterschied zwischen Diskontsatz (Erträge aus Goldwechseln, real bills) und dem Zinssatz (Erträge aus Goldanleihen) nicht.
Das war auch der Grund, warum ich meine Schule gründete - in Ungarn, wo ich lebe. Es wäre ein Desaster, würden die amerikanischen Österreicher ihren “100%-Goldstandard“ wirklich umsetzen können. Er würde das erste Weihnachtsgeschäft nicht überleben. Die Märkte würden sich festfressen und der Goldstandard würde zum zweiten Mal in einen schlechten Ruf geraten.
Zu Zeiten Mengers waren Österreich und Ungarn eine Doppelmonarchie, man teilte sich nicht nur einen Monarchen, man teilte auch ein wissenschaftliches und kulturelles Erbe.
Frage: Warum ein Goldstandard? Warum nimmt man nicht einen Korb aus Edelmetallen oder anderen handelsfähigen Rohstoffen, der dann als standardisierte Werteinheit funktioniert?
Antwort: Amerikanische "Gelddoktoren" haben die Angewohnheit, Gold lächerlich zu machen, indem sie es mit gefrorenen Schweinebäuchen vergleichen. Furchtbar aber wahr: Seitdem Gold aus dem monetären Paradies verstoßen wurde, werden gefrorene Schweinebäuche und Gold am selben Ort gehandelt. Hier zeigt sich eine Mentalität, die Gold (bestenfalls) als nur einen unter vielen verschiedenen, handelsfähigen Rohstoffen betrachtet und die in einem Korb mit einer breiteren Auswahl auch die bessere monetäre Reserve sieht.
Diese Position ist falsch und Wunschdenken der amerikanischen "Gelddoktoren" - Gold ist nicht gleich gefrorene Schweinebäuche. Aus folgendem Grund: Der Grenznutzen, des Ersteren sinkt langsamer als der der Letzteren. Tatsächlich sinkt der Grenznutzen von Gold langsamer als der irgendeines sonstigen Rohstoffes (oder Rohstoffkorbes). Und das macht Gold auch zu dem, was es ist: Das monetäre Metall par excellence. Deswegen ist Gold auch die einzige monetäre Anlage, die nicht in den Bilanzen anderer als Verpflichtung auftaucht.
Übrigens gibt es zwei Geldmetalle: Gold und Silber. Andere Edelmetalle wie Platin und Palladium sind keine Geldmetalle. Was die Edelmetalle trennt, ist deren Stock-Flow-Verhältnis. Bei den Geldmetallen ist es hoch, bei den anderen Edelmetallen nur ein Bruchteil.
Frage: Aus geschichtlicher Sicht, so meinen Kritiker, dümpelte die Weltwirtschaft unter dem Goldstandard nur so dahin, der Handel lief schleppend, technologische und therapeutische Innovationen gab es nicht, kurzum: Der Goldstandard hat noch nie gut funktioniert. Was sagen Sie dazu?
Antwort: Diese Behauptung ist einfach nur das Gegenteil von Wahrheit. Die große Zeit des Goldstandards waren die 100 Jahre zwischen 1815 (dem Ende der napoleonischen Kriege) und 1914 (dem Ausbruch des 1. Weltkrieges). Das war das Zeitalter der transkontinentalen Eisenbahnstrecken, des interkontinentalen Frachtverkehrs; es war die Zeit, als alle wichtigen Erfindungen gemacht wurden, die das Zeitalter der Elektrizität, des Verbrennungsmotors, der Luftfahrt, der drahtlosen Kommunikation, der Röntgenstrahlen etc. in Gang brachten. Die Finanzierung dieser Endeckungen als auch deren Anwendung in Transport, Telekommunikation und Therapeutik wären ohne den Goldstandard und die unterstützende Wirkung auf die Kapitalakkumulation nicht möglich gewesen.
Frage: Die Einführung eines Goldstandards scheint heute kaum möglich zu sein, schaut man auf die gigantischen Mengen Neugeld, die in die Weltwirtschaft fließen. Wie könnte der Goldstandard mit so etwas fertig werden?
Antwort: Das würde er nicht. Der neue Goldstandard würde zuschauen, wie sich das System der nichteinlösbaren Währung selbst zugrunde richtet und in den eigenen Säften aus überschüssigem Fiat-Geld kocht. Wenn dieses System nicht mehr dafür sorgen kann, dass den Menschen Nahrung und andere notwendige Dinge geliefert werden, wenn es der Mehrheit der Bevölkerung keine Arbeitsplätze mehr verschaffen kann - dann wird der Goldstandard plötzlich und spontan wieder in Leben zurückspringen. Menschen müssen essen und sie haben andere Bedürfnisse. Sie müssen arbeiten, um zu verdienen und leben zu können. Der Welt wird einleuchten (meist völlig unerwartet), dass Gold seinen Platz an der Sonne hat. Gold ist der feste Kapitalkern, der weder durch Inflation noch durch Deflation zerstört werden kann, der alle Bilanzkonsolidierungen überleben wird. Gold steht im Zentrum des Heilungsprozesses der Weltwirtschaft, der Überleben ermöglicht.
Frage: Ist der Goldstandard die ultima ratio zur Heilung menschlicher Schwächen - z.B. des Glaubens, man könne Vermögen vervielfachen, indem man unbegrenzt Geld druckt? Denken Sie nicht auch, dass es niemals eine Zentralbank geben wird, die den Gutmensch-Politikern die Stirn bietet?
Antwort: Friedrich Hayek, der mit dem Nobelpreis ausgezeichnete Ökonom der Österreichischen Schule, dachte so. Er sagte, man bräuchte den Goldstandard nur, weil die Regierungen dazu neigen, Ausgaben zu machen, die sie sich nicht leisten können.
Das glaube ich nicht. Ich sehe Gold überall, unabhängig von der staatlichen Ausgabefreudigkeit. Selbst ohne einen Goldstandard spielt Gold eine Rolle bei der Bildung von Preisen, Löhnen, Mieten, des Zinses. Gold hilft, die Balance zwischen kurzfristiger und langfristiger Zufriedenstellung zu halten; es determiniert die Grenzproduktivität von Kapital und Arbeit. Es ist wie Luft - man sieht sie nicht und trotzdem ist sie da - ohne sie gibt es kein Leben.
Man braucht einen Maßstab, um Wert messen zu können. Gold ist der Grundstoff, aus dem dieser Maßstab gemacht ist.
Frage: Auch in der Vergangenheit sind Staaten Bankrott gegangen - einige sogar wiederholt wie zum Beispiel im alten Athen und Rom oder im Frankreich des 17. und 18. Jahrhunderts. Daran sieht man erstens, dass so etwas auch unter einem Goldstandard passieren kann. Man sieht zweitens, dass die herrschenden Mächte immer auch Beschränkungen im Bereich Münzprägung oder Banking umgehen können, wenn sie glauben, es herrsche Goldmangel. Was lässt Sie daran glauben, dass ein zukünftiger Goldstandard hier erfolgreicher sein kann und über einen längeren Zeitraum hinweg bestehen wird?
Antwort: Es gibt keine allgemeingültige Regel, die genau besagt, in welchem Umfang sich selbst-liquidierendem Kredit aufgebaut werden darf, so dass er durch eine bestimmte Gewichtseinheit in Gold immer noch sicher gedeckt ist. Verbesserungen bei den Clearing-Techniken, wie schon jene in der Telekommunikation, im Frachtverkehr und im Bereich Lagerwesen, werden die ausstehende Kreditmenge vergrößern, wobei es aber keinen entsprechenden Anstieg der Goldmenge gibt, die diese Kredite trägt. Und eben diese Eigenschaft macht Gold auch zum ultimativen Schuldenlöscher. Es ist einfach nicht wahr, dass der Goldstandard die Wirtschaft "kontraktionistisch" einschränkt und dass die herrschenden Mächte deshalb berechtigt wären, diese Fessel zu sprengen.
Es gibt keinen Goldmangel: Mit Blick auf das Stock-Flow-Verhältnis ist Gold die allerreichlichste Substanz auf dieser Welt. Aber damit der Goldstandard Bestand haben kann, müssen die Menschen dem staatlichen Versprechen, wirklich Gold auszuzahlen, vertrauen können. Wird dieses Vertrauen gestört, versucht Gold tendenziell unterzutauchen und dann könnte das System zusammenbrechen. Um dieses Problem zu lösen, muss der Staat das Vertrauen zu seinen Untergebenen unbedingt aufrechterhalten.
Frage: Was denken Sie von der Art und Weise, wie Regierungen in Hinblick auf die Große Finanzkrise, die Griechenland-Krise, die Euro-Krise sowie andere, gerade entstehende Krisen vorgehen? Wie lange können die Regierungen die "Schuldenfeuerstürme" noch eindämmen? Können sie mit einem Neuschuldenschauer gelöscht werden?
Antwort: Die Regierungen der industrialisierten Länder tragen die volle Verantwortung dafür, dass die Welt an diesem Krisenabgrund gebracht wurde - der größten Finanz- und Wirtschaftkrise, die es jemals gegeben hat. Eigentlich hätten sie in Anerkennung ihrer Schuld ihre Ämter niederlegen müssen. Und neue Regierungen, ausgerüstet mit besseren ökonomischen Theorien, müssten das Steuer übernehmen und Lösungen finden. Stattdessen halten sie verbissen an der Macht fest. Ihre Ursachenanalyse der Erkrankung ist fehler- und schadhaft; als Heilungsansätze empfehlen sie nur die alten Patentlösungen - unglaublich unpassend, nein, kontraproduktiv.
Nehmen wir das Beispiel des extrem schnell wachsenden Schuldenturms: Die große Finanzkrise, die Griechenland-Krise und all die Währungskrisen, die sich immer noch im Entstehungsprozess befinden, sind Teil ein und desselben Problems - nämlich des Schuldenproblems. Und das geht zurück auf das Jahr 1971. Am 15. August dieses schicksalhaften Jahres scheiterten die internationalen Goldverpflichtungen der USA. Und jetzt droht der Schuldenturm zusammenzubrechen und die Weltwirtschaft unter den Trümmern zu begraben.
Der Grund für das exponentiale Schuldenwachstum auf der Welt ist das Fehlen eines ultimativen Schuldenlöschers seit 1971. Die Gesamtverschuldung der Welt kann nur wachsen, nie schrumpfen. Wir sollten uns besser daran erinnern, dass Gold seit undenklichen Zeiten erfolgreich als ultimativer Schuldenlöscher funktionierte - bis es dann 1971 aus dem Geldsystem verbannt wurde. Schuldenrückzahlung in Gold löschte diese Schulden - Punkt. Seit 1971 gaben die Regierungen immer wieder vor, Schuldbegleichung in US$ würde diese Schulden ebenfalls löschen. Doch dem war in Wirklichkeit nicht so. Schulden wurden nur vom Schuldner zur US-Regierung transferiert und stetig akkumuliert. Schuldentransfer ist nicht dasselbe wie Schuldenlöschung. Die Akkumulierung von Schulden besitzt ein natürliches Limit. Dieses Limit wurde jetzt erreicht.
Ihre Beschreibung des Schuldenturms als Feuersturm trifft es. Die Regierungen der führenden Industrieländer werden nicht in der Lage sein, den von ihnen ausgelösten Feuersturm einzudämmen. Sie kippen nur weiter Öl in Feuer.
Frage: Wie wird sich die aktuelle Situation weiterentwickeln? Denken Sie, die Lösung wird in Form einer Hyperinflation oder -deflation anstehen?
Antwort: Man muss mit diesen Begriffen vorsichtig sein. Inflation wie auch Deflation bedeuten Vermögenszerstörung aufgrund der Zerstörung von Verpflichtungen - im ersten Fall durch Abwertung, im zweiten durch Ausfall. Aber auch das gleichzeitige Auftreten beider Formen ist möglich.
Aber wenn ich Ihre Frage beantworten muss, dann stellen Sie mich in die Deflationsecke. Überall gibt es Anzeichen für Deflation. Ganze Flüsse aus Neugeld schaffen es nicht, die sinkenden Preise und Zinssätze umzudrehen. Das Vertrauen in Zahlungsversprechen löst sich in Luft auf. Die Banken vertrauen sich gegenseitig nicht beim Tagesgeld. Papiergold wird in die Kehlen derer gestopft, die eigentlich physisches Gold wollen. Schlimmer noch, das schwindende Vertrauen hat die Phase der Ansteckung erreicht. Papiervermögen löst sich vor unseren Augen auf. Der Dominoeffekt greift um sich: Der Zusammenbruch einer Firma bringt den einer anderen mit sich. Am erschreckendsten ist die sinkende Zahl der Arbeitsplätze. Das wird zu einem Zusammenbruch von Recht und Ordnung führen. Die Regierungen sind komplett unvorbereitet und denken, um weitere Schrumpfungen zu verhindern, wäre es allein mit Gelddrucken getan - wofür sie schließlich auch spitzenmäßig ausgestattet sind.
Frage: Die Antwort auf die nächste Frage wird unsere Leser sicher sehr interessieren. Sind Sie in Gold, Silber und anderen Edelmetallen investiert? Und würden Sie diese zu den jetzt schon recht hohen Preisen noch kaufen?
Antwort: Mich stört ein wenig, wie Sie das Wort "investieren" gebrauchen. Nach meiner Denkweise ist der Erwerb von Geldmetallen keine Investition, sondern eher so etwas, wie der Abschluss eine Versicherung. Ich denke nicht, dass andere Edelmetalle (oder eben Steine) eine gute Investition sind. Was die Geldmetalle, Gold und Silber, angeht, so wäre man gut beraten, jeden Monat routinemäßig hinzu zu kaufen, ungeachtet der Preise. Seine Edelmetallbestände sollte man wie eine Versicherungspolice gegen Feuer betrachten. Wenn Sie die nie in Anspruch nehmen müssen, umso besser.
Optimalerweise würde man sich bei der Bewertung seiner Anlagen nicht nach dem Dollarpreis richten sondern nach dem Goldäquivalent. Man würde also seine Bilanz (auf der Aktiv- wie auch Passivseite) nicht nach Dollar- oder Euroeinheiten führen, sondern nach Goldeinheiten (Unzen oder Gramm). Es erfordert Selbstdisziplin, aber es ist der einzige Weg, nicht immer wieder das eigene Gesicht tückischerweise in einem Zerrspiegel betrachten zu müssen. Die optische Verzerrung könnte leicht in geistige Verzerrung übergehen.
Frage: Ich würde gerne zur abschließenden Frage kommen. Wo denken Sie wird der Goldpreis in US-Dollar oder Euro innerhalb der nächsten 3 bis 5 Jahre liegen?
Antwort: Tut mir leid aber ich habe mich nicht der Hellseherei verschrieben. Ich denke, ich würde meinen Ruf als Wissenschaftler auf Spiel setzten, wenn ich es wage, diese Frage zu beantworten. Und übrigens denke ich nicht, dass mich das so sehr interessieren würde. Vermutungen hinsichtlich der zukünftigen Goldpreise gibt es wie Sand am Meer.
Die passendere - und interessantere Frage - wäre, ob es den Dollar und den Euro noch in 3 bis 5 Jahren geben wird. Beim Euro bin ich mir nicht so sicher, aber ich denke, den Dollar wird es in drei Jahren definitiv noch geben. 5 Jahre? Vielleicht nicht, es würde mich aber auch nicht wundern, wenn sich die Durchhaltekraft des Dollars auch noch über fünf Jahre hinaus erstrecken würde.
Es ist gefährlich, die Stärke des Giftes zu unterschätzen, mit dem man leben und arbeiten muss.
Interviewer: Vielen Dank für dieses Gespräch.
Professor Fekete: Vielen Dank, dass ich meine Ansichten zum Ausdruck bringen konnte.
© Antal E. Fekete
Professor of Money and Banking San Francisco School of Economics
aefekete@hotmail.com
Dieser Artikel wurde am auf www.gold-eagle.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.