Interview mit James Turk: Spitzengelegenheiten bei Gold und Silber (Teil I)
08.02.2012 | The Gold Report
James Turk, Gründer und Vorsitzender von GoldMoney, weiß, wie man gute Geschäfte mit Gold und Silber aufspürt. Seiner Meinung nach hat Gold schon in der ersten Januarwoche seine Talsohle für 2012 erreicht. Wenn das Jahrestief schon hinter uns liegt und er mit seiner Einschätzung, dass Gold in den kommenden drei Monaten die 2.000 $-Marke erreichen wird, richtig liegt, dann können Sie sich ausrechnen, was folgen kann. "Gold ist viel zu billig.", meint er in diesem Exklusivinterview mit dem Gold Report.
The Gold Report: Mr. Turk, was führt Sie zu der Annahme, dass Gold für 2012 schon sein Jahrestief erreicht hat? Immerhin war 2011 ein sehr volatiles Jahr und der Sommer gilt zudem als saisonal schwache Zeit für den Goldpreis.
James Turk: Der Start in dieses Jahr war ungewöhnlich. Normalerweise ist das letzte Quartal des Jahres von saisonaler Stärke geprägt. Die gab es aber nicht. Beim Silber stecken wird seit dem April-Hoch 2011 in einer Korrektur. Im Sommer erreichte dann Gold sein Hoch, was sehr ungewöhnlich war. Die Metalle haben sich dann praktisch seitwärts bewegt. Nach dem Ende der Korrektur ist der Wert aber wichtiger als die Saisonalität. Gold und Silber sind im Moment eindeutig gute, unterbewertete Vermögensanlagen.
Der andere Faktor sind die anhaltenden Probleme im Finanzsystem. Die europäischen Banken stehen immer noch auf der Kippe, auch viele US-Banken befinden sich in einer ähnlichen Situation. Währungsfragen - auch die Frage, ob der Euro überleben wird - und das ständig aktuelle Problem der Staatsschulden werden dafür sorgen, dass sich die Menschen für Edelmetalle interessieren. Ich hatte Folgendes gesagt: Der Goldpreis hat sein Tief in der ersten Januarwoche erreicht, und je länger ein weiteres Tief ausbleibt, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass im Januar tatsächlich das Jahrestief markiert wurde.
The Gold Report: Die von Ihnen beschrieben Probleme existierten aber auch schon letzten Sommer, warum kam die saisonale Stärke gegen Ende 2011 trotzdem nicht zum Tragen?
James Turk: Interessant an den Märkten ist doch, dass nicht immer alles völlig gleich funktioniert. Man muss darauf entsprechend reagieren und schauen, wie sich die Dinge zukünftig entwickeln werden. Und das ist auch der Grund, warum ich davon ausgehe, dass das Jahrestief schon erreicht wurde.
The Gold Report: In einem Interview sagten Sie kürzlich erst, Sie könnten sich vorstellen, dass Gold in den nächsten drei Monaten über die Marke von 2.000 $/ oz steigt. Mit Blick auf die ganzen monetären Probleme - zu denen auch andere, neue Sorgen kommen - stellt sich also die Frage, warum der Goldpreis in so kurzer Zeit derart steil in die Höhe schießen sollte. Also, was könnte eine solche Kursbewegung auslösen?
James Turk: Welches Ereignis das sein wird, kann ich nicht sagen, aber ich beobachte die Charts und die Markttechnik, um einen Hinweis darauf zu bekommen, wann es losgehen könnte. Allein die Tatsache, dass wir seit mehreren Monaten in einer Korrektur stecken, ist ein Hinweis darauf, dass etwas passieren wird. Ob das am Ende nun der Bankrott einer Bank sein wird, ein Problem mit dem Euro oder einer europäischen Bank, das kann man nicht so genau sagen. Was auch immer kommt, es schlägt sich an den Märkten nieder. Es ist praktisch so, als würde man am Strand den Fußstapfen im Sand folgen, die in eine bestimmte Richtung führen. Die Charts und die Umstände sagen mir, dass beim Gold dieses Jahr ein großer Preissprung zu erwarten ist.
The Gold Report: Und im Anschluss daran würde es sofort eine Korrektur geben?
James Turk: Nicht unbedingt, denn irgendwann ist auch der Punkt erreicht, an dem Währungen zusammenbrechen. Und dann wird es keine Korrektur mehr beim Gold geben. Dann geht es nur noch nach oben.
The Gold Report: Sie sehen also in den nächsten Monaten Währungszusammenbrüche auf uns zukommen?
James Turk: Nein, das nicht. Aber sie werden irgendwann kommen. Es könnte in den nächsten Monaten passieren, es könnte aber auch erst in den nächsten Jahren passieren. Wir befinden uns in einer Bubble - in keiner Gold-Bubble, sondern in einer Bubble der Fiat-Währungen. Der Glaube, Fiat-Währungen hätten Wert, wird auf den Prüfstand kommen. Und ich denke, dass die Fiat-Währungen, die allein durch staatliche Versprechen gedeckt sind, zusammenbrechen werden. Ich glaube, dass Gold wieder einen zentralen Platz im Welthandel einnehmen wird.
Wenn es soweit ist, wird es aller Voraussicht nach eine explosive, direkte Aufwärtsbewegung geben. Das könnte in drei Monaten passieren oder in drei Jahren. Man sollte beobachten und Monat für Monat einschätzen, wie es gerade läuft und wo wir stehen. Versuchen Sie sich nicht am Goldmarkt-Trading. Bauen Sie weiterhin Ihre Gold- und Silberbestände aus, und am Ende werden Sie damit sehr, sehr glücklich sein.
The Gold Report: Sie sagten auch, Sie sähen eine Hyperinflation in den USA kommen, wobei Sie die Währungen der Weimarer Republik, Argentiniens und Zimbabwes als Beispiele zitieren. Aber keine dieser Währungen diente jemals als Weltreservewährung, wie der US-Dollar heute. Würde die Welt es denn zulassen, dass der US-Dollar Opfer der Hyperinflation wird?
James Turk: Die Welt kann ja gar nichts dagegen tun. Der Sekretär von Präsident Nixon, John Connally, hat es perfekt in Worte gefasst, als er einem seiner europäischen Amtskollegen Folgendes sagte: "Der Dollar ist unsere Währung, aber Euer Problem.“ Und heute, 40 Jahre später, ist das immer noch so.
Auch heute ist der US-Dollar noch das Problem der Welt, und die US-Regierung unternimmt nichts, dass der Dollar auch der angesehenen Position einer Weltreservewährung gerecht wird. Es gibt kein Druckmittel gegen den US-Dollar, der die US-Regierung dazu bringen würde, den Kurs komplett zu ändern und die richtige Richtung einzuschlagen.
Überall auf der Welt gibt es jetzt Länder, die mehr Gold akkumulieren, für den Fall der Dollar bräche zusammen. Und auch jede Privatperson sollte diesem Beispiel folgen. Auf der ganzen Welt werden Selbstschutzmaßnahmen ergriffen. Zum Beispiel werden bilaterale Handelsverträge ausgehandelt, bei denen der US-Dollar nicht benutzt wird. China hat eine ganze Anzahl von bilateralen Handelsverträgen gemacht, bei denen der Dollar komplett umgangen wird. Indien und - höre und staune - der Iran haben vor Kurzem verlauten lassen, sie werden Gold für ihre bilateralen Transaktionen einsetzen.
The Gold Report: Sie setzten die Welt in Erstaunen, als Sie auf King World News Ihren Gold Money Index erläuterten. Der Index setzt den "fairen Goldpreis" derzeit bei sage und schreibe 11.000 $/ oz an. Bei der Berechnung Ihres Index werden alle Devisenreserven der Zentralbanken durch deren Goldbestände geteilt. Warum werden nur die Devisenreserven in die Berechnung einbezogen und die nicht Gesamtreserven?

James Turk: Weil Gold internationales Geld ist, und dabei soll nur die monetäre Komponente betrachtet werden. Anstatt Goldbestände hin und her zu bewegen, wie damals zu Zeiten des klassischen Goldstandards, nutzen die Zentralbanken heute Fremdwährungen als Geldersatz. Wird aber ein Geldersatz benutzt, so müssten doch Geld und Gold eigentlich gleichwertig sein. Der entscheidende Faktor ist aber nun, dass Gold insgesamt viel zu billig ist. Wenn man also Papiergeld anstatt von Gold akzeptiert, so trifft man die falsche Entscheidung - und das zeigt der Gold Money Index.

Im Index wird also die ehemalige Rolle des Goldes im internationalen Währungssystem wieder hergestellt und sein "theoretischer Wert“ auf Grundlage historischer Fakten nachgezeichnet - was besonders für die 1960er und 1970er gilt, als der Index noch viel besser funktionierte. Über die letzten 20 Jahre hat sich dann aber eine gewaltige Differenz zwischen dem fairen Wert von Gold und seinem tatsächlichen Preis herausgebildet.
The Gold Report: Reicht Ihr Index auch zurück ins Jahr 1900?
James Turk: Es ist schwer, an alle Daten zu kommen, aber die Logik wird im Grunde deutlich. Ich habe auch die Zeit vor 1900 betrachtet, allerdings nicht mit dem Gold Money Index, sondern mit meinem Angst-Index (Fear Index), bei dem das nationale Geldangebot betrachtet wird. Der Angst-Index steht aktuell bei 3%. Das heißt, nur 3% des nationalen Geldangebots sind durch Gold gedeckt. Als Sir Isaac Newton den klassischen Goldstandard erfand, basierte das Geldsystem im Durchschnitt zu 40% auf Gold und zu 60% auf Papier. Wir liegen also weit unterhalb dieser von Newton etablierten Richtlinie - und das ist ein Hinweis darauf, wie unterbewertet Gold im Vergleich zum gesamten heutigen Papiergeld ist.
The Gold Report: Sie meinten eben, zur Berechnung werden Devisenreserven herangezogen, weil sie bei Transfers eine ähnliche Aufgabe übernehmen würden wie Gold zu Zeiten des Goldstandards. Aber gab es den Goldstandard nicht auch deswegen, damit jede Währungseinheit einen Goldanteil verkörperte?
James Turk: Stimmt. Aber beim Angst-Index und beim Gold Money Index wird ja zwischen dem nationalen und internationalen Geldangebot unterschieden. Deswegen meinte ich auch, dass jene 40% im Angst-Index die historische Norm sind.
The Gold Report: Ihr Gold Money Index ist interessant, und auch die Zahl von 11.000 $/ oz erregt viel Aufmerksamkeit; aber vielleicht ist die eigentlich wichtige Frage doch die, ob dieses Verhältnis wirklich relevant ist.
James Turk: Das Verhältnis ist deswegen relevant, weil es noch bis vor 20 Jahren Relevanz hatte. Der faire Preis und der tatsächliche Preis haben sich aufgrund staatlicher Interventionen - also Versuchen, den Goldpreis am Steigen zu hindern - so weit voneinander entfernt. Staaten intervenieren am Goldmarkt aus demselben Grund, aus dem sie auch an anderen Märkten intervenieren. Wenn sie bestimmte Entwicklungen und ihre Folgen nicht mögen, dann versuchen sie das mit Macht zu ändern. Dieser Index bietet nun die Möglichkeit, zu verstehen, wie unterbewertet Gold eigentlich ist.
Der Index ist auch dahingehend relevant, dass er sehr deutlich aufzeigt, dass wir in einer Bubble leben. Wie kann etwas so viele Jahre lang funktionieren und dann ganz plötzlich nicht mehr funktionieren? Weil wir in einer Bubble leben!
The Gold Report: Aber hatte es nicht schon so viele Jahre funktioniert, weil wir einen Goldstandard hatten?
James Turk: Genau. Aber dann wurde der Goldstandard 1971 abgeschafft. Aber selbst in den 1970ern funktionierte das Verhältnis noch. Es funktionierte sogar noch bis in die frühen 1980er. Und dann funktionierte es nicht mehr.
The Gold Report: Das Ungleichgewicht wuchs also erst, als man anfing, Geld zu drucken und die Geldmenge M1 auszuweiten.
James Turk: Ja. Die Merkmale und Qualitäten, die dem Gold Wert gaben und es überhaupt erst zu Geld macht, verschwanden ja nicht einfach, sie wurden nur ignoriert und vergessen. Gold wurde an den Rand gedrängt. In den letzten Jahren wurden diese Merkmale und Qualitäten aber wiederentdeckt; man erkannte, dass Gold sehr, sehr nützlich ist.
Ab einem bestimmten Punkt wird der Goldpreis nur noch steigen und nicht innehalten. Und zwar dann, wenn die Währungen zusammenbrechen. Auch wenn wir nicht genau sagen können, wann das passieren wird, so müssen die Menschen doch zu einem von zwei Schlüssen gelangen. Entweder ist 1.) die Geldgeschichte nicht relevant und das Fiat-Geldsystem wird überleben, oder sie ist 2.) durchaus relevant, und dann haben wir eine Bubble, das Fiat-Geldsystem wird zusammenbrechen, und Gold ist sehr unterbewertet.
The Gold Report: Es besteht wohl kein Zweifel daran, zu welchem Schluss sie gelangt sind. Sie haben ebenso deutlich gesagt, dass Sie zwar nicht genau den Zeitpunkt vorhersagen können, wann die Fiat-Währungen zusammenbrechen werden, oder wann die Hyperinflation einsetzen wird, aber dass Sie erkennen können, auf was das alles hinauslaufen wird. Als scharfsinniger Währungshistoriker könnten Sie uns aber dennoch sagen, wie viel Zeit den ehemals betroffenen Ländern vom Umkipppunkt bis zur totalen Hyperinflation blieb?
James Turk: Wenn der Umkipppunkt erst mal erreicht ist, dann dauert es für gewöhnlich noch ein halbes Jahr, bis die Währung am Ende ist. Um Ihnen ein Beispiel zu geben: 1991 ging ich nach Argentinien, um zu beobachten, was dort passierte. Es schien sich eine Hyperinflation zusammenzubrauen. Die Währung, der Austral, war im Januar in einem Verhältnis von 14:1 an den Dollar gekoppelt, und die Kopplung wurde ausgesetzt. In der ersten Maiwoche, als ich ankam, war der Austral-Dollar-Kurs schon bei 64:1. Als ich das Land gegen Ende der Woche verließ, stand der Kurs bei 96:1; und im Dezember hatte er schon 10.000:1 erreicht. Also war ich genau am Umkipppunkt dort.
Aber jetzt kommt das Interessante. Hyperinflation wird zuerst vom Ausland wahrgenommen, noch bevor man sie im Inland wahrnimmt, was daran liegt, dass man im Ausland wählen kann, ob man die Währung dieses Landes halten möchte. Wenn einem also die Entwicklungen in diesem Land nicht gefallen, dann wird die Währung verkauft und in etwas anderes investiert. Was nun den US-Dollar angeht, so gibt es viele Hinweise darauf, dass der Umkipppunkt international schon erreicht ist, aber noch nicht in den USA selbst, wo die Menschen immer noch in Dollar bezahlt werden und immer noch Dollars ausgeben. Sobald dieser Punkt aber auch auf nationaler Ebene erreicht ist, dauert es sechs Monate, bis die Währung zusammenbricht.
Lesen sie weiter: Teil 2 ...
© Karen Roche
The Gold Report
Sie wollen weitere Gold Report-Exklusivinterviews wie dieses lesen? Schreiben Sie sich beim kostenlosen E-Newsletter ein und erfahren Sie, welche neuen Artikel veröffentlicht wurden. Eine Liste kürzlich erschienener Interviews mit Analysten und Kommentatoren finden Sie bei uns im Bereich Expert Insights.
Dieser Artikel wurde am 01. Januar 2012 auf www.theaureport.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.