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Interview mit James Turk: Spitzengelegenheiten bei Gold und Silber (Teil II)

10.02.2012  |  The Gold Report

Den ersten Teil können sie hier lesen ...

The Gold Report: Da Sie jetzt in London arbeiten und wahrscheinlich einen besseren Einblick in die Entwicklungen rund um den Euro und die Europäische Union haben, wie sehen Sie die Situation in Europa im Vergleich zur USA?

James Turk: Letztes Jahr stand der Euro im Abseits und der Dollar war relativ stark. Noch vor wenigen Jahren stand der Dollar im Abseits und der Euro war relativ stark. Ein berühmter Hedgefondsmanager aus New York sagte einmal: Wenn man heute die Wahl zwischen den Währungen hat, dann ist das eher eine Wahl zwischen Cholera und Pest. Man kann nicht wirklich behaupten, der Dollar sei eine gute Wahl, nur weil der Euro dieses Jahr schwächer ist. Er ist keine gute Wahl. Alle Fiat-Währungen haben ernsthafte Probleme.

Bis zu einem gewissen Grad unterscheiden sich die Probleme, und von einem Moment auf den anderen - anhängig davon, was die unterschiedlichen Zentralbanken gerade machen und in welche Richtung die Investorenstimmung läuft - kann es relative Stärke bei der einen oder der anderen Währung geben. Aber alle sinken im Vergleich zu Gold. Wenn man also vor der Frage steht, in welcher Form man seine Liquidität halten sollte, dann muss man einfach physisches Gold als eine der besten Möglichkeiten in Betracht ziehen. Ganz einfach deshalb, weil es sich im letzten Jahrzehnt im Vergleich zu den großen Weltwährungen so gut entwickelt hat.


The Gold Report: Sie haben immer wieder gesagt, dass jeder, der Edelmetalle möchte, auch wissen sollte warum. Ihrer Ansicht nach will man entweder von den Preissteigerungen bei Gold und Silber profitieren - in diesem Fall könnte man sich für Einrichtungen wie ETFs entscheiden. Oder man möchte das Kontrahentenrisiko komplett ausschließen - das heißt man braucht Sachanlagen. Einer der wichtigsten Beweggründe für den Kauf von Edelmetallen ist heutzutage der Absicherungsfaktor. Fällt denn auch der Schutz vor Währungsentwertung in einer dieser beiden Kategorien?

James Turk: Das fällt in die Kategorie "Sachanlage“. Wenn man Gold oder Silber als eine Art Versicherung hält, dann hat man felsenfeste Anlagen mit einer Geschichte von mehreren tausend Jahren. Komme, was wolle - sie werden auch in der Zukunft noch Wert haben.


The Gold Report: Der typische Ratschlag für Menschen, die Gold als Versicherung halten wollen, sind 10% des Vermögens in Gold. Unter so volatilen Umständen wie jetzt wären vielleicht sogar 20% keine schlechte Idee. Aber Sie sind da noch viel offensiver.

James Turk: Das bin ich. Aber jeder Mensch hat seine eigenen Lebensumstände, pauschale Verallgemeinerungen fallen mir da eher schwer. Ich habe aber meine allgemeine Leitlinie: Je älter man ist, desto konservativer sollte man sein - d.h. umso mehr Gold sollte man haben. Als Faustregel kann man sein eigenes Alter heranziehen. Wenn man 20 ist, könnte man vielleicht 20% seines Portfolios in Gold halten und den Rest in riskanteren Anlagen, weil einem noch Zeit bleibt, Vermögen aufzubauen. Wenn man aber schon älter ist, sollte man eher konservativ sein. Und „konservativ sein“ heißt unter diesen Umständen, physisches Gold zu besitzen. Wenn man 60 ist, sollte man eher 60 % seines Portfolios in Gold halten.


The Gold Report: Wer heute an Gold denkt, sieht zuerst die Spitzengewinne - in den USA waren es durchschnittlich 17% pro Jahr. Was ist aber mit Anlegern, die sagen: "Aha, ich werden in Gold investieren, weil ich bessere Gewinne erziele als bei Aktien."? Ist das die falsche Betrachtungsweise?

James Turk: Nein, das nicht. Man muss aber auch begreifen, dass mit Gold kein Vermögen geschaffen wird. Es hat keinen Cashflow, es hat keine Unternehmensleitung und es hat kein Kurs-Gewinn-Verhältnis. Es ist nur eine sterile, physische Anlage. Gold erzeugt nicht einmal einen echten Gewinn. Wenn man beim Gold von Gewinnen redet, dann redet man eigentlich vom US-Dollar, der seine Kaufkraft verliert. Für eine Unze Gold kann man immer noch dieselbe Rohölmenge kaufen wie vor 60 Jahren. Das eigene Vermögen wurde dabei nicht vermehrt. Das Gold hat im Grunde nur über diese Zeit hinweg die eigene Kaufkraft bewahrt.

Auch wenn der Goldpreis steigt - und das sogar mit durchschnittlich 17,7% jährlich über die letzten 11 Jahre betrachtet - so erschafft es kein Vermögen. Es nimmt nur das Vermögen, das schon existiert und das Menschen haben, die über Fiat-Geld verfügen. Dieses Vermögen geht an die Menschen über, die Gold haben. Doch an sich ist Gold keine Anlage, die Vermögen oder Mehrwert schafft. Aus dem Gold erwächst nichts.





The Gold Report: Viele haben in ihren Portfolios aber auch Finanzinstrumente, mit denen zum Beispiel die Aktienindizes nachgebildet werden; und diese erzeugen auch kein Vermögen oder Mehrwert, trotzdem erzeugen sie Gewinne.

James Turk: Wenn diese Instrument Aktienindizes nachbilden, dann erzeugen sie auch Vermögen. Denn wenn die eigentlichen Aktien steigen, dann steigt auch das, womit die Aktien nachgebildet werden. Steigen die Aktien in diesen Indizes, erhöht sich das Vermögen in der Welt, weil Cashflow generiert wird. Ein Unternehmen erschafft bestimmte Güter und Dienstleistung, welche den Menschen von Nutzen sind, und die Menschen sind bereit, ihr hart verdientes Geld einzusetzen, um diese Güter und Dienstleistungen zu kaufen. Die Firma wächst letztendlich und folglich wird dabei Vermögen/ Wohlstand geschaffen.


The Gold Report: Da wir gerade von Aktien sprechen: Welche Rolle spielen die Goldaktien? Sie meinten, dass man bei der prozentualen Berechnung des Goldanteils im eigenen Portfolio an sein Alter denken sollte. Jemand ist, sagen wir, 50. Wären das dann nur 50% physisches Gold oder könnten auch Goldaktien dabei sein?

James Turk: Goldaktien sind nicht mit Gold gleichzusetzen. Goldaktien sind Investitionen. Physisches Gold ist Geld. Ein Portfolio besteht aus zwei Komponenten. Bei der Anlagekomponente geht es hauptsächlich um Risiko vs. Gewinn. Die monetäre Komponente sorgt hingegen für Liquidität. Wenn man eine Anlage verkauft, hat man Liquidität - ob nun Gold, eine Landeswährung oder einen Mix. Diese Liquidität hält man zurück, bis man sie wieder einsetzten will - sprich, um die nächste Anlage oder Güter und Dienstleistungen zu kaufen.

Aber Bergbauaktien unterscheiden sich grundlegend vom Gold. Das Unternehmen, in das man investiert, hat eine Bilanz. Es hat eine Unternehmensführung. Höhere Gewalt kann zum Beispiel eine Mine zerstören. Es gibt politische Risiken und andere Faktoren, die im Bereich des Bergbaus zu bedenken sind. Natürlich ist auch das eine Möglichkeit, Vermögen zu schaffen - wenn man die richtigen Aktien wählt, erhält man einen Gewinn. Es ist auch richtig, dass diese Aktien auf die Goldpreisentwicklung reagieren - wenn der Goldpreis steigt, werden die Aktien möglicherweise auch steigen. Aber auch dafür gibt es keine Garantie.

Und man darf nicht vergessen, dass Goldbergbauaktien Investments sind. Und Gold ist Geld. Die Frage ist also: Will man Liquidität oder will man eine Investition?


The Gold Report: Und wenn man nun investieren will …was halten Sie von Goldaktien? Man trägt dabei natürlich die zusätzliche Risiken, die Sie schon angesprochen haben, aber gar kein so hohes Kontrahentenrisiko.

James Turk: Ich bin durchaus Optimist mit Blick auf die Bergbauaktien, weil ihr Bärenmarkt meiner Ansicht nach schon vor einigen Jahren zu Ende ging. Wir testen nur wieder die zuvor erreichten Tiefs, und mit Blick auf die von mir erwarteten Preissteigerungen bei Gold und Silber, werden die Bergbauaktien meiner Meinung nach auch anziehen.

Wenn man die richtigen Minenwerte gewählt hat, dürften diese prozentual sogar stärker steigen als der Goldkurs. Denn mit steigenden Goldpreisen verbessern sich auch die Unternehmensergebnisse, die Gewinnspannen steigen und am Ende schlägt sich das in einem höheren Kurs-Gewinn-Verhältnis nieder, weil der Markt spürt, dass dies ein großer Bullenmarkt ist. Die steigenden Gewinne und der generierte Cashflow werden möglicherweise dafür sorgen, dass das Unternehmen später beispielsweise die Dividenden erhöht.

Aber wie ich schon am Anfang unseres Gesprächs sagte: Die Märkte funktionieren interessanterweise nicht immer völlig gleich. Auch wenn die Minenwerte im Umfeld steigender Goldpreise eigentlich stärker steigen sollten, passiert das eben nicht immer. In den letzten 10 Jahren hat sich Gold sehr gut entwickelt, aber die Bergbauaktien haben sich im Grunde kaum bewegt.


The Gold Report: Ein Thema auf der Vancouver Resource Investment Conference war ja auch, dass Goldaktien eben aus diesem Grund wirklich gute Investitionen seien. Man könne sie jetzt sozusagen zu Schnäppchenpreisen erstehen.

James Turk: Ich stimme voll und ganz zu.


The Gold Report: Auch beim Silber sind Sie optimistisch. Wie es scheint, erwarten Sie sogar, dass das Gold-Silber-Verhältnis wieder auf sein historisches Niveau sinkt.

James Turk: Beim Silber bin ich sehr optimistisch, aber nicht wegen des Verhältnisses. Das Verhältnis ist im Grunde nur der äußere Maßstab, der benutzt wird, um zu zeigen, wie unterbewert Silber im Verhältnis zu Gold ist. Die Fundamentaldaten sagen mir, dass Silber sehr billig ist - mit Blick auf die Einflussgrößen bei Angebot und Nachfrage, so wie sie sich mir darlegen.





The Gold Report: Wir haben minimales Wachstum in Europa und den USA, wenn überhaupt. Zudem scheint kaum einer zu bezweifeln, dass sich das Wirtschaftswachstum in China abschwächt. Da sich die Weltwirtschaft nun in Zeitlupe bewegt und Silber eben ein Industriemetall ist, was genau macht Sie dann so optimistisch in Bezug auf Silber? Welche fundamentalen Einflussgrößen werden den Silberpreis in die Höhe treiben?

James Turk: Es ist ein guter Goldersatz. 51 Unzen Silber bringen dasselbe wie eine Unze Gold. Silber ist eine monetäre Anlage, mit der sich die Kaufkraft erhalten und schützen lässt. Im Vergleich zum Gold ist es die Kombination aus monetärem und industriellem Metall, die Silber so sehr volatil macht. Beim Gold hat man praktisch nur die monetäre Nachfrage. Ökonomen nennen diese Nachfrage unelastisch, weil die Menschen ungeachtet des Preises Gold haben wollen. Beim Silber ist die Nachfrage sehr elastisch. Die Nachfrage reagiert also sehr sensibel auf Preisveränderungen.


The Gold Report: Wenn man jetzt beide Metalle in seinem Portfolio haben will, welche Verteilung würden Sie vorschlagen?

James Turk: Zwei Drittel Gold und ein Drittel Silber.


The Gold Report: Sie meinten, die Silberpreise werden schneller steigen werden als die Goldpreise. Würde sich das auch auf die Silberaktien übertragen? Denken Sie, dass Silberaktien besser abschneiden werden als Goldaktien?

James Turk: Davon gehe ich aus. Doch auch hier darf man nicht pauschal verallgemeinern. Aber die Chancen stehen gut, dass Silberaktien in absehbarer Zeit besser abschneiden werden als Goldaktien.


The Gold Report: Sie haben hier einige Punkte angesprochen, die Teil Ihres Vortrags auf der Vancouver Resource Investment Conference waren. Was sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten Punkte, die man aus Ihrem Vortrag mitnehmen sollte?

James Turk: In erster Linie hoffe ich, dass die Menschen besser verstehen, dass Gold Geld ist. Und dass sie Gold auch aus dieser Perspektive betrachten, damit sie besser einschätzen können, was sinnvoll für ihre Portfolios ist. Und zweitens hoffe ich, dass die Menschen den wichtigen Unterschied zwischen Preis und Wert verstehen - auch wenn der Goldpreis schon gestiegen ist. Preis und Wert sind nicht dasselbe. Der Goldpreis ist gestiegen, weil der Dollar entwertet wurde. Dennoch bleibt Gold stark unterbewertet, und es lohnt sich sehr, Gold weiter zu akkumulieren. Planen Sie es in Ihrem Familienbudget ein und kaufen Sie alle ein, zwei Monate mehr Gold - und auch Silber, wenn sie das wollen. Das führt uns zum dritten Punkt. Versuchen Sie sich nicht, Gold zu traden, sparen Sie es. Damit sparen Sie solides, stabiles Geld, und das ist eine gute Sache.


The Gold Report: Als Sie GoldMoney gründeten, hatten Sie die Vision, dass die Menschen irgendwann GoldMoney-Einheiten als Währung bei Transaktionen einsetzen würden - in etwa wie PayPal oder eine Online-Bank, nur dass Ihre Digitale Gold Währung (Digital Gold Currency, DGC) zum Einsatz käme. Werden wir noch dahin kommen?

James Turk: Ja. Das scheint mir unausweichlich. Wir hatten die DGC sogar schon als Zahlungsmöglichkeit eingesetzt, aus verschiedenen Gründen haben wir sie vor Kurzen aber wieder eingestellt. Sie wurde ohnehin nicht sehr aktiv genutzt, was am Greshamschen Gesetz liegt - demzufolge schlechtes Geld gutes vertreibt. In der heutigen Zeit benutzen die Menschen wohl eher Fiat-Geld als Zahlungsmittel und sparen ihr Gold und Silber. Das ist vorerst auch eine gute Sache. Das wird sich aber ändern, weil man den Fiat-Währungen immer weniger vertrauen wird und sie letztendlich zusammenbrechen werden.


James Turk ist eine Instanz im Bereich der Gold- und Edelmetallmärkte. Er ist Gründer und Vorsitzender von GoldMoney®. Er ließ sich das goldbasierte elektronische Geld - digital gold currency - patentieren, das über das Internet transferiert wird. GoldMoneys Edelmetalllager in London, Zürich und Hongkong verwahren physische Edelmetalle (Gold, Silber, Platin und Palladium) im Wert von über 2 Milliarden $ für Kunden aus über 100 Ländern. Im August 2009 wurde Turks Freemarket Gold & Money Report (ein Investment-Newsletter, der seit 1987 als Aboservice erschien) zum kostenlosen, internetbasierten Kommentar umgewandelt. Er nennt sich nun Free Gold Money Report (FGMR).

Turk ist zudem Direktor der GoldMoney Foundation, einer gemeinnützige Organisation, die über die Rolle von Gold und Silber als Geld und Währung sowie über deren Bedeutung für die Gesellschaft informieren will. Turk ist Co-Autor des Buches “Der Kollaps des Dollars“. Nachdem er 1969 sein Studium an der George Washington Universität mit einem B.A. in internationaler Volkswirtschaftslehre abgeschlossen hatte, spezialisierte er sich auf internationales Bankwesen, Finanzierung und Investition. Seine berufliche Karriere begann bei der Chase Manhattan Bank (heute JP Morgan Chase Bank), unter anderem mit Aufträgen in Thailand, auf den Philippinen und in Hongkong. Im Anschluss trat James Turk dem Investment- und Handelsunternehmen eines bedeutenden Edelmetallhändlers mit Sitz in Greenwich, Connecticut, bei. Im Dezember 1983 zog er in die Vereinigten Arabischen Emirate und wurde dort zum Manager der Rohstoffabteilung der Investmentbehörde von Abu Dhabi ernannt. Diese Position bekleidete er bis zu seinem Rücktritt 1987. Danach hielt er verschiedene Beratungsämter in der Finanzverwaltung, bevor er 2001 GoldMoney gründete
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© Karen Roche
The Gold Report



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Dieser Artikel wurde am 01. Januar 2012 auf www.theaureport.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.