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Das Damoklesschwert über dem Gold-Papiermarkt - Interview mit Craig Hemke

17.05.2016  |  Mike Gleason

Mike Gleason: Hallo, hier ist Mike Gleason von Money Metals Exchange und es ist mir eine Ehre, heute Craig Hemke von TF Metals Report zum Interview begrüßen zu dürfen. Craig betreibt einen der bekanntesten und geachtetsten Blogs in unserer Branche und schreibt nun schon seit fast zehn Jahren über den Edelmetallsektor. Er hat einige der besten Analysen über die Machenschaften den Banken, die Schwachstellen der keynesianischen Wirtschaftspolitik und die Belege für Manipulationen an den Gold- und Silbermärkten verfasst. Craig, schön, dass du heute wieder bei uns bist.

Craig Hemke: Es ist mir ein Vergnügen, Mike, und danke für die netten Worte.


Mike Gleason: Seit unserem letzten Interview am 7. Januar hat sich ja einiges getan. Gold liegt in diesem Jahr bislang 21% im Plus und der Silberkurs konnte sogar noch größere Gewinne verzeichnen. Silber hatte vor allem im April einen sehr starken Monat und ist bisher 26% nach oben geklettert. Allerdings haben wir in den vergangenen Jahren schon öfter eine zunächst positive Preisentwicklung erlebt, die sich dann jedoch nicht fortsetzte, insbesondere Anfang 2014 und 2015. Doch dieses Mal fühlt es sich einfach anders an. Wie sehen Sie das? Glauben Sie, dass endlich ein neuer Bullenmarkt begonnen hat? Und wie ist die allgemeine Stimmung unter den Anlegern im Edelmetallsektor? Viele der Investoren besuchen ja regelmäßig Ihre Webseite.

Craig Hemke: Ich bin ganz Ihrer Meinung Mike, diesmal scheint es wirklich anders zu sein und auch die bisherigen Entwicklungen bestätigen das. Dieses Gefühl rührt wahrscheinlich daher, dass die Edelmetallkurse in einem erbarmungslosen Abwärtstrend gefangen waren, seitdem sie am 12. und 15. April 2013 auf manipulative Weise unter die Unterstützungslinie bei 1.525 $ gedrückt wurden. Seitdem ging es fast ausnahmslos weiter nach unten.

Es gab die eine oder andere kleine Rally, die jedoch nie das vorherige Hoch wieder erreichen konnte. Dann beobachteten wir die Zunahme der Short-Positionen der Banken an den Terminmärkten und schon brach der Kurs wieder ein. Dieser Trend schien sich endlos fortzusetzen und nirgends einen Boden zu finden. Als wir die Talsohle dann letztes Endes erreichten, sah es so aus, als hätte die Situation am physischen Markt endlich dazu geführt, dass die Preise an den Papiermärkten nicht weiter fallen konnten, besonders am Silbermarkt.

2016 sind einige ungewöhnliche Dinge geschehen, die die Vermutung nahelegen, dass die 2002 oder 2003 begonnene Hausse wieder aufgenommen wurde. Die Kurse sind endlich wieder auf höhere Hochs gestiegen, zuerst der Goldkurs und letztlich auch der Silberkurs. Als im Februar wieder Schwung in den Goldmarkt kam, stieg der Preis auf über 1.190 $ und übertraf damit das Hoch vom vergangenen Oktober. Dann ging es weiter bergauf und das Hoch vom Mai letzten Jahres bei 1.230 $ wurde erreicht. Eher in dieser Woche stieg der Goldkurs dann sogar auf 1.306 $, was ziemlich genau dem Preisniveau vom letzten Januar entspricht. Bei jeder Rally geht es ein bisschen höher.

Am Silbermarkt lässt sich das Gleiche beobachten. Das weiße Metall hatte zunächst Schwierigkeiten, auf über 16,38 $ zu steigen, doch es gelang schließlich. In der letzten Woche kletterte es dann auf 17,71 $ und erreichte damit den Kursstand vom Mai letzten Jahres. Jetzt rücken die Hochs vom Januar 2015 in Sicht. Wie Sie schon gesagt haben - es fühlt sich definitiv anders an, weil es auch anders aussieht. Der Trend der letzten drei Jahre hat sich vollständig gewandelt und es hat den Anschein, als würde es nun so weitergehen.


Mike Gleason: Sie haben auf TF Metals auch über die neue chinesische Börse Shanghai Gold & Silver Exchange berichtet. Diese Entwicklung hat unter den Edelmetallinvestoren und -analysten für einiges Aufsehen gesorgt. Im Vergleich zur COMEX sind die in Shanghai gehandelten Kontrakte mit deutlich mehr physischem Gold hinterlegt, daher schätzen wir, dass sich der Handel zunehmend nach China verlagern wird. Investoren sollten jedoch keiner Börse blind vertrauen, die mit Papiergold und Papiersilber handelt und man darf auch nicht vergessen, dass der Shanghaier Handelsplatz unter der Kontrolle des chinesischen Staates steht.

Denken Sie, dass sich die Shanghai Exchange positiv auf die Preisbildung am Goldmarkt auswirken wird? Und glauben Sie, dass es durch den Handel an der chinesischen Börse für die Manipulatoren im Westen schwieriger wird, die Kurse erfolgreich zu beeinflussen?


Craig Hemke: Ja, auf jeden Fall, daran habe ich keinen Zweifel. Das ist eines der bedeutendsten Ereignisse, die sich im Laufe der letzten hundert Jahren an den physischen Edelmetallmärkten zugetragen haben. Während der letzten 97 Jahre wurde die Preisbildung, oder sagen wir die Fähigkeit zur Preisbildung, durch die beiden täglichen Goldpreis-Fixings von London kontrolliert. Für diejenigen, die nicht genau wissen, wie das funktioniert: Wir können alle den Handel zum Spot-Preis und die Preisschwankungen innerhalb eines Tages live mitverfolgen und wir können die Kursentwicklung an den Terminmärkten beobachten. Letztere sind jedoch eine relativ neue Erfindung.

Die COMEX wurde erst vor 40 Jahren gegründet. Die Frage ist, welchen Preis die Schmuckhändler und die Minengesellschaften, bzw. die Produzenten und die Konsumenten im Großhandelsbereich allgemein verwenden, um ihre riesigen Geschäfte abzuwickeln. Auf welchen Preis einigt man sich, wenn es um tausende von Unzen oder gar mehrere Tonnen Gold und Silber geht? Man kann sich nicht einfach ein Datum suchen und sagen "Hm, um 10:02 Londoner Zeit lag der Preis bei X". Es muss eine Art internationalen Referenzpunkt geben und diese Funktion erfüllt das Londoner Preisfixing. Der zweimal täglich festgelegte Goldpreis war 97 Jahre lang der einzige international gültige Referenzpreis.

Das war zumindest bis zum 19. April so, als plötzlich, nach langer Arbeit und umfassenden Vorbereitungen, auch in Shanghai zweimal täglich ein Goldpreis-Fixing durchgeführt wurde. Der Preis wird allerdings nicht in Pfund bestimmt, wie in London, sondern in chinesischen Yuan. Das ist ein sehr wichtiger Schritt. Das physische Gold wandert derzeit von West nach Ost, daher sollte auch die Kontrolle über die Preisbildung bei den Staaten der östlichen Hemisphäre liegen.

So wie London den Goldmarkt im 20. Jahrhundert dominiert hat, wird China meiner Ansicht nach im 21. Jahrhundert die Vorherrschaft übernehmen. Sie haben da auf einen wichtigen Punkt hingewiesen, Mike: Der Londoner Goldmarkt ist hauptsächlich ein Papiermarkt und die Mengen, die dort jeden Tag gehandelt werden, sind der absolute Wahnsinn. Dabei handelt es sich nicht um physisches Gold, sondern nur um Papierkontrakte.

Shanghai ist dagegen ein physischer Markt und das könnte in Zukunft noch richtig interessant werden, da die Shanghai Exchange letztlich nur ein verlängerter Arm der chinesischen Regierung ist. Diese kann die Arbitrage zwischen dem Papierhandel im Westen und dem physischen Handel im Osten zu einem großen Teil kontrollieren, wenn sie das wünscht. Mit der Bestimmung des Referenzpreises in Yuan kann China die Preisdifferenz jederzeit in die Höhe treiben.

Lassen wir einmal außer Acht, dass es sich um verschiedene Währungen handelt und nehmen wir an, der Spread zwischen London und Shanghai beträgt 2 $. Dafür würde sich wahrscheinlich niemand die Mühe machen, 400-Unzen-Barren aus London in 1-Kilo-Barren mit einem Feingehalt von 99.99% umschmelzen zu lassen, um sie nach Shanghai zu liefern. Doch wenn die chinesische Regierung beschließt, dass sie lieber eine Preisdifferenz von 20 $ oder 30 $ je Unze möchte, dann wird das den Abfluss physischen Metalls aus den Londoner Tresoren mit Sicherheit enorm beschleunigen und die Bullionbanken werden zunehmend unter Druck geraten, während sie versuchen, all ihren Lieferverpflichtungen nachzukommen.



Der Shanghaier Referenzpreis ändert die Spielregeln. Es sollte in diesem Zusammenhang kaum eine Überraschung sein, dass der Goldpreis im April beständig fiel und dann am 19. April plötzlich wieder anstieg. Natürlich lässt sich ein Großteil der Preisbewegungen auf die Entwicklung der Währungskurse zurückführen, aber es ist dennoch kein Zufall. Die Möglichkeit Chinas den Preis zu kontrollieren, schwebt nun wie ein Damoklesschwert über dem Goldmarkt. Das ist wirklich eine große Sache. Ich bin froh, dass Sie dieses Thema aufgegriffen haben, denn darüber sollten alle Goldinvestoren und -trader weltweit auf dem Laufenden sein.


Mike Gleason: Ich frage mich, ob wir eines Tages aufwachen werden, um festzustellen, dass China von den Goldpreismanipulationen des Westens genug hat und beschlossen hat, den Schalter umzulegen. Wie Sie gesagt haben schwebt jetzt ein Damoklesschwert über dem Markt und wenn es ihnen beliebt könnten die Chinesen sagen, "So, eine Neubewertung von Gold auf einem viel höheren Preisniveau ist jetzt in unseren Interesse. Wir haben alle Reserven angelegt, die wir wollten. Ihr habt all euer Gold dummerweise zu Dumping-Preisen verkauft und an uns geliefert, aber jetzt ist das vorbei." Könnte so etwas wirklich passieren?

Craig Hemke: Lassen Sie uns noch einmal genau darüber nachdenken, Mike. Während der Goldpreis in diesem Jahr seit Ende Januar um vielleicht 15% oder 20% gestiegen ist, erhöhte sich das Open Interest an der COMEX um fast 200.000 Kontrakte bzw. 40%. Die Zahl der Papiergold-Kontrakte hat sich also mindestens doppelt so stark erhöht, wie der Goldkurs. Die großen Banken wie JP Morgan, die HSBC, die Scotiabank, Barclays, die UBS und die Deutsche Bank nehmen dabei an den Terminmärkten hauptsächlich die Verkäuferposition ein, während die Spekulanten als Käufer auftreten.

Die Kontrakte werden einfach nachgeliefert, in einem Versuch, die Preise niedrig zu halten. Wenn die Anzahl an Goldkontrakten dagegen statisch wäre, müsste sich ein Gleichgewicht zu dem Preis einstellen, zu dem die Verkäufer bereit sind, die begrenzt verfügbaren Kontrakte zu veräußern. Doch stattdessen wächst das Angebot an Papiergold einfach immer weiter. Dadurch werden die täglichen Kursgewinne abgeschwächt.

Die Daten zu den "Commercials", die jeden Freitag im Commitments of Traders Report veröffentlicht werden, sind letztlich nur eine Zusammenfassung der Positionierung der Banken am Goldmarkt, bzw. an der COMEX. Es ist natürlich möglich, dass die Banken in London oder an den extrem intransparenten, außerbörslichen Handelsplätzen (OTC) über ausgleichende Positionen verfügen, doch an der New Yorker COMEX halten die Commercials mehr als 400.000 Short-Kontrakte, und damit meine ich die absolute Gesamtzahl.

Gleichzeitig verfügen sie vielleicht über 150.000 Long-Kontrakte, also liegen die Netto-Short-Positionen nur bei 250.000 Kontrakten, doch insgesamt haben die Commercials 400.000 Shorts. Das entspricht 40 Millionen Unzen Gold, die theoretisch geliefert werden müssen, da es sich ja um Verkaufspositionen handelt.

Es kommt allerdings nie zur Auslieferung. Die COMEX ist in keiner Weise ein physischer Markt. Sie ist nur eine Art Hütchenspiel, bei dem Papier hin- und hergeschoben wird. Der einzige Lieferprozess an der COMEX besteht darin, dass die Banken untereinander immer mal wieder ein paar Warrants austauschen, um die Scharade, die Illusion von Auslieferungen physischen Metalls aufrechtzuerhalten.

Die Chinesen sind sich dieser Situation an den Papiermärkten des Westens natürlich bewusst. Sollten sie eines Tages ein eigenes alternatives Währungssystem einführen wollen, könnten sie die Bullionbanken praktisch auf einen Schlag völlig vernichten. Wenn das westliche Bankenwesen zusammengebrochen ist, bliebe dem Westen dann keine andere Wahl, als das neue System zu akzeptieren. Dann würden all die Intrigen und all die Spiele, die in den vergangenen 40 Jahren an den Finanz- und Terminmärkten mit dem Goldpreis getrieben wurden, letztlich zum Ende unseres Finanzsystems führen.

Man kann natürlich unmöglich vorhersagen, wann es soweit sein wird. Theoretisch könnte das schon nächste Woche geschehen. China besitzt nun auf jeden Fall die entsprechenden Möglichkeiten. Ich habe zumindest keinen Zweifel daran, dass dieses Szenario eines Tages eintreten wird. Die Chinesen neigen eher dazu, in Jahrzehnten und Jahrhunderten zu denken.

Bedenken Sie nur, wie lange zum Beispiel die Ming-Dynastie überdauert hat. Sie wissen, dass diejenigen, die das Gold besitzen, die Regeln machen, und deswegen legen sie ihre Goldreserven an. Sie werden die Großmacht sein, der das Gold gehört. Die derzeitige Struktur des globalen Reservewährungssystems ist nur ein vorübergehender Zustand. Die Macht über die Reservewährung lag 70 Jahre lang bei den USA, doch zuvor lag sie beim Vereinigten Königreich, bei Portugal usw. Im 21. Jahrhundert sieht sich China in dieser Rolle und es ist nur eine Frage der Zeit, bis das Reich der Mitte entsprechend handelt. Sagen wir es so: Wenn sich der Staub erst einmal gelegt hat, wird mein Gold nicht mehr 1.280 $ je Unze wert sein.


Mike Gleason: Ja, das bezweifle ich auch. Das bringt mich direkt zu meiner nächsten Frage. In einem Artikel, den Sie diese Woche veröffentlicht haben, haben Sie sehr gut erklärt, worin der Unterschied besteht zwischen dem Kauf einer Aktie und der Investition eines Traders in einen Terminkontrakt. Wenn jemand Aktien von Coca-Cola kauft, dann ist das Angebot an diesen Aktien begrenzt und es muss gleichzeitig einen Verkäufer geben, d. h. es gibt eine echte Preisfindung.

Wenn man jedoch Futures kauft, dann kann eine Bullionbank einfach neue Kontrakte drucken, ohne dass diese durch irgendetwas gedeckt sind. Wenn man mit Terminkontrakten handelt ist das also praktisch, als würde man auf den Preis von Äpfeln wetten, obwohl die Gegenseite der Wette alle Obstbäume besitzt. Sie haben hier einen ganz zentralen Punkt angesprochen, den die meisten übersehen. Erklären Sie unseren Lesern und Zuhörern doch bitte, wie sie zu den Terminmärkten stehen und warum diese weder fair noch frei sind.


Craig Hemke: Der Großteil des täglichen Handelsvolumens am Gold- und Silbermarkt der COMEX in New York beruht auf dem Austausch von bestehenden Kontrakten. Man kann sich das tägliche Volumen ansehen und es mit den täglichen Änderungen des Open Interest vergleichen. Hier ist jedoch der Punkt, auf den wir zuvor in dieser Diskussion schon hingewiesen haben: Ende Januar belief sich das Open Interest am Goldmarkt der COMEX auf insgesamt 373.000 Kontrakte. Aktuell ist es jedoch auf 568.000 Kontrakte angewachsen, d. h. innerhalb der letzten 100 Tage wurden 20 Millionen Unzen Papiergold einfach aus dem Nichts erschaffen. Dies hat, wie Sie sehen, eine Abschwächung der täglichen Kursgewinne zur Folge.

Letzte Woche wurde bei Gold praktisch eine historische Kursentwicklung verzeichnet. In der letzten Woche im April legte der Kurs innerhalb von fünf Tagen 60 $ zu! Das ist eine enorme Bewegung, richtig? Immerhin entsprach das einem Gewinn von fast 5%. Doch im gleichen Zeitraum erhöhte sich die Zahl der ausstehenden Kontrakte um 10%, da die Banken einfach mehr davon druckten. Die Bullionbanken dürfen neue Kontrakte ausgeben, sei es JP Morgan, die HSBC oder eine andere Bank. Sie können diese Kontrakte dann shorten, indem sie sie an Spekulanten, Hochfrequenz-Trader, Algo-Trader, Hedgefonds etc. verkaufen, die auf der Suche nach Exposure gegenüber Gold sind und deshalb Futures kaufen.

Am letzten Freitag beispielsweise - ich glaube, es war am Freitag - kletterte der Goldpreis 20 $ nach oben und die Zahl der ausstehenden Kontrakte erhöhte sich um 20.000. Da kommt unweigerlich die Frage auf, wie weit der Preis noch gestiegen wäre, wenn man den Markt nicht mit zusätzlichen 20.000 Kontrakten versorgt hätte und die 20.000 Käufer stattdessen tatsächlich 20.000 Verkäufer hätten finden müssen...



An diesem Punkt wird das gesamte Ausmaß der Täuschung an den Futures-Märkten offenbar und die traditionelle technische Analyse versagt. Es gibt Analysten, die sich die Kursbewegungen anschauen und sagen, "Ja, also der Goldkurs hat diese Fibonacci-Linie durchbrochen und hier sehen wir die Welle C oder Teilwelle B..." usw. Gut, aber wir hätte sich der Kurs entwickelt, wenn es den Banken nicht möglich gewesen wäre, an einem Tag 20.000 neue Kontrakte zur Verfügung zu stellen? Verstehen Sie, was ich meine? Das Prinzip, auf dem die Terminmärkte beruhen, ist zutiefst unfair und betrügerisch.


Mike Gleason: Trotz allem gibt es Marktbeobachter, die sagen es gebe keinerlei Manipulationen. Was antworten Sie darauf?

Craig Hemke: Ja, es gibt diese Behauptungen, die von den Manipulationsleugnern, wie ich sie nenne, verbreitet werden. Sie verteidigen das bestehende System, aus welchen Gründen auch immer. Sei es, weil ihr eigenes Geschäftsmodell als Verfasser von Newslettern darauf beruht, oder sei es aus anderen Motiven.

Diese Marktbeobachter vertreten die Meinung, dass die Gold- und Silberpreise nicht manipuliert sind, dass die Märkte frei sind usw. Sie blicken auf uns und reden über die Manipulationen, als wären diese nur ein Versuch, die Kursentwicklung der letzten 36 Monate zu erklären, als gäbe es keinen anderen Grund für unsere Ansichten. Sie unterstellen uns, dass wir nicht verstehen, wie es zu einem derartigen Abwärtstrend kommen konnte und deshalb davon ausgehen, dass es sich um Manipulation handeln musste. Dabei ist die Beeinflussung der Gold- und Silberpreise keine Verschwörungstheorie, sondern eine historische Tatsache.

In den 1950er Jahren, genauer gesagt 1956 und 1957, haben die USA ein Drittel ihrer nationalen Goldreserven eingebüßt, weil sie versuchten, den bei 35 $ festgesetzten Preis zu verteidigen. Es gab Anhörungen dazu. Sie können das nachlesen oder Informationen dazu im Internet suchen. Bei den Anhörungen im US-Kongress hieß es, "Wie konnte das passieren? Wir haben ein Drittel unseres Goldes verloren, weil es möglich ist, den Dollar gegen Gold zu tauschen." Das war Manipulation: Man stellte dem Markt große Mengen an physischem Gold zur Verfügung, um den Preis niedrig zu halten.

Dieses System hat jedoch nicht mehr funktioniert, die Vereinigten Staaten konnten den Goldpreis nicht länger verteidigen. Was also ist passiert? Die USA erkannten, dass sie allein keinen Erfolg mehr haben konnten und riefen den Londoner Goldpool ins Leben. Zwischen 1961 und 1968 lagerten die USA und sieben andere Staaten physisches Gold in London ein, welches verwendet wurde, um den Preis bei 35 $ je Unze zu halten. Immer wenn die Nachfrage anstieg, überschwemmte der Goldpool den Markt mit physischem Gold, wartete, bis der Preis wieder sank und kaufte es dann zurück. Genau so funktionierte das System damals.

Schließlich versagte diese Methode dann aber doch und 1968 zerfiel der Londoner Goldpool. Letztlich musste Präsident Nixon das Goldfenster schließen und der Goldpreis schoss nach oben. Dann kam jedoch jemand wirklich Schlaues und sagte, "Moment mal. Warum versuchen wir, die Preise nach unten zu drücken, indem wir physisches Gold auf die Märkte werfen? Das ergibt doch gar keinen Sinn.

Warum lassen wir nicht ein wenig Alchemie wirken und erschaffen das Papiergold? Niemand wird je die physische Auslieferung verlangen. Es wird perfekt sein. Wir werden nie wieder etwas liefern müssen, wir können mit unseren vorhandenen Reserven eine enorme Hebelwirkung erzielen." Auch der Zeitpunkt war brillant gewählt. Nachdem Goldbesitz in den Vereinigten Staaten praktisch 40 Jahre lang verboten war, durften die US-Bürger das gelbe Metall ab dem 1. Januar 1975 endlich wieder ihr eigen nennen. Und jetzt raten Sie mal, wann an der COMEX der Handel mit Gold-Futures begann, Mike!


Mike Gleason: Wahrscheinlich etwa zur gleichen Zeit.

Craig Hemke: vom New Yorker Goldpool sprechen, weil der Goldpreis nach wie vor durch den gleichen Mechanismus beeinflusst wird, mit dem einen Unterschied, dass man jetzt Terminkontrakte statt physisches Metall verwendet. Die Manipulation der Gold- und Silberpreise ist eine historische Tatsache, keine Verschwörungstheorie. Wenn diese Idioten versuchen, es so klingen zu lassen, als hätten wir uns all das nur ausgedacht, um zu erklären, warum der Goldpreis drei Jahre lang gefallen ist, dann ist das völliger Blödsinn.

Solche Behauptungen stellen nur die totale Missachtung der geschichtlichen Belege unter Beweis. Nunja, Mike, wie Sie sehen hatte ich heute morgen genügend Kaffee... Sie haben mich zum Nachdenken gebracht und ich dachte es wäre gut, den Lesern und Zuhörern diese Geschichte noch einmal zu vermitteln.


Mike Gleason: Ja, Sie haben auf jeden Fall plausible Argumente genannt. Ich würde aber gern noch auf ein anderes Thema zu sprechen kommen: Die Aktien der Minengesellschaften bestätigen die Preisentwicklung an den Bullionmärkten. Außerdem führt der Silberkurs den Sektor mittlerweile an, ebenfalls ein positives Zeichen. Es gut, dass sich das weiße Metall in den letzten Wochen an die Spitze des Aufwärtstrends gesetzt hat. Doch erklären Sie uns bitte, wie Sie die Situation bei den Aktien der Gold- und Silberunternehmen einschätzen und wie Sie die Kursentwicklungen interpretieren.

Craig Hemke: Wir haben ja schon zu Beginn des Gesprächs gesagt, dass es sich diesmal anders anfühlt, und dass die Kurse diesmal endlich auch auf höhere Hochs steigen. Die Edelmetallaktien bestätigen das ziemlich eindrucksvoll, nicht wahr? Es hat wirklich Spaß gemacht, zu beobachten, wie sich das Blatt im Januar wendete, denn wir bei TF Metals Report haben die Entwicklung im Laufe der letzten Jahre natürlich mitverfolgt. Ich kann mich noch daran erinnern, dass ich in einem Kommentar vom Januar 2013, als der HUI bei etwa 450 Punkten notierte, schrieb: "Warum um alles in der Welt spekuliert überhaupt jemand mit diesen Aktien, wenn man stattdessen einfach das physische Metall kaufen kann?"

Kurz darauf, im April, ging es für die Minengesellschaften dann richtig bergab. Der HUI brach ein und fiel von 450, 440 Punkten, oder wo auch immer er an diesem Tag notierte, letztlich bis in den Bereich von 100 Punkten. Ich hatte also zumindest den Trost, dass ich die richtige Warnung ausgesprochen hatte. Doch als der Goldaktienindex das Niveau von etwa 105 Punkten erreichte, entwickelte er sich von da an praktisch nur noch seitwärts. Er hielt sich fast sechs Monate lang über der Unterstützung bei 105 Punkten und zog damit die Aufmerksamkeit unseres gesamtes Teams auf sich.

Wir dachten, "Wollen wir doch mal sehen, ob es von hier aus wieder bergauf geht", und das tat es. Jetzt hat der HUI schon um die 125% zugelegt, praktisch ohne zwischenzeitliche Korrekturbewegungen. Er stieg, entwickelte sich im März seitwärts, brach anschließend aus und erreichte ein neues Hoch. Dann folgte im April für zwei oder drei Wochen wieder eine Seitwärtsbewegung, bevor der er erneut auf ein höheres Hoch schoss. In dieser Woche hat der HUI zwar wieder 10% nachgegeben, aber nach einem Kursgewinn von 125% ist das nicht weiter tragisch.

Ich möchte noch hinzufügen, dass es definitiv weiteres Aufwärtspotential gibt, solange die Gold- und Silberpreise höher klettern. Nur sehr wenige institutionelle Anleger besitzen Aktien der Minengesellschaften. Wenn die Marktteilnehmer jedoch den Wert und das Potential erkennen, das sich in diesen Aktien verbirgt, wird die Zahl schnell wachsen. Obwohl sich die Kurse einiger Aktien bereits verdoppelt oder verdreifacht haben, sind noch immer extreme Gewinne möglich.

Vor einigen Wochen hatte ich die Gelegenheit mit Keith Neumeyer zu sprechen, dem CEO von First Majestic Silver. Während des Interviews kam mir ein Gedanke und ich fragte: "Sie produzieren 20 Millionen Unzen Silber im Jahr. Wenn der Silberpreis 1 $ steigt, wie hoch ist dann der Anteil, der sich direkt in der Bilanz Ihres Unternehmens niederschlägt?"



Ich möchte damit übrigens keine Werbung für die Aktien von First Majestic machen, ich will mit diesem Beispiel vielmehr die Situation in gesamten Minensektor verdeutlichen. "Etwa 90%", antwortete Mr. Neumeyer. Für jeden Dollar, den der Silberkurs steigt, macht das Unternehmen also 18 Millionen $ an zusätzlichem Gewinn. Dieser Anteil variiert natürlich von Unternehmen zu Unternehmen, aber es ist trotzdem beeindruckend. Immerhin könnte Silber auf 22 $ oder 26 $ steigen, d. h. für die Aktien der Silberunternehmen wird es ebenfalls weiter bergauf gehen.

Wenn Sie auf eine Webseite wie beispielsweise Barchart.com gehen, auf der Sie verschiedene Kurse übereinanderlegen können, dann werden Sie feststellen, dass der Goldkurs und der HUI sich relativ parallel zueinander entwickeln, wenn Sie beide in einem 5-Jahreschart vergleichen. Wenn Sie die Rally der Gold- und Silberaktien also gesehen haben, es aber verpasst haben rechtzeitig einzusteigen, und sich jetzt fragen, ob es mittlerweile schon zu spät ist, dann brauchen Sie sich eigentlich nur überlegen, ob Sie der Ansicht sind, dass der Goldpreis weiter steigen wird.

Wenn Sie glauben, dass sich die Banken bereitmachen, den Goldkurs wieder nach unten zu drücken, dann sollten lieber Kasse machen und keine Aktien zukaufen. Ich denke allerdings, dass Gold aus den Gründen, die wir schon angesprochen haben, noch höher klettern wird.

In diesem Fall werden auch die Minenaktien weitere Kursgewinne verzeichnen, ganz gleich, wie stark sie bis dahin schon im Plus liegen und ob irgendein technischer Indikator anzeigt, dass sie überkauft sind. Bilden Sie sich lieber eine eigene Meinung zu den künftigen Preisaussichten für Gold und Silber, dann können Sie guten Gewissens entscheiden, ob Sie auch ein paar Aktien besitzen sollten.


Mike Gleason: Es wird sehr interessant sein zu sehen was geschieht, wenn die Öffentlichkeit letzten Endes aufwacht und erkennt, dass wir uns inmitten eines finanziellen und währungspolitischen Umbruchs befinden, und dass sämtliche Staatsschulden und Verbindlichkeiten ohne die kontinuierliche Abwertung der Währungen praktisch nicht mehr zu bezahlen sind. Womöglich wird es sogar zum Zusammenbruch des US-Dollars kommen. Alle Statistiken deuten darauf hin, dass nur 1-2% der US-Bürger überhaupt Gold- oder Silberbullion besitzen. Wenn jedoch plötzlich 5% oder gar 10% der Bevölkerung Edelmetalle kaufen wollen, dann werden die Märkte eventuell nicht in der Lage sein, ein entsprechendes Angebot zur Verfügung zu stellen.

Wir haben in den letzten Jahren Situationen erlebt, in denen die Nachfrage seitens der Investoren die Prägestätten und Scheideanstalten regelrecht überwältigt hat - und dabei handelte es sich zum größten Teil nur um die Anleger, die bereits Edelmetalle besaßen. Ich möchte Sie daher zum Abschluss unseres Gesprächs noch fragen, ob Sie glauben, dass der Tag kommen wird, an dem die Nachfrage das vorhandene Angebot bei Weitem übertrifft, beispielsweise aufgrund einer Panik? Wie würde sich ein solches Szenario abspielen und wie würde es sich auf die Preise auswirken?


Craig Hemke: Ich kann allen nur raten, die Ereignisse genau zu verfolgen. Im Januar hat einer meiner Freunde, Grant Willams, der Verfasser des oft auf ZeroHedge veröffentlichten Newsletters "Things that Make You Go Hmmm", ein Video veröffentlicht. Das war genau zu der Zeit, als sich die Dinge im Edelmetallsektor zu wenden begannen. In diesem Video waren einige sehr interessante Statistiken enthalten. Die genauen Zahlen habe ich nicht mehr im Kopf, daher werde ich nicht versuchen sie zu zitieren. Sie zeigten jedoch, wie winzig die Edelmetall-Terminmärkte, insbesondere der Silbermarkt, und auch der Minensektor in Wirklichkeit sind und wie wenig Kapital nötig wäre, um diese Märkte zusammenbrechen zu lassen.

Als das Video veröffentlicht wurde, hätte man mit ein paar Milliarden Dollar in etwa die besten 20 der Gold- und Silberunternehmen aufkaufen können. Ich habe mich damals auch gefragt, ob das ein Scherz sein soll. Eine überraschend geringe Summe hätte ausgereicht, um alle Top-Unternehmen zu kaufen. Um also zu Ihrer Frage zurückzukommen: Wenn die Hedgefonds, die Rentenfonds usw. sich überall mit negativen Zinsen konfrontiert sehen und verzweifelt auf der Suche nach Renditen sind, werden sie ihr Augenmerk auch auf so kleine Marktsegmente wie den Minensektor richten, wenn sich dieser im Aufwärtstrend befindet.

Außerdem werden sie Gold kaufen, denn keine Rendite sind immer noch besser als negative Rendite. Die ganze Sache könnte wirklich schnell außer Kontrolle geraten. Wenn man dann all die anderen Faktoren bedenkt, die wir besprochen haben, z. B. die Situation in China, dann gibt es wirklich gute Gründe gespannt zu sein.

In Hinblick auf die Papiermärkte möchte ich nur noch eine Sache anmerken. Wir hatten darüber geredet, dass die enorme Anzahl der dort gehandelten Kontrakte nicht durch physisches Metall gedeckt ist. Es ist schlicht erschreckend, zu welchem Anteil diese Papiere fremdfinanziert sind und wie oft jede Unze physischen Goldes verliehen und weiterverliehen oder verpfändet wurde - nicht nur in New York, auch in London. Es ist völlig unklar, wer noch unbelastetes Gold besitzt und wie hoch die nicht zugewiesenen Bestände noch sind.

Letztlich gleichen die Märkte dem Mindestreservesystem, auf dem das Bankenwesen beruht. Sie basieren auf dem Versprechen, dass das Gold jederzeit geliefert werden kann, wenn das gewünscht wird. "Keine Sorge, wenn Sie das Gold brauchen, werden wir es Ihnen beschaffen." Wenn jedoch alle gleichzeitig ihr Gold haben möchten, dann ist die Auslieferung unmöglich. Wenn die Musik aufhört zu spielen, laufen 100 Personen um die Tanzfläche, aber es gibt nur einen Stuhl, auf den sie sich setzen können. Es wird das pure Chaos herrschen. Und in einem gewissen Maße haben die Chinesen die Macht, den Plattenspieler jederzeit kaputtzumachen.

Letzten Endes können wir also darüber reden, uns über Kurseinbrüche von 10 $ aufregen und sagen, "Ohje, das sind die Banken und sie kommen, um uns zu holen" usw., aber mich lässt das mittlerweile kalt. Ich stocke meine Bestände einfach kontinuierlich auf. Ich habe erst diese Woche wieder eine Unze Gold gekauft und UPS hat sie gestern geliefert. Der Preis ist mir egal.

Die Leute sagen mir, ich würde zu hohe Aufgelder bezahlen, aber das ist mir gleich. Es interessiert mich nicht, ob ich heute ein Aufgeld von 40 $ je Unze bezahle, denn wie gesagt, der Goldpreis wird in Zukunft nicht mehr bei 1.280 $ liegen. Die Anleger sollten sich bewusst machen, dass das ganze System in seinen letzten Zügen liegt. Seien Sie also geduldig und stocken Sie Ihre Reserven weiter auf. Das große Finale wird kommen. Bereiten Sie sich entsprechend vor.


Mike Gleason: Vielen Dank für die Einblicke, die Sie uns gegeben haben, Craig. Ich habe unser Gespräch wie immer sehr genossen und freue mich schon auf das nächste Interview. Erklären Sie unseren Lesern und Zuhörern zum Schluss bitte noch, was der TF Metals Report ist und was sie auf dieser Webseite finden können.

Craig Hemke: Das Beste an meiner Webseite ist, dass die Mitglieder schon immer eine Gemeinschaft bildeten. Wir sitzen alle im gleichen Boot und wir helfen uns gegenseitig bei der Vorbereitung. Ich trage natürlich mit meinen Artikeln, Podcasts und Web-Seminaren einiges bei, doch das Wertvollste der Webseite sind die anderen Mitglieder, die Links, die sie finden, die Informationen die sie teilen und die Diskussionen, die sie führen.

Ich bin wirklich stolz darauf, dass wir diese Webseite aufgebaut haben. Ein großer Teil der Inhalte ist kostenlos, doch falls Sie sich wirklich aktiv beteiligen wollen, dann kostet die Mitgliedschaft gerade einmal 12 $ im Monat. Ich hoffe, dass wir damit nicht zu viele Menschen ausschließen. Sie sind alle herzlich eingeladen, einen Blick auf unsere Seite zu werfen, insbesondere wenn Sie im Hinblick auf die Zukunft vielleicht auch ein wenig besorgt sind. Besuchen Sie uns auf TFMetalsReport.com.


Mike Gleason: Vielen Dank Craig, ich wünsche Ihnen ein fantastisches Wochenende.

Craig Hemke: Danke Mike, und herzlichen Dank auch an das ganze Team.


© Mike Gleason
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Dieser Artikel wurde am 06. Mail 2016 auf www.moneymetals.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.