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Trump als neuer Messias der Märkte?

16.11.2016  |  The Gold Report

An den globalen Märkten werden seit dem Wahlsieg von Donald J. Trump erstaunliche Gewinne verzeichnet. Die Wall Street hat den künftigen Präsidenten plötzlich als neuen Messias begrüßt, der die Rückkehr des weltweiten Wirtschaftswachstums und den Kursanstieg riskanter Assets auf neue Allzeithochs bringt.

In den frühen Morgenstunden, als das endgültige Wahlergebnis feststand, ergriffen die Tradingabteilungen der Zentralbanken auf der ganzen Welt die Initiative. Sie kauften S&P-500-Futures und verkauften Anleihen, Fremdwährungen, Gold und Silber, um den Traum am Leben zu halten und einen nordamerikanischen Crash im Stile des Brexits zu verhindern.

Vergessen Sie Janet Yellen und die Federal Reserve - Donald Trump ist nun die neue Ikone, die die Märkte zu unbekannten Höhen führt. Er ist der neue Greenspan, einschließlich der mehrdeutigen Wortwahl, der wechselnden Standpunkte und der dreisten Behauptungen. Die Märkte lieben ihren neuen Messias, denn der Dow Jones ist auf ein neues Rekordhoch gestiegen, und raten Sie mal welcher Sektor dabei die Führung übernahm - die Banken natürlich. Steigende Zinsen sind eine äußerst positive Entwicklung für die Gewinne der Kreditinstitute und der Anstieg der Rendite der 10-jährigen US-Staatsanleihen auf über 2% stellt eine enorme Erhöhung der Zinsen dar.

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Befeuert werden die Märkte allerdings von der überschüssigen Liquidität die durch das System fließt. In einer inflationären Umgebung sollte man die Attraktivität von Aktien niemals unterschätzen, wie ich schon seit Jahren schreibe. Und bei Mr. Trump dreht sich alles um Ausgaben, Wachstum, Mauern und Infrastrukturausbau - alles Dinge, die die Inflation begünstigen (siehe Chat oben).

Die globalen Märkte steigen nun basierend auf der neuen Idee, dass die nächste Ära des Portfoliomanagements nicht mehr von der führenden Rolle der Zentralbanken bestimmt wird, sondern von der Steuer- und Finanzpolitik. Die Elite der Wall Street ist dabei, Trump als "Wachstumspräsidenten" heiligzusprechen. Diese Meinungsmache lenkt indes von der Wirkungslosigkeit des Großen Experimentes der Zentralbanken ab, die 57 Billionen neue Dollar gedruckt haben, um den Zusammenbruch des Bankenwesens zu verhindern. Stattdessen konzentriert man sich nun wieder auf die Staatsausgaben.

Leider wird dieses neue Vorgehen auf wundervolle Weise von der Arbeitsgruppe des Präsidenten zu den Finanzmärkten (auch bekannt als Plunge Protection Team) eingefädelt. Deren Bemühungen, das Kursniveau an den Gold-, Silber-, Aktien- und Anleihemärkten mit Hilfe der New Yorker Fed zu kontrollieren, haben den legendären Investor Stanley Druckenmiller dazu gebracht, seine Meinung über Gold zu ändern. Berichten zufolge besitzt sein Fonds (Duquesne) nun kein Gold mehr. "Ich habe all mein Gold in der Wahlnacht verkauft", so Druckenmiller.

Das, meine Freunde, zeigt sehr anschaulich, wie die Strippenzieher im Hintergrund die Märkte beeinflussen. Wären sie beim Wechselkurs zwischen Dollar und Yen nicht eingeschritten und hätten sie am frühen Mittwochmorgen nicht in den Terminhandel des S&P 500 eingegriffen, hätten sie keine Deckung gehabt, in deren Schutz sie riesige Mengen an Papiergold verkaufen konnten. Damit wurde während des Handelstages vom Mittwoch ein gewaltiges "Gravestone Doji" im Kerzenchart erzeugt: Der Goldkurs stieg zunächst auf ein neues Hoch der Erholungsbewegung, musste jedoch vor Ende des Börsentages alle Gewinne wieder abgeben.

Wir haben jetzt das Problem, dass die Algorithmen der Fonds am Goldmarkt (nicht jedoch am Silbermarkt) in den "Sell-the-Rally"-Modus umgeschaltet haben, d. h. sie verkaufen Goldpositionen bei Kursgewinnen. Grund dafür sind die Eingriffe in den Markt, die auf künstliche Weise einen Hintergrund aus technischen Faktoren geschaffen haben, die "bearish" sind für Gold.

Genau hier liegt der Hund begraben: An den Plänen Trumps, eine gewaltige Mauer zwischen Mexiko und den USA zu bauen sowie Brücken, Highways und Flughäfen zu erneuern ist absolut nichts, was man als "bearish" bezeichnen oder was eine Deflation begünstigen könnte. Es gibt also keinerlei Faktoren, die bearish für Gold oder Silber sind oder die Nachfrage nach den Edelmetallen beeinträchtigen könnten.

Die Märkte sind allerdings die Sklaven der Algorithmen und der Mustererkennungs-Software - und diese Muster sind in der neuen Welt der Hochfinanz nach Obama und Clinton jetzt unmissverständlich. Gold und Anleihen sind out; Wachstum und Risikoassets (einschließlich Silber) sind in.

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Das ist alles ein Haufen dampfender Pferdemist, den die Meinungsmacher der Wall Street uns hier vor die Haustür schaufeln. Man sollte aber auch bedenken, dass vor der Wahl riesige Summen institutionellen Anlagekapitals in die Märkte geflossen sind. Die Ereignisse der Nacht vom Dienstag auf den Mittwoch haben die Jahresgewinne vieler Marktteilnehmer, die anlässlich der Wahlen ein wenig spekulieren wollten, mit Sicherheit deutlich reduziert. Dementsprechend ist die Jagd nach Profiten jetzt höchstwahrscheinlich eröffnet und zahlreiche unterinvestierte Fondsmanager versuchen angesichts der Allzeithochs des Dow Jones möglichst schnell einzusteigen.



Die steigenden Werte, denen sie jetzt hinterherjagen, sind jedoch nicht mehr die Gold- und Silberunternehmen, die im dritten Quartal eine viel bessere Performance hinlegten als der S&P 500, sondern die Aktien des Finanzsektors, abgebildet vom ETF XLF. Um das ganze Ausmaß der Interventionen in die Märkte zu verstehen, empfiehlt es sich, in den beiden folgenden Charts einen Blick darauf zu werfen, wo wir Mitte September standen.

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Beachten Sie, dass Silber in dem obenstehenden Chart mit den Kursentwicklungen seit Anfang 2016 noch immer als größter Gewinner heraussticht. Wenn man den Zeitraum jedoch auf die letzten sechs Monate verkürzt, ändert sich das Bild drastisch: Die Finanzwerte steigen in dieser Zeit von ihrer Schlusslichtposition zum Superstar auf (siehe Chart unten).

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Mitte September sah es noch so aus, als würden Gold und Silber wieder im Mittelpunkt des Anlegerinteresses stehen, doch die Märkte wurden neu kalibriert und nun steht der Finanzsektor im Rampenlicht, zusammen mit den kleinen Börsenwerten und den Technologieaktien. Erst danach folgen Silber, die Großunternehmen und Gold.

Wie können wir unsere Investitionen nun an die Entwicklung der Märkte bis zum Jahresende anpassen? Wie bei allen Politikern, lautet die Devise auch bei Donald Trump "Drucken und Ausgeben". Sein Wahlsieg wurde zwar von sinkenden Goldpreisen und steigenden Aktienwerten begrüßt, und der Infrastruktursektor ist quicklebendig und attraktiv für alle, die ihre Aktieninvestments ausbauen wollen. Dennoch sollten Sie sich fragen, wo das Geld dafür herkommen wird und welche Auswirkungen das auf das Haushaltsdefizit und die Kaufkraft des US-Dollars haben wird.

Ein weiterer Punkt ist der US-Dollarindex, der auf die 100-Punkte-Linie zurast. Die amerikanischen Unternehmen werden feststellen, dass ihre Exporte aufgrund der für sie nachteiligen Entwicklung der Währung vor zunehmenden Herausforderungen stehen. All das schreit nach einer Umkehr, sobald die Trader die Meinungsmache geschluckt und verdaut haben. Ich sehe einen typischen Wile-E.-Coyote-Moment an den Märkten vor mir, wenn die Cartoon-Figur plötzlich feststellt, dass sie schon längst über den Rand der Klippen hinaus ist und unter ihr nichts als Luft ist.

Ich investiere weitere 25% in die im Januar auslaufenden Call-Optionen auf den Silber-ETF SLV, die zum Kauf von Anteilen für je 15 $ berechtigen und derzeit zu 2,85 $ gehandelt werden. Die ersten 25% hatte ich für 2,50 $ gekauft. In meinen Augen ist Silber das perfekte monetäre Asset, das gleichzeitig die Eigenschaften der Industriemetalle in sich vereint und dadurch von der starken Hausse profitiert, die wir derzeit bei Kupfer und Zink beobachten.

Wie ich in einem anderen Beitrag vor Kurzem bereits angemerkt hatte, weisen Kupfer und Silber eine Korrelation auf. Kupfer notiert aktuell im Bereich von etwa 2,50 $ und in der Nähe der abwärts gerichteten Trendlinie, die bis ins Jahr 2011 zurückreicht. Ein Schlusskurs auf diesem Niveau würde bedeuten, dass die Trendlinie nach oben durchbrochen wurde, doch ich werde mich wohler fühlen, wenn der Kupferpreis einige Tage in Folge über der 2,50-$-Linie bleibt.

Obwohl der Relative-Stärke-Indikator RSI derzeit bei 87 liegt, befindet sich der Trendindikator MACD noch weit unter dem Bereich, in dem er in der Vergangenheit üblicherweise korrigiert hat. Da sich der Silberkurs parallel zum Kupferkurs entwickelt, werde ich auf das weiße Metall setzten und sehen, ob wir einen Anstieg bis auf 22 $ erleben. Im Rahmen dieses wiederbelebten "Reflationshandels" halte ich das durchaus für möglich.

So, das war die Zusammenfassung meiner Sicht auf die Welt in den sieben letzten Wochen des Jahres 2016.

Zum Abschluss noch ein Gedanke von mir: Genauso, wie die Wall Street uns vor nicht allzu langer Zeit davon überzeugen wollte, dass die US-Notenbank die Weltwirtschaft retten kann, versucht sie jetzt uns glauben zu machen, dass der neue Präsident der Vereinigten Staaten - ein Mann, der noch immer seine vor Jahrzehnten gemachten Verluste anführt, um heute Steuerzahlungen zu vermeiden - in der Lage ist, uns durch ein globales Minenfeld des inländischen und internationalen Terrorismus, der Expansionsbestrebungen (China), der Staatspleiten (Europa) und der Derivaterisiken (Deutsche Bank) zu navigieren, während er die Fertigungsindustrie nach 30 Jahren der Globalisierung wieder zurück ins Land holt.

Eine Mauer zu bauen, unter der sich die mexikanischen Drogenbarone mit ihrem in Schuhkartons verstecktem Kleingeld einfach durchbuddeln werden, bis sie in Kanada wieder herauskommen, scheint ein etwas überambitioniertes Projekt zu sein, genau wie all die anderen Versprechen, die Trump gegeben hat, um sich bei der schweigenden (weißen und christlichen) Mehrheit unter den Männern beliebt zu machen, die in Pick-ups herumfahren und die Konföderierten-Flagge hinter der Heckscheibe aufgehängt haben.

So wie die Entscheidung für den Brexit ein völlig ethnozentrisches und gegen Immigration gerichtetes Ergebnis war, welches von der Mehrheit der weißen Engländer herbeigeführt wurde, war der Wahlsieg Donald Trumps ein Schrei aus dem ländlichen Amerika im Namen der Rückkehr zu den guten, alten Zeiten. Das Gefühl, das mich dabei beschleicht, erinnert mich an die Situation in Kent State und Berkeley während der Antikriegsbewegung der 1960er Jahre, die nicht gerade erfreulich endete.

Donald Trump sollte besser sehr vorsichtig sein, denn viele Millennials werden ganz und gar nicht begeistert sein, wenn man ihnen die staatlichen Leistungen entzieht, die ihnen zustehen, zusammen mit den kostenlosen Handys und den Lebensmittelmarken.

Nicht vergessen sollte man bei all dem auch Hillary Clinton und die Clinton Foundation. Wenn Sie glauben, dass die Sache jetzt endlich erledigt ist, sollten Sie vielleicht noch einmal scharf nachdenken...


© Michael Ballanger


Dieser Artikel wurde am 10.11.2016 auf www.theaureport.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.