Interview mit Technologieexperte Fred Hickey (II): Bitcoin kein Wertspeicher. Gold schon
02.03.2018 | Chris Martenson
Chris Martenson: Naja, Blasen sind immer eine Freude -auf dem Weg nach oben. Reden wir jetzt darüber, was auf dem Weg nach unten passiert. Aktienrückkäufe von Unternehmen: Sie waren ein großer Bestandteil der steigenden Aktienrenditen der letzten acht oder neun Jahre. Was aber passiert auf dem Weg nach unten?
Fred Hickey: Gut, wir wissen ja, was dann passiert. Wir konnten sehen, wie die Aktienrückkäufe 2009 ihren absoluten Tiefststand erreichten und dass sie 2007 ihr absolutes Hoch hatten. Wir wissen also, was passiert. Sie werden verschwinden. Die Unternehmen kaufen immer zu den höchsten Preisen. Sie folgen dabei ihren Kollegen. Bis jetzt ist es sehr gut für die Manager gelaufen, weil die Boni alle gestiegen sind, die Aktienkurse gestiegen sind und der Gewinn scheinbar gestiegen ist. Schaut man sich aber die Unternehmenssteuereinnahmen an, dann sind die alle rückläufig.
Man zahlt seine Steuern ja nicht auf die Aktienrendite, man zahlt sie auf den tatsächlichen Gewinn. Wir wissen alle, was dann passiert. Am Ende haben diese Unternehmen - angesichts dieser irren Bewertungen - enorm draufgezahlt. Mit Blick aufs Kurs-Umsatz-Verhältnis haben wir den teuersten Markt der Geschichte, selbst nach dem jüngsten Kursrückgang. Bei anderen Berechnungsmethoden haben wir aktuell die zweit- oder dritthöchsten Bewertungen. Als Vergleichsfälle werden die Jahre 1929 und 2000 herangezogen, und beide endeten mit schrecklichen Einbrüchen.
Wir werden etwas Ähnliches erleben; die Märkte werden deutlich fallen und die Unternehmen werden ihr Geld durch überteuerte Aktienkäufe verschwendet haben. Und dann werden sie nicht mehr in der Lage sein, am Tief zu kaufen.
Chris Martenson: Möglicherweise werden sie im Umfeld steigender Zinssätze auch noch große Mengen Unternehmenskredite umschulden müssen. Dahingehend hat auch die Trump-Administration ein Budget vorgelegt, in dem von insgesamt 6 Billionen $ Defiziten in den kommenden fünf Jahren ausgegangen wird - und dort ist noch keine Rezession eingerechnet oder irgendein anderer Faktor, der zum Tragen kommen könnte und diese Zahlen kaputt macht. Sehen Sie die Zinssätze steigen? Angesichts solcher Geldfluten müssen sie doch steigen, oder?
Fred Hickey: Sie steigen ja schon. Wir wissen, dass die Verbraucherschulden um mehr als eine Billion $ gestiegen sind, und der Durchschnittszins für Kreditkartenschulden ist gestiegen. Er liegt jetzt bei 15%. Wir haben erlebt, wie die Hypothekenzinsen vom 3%-Bereich auf jetzt 4,5% gestiegen sind. Der Zins für zehnjährige US-Staatsanleihen hat sich schon mehr als verdoppelt. Der Anstieg ist also schon da. Und ich denke, die Zinsen werden auch weiter steigen müssen, um das Geld anzuziehen, das für die Finanzierung der Verschuldung gebraucht wird.
Ich hatte irgendwo gelesen, dass um die 20% der gesamten US-Schulden im nächsten Jahr oder so umgeschuldet werden müssen. Und die Umschuldung wird zu höheren Zinssätzen erfolgen - für die Regierung, die Bundesstaaten und die lokalen Administrationen, die ebenfalls ungemein verschuldet sind. Dasselbe gilt für die Verbraucher und Unternehmen - sie alle sind rekordverschuldet. Studienkredite: von einst nichts auf 1,5 Billionen $! Gewaltige Schuldensummen. Selbst noch im letzten, vierten Quartal erhöhten sich die Ausgaben für Urlaubsreisen. Das war der historisch größte Sprung bei den Verbraucherkrediten innerhalb von zwei Monaten. Die Zinssätze werden steigen und die Finanzkraft aller wird darunter leiden.
Chris Martenson: 20% Umschuldung. Unglaublich. Ok. Ein kurzer Themenwechsel. Eine kurze Frage zu den Kryptowährungen, mit Bitcoin als führendes Beispiel. Erstens: Was halten Sie von den Kryptowährungen als Wertaufbewahrungsmittel? Und zweitens, vielleicht getrennt davon: Was halten Sie von der Technologie dahinter?
Fred Hickey: Gut. Man muss zwischen der Blockchain und den Kryptowährungen unterscheiden, und immer mehr machen das auch. Die Blockchain ist eine legitime Technologie. Es handelt sich um einen elektronischen Ledger, der es ermöglicht, Dinge unabhängig zu speichern. Die Systeme, die gerade entwickelt werden, sind effizienter. Viele Menschen, Banken, Kreditkartenunternehmen, Finanztransaktionsunternehmen arbeiten daran, und diese Technologie wird sich mit der Zeit als ein Plus für die Zukunft herausstellen, denke ich.
Die Kryptowährungen sind das, was Charles Kindleberger, Autor von Maniacs, Panics, and Crashes “delusive objects“ nannte. Sie haben geringen oder gar keinen Wert. Sie sind Spekulativobjekte, die zu Hochzeiten von Manien auftauchen. 2000 hatten wir die Dotcom-Unternehmen, die nie vorgegeben hatten, profitabel zu sein, einige hatten nicht einmal Einnahmen. Zudem kam dieser Baby-Wahn auf. Das sind deine Beanie Babies - deine Dotcom-Firmen ohne eigene Einkünfte und ohne Hoffnung auf einen realen, praktischen Marktwert, ok - zumindest vorläufig.
Bei den Kryptowährungen hieß es dann, dass sie in Zukunft als Tauschmittel genutzt werden. Es gab tatsächlich ein paar Frühanwender, die Bitcoin zu akzeptieren begannen - Reseller und dergleichen. Im Grunde haben sie alle wieder die Finger davon gelassen. Selbst die große Online-Gaming-Plattform - Steam heißt sie - hat kürzlich damit aufgehört.
Mitte Januar gab es in Miami eine Konferenz zu Kryptowährungen, und dort wurde Bitcoin nicht mehr als Zahlungsmittel akzeptiert. Und warum? Naja, weil Bitcoin von 1.000 auf 20.000 auf 8.000 geht. Damit umzugehen, ist eben nicht so einfach. Zudem sind die Transaktionskosten enorm teuer. Also nutzt sie niemand als Tauschmethode, womit aber anfänglich geworben wurde.
Wenn wir über das Thema Wertspeicher reden: Erst kürzlich wurden Krypto-Nano-Einheiten einer italienischen Kryptowährung im Gegenwert von 170 Millionen $ gestohlen. Eine Woche davor wurden 530 Millionen $ in Japan gestohlen. Immer wieder große Diebstähle durch Hacker. Aus meiner Sicht führt das nicht gerade zu steigendem Vertrauen in ein Wertaufbewahrungsmittel. Bitcoin, die größte aller Kryptowährungen macht ein Drittel des Wertes aller Kryptowährungen aus. Obgleich sie schon eine der weniger aufgeregten ist, bewegte sie sich von 1.000 letztes Jahr auf 20.000 und wieder auf 8.000. Auch das ist nicht wirklich das Wertaufbewahrungsmittel, das man möchte.
Ein anderes Problem ist die Tatsache, dass man von einem Wertaufbewahrungsmittel verlangt, dass es den Wert dann hält, wenn der Rest der Welt verrücktspielt, wenn die Märkte durchdrehen. Gold hat das immer gemacht, aber bei Kryptowährungen ist das nicht der Fall. Sie sind gestiegen, weil sie Spekulationsobjekte sind. Kindleberger meinte, dass sich Menschen von solchen Dingen angezogen fühlen - von Spekulativobjekten. Sie zieht es weg von Dingen, in die sie zuvor investiert hatten, werthaltigere Dinge. Und schließlich brechen diese Objekte dann ein.
Aktuell lassen sich die verschiedenen Manie-Phasen auch in den Charts ausmachen - Sie kennen die wahrscheinlich. Es beginnt mit wenig Interesse, dann geht es durch die Phase der großen Täuschung, anschließend der Einbruch, der letztlich in der Hoffnungslosigkeit endet. Und Bitcoin folgt diesem Muster fast bis ins Kleinste. Ich sehe keinen Wert in ihnen. Ich weiß nicht…sie haben überhaupt keinen intrinsischen Wert.
Edelmetalle hingegen haben ja noch andere Verwendungen. Gold wird in der Technologie eingesetzt. Und natürlich wird Gold auch aufgrund seiner Attraktivität verwendet. Schon seit tausenden Jahren. Es wird als Schmuck genutzt. Es hat alle möglichen Verwendungen. Außer als Spekulationsobjekt gibt es für Kryptowährungen keine weitere Verwendung. Deswegen gehe ich davon aus, dass sie auf diesen Abwärtspfad bleiben werden bis zur Verzweiflung und dem totalem Zusammenbruch.
Chris Martenson: Reden wir also über einen richtigen Wertspeicher - Gold. Ein Grund, warum ich in Gold investiere, ist nicht der Schutz gegen Inflation. Die Korrelation von beiden ist eher schlecht. Ich mag es als Absicherung gegen finanzielle Instabilität, institutionelle Insolvenz, vielleicht sogar staatlichen Zusammenbruch, solche Dinge. Sagen Sie uns, was Sie aktuell so attraktiv am Gold finden, oder was Sie damals attraktiv am Gold fanden, und später an Goldminenaktien. Und wie Sie beide Bereiche trennen.
Fred Hickey: Wie ich schon gesagt, für mich wurde Gold attraktiv wegen des verantwortungslosen Verhaltens der Zentralbanken, so wie ich es Anfang der 2000er wahrnahm. Es wurde im Verlauf der Zeit dann immer schlimmer und verantwortungsloser. Also: Ja, ich mache mir Sorgen. Als Wertaufbewahrungsmittel hat es immer funktioniert. Gerade in turbulenten Zeiten läuft Gold am besten. Aber auch wenn es am Aktienmarkt schlecht läuft.
Die 1970er waren eine ziemlich elende Zeit für das Land und für den Aktienmarkt. Es gab große Verluste an den Märkten und einen gewaltigen Anstieg der Inflation. Und Gold hatte einen großen Bullenmarkt. Als die Wende am Aktienmarkt kam, folgte eine 20-jährige Aktienhausse, die im Jahr 2000 ihren Höhepunkt erreichte - parallel zum Aktienmarkt befand sich Gold in einer Baisse.
Ying und Yang, wie ich gerne sage. Dann kam mit den 2000ern das verloren Jahrzehnt für Aktien; Gold hatte seinen großen Durchlauf von ungefähr 250 $ auf 1.900 $ zu Spitzenzeiten. Das ist immer wieder zu beobachten. Es schneidet gut ab in schwierigen Zeiten, und wir stecken jetzt in solchen. Oder wir streben gerade auf die schwierigsten aller Zeiten zu, aller Wahrscheinlichkeit nach.
Wir haben einen Aktienbullenmarkt, der sehr alt ist, und wir haben eine Wirtschaftserholung, die sehr alt ist - die drittlängste der Geschichte. Die Dinge stehen nicht gut. Ich denke, dass wir einen weiteren Abschwung am Aktienmarkt sehen werden. Der wird dauern, Jahre, ein paar Jahre mindestens. In dieser Zeit müsste Gold sehr gut laufen. Zudem ist es eine Inflationsabsicherung. Und darüber müssen wir uns leider Gedanken machen.
Wie wir alle wissen, hat Gold seinen Wert über Jahre hinweg gehalten. Im alten Rom konnte man eine Toga für denselben Preis kaufen wie heutzutage einen guten Anzug. Bei Lebensmitteln auch, egal was. Es behält seinen Wert. Gold macht nichts. Es hält seinen Wert über die Zeit hinweg, und die Währungen sinken gegenüber Gold.
Und damit wären wir beim Dollar, der sich mit Blick auf den Dollar-Chart im freien Fall befindet. Er hat alle Unterstützungsniveaus gebrochen, und das hat Gründe. Ein Grund ist, dass sich die Vereinigten allem Anschein nach auf eine riesengroße Ausgabeorgie zubewegen.
Damals 2000, als Gold bei 250 $ pro Unze hing, hatten wir in den USA Überschüsse von 1998 bis 2001. Dann geschah 9/11 und Bush begann eine riesengroße Ausgabeorgie. Einige meinen, aus guten Gründen… Allerdings hörte das nicht auf. Die Obama-Jahre waren dann Großausgabejahre, die Haushaltsdefizite stiegen massiv. Unsere Schulden stiegen von 8% auf 10% des GDP. Wir erreichten eine Verschuldung von mehr als einer Billion $ pro Jahr, zwischen 8% bis 10%. Und zufälligerweise war das am Hoch von 2011.
In diesem Jahr brachte der US-Kongress Ausgabegrenzen auf den Weg, und das war zufälligerweise genau die Zeit, als Gold seinen Höchststand markierte. Das war auch die Zeit, als das Haushaltsdefizit, anteilig am GDP, rapide zu fallen begann. 2015 hatte es dann sogar 2,4% erreicht, was zufälligerweise der Tiefpunkt des meiner Meinung nach letzten zyklischen Bärenmarkts beim Gold markierte. Jetzt haben wir wieder einen sehr drastischen Anstieg.
Wenn man diesem Muster folgt, müsste Gold anziehen, während die Defizite wieder drastisch steigen, wie damals in den 2000ern. Und auch der Dollar sinkt. Unsere Handelsdefizite waren gesunken, von 50 Mrd. $ ging es runter in den 20 Mrd. $-Bereich. Doch jetzt sind wir wieder ganz oben bei 54 Mrd. $, ein neues Hoch. Die Handelsdefizite sind also wieder am Steigen.
Wenn das Handelsdefizit abhebt, hebt auch Gold ab. Also scheint derzeit alles auf eine große Aufwärtsbewegung beim Gold hinzudeuten.
Chris Martenson: Richtig. Einer der Hauptpunkte meiner Analyse beschäftigt sich mit der Idee, dass im Westen gar nicht mehr so viel Gold verfügbar ist wie früher. Es hat eine außergewöhnliche Goldflut vom Westen in den Osten gegeben. Zudem berichten die Goldbergbaufirmen, dass es immer schwerer wird, die Reserven durch neue zu ersetzen, also neue Entdeckungen. Wir könnten tatsächlich einen Rückgang des Bergbauoutputs erleben. Analysieren Sie den Markt auch auf dieser Ebene?
Fred Hickey: Das ist zweifellos so. Die Unternehmen haben kein Geld dafür ausgegeben; sie haben ihre Explorationsaktivitäten und Budgets zusammengestrichen, aufgrund des Drucks im Sektor als der jüngste Gold-Bärenmarkt Einzug hielt. Infolgedessen gibt es diese Prognosen, die womöglich jeder kennt. Ob es nun Sell-Side-Maklerfirmen sind oder Quellen aus dem Sektor, sie alle meinen, dass wir jahrelange Rückgänge der Produktion sehen werden. Das wird sich nicht plötzlich ändern, weil es ein Jahrzehnt oder mehr braucht, um eine Mine in die Produktion zu bringen.
Zudem sind auch die Gehalte gesunken - von ehemals 10 Unzen pro Tonne auf 10 Gramm pro Tonne auf ein Gramm pro Tonne durchschnittlich. Seit Jahrzehnten wurde jetzt schon kein "Elefant" mehr gefunden. Sie finden einfach keinen mehr - und wenn sie einen finden, dann in geopolitisch sehr schwierigen Regionen. Also klar, wir werden mit Sicherheit ein Sinken der Minenproduktion erleben, und das Hoch liegt, denke ich, schon hinter uns.
Selbst die Zahlen aus China fielen letztes Jahr geringer aus - ihre Produktionszahlen als globaler Großproduzent. Hier hat sich das Blatt schon gewendet und die Zahlen werden zukünftig rückläufig sein.
Und Sie haben Recht, es gab hier große Verschiebungen: Als der Goldpreis in jenen Jahren von 1.900 $ auf sein Tief bei 1.050 $ fiel, war eine Explosion der Goldkäufe aus dem Osten zu beobachten, allen voran China, das jetzt auch zum größten Goldverbraucher der Welt geworden ist.
Russland hat um 200 Tonnen aufgestockt, 233 Tonnen letztes Jahr. Die Türkei. Es gab beim Gold diese immensen Lagerbewegungen vom Westen in den Osten. Der große Gold-ETF ist noch weit entfernt von seinen Höchstanden, die er am Markttop hatte. Und dieses Gold ist abgeflossen, und es wird nicht mehr zurückkommen. Die Chinesen werden ihr Gold nicht verkaufen. Die russische Zentralbank wird ihr Gold nicht verkaufen.
Es wird nicht zurückkommen, und wir produzieren nicht mehr die Mengen, die wir früher produzierten. Solche Dynamiken führen immer nur zu Druck und Bedrängnis.
Chris Martenson: Gut, jetzt würde ich gerne die Leute auf ihren Newsletter aufmerksam machen - “The High-Tech Strategist.” Dort werden auch spezifische Goldwerte und -Strategien analysiert?
Fred Hickey: Richtig. Vielleicht nicht jeden Monat. Vor ein paar Monaten habe ich mir viel Zeit für die Minenunternehmen an sich genommen. Sehr viel Zeit. Klar geht es im Newsletter viel um Technologie, aber es wird alles, was in der Welt der Technologie passiert, zusammengebracht - und der Ying&Yang-Aspekt von all dem, und auch die Bergbaufirmen. Ich persönlich bin nun schon seit vielen Jahren umfangreich bei Minenunternehmen investiert, mehr als ein Jahrzehnt schon. Und ich rede über die Unternehmen, von denen ich Aktien habe.
Eine unglaubliche Story, was mit diesen Aktien gerade passiert. Sie hatten erwähnt, dass gerade nichts unterbewertet ist, aber diese Aktien sind es. Dieses Jahr konnten wir sehen, dass sich der Goldpreis bei Aktienmarktrückgängen behaupten konnte. Die Bergbauwerte wurden aber weggesäbelt. Was wir dahingehend im Auge behalten, ist das HUI-Gold-Verhältnis oder den Gold Miner Index im Verhältnis zu Gold. Dieses Verhältnis ist gesunken; letztes Wochenende, also vor zwei Tagen, lag es bei 0,133.
Es steht also tiefer als am Tief des 20-jährigen Bärenmarkts im Jahr 2000. Nur Ende 2015 stand es etwas tiefer. Wir sprechen hier aber über ein Fast-Rekordtief, während der Goldpreis im Plus ist. Für mich sieht es so aus, als ob Gold in einem Bullenmarkt ist. Der Chart vermittelt diesen Eindruck. Es sieht so aus, als würde Gold höhere Hoch und höhere Tiefs markieren - von 1.050 $ ging es hoch auf 1.330 $.
Sobald wir die 1.365 $-Marke durchbrochen haben, also das alte Hoch von 2016, werden mehr Leute einsteigen und wahrscheinlich geht es von hier aus katapultartig nach oben. Allerdings haben sich die Bergbauwerte erstmal in die entgegengesetzte Richtung bewegt. Dafür gibt es einige Gründe. Einer ist die riesige Short-Position, die sich im GDX ETF aufgebaut hat.
In der Technologiewelt - bei den Facebooks, Amazons, Netflixes und Googles - den FANG-Aktien - schrauben sich die Kurse in die Höhe, wenn Geld in die ETFs fließt. Im Bereich Goldaktien erleben wir aber das Gegenteil, Geld wird rausgezogen. Im März 2017 hatten wir 510 Millionen ausgegebene Aktien im GDX. Vor einer Woche waren es 310 Millionen, ein Rückgang um 40%.
Ein großer Teil davon war Short-Interest. Das hab ich erst in den letzten Wochen mitbekommen. Wir haben jetzt 55 Millionen Shorts auf 310 Millionen, insgesamt. Was für ein Anstieg. Das sind fast 20%. 20% der insgesamt ausgegebenen Aktien im GDX wurden geshortet. Da sind wir auf dem Niveau von Tesla. Übrigens eine meiner Lieblings-Shorts an der Wall Street.
Und warum sollte das der Fall sein in einem Markt, wo Gold allem Anschein nach in einem neuen Bullenmarkt steckt? Es ist auf jeden Fall schon mit mehr als 20% im Plus. Und auch die Charts legen nah, dass Gold in einem neuen Bullenmarkt steckt. Wie kann nur jemand solche Short-Mengen auffahren?
Eines der Probleme mit so billigem Zentralbankengeld ist nun, dann man sich so viel Geld leihen kann, wie man möchte und damit spielen geht. Alles wird zu einem riesigen Kasino. Diejenigen, die das Short-Spiel hier spielen, haben dazu beigetragen, den Kurs der Minenwerte genau dann in den Keller zu treiben, wenn andere wohl Gewinne erwartet haben müssen.
Wir hatten diese Turbulenzen an den Märkten, und die Bergbauwerte hätten steigen müssen. Gold hielt sich. Aufs Jahr betrachtet, liegt es leicht im Plus, aber die Minenwerte wurden abgeschlachtet. Die Anteilseigner sind völlig ratlos, im Grunde wurden sie demoralisiert und verkaufen dann die ganze Position. Ich denke, dass das vielleicht am Freitag zu beobachten war. Wir sahen eine Kapitulationsbewegung.
Anschließend werden diese Short dann mit den Glattstellungen beginnen. Leider haben sich einige in Panik versetzen lassen. Doch das kann eben passieren, wenn es die Möglichkeit gibt, sehr günstig an Geld zu kommen, um damit Spielchen mit anderen Leuten zu spielen. Die Minenwerte müssten steigen. Heute sind die Minenwerte noch ziemlich abgeschlagen. Der Goldpreis stieg wieder um 6 $. Wir sind nur noch 30 $, oder so, von Durchbruchshoch entfernt.
Trotzdem fallen diese Minenwerte weiter. Ok, sie haben sich in den letzten Tage wieder etwas erholt, und ich denke, das Tief wurde am Freitag markiert. Wir haben also diese extrem niedrigen Stände - doch was letztlich die Rentabilität der Bergbauunternehmen bestimmt, ist der Goldpreis. Vergleichen Sie die Gewinnspannen der Bergbaufirmen mit jenen am Markttief - und trotzdem sind die Kurse dieser Unternehmen wieder fast auf den Tiefstständen.
Ende 2015 verdienten sie unter Strich nur 225 $ nach Abzug der Kosten - der All-In-Sustaining-Kosten. Heute ist es doppelt so viel - 460 $. Trotzdem haben sich die Minenwerte nicht erholt. Das ist unglaublich. Die Gewinnspannen sind fast dieselben wie 2012 - 460 $ heute und 490 $ im Jahr 2012. Damals stand der GDX aber nicht bei 21, oder wo er gerade steht. Aber ungefähr dort. Ich schaue fix. Ja, aktuell 21, im Vergleich zu 45 damals.
Wir haben also eine enorme Entkoppelung zwischen dem Goldpreis, den Gewinnspannen der Bergbauunternehmen - bei denen es gut läuft, weil sie ihre Kosten niedrig halten mussten - und den Aktienkursen dieser Unternehmen. Dieses Missverhältnis muss sich letztlich aber korrigieren. Wir sahen einen enormen Anstieg Anfang 2016, als Gold um 30% stieg und die Minenwerte um 180%! Das gab es auch im Jahr 2000. Gold stieg zwar recht deutlich, aber die Minenwerte stiegen um 1.600%! Das ist eine Versiebzehnfachung.
Auch in den 1970ern am Ende des Bärenmarktes war das der Fall. Einige Werte stiegen ums 10-fache, und manche sogar um das 30-fache. Das passiert also regelmäßig, wenn die Minenwerte so stark abgeschlagen sind. Sie rutschen in ein Missverhältnis gegenüber dem Goldpreis und den Gewinnspannen der Firmen und schießen dann nach oben. Und das steht uns, denke ich, jetzt bevor.
Wir stehen jetzt genau an einem solchen Punkt. Ich denke, hier werden enorme Gewinne erzielt werden - wieder einmal, wie schon Anfang der 2000er, wie schon kurz nach dem Tief 2015, wie schon in den 1970ern nach der Korrektur zur Zyklusmitte, oder auch schon davor. Also ich bin schon ziemlich gespannt. Alle sind ordentlich niedergeschlagen, weil die Minenwerte weiter sinken, während der Goldpreis steigt.
Chris Martenson: Naja, und das ist immer die richtige Zeit für Käufe. Auch das HUI-Gold-Verhältnis, das Sie eben ansprachen, ist wirklich ein Hingucker! Ich persönlich hatte Gold-Futures auf Intraday-Basis gehandelt. Das würde ich niemals machen, ohne die Minenwerte dabei auf dem Schirm zu haben. Denn die Spielchen, die damals 2008 und 2009 gespielt wurden, als ich tradete … Ich konnte zusehen, wie die Goldminenwerte niedergemetzelt wurden, als irgendjemand einstieg und Short-Positionen draufschichtete. Dann ging es rüber an den Futures-Markt, wo sie ebenfalls die Kurse drückten und anschließend alles umkehrten und ihre Gewinne mitnahmen. Da wird gespielt!
Fred Hickey: Gerade wenn das Handelsvolumen so niedrig ist wie heute. Die Volumina sind sehr niedrig, weil es so wenig Interesse gibt. Der Fokus lag nur auf den FANG-Aktien und Aktienkursen, die ewig steigen, und niemals fallen werden. Das Handelsvolumen hat sich also stark ausgedünnt. Dann sind solche Spielchen sogar noch einfacher.
Das Short-Interest-Verhältnis im GDX bewegte sich letzte Woche auf 1,5. In den letzten fünfeinhalb Jahren war das nur noch ein weiteres Mal passiert. Und zwar im Juli letzten Jahres, in der ersten Woche. Von da ab stieg der Goldpreis um 120 $. Und die Minenwerte stiegen um die 20% innerhalb von WOCHEN. So explosiv kann es werden, wenn dieser Punkt erstmal erreicht ist. Ich denke, dass sich die Shorts zum Glattstellen bereitmachen.
Chris Martenson: Richtig. Gut, dass Sie es sagen. Fred Hickey, vielen Dank, dass Sie sich heute die Zeit genommen haben. Sagen Sie allen interessierten Zuhörern doch bitte noch, wo sie Ihre Arbeiten finden, und wie sie Ihren Newsletter abonnieren können.
Fred Hickey: Ich bin auf Twitter. Fhickeyhts@fae. Das wäre die eine Möglichkeit. Dann gibt es meinen Newsletter, den ich seit 31 Jahren schreibe. Wenn Sie Interesse haben und ihn abonnieren wollen: Er kostet 140 $ pro Jahr per Email und per Post 150 $. Senden Sie uns bei Interesse eine E-Mail an thehightechstrategist@yahoo.com.
Chris Martenson: Alles klar. Nochmals vielen Dank. Wir werden diese Informationen noch einmal unten reinstellen, auch in den Kommentaren, damit man Sie leicht finden kann. Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für unser Interview genommen haben.
Fred Hickey: Es war mir eine Freude.
Den ersten Teil des Interviews können Sie hier lesen ...
© Chris Martenson
Peak Prosperity
Der Artikel wurde am 19. Februarr 2018 auf www.PeakProsperity.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.