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Eine Flut für Gold und Silber?

07.09.2018  |  David Smith

Es gibt Gezeiten auch für unser Tun ...

Damit beginnt eines der wohl berühmtesten Zitate aus Shakespeares Stück Julius Caesar. Brutus spricht mit Cassius und meint: "Es gibt Gezeiten auch für unser Tun. Nimmt man die Flut wahr, führet sie zum Glück ..."

Die Flut ist der Zeitpunkt des höchsten Wasserstandes. Sobald der "Gezeitenwechsel" eintritt, kann die Ebbe nicht aufgehalten werden, bis - deutlich später - ein anhaltender, vielleicht negativer Tiefstand erreicht wird.

Befinden Sie sich an der Küste Alaskas, wo der Wasserstand bei Flut teilweise bis zu 6 m höher ist, kann es weitreichende Folgen haben, wenn man bei Flut nicht an Board geht und stattdessen wartet, bis die Gezeiten wieder gewechselt haben. Dann werden Sie auf dem Trockenen sitzen.

Dasselbe gilt für viele Lebensbereiche, nicht zuletzt den finanziellen.

Shakespeares Zitat dient als eine Metapher - ein Prüfstein für die Entscheidung, wann, wie und sogar ob man aufgrund bestimmter Umstände in seinem Leben handeln sollte.

Es ist schwierig. Denn obgleich wir vielleicht sicher sind, dass sich eine oder mehrere umwälzende, bahnbrechende Entwicklungen vollziehen, gibt es keine Möglichkeit im Voraus zu wissen, wie lange diese andauern oder welches Ausmaß sie annehmen werden.

Im Fall der kurz- bis mittelfristigen Kursbewegungen der Edelmetalle könnte die korrekte und rechtzeitige Vorhersage der Resultate entscheidende Konsequenzen für die Gewinne derjenigen haben, die sich entschieden haben zu handeln - und für diejenigen, die das nicht getan haben.

Dabei sollte es nicht nur darum gehen, "schnellen Profit zu machen", falls die Preise eine deutliche, anhaltende Aufwärtsbewegung verzeichnen. Wichtiger ist zunächst der Aufbau einer Kernposition. Wer keine solche Position besitzt und zu lange zögert, wird nur zusehen, warten und letztlich nicht an der Rally teilnehmen, während die heutigen Preisniveaus im Rückspiegel verschwinden.

Ebenso wird das Warten bis "es offensichtlich ist" zu Frustration führen, wenn die Preise zurück zu der großen Seitwärtsentwicklung finden, die wir in den letzten Jahren mehrere Male beobachten konnten.


Der Edelmetallsektor ist bis zum Zerreißen gespannt

Ganz gleich, welche Kennzahlen und Indikatoren man betrachtet - alle deuten darauf hin, dass die Gold- und Silbermärkte "überdehnt" sind.

Die Short-Positionen der Hedgefonds am Silbermarkt, mit denen die Trader auf fallende Preise spekulieren - oftmals ein gegenteiliger Indikator - befinden sich auf Rekordhochs, wie in diesem Chart zu sehen ist:

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Die Short-Positionen der Commercials am Goldmarkt, ebenfalls ein wichtiger Indikator, befinden sich dagegen beinahe auf Rekordtiefs:

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China, Indien und Russland kaufen nach wie vor große Mengen an physischem Gold und Silber:

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Der Palladiumpreis, der oftmals als "Frühindikator" für den Rest des Sektors gilt, ist vor kurzem 120 Dollar über seine jüngsten Tiefs gestiegen:

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Und Platin, das üblicherweise bis zu 300 Dollar je Unze mehr als Gold kostet, ist derzeit viel günstiger als das gelbe Metall. Die aktuelle Preisdifferenz zählt zu den größten, die je verzeichnet wurden.

Der Versuch ein exaktes Preistief irgendeines Marktes zu finden, ist zum Scheitern verurteilt. Doch der Aufbau einer Position zu einem Kursniveau, das einen soliden Beweis für einen starken, langfristigen Wert liefert - das ist etwas ganz anderes!

Brutus beendet sein Gespräch mit Cassius mit der Bemerkung:

"Versäumt man sie, so muss die ganze Reise des Lebens sich durch Not und Klippen winden. Wir sind nun flott auf solcher hohen See. Und müssen, wenn der Strom uns hebt, ihn nutzen; wo nicht, geht unser schwimmend Gut verloren."

Wir werden erst im Laufe der Zeit herausfinden, wie nahe die Prämisse dieses Essays, die unterstützenden Charts und der Ansatz, dieses mit Zitaten Shakespeares zu verbinden, mit dem übereinstimmen, was der Markt für uns vorgesehen hat. Sicher ist, dass Millionen Marktteilnehmer und diejenigen, die noch über eine Teilnahme nachdenken, die Edelmetallpreise in den kommenden Tagen, Wochen und Monaten genau beobachten werden.

Es spricht viel dafür, in Ruhe über Brutus' weise Bemerkungen nachzudenken. Stimmen die angedeuteten künftigen Entwicklungen mit Ihren Ansichten über die finanzielle und politische Situation der heutigen Welt überein? Passen Sie zu Ihren Erwartungen, Zielen und Ressourcen? Lassen sie sich mit Ihrer Beurteilung des Angebots und der Nachfrage an den Edelmetallmärkten in Einklang bringen?

Besitzen Sie aktuell "genügend" Metalle, um ihre Position "abzurunden", falls sich meine Argumentation als zutreffend erweist? Oder sitzen Sie noch immer im "Denkmodus" fest, behindert durch die Meinung der Mehrheit der Marktteilnehmer, die derzeit alle zusammenkauert auf derselben Seite des metaphorischen Investmentboots hocken und auf noch niedrigere Gold- und Silberpreise spekulieren?

Haben Sie den OODA-Kreislauf, den wir in einem vorherigen Artikel besprochen haben, durchgearbeitet?

Haben Sie beobachtet, sich orientiert und sich entschieden ... aber nicht gehandelt?

Aus dieser Perspektive scheint die Flut im Edelmetallsektor fast gekommen zu sein. Eine vernünftige Anpassung Ihrer aktuellen Investitionen oder das Aufbauen und Halten einer neuen Position könnte eines Tages verhindern, dass Sie sich "durch Not und Klippen winden" müssen - anders als wortwörtlich Millionen von Venezolanern, die nicht im Vorfeld gehandelt haben.


© David Smith
The Morgan Report



Der Artikel wurde am 28. August 2018 auf www.moneymetals.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.

Hinweis: Der Brief "Der Morgan Report" kann in deutscher Sprache unter www.morgan-report.de abonniert werden.