Gold: Ein neuer Bulle oder der gleiche alte Bär?
01.10.2018 | Gary Savage
Es gibt derzeit zwei Lager am Goldmarkt und beide sind fest davon überzeugt, dass sie die Kursentwicklung richtig interpretieren:
- Die Bullen: Gold begann Ende 2015 eine neue Hausse.
- Die Bären: Der Anstieg nach dem Tief von 2015 war nur eine gegen den Trend gerichtete Bärenmarkt-Rally und Gold befindet sich langfristig bestenfalls in einem seitwärts gerichteten Trendkanal, ähnlich dem Zeitraum von 1980-2001.
Ich muss zugeben, dass es überzeugende Hinweise auf das bearishe Szenario gibt, aber ich habe dennoch Zweifel an seiner Richtigkeit.
Mir ist aufgefallen, dass sich der Goldpreis in klaren ABCD-Mustern bewegt. Die A-Welle ist eine aggressive Rally nach einer Korrektur und einem wichtigen Boden. Die B-Welle ist eine Form der korrektiven Bewegung, bei der das bullische Sentiment, welches infolge der explosiven Kursgewinne der A-Welle entstanden ist, wieder zunichte gemacht wird. (B-Wellen können ziemlich komplex und ermüdend sein.) Die eigentlichen Gewinne werden während der C-Welle gemacht. Die finale D-Welle beginnt, wenn die C-Welle ihr Top erreicht und eine längere Korrektur einsetzt. Im nächsten Chart zeige ich ein Beispiel für dieses Muster aus vier Wellen:

Im Laufe der langen Hausse wurde das Vier-Wellen-Muster größer und einzelne Wellen dauerten länger. Im Chart oben können Sie die C-Welle sehen, die von Oktober 2006 bis März 2008 andauerte und in knapp 18 Monaten einen Anstieg um 89% mit sich brachte. Die nächste C-Welle begann im April 2009 und ließ den Goldpreis innerhalb von 29 Monaten um 123% steigen.

Viele Trader sind der Meinung, dass Gold jetzt in einem langen, seitwärts gerichteten Bärenmarkt feststeckt. Ich tendiere dagegen zu der Ansicht, dass der Rückgang eine sehr komplexe und frustrierende B-Welle ist. Der Baby-Bullenmarkt entsprach mit seinem explosiven Kursanstieg fraglos den Kriterien für eine A-Welle und rief eine extrem bullische Stimmung hervor, da allen Marktteilnehmern bewusst wurde, dass die lange Baisse nun vorüber war. Zudem wurde ein signifikanter Teil der Kursverluste der D-Welle wettgemacht, aber das frühere Hoch der C-Welle wurde nicht wieder erreicht. (In diesem Fall kletterte der Kurs bis zur Linie des 38-%-Retracements.)

Sobald die A-Welle ihren Höhepunkt überschritten hat, setzt eine B-Welle ein, die den Optimismus zunichte macht, der während der dynamischen Aufwärtsbewegung entstanden war. Diese Welle kann entweder die Form einer steilen, tiefen Korrektur annehmen, die zu einem erneuten Test des vorherigen Bodens der D-Welle führt (ohne dass der Kurs unter dieses Tief fällt), oder als komplexe und frustrierende Seitwärtskorrektur auftreten, welche die Trader schließlich ermüdet, da diese mit einer raschen Wiederaufnahme der A-Welle gerechnet hatten.
Ich vertrete die Ansicht, dass sich der Goldpreis in den Fängen einer solchen komplexen B-Welle befindet, seitdem die A-Welle 2016 ihr Top bildete.

Da der Tageszyklus des Goldpreises sein Top bereits in der ersten Zyklushälfte bildete (ein bearishes Signal), kann ein weiterer schneller Rücksetzer, bei dem das nach der US-Präsidentschaftswahl verzeichnete Tief von 1.140 $ erneut getestet oder marginal nach unten durchbrochen wird, nicht ausgeschlossen werden, bevor die B-Welle endet und die nächste C-Welle beginnt.
Ich frage mich allerdings mittlerweile, ob am Palladium- und nun möglicherweise auch am Silbermarkt bereits Knappheiten entstehen und die Kurse dieser Edelmetalle sich von Gold abkoppeln könnten, falls das gelbe Metall ein neuen Tief verzeichnet. Die Rally des Silberpreises am Freitag war ziemlich überzeugend und die mittelfristige Trendlinie wurde bereits zuvor nach oben durchbrochen.

Falls sich Silber von Gold abkoppelt und dem gelben Metall nicht weiter nach unten folgt, wäre dies ein starkes Signal für das bevorstehende Ende der B-Welle. Meine Theorie könnte also in den kommenden Tagen bestätigt werden - unter der Voraussetzung, dass Gold weiter sinkt, Silber dies aber ignoriert und steigt.
© Gary Savage
Dieser Artikel wurde am 30.09.2018 2018 auf www.investing.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.