Déjà-vu: Es ist wie 2016, oder?
07.05.2019 | Chris Martenson
Die heutige Situation ähnelt 2016, als die zunehmende Schwäche der Weltwirtschaft und instabile Finanzmärkte zur absoluten Panik der Zentralbanken weltweit führten.
Als Reaktion pumpte man mehr Geld - das aus dem Nichts heraus erschaffen wurde - als jemals zuvor in das System. Und es funktionierte (aus Sicht der Banken zumindest). Das Wirtschaftswachstum stabilisierte sich; und die Preise von Aktien, Immobilien und anderen Assets erfreuten sich einer weiteren dreijährigen Spritztour.
Ähnlich hielt man sich Ende 2018, als die Dinge ins Wanken gerieten, an dasselbe Manuskript. Und erneut stiegen die Aktien seitdem in die Höhe.
Aber wird diese Strategie diesmal tatsächlich funktionieren? Das ist unklar. Und vieles hängt von der Antwort auf diese Frage ab.
Im Jahr 2016 fiel die Finanzwelt auseinander. Der US-Dollar verzeichnete eine Spitze. Schwellenlandwährungen wurden zerstört. Die Aktien des S&P 500 zeigten eine klassische Schulter-Kopf-Schulter-Formation und deuteten einen drohenden Absturz an. Die makroökonomischen Aussichten schienen ebenso düster, wobei der Welthandel zu kontrahieren begann:
Doch auf magische Weise veränderte sich plötzlich alles.
Nun, wir wissen jetzt, dass diese "Magie" tatsächlich eine massive Menge an geldpolitischen und fiskalen Anreizen war, die vom weltweiten Zentralbankenkartell in das System gepumpt wurden.
Unsere Sorge ist, dass die geldpolitischen und fiskalpolitischen Obrigkeiten meinen, sie könnten dieselbe Strategie 2019 anwenden, nur weil sie 2016 "erfolgreich" waren.
Doch können sie das? Vielleicht, vielleicht auch nicht.
Wenn die Antwort "ja" lautet, dann erwarten wir, was wir auch das letzte Mal erhalten haben; nur zu größeren Extrema: ein deutlich steileres Wohlstandsgefälle zwischen den 1% und der breiten Masse, das durch die Zerstörung von Sparern und Mittelklasse verschlimmert wird sowie kraftloses BIP-Wachstum und einen explosiven Anstieg der weltweiten Schulden.
Wenn die Antwort "nein" lautet, dann wird ein massiver Crash epischen Ausmaßes folgen, den wir so bisher noch nicht erlebt haben. Kreditblasen sind üble Biester. Gut, solange sie anhalten, aber verheerend, sobald sie platzen. Je länger sie anhalten, desto schlimmer fällt der Crash aus, wenn es soweit ist - diese Blase besteht nun schon länger, als die meisten Menschen jemals zu träumen gewagt haben.
Das Jahr 2016 - Eine Analyse
Es ist erschreckend, wie stark kürzliche Entwicklungen dem ähneln, was Anfang 2016 stattfand.
Im Jahr 2016 schwächelten Schwellenländer, eine Vielzahl makroökonomischer Indikatoren deutete auf eine weltweite Schwäche des Wirtschaftswachstums hin und Aktienbärenmärkte traten überall auf. Und dann - Simsalabim! - änderte sich in einer Februarnacht im Jahr 2016 plötzlich alles. Es war, als wäre nie etwas geschehen.
Irgendwie verflüchtigten sich all diese grundlegenden makroökonomischen Warnsignale in einem Ausbruch von Finanzmarktausgelassenheit.
Die S&P-Futures schnellten in der Zeit vom 7. Februar bis zum Morgen des 8. Februars in die Höhe, als hätte die gesamte Welt plötzlich einen Sinneswandel durchgemacht:

Von diesem Moment an kletterte der S&P bis zum September 2018 auf neue Rekordhochs, praktisch unvermindert.
Was passierte hier? Welche neuen Informationen erhielten die Investoren weltweit in den Abendstunden/frühen Morgenstunden des 8. Februars 2016, die am vorherigen Tag noch nicht bekannt waren?
Keine sonderlich bedeutsamen, das ist sicher. Massive Kaufaufträge tauchten mitten in der Nacht auf und erst später verbesserten sich die wirtschaftlichen Zahlen.
Zuerst folgten enorme geldpolitische, fiskalpolitische und finanzielle Anreize; erst nach und nach. Die wirtschaftliche Erholung trat erst später auf.
Sie müssen die Tatsache verstehen, dass die weltweiten Zentralbanken zwischen 2016 und Mitte 2018 ihre Schleusentore öffneten und die größte Menge Geld in das System pumpten, die die Welt seit der Weltwirtschaftskrise 2008 gesehen hatte.

Im obigen Chart können Sie sehen, wann die Zentralbanken Mitte 2015 Panik bekamen. Es dauerte nicht lange bis die gemeinsame Gelddruckerei das höchste Ausmaß der gesamten Krise bei 2,5 Billionen Dollar Mitte 2016 erreichte. Bis Mitte 2018 behielt man den Fuß dann auf dem Gaspedal. Dies stellt klar den größten Anreiz dar, der im Rahmen dieser scheußlichen quantitativen Lockerung durchgeführt wurde, die man nach der Weltwirtschaftskrise einführte, um Geld, das aus dem Nichts gedruckt wurde, in die Finanzmärkte zu pumpen (und somit in die Portfolios der Reichen).
Die größte Gelddruckerei, die es jemals gab.
Dies entsprach ihren öffentlichen Statements ganz und gar, die alle darauf ausgerichtet waren, die Massen zu beruhigen und zu beschwichtigen.
"Die Wirtschaft ist robust", sagte man. "Das Wachstum ist auf dem richtigen Weg", so murmelte man beschwichtigend.
Doch hinter den Kulissen pumpte man hastig, und oftmals wahllos, die größte Menge Geld und Kredit in das System, die die Welt jemals gesehen hatte. Ähnlich wie eine Fünfjährige, die aus Angst geschnappt zu werden, eine erbeutete Tüte Chips hastig unter das Sofa schiebt.
Auch wenn man einer schmerzhaften Korrektur auf diese Weise wahrscheinlich entgangen ist, so profitierte nicht jeder gleichermaßen von den weiteren Gewinnen der resultierenden Jahre:

In einem System, das nun so deutlich finanzialisiert ist wie unseres, kommen die Vorteile derartig extremer Stimuli nun exponentiell denjenigen zugute, die Finanzvermögenswerte besitzen und kontrollieren - diejenigen, die sich an der Spitze der Reichtums/Einkommensverteilung befinden.
Es ist unglaublich zu beobachten, wie dramatisch die 1% die unteren 99% übertreffen, doch die oberen 0,1% wiederum die oberen 1% im Staub zurücklassen. Dasselbe gilt auch für die oberen 0,01% gegenüber den oberen 0,1%. Und die oberen 0,001%? Die befinden sich in ihrer ganz eigenen Stratosphäre.
Die entwickelte Welt wird rasch zur Oligarchie. Und zunehmende Zentralbankdruckerei verschlimmert diese Dynamik nur weiter.
Je mehr das System mit weiterer Gelddruckerei über Wasser gehalten wird, desto mehr Trumps, Brexits, Gelbwestenproteste und populistische Politiker werden wir beobachten können. Gelddruckerei ist ein politischer Akt der Reichtumsverteilung vom unteren Ende der Pyramide zu deren Spitze. Es ist unfair und sozial destabilisierend.
Auch wenn wir den wahren Übeltäter nicht sehen können, so wachen die Massen langsam auf und realisieren, wie sehr sie über den Tisch gezogen werden.
Sofern und Solange
"Sofern und Solange", so haben wir Anfang 2018 in einem Artikel geschrieben. Wir haben gewarnt, dass die weltweite Jauchegrube überteuerter Finanzvermögenswerte bald eine schmerzhafte, nach unten gerichtete Neuauszeichnung erleben wird, "sofern und solange" die weltweiten Zentralbanken ihren Kurs ändern und wie verrückt zu drucken beginnen.
Und im Herbst taten sie das; von September 2018 bis Heiligabend. Dann, wie es schon oft der Fall war, bildete sich ein "Wunderboden" - der keinem echten Boden ähnelte, an dem es sich Käufer und Verkäufer eine Weile bequem machen und miteinander ringen, ohne das eine Seite die Oberhand erhält. Stattdessen verzeichneten wir ein ziemlich steiles "V."
Ein "Nadelboden", wenn man so will; ein umgedrehtes Matterhorn:

Was verursachte diese heftige Umkehr? Die Tatsache, dass die weltweiten makroökonomischen Umstände wieder unglaublich fantastisch waren? Neue Informationen, die neue Quellen massiver Unternehmensprofite enthüllten?
Nein, nichts davon. Es waren nur weitere 1 Billionen Dollar, die von Zentralbanken gedruckt worden waren; gepaart mit jeder anderen denkbaren Option, zusätzliches Geld und Kredit in das System zu pumpen.
In einem kürzlichen Interview gab James Grant seine Ansichten bezüglich der Fed und anderer Zentralbanken zum Besten und erklärte deren Rolle, jegliche Abwärtsbewegung an den heutigen "Aktienmärkten" zu verhindern:
F: Was würden Sie tun, wenn Sie am Hebel der weltweit mächtigsten Zentralbank sitzen würden?
A: Zuerst möchte ich sagen, dass ich für Zinsen bin, die am Markt festgelegt werden. Und Zinsen sollten zumindest auf einem Niveau festgesetzt werden, das einen Aufpreis zur Inflationsrate darstellt.
Zuerst würde ich also eine Rede darüber halten, dass wir uns nicht länger mit der Manipulation von Erwartungen beschäftigen werden; dass wir den Aktienmarkt nicht länger manipulieren werden. Der Aktienmarkt entwickelt sich so, wie er möchte und wenn er stark zurückgeht, dann ist das eben so. Das ist nicht unsere Arbeit. Wir kümmern uns darum, eine Währung zu sichern, die ihren Wert beibehält und ein gutes Tauschmittel darstellt.
F: Klingt eindeutig. Doch wie würden die Finanzmärkte reagieren?
A: Man würde es als äußerst radikal und ungefällig empfinden. Doch um voranzukommen, muss man irgendwie die Interaktion von Angebot und Nachfrage wieder an der Wall Street etablieren und die Fed aus dem Geschäft nehmen, Werte übergreifend zu manipulieren. Denn heute wird erwartet, dass die Fed eingreift, wenn die Dinge schlecht stehen und das hat immense Verzerrungen verursacht.
Die Zentralbanken fürchten sich so sehr vor den Zombiemärkten, die sie geschaffen haben, dass sie nun direkt und indirekt, offen und heimlich, alles Notwendige tun, um sie davon abzuhalten, sich jemals wieder nach unten zu bewegen.
James Grant denkt, dass die Fed ihre übergreifende Manipulation der Vermögenswertpreise unterlassen sollte, und da stimmen wir zu. Die konstanten Einmischungen und Manipulationen sind in vielerlei Hinsicht so zerstörerisch - gesellschaftlich, strukturell, ökologisch und politisch - das man ein gesamtes Buch verfassen muss, um alle negativen Faktoren aufzuzählen.
Doch hier sind wir. Und die Fed sieht nicht so aus, als würde sie alsbald planen, ihr Verhalten zu ändern.
Hoffentlich funktioniert das
Unser Problem hiermit ist die Tatsache, dass wir alle verlieren werden, selbst wenn die Fed "erfolgreich" ist.
Ihre derzeitigen Maßnahmen werden natürlich darin enden, dass ein geringer Bruchteil der Bevölkerung alles besitzen wird.
Schlimmer ist jedoch, dass unser Planet auf dieser verzweifelten Suche nach Fantasiereichtum - repräsentiert von Fantasiezahlen innerhalb der von Menschen erfundenen Fantasiewelt unserer Finanzmärkte - vollkommen ausgebeutet wird.
Die "immensen Verzerrungen", die James Grant oben erwähnt, führen zu verschiedenen Fehlinvestitionen, die in einer rationalen Welt niemals stattfinden sollten. Doch solange es ein Motiv für kurzfristigen Profit gibt, indem endlos Geld aus dem Nichts heraus gedruckt wird, wird es auch einen Anreiz dafür geben, den letzten Baum zu fällen, den letzten Fisch zu fangen und den letzten See trockenzulegen. Und an welchem Punkt befinden wir uns dann?
Wenn wir unsere Sucht nach endlosem Wachstum (immer mehr, mehr!) nicht in den Griff bekommen, dann werden wir uns einfach irgendwann selbst konsumieren, oder die Menschheit zumindest bis zum Untergang unserer Zivilisation treiben.
Realer Reichtum besteht aus realen Dingen. Das ist die Gesundheit, die Geborgenheit und die Sicherheit derjenigen, die uns wichtig sind. Das ist der Zugang zu Lebensmitteln, klarer Luft und Wasser. Das sind bedeutungsvolle Beziehungen, die im Hier und Jetzt existieren.
Was wir als Geld bezeichnen, ist ein Anspruch auf Reichtum. Doch es ist nicht realer Reichtum an sich. Hoffentlich können wir alle zustimmen, dass wir - bald nachdem die Sonne aus irgendeinem Grund verschwunden ist - realisieren werden, dass Geld niemals so wichtig gewesen ist, wie wir immer gedacht haben.
Ähnlich sollten wir im Falle eines ökologischen Zusammenbruchs feststellen, dass unser Streben nach Geld weniger wichtig ist, als wir derzeit realisieren. Es ist sicherlich nicht so wichtig wie das Essen.
Oder wenn wir dummerweise zulassen, dass das Wohlstandsgefälle steiler wird, werden wir hoffentlich bald darauf aufwachen und eine dieser Revolutionen begrüßen, wie sie in allen Geschichtsbüchern zu finden sind.
Die Schritte, die von den heutigen Zentralbanken einzuleiten sind, entfernen uns von den Konversationen, die wir eigentlich halten müssten. Die Machthaber erhalten die widerlegte Idee aufrecht, dass Gelddruckerei dasselbe ist wie Wohlstand. Aufgrund ihrer Taten sieht unsere Zukunft düsterer und nicht heller aus.
Die jüngeren Generationen finden dies nach und nach heraus, während sie mit immer weiteren Beweisen konfrontiert werden, dass sie eine Welt geerbt haben, die voller Schulden, Verschmutzung und ernsthafter Ungleichheit ist. Das ist etwas, dass die Babyboomer, die die Zentralbanken leiten, wirklich bemerken sollten.
Früher oder später wird das Unterstützen, das Manipulieren, das Schmeicheln und das Verzerren scheitern. Wenn das der Fall ist, dann wird das Resultat mehr als nur unangenehm ausfallen.
Tragischerweise hätten wir einen Großteil dieser drohenden Abrechnung vermeiden können, wenn wir 2000 und 2008 die richtigen Lektionen gelernt hätten und das Scheitern der faulen Schulden und den großen, falsch verwalteten Banken erlaubt hätten. Die Welt hätte kurze Zeit erschaudert, sich dann jedoch auf einer nachhaltigeren Basis weiterbewegt.
Die Kluft zwischen Arm und Reich wäre nur ein Bruchteil so groß gewesen wie es derzeit der Fall ist und Trump wäre sicherlich nicht Präsident geworden. Der Brexit wäre nicht zur Sprache gekommen und die populistischen Bewegungen, wie sie derzeit überall auftauchen, hätten ebenfalls nicht derart überhandgenommen.
Aber leider haben wir nicht die richtigen Lektionen gelernt. Und nun sind wir also an diesem Punkt angelangt.
© Chris Martenson
Peak Prosperity
Der Artikel wurde am 19. April 2019 auf www.PeakProsperity.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.