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Wie viel US-Währung befindet sich im Ausland?

25.07.2019  |  John Paul Koning

Was ist die größte Exportware der USA? Banknoten. Es gibt wahrscheinlich kein anderes Produkt, bei dem die Handelsbilanz so dermaßen zugunsten der USA ausfällt. Keine ausländischen Noten zirkulieren in den USA, doch die US-Noten werden eifrig überall auf der Welt verwendet.

Laut der Federal Reserve befinden sich aktuell 1,74 Billionen Papierdollar im Umlauf. Wie viele dieser Noten zirkulieren innerhalb der USA und wie viele im Ausland?

Weil Banknoten nicht nachverfolgt werden können, ist die Beantwortung dieser Frage besonders schwierig. Dieser Artikel behandelt mehrere Ansätze, um die Standorte der Noten ausfindig zu machen. Diese Ansätze bieten einige Schätzungen, die sich auf 40% der Währung außerhalb der US-amerikanischen Grenzen bis hin zu 72% belaufen.


Die internationale Nachfrage nach Dollar

Es gibt eine Vielzahl an Gründen, warum Ausländer US-Dollar haben möchten. Einige Nationen wie Panama, Ecuador und El Salvador sind dollarisiert. Sie besitzen nicht länger eine eigene Währung, sondern sind beim Handel vollkommen vom US-Dollar abhängig. Es gibt eine noch längere Liste an Ländern, die teilweise dollarisiert sind. Während Argentinien, Angola, Kambodscha, Nicaragua und Russland eine eigene Währung unterhalten, so ist es üblich dort, bei einem Teil der inländischen Transaktionen US-Dollar zu verwenden.

Nationen tendieren zur Dollarisierung, wenn sie hohe inländische Inflationsraten verzeichnet haben. Da die Kaufkraft des Dollar verlässlicher ist als eine schwache inländische Währung, entwickeln Privatpersonen und Unternehmen die Gewohnheit, Dollar für Transaktionen zu verwenden oder um Reichtum zu horten. Selbst Jahre nachdem die inländische Inflation eingedämmt wurde, bleibt diese Gewohnheit erhalten.

Dollar sind ebenfalls beliebt im internationalen Drogenhandel. Verbrecher brauchen Geheimhaltung und Banknoten sind naturgemäß eine Zahlungsform, die die Privatsphäre wahrt. Da US-Dollar so liquide sind, sind sie zum bevorzugten Medium für internationale, illegale Geschäfte geworden.


Wie viele Noten fließen durch das Ausland?

Einer der Hauptkanäle für Banknotenexporte ist der offizielle Bankensektor. Die Banken geben hohe Bestellungen bei der Federal Reserve auf und verschiffen die Noten dann zu Außenstellen im Ausland oder zu anderen ausländischen Banken.

Die privaten Dollarflüsse sind ebenso groß. Touristen, die die USA verlassen, nehmen oftmals US-Währung mit sich und tauschen diese entweder bei ausländischen Banken um, oder geben sie direkt in Umlauf. Immigranten, die in den USA leben und ihre Familie zu Hause unterstützen, werden oftmals physisches Bargeld über die Grenzen transportieren oder dieses per Post zusenden.

Das Schmuggeln illegal verdienten Geldes ist ein weiterer Kanal, mit dem Noten über die Grenzen gebracht werden. Und schließlich befördert die US-Regierung an sich ebenfalls große Mengen an Bargeld ins Ausland. Beispielsweise brachte sie mehr als 300 Tonnen Papierdollar in den Irak, um den Irakkrieg zu finanzieren.


Keine Papierspur

Es ist äußerst schwierig zu messen, wie viele Dollar sich außerhalb der US-amerikanischen Grenzen in Zirkulation befinden. Der Grund dafür ist die fehlende Papierspur. Wenn Noten von einer Person zur nächsten wandern, dann besteht kein Grund für eine Quittung, um den Besitz der Note zu registrieren, oder Grund für den Herausgeber, den Transfer zu verifizieren. Das bedeutet, dass es keinen Weg gibt, die Banknoten direkt nachzuverfolgen.

Ruth Judson, eine Volkswirtschaftlerin bei der Federal Reserve, hat fast 25 Jahre damit zugebracht, einige der Rätsel der US-Banknoten zu verstehen. Zusammen mit Richard Porter hat sie versucht, die Menge gefälschter US-Währung in den Griff zu bekommen. Wichtiger ist jedoch, dass die beiden drei Berichte über die internationale Nachfrage nach US-Währung geschrieben haben (1996, 2001 und 2004). Zuvor veröffentlichte Porter einen Bericht zu diesem Thema (1993). Judson hat zudem zwei kürzliche Berichte über die ausländischen Dollar verfasst (2012, 2017).


Werfen Sie einen Blick in den Norden

Über die Jahre hinweg hat Judson eine Vielzahl an Methoden verwendet, um festzustellen, wie viele US-Noten im Ausland zirkulieren. Hier ist eine der einfachsten Techniken. Wir wissen bereits exakt, wie viele US-Noten es weltweit im Juni 2019 gab: 1.738,3 Billionen Dollar. Dann müssen wir eine gute Schätzung aufstellen, wie viele davon inländisch gehalten werden. Sobald wir diese Zahl haben, können wir sie vom Gesamtbetrag abziehen, um die Menge ausländischer Dollarbestände zu erhalten.

Doch können wir herausfinden, wie viel Währung innerhalb des Landes gehalten wird? Judsons Trick hierbei ist, anzunehmen, dass die Amerikaner ihren nördlichen Nachbarn, den Kanadiern, ähneln. Das ist eine ziemlich sichere Annahme. Die beiden Nationen befinden sich auf demselben Kontinent, besitzen dieselben Traditionen und teilen sich ähnliche Wohlstandsniveaus. Es scheint vernünftig, anzunehmen, dass Kanadier und Amerikaner eine ähnliche Menge an Banknoten besitzen.

Anders als US-Banknoten zirkulieren kanadische Banknoten nicht außerhalb der kanadischen Grenzen. Also werden fast alle der etwa 90 Milliarden Banknoten, die von der Bank of Canada bis zum Juni 2019 gedruckt wurden, im Land gehalten. Das gibt uns einen guten Ansatz für den Appetit der Kanadier nach Banknoten.

In ihrem Bericht von 2017 fand Judson heraus, dass die Kanadier etwa 4% ihres nominalen Bruttoinlandsproduktes in Form von Währung halten. Basierend auf der Annahme, dass Amerikaner dasselbe Verhältnis von Noten gegenüber BIP unterhalten wie die Kanadier (und angepasst an Kanadas etwas geringeres Einkommen pro Kopf), schätzt Judson, dass etwa 600 Milliarden Dollar US-Währung Ende 2016 innerhalb der USA gehalten wurden. Betrachten Sie die durchgezogene schwarze Linie im unteren 6B-Chart:



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US-Banknoten im Ausland; Quelle: Judson (2017)


Angesichts der Tatsache, dass die Federal Reserve bis zu diesem Zeitpunkt etwa 1,5 Billionen Dollar Währung ausgegeben hatte, müssen die verbleibenden 900 Milliarden US-Dollar folglich im Ausland gewesen sein. Das machte etwa 60% aller amerikanischer Banknoten aus (siehe die durchgezogene schwarze Linie im obigen Chart 6A). Judson schätzt zudem, dass etwa 70% aller 100-Dollarnoten im Ausland gehalten werden.


Banknotenhoch zu Weihnachten

Ein weiterer Trick, den Judson verwendet, um die ausländische Nachfrage herauszubekommen, ist es, von den amerikanischen und kanadischen saisonalen Hochs bei der Verwendung von Währung zu profitieren - wie Weihnachten, Neujahr und Thanksgiving. Unten habe ich die Nachfrage nach US-Bargeld über die Jahrzehnte hinweg geplottet. Die Hochs während der Weihnachtszeit waren ziemlich offensichtlich, auch wenn sie immer niedriger ausfielen.

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Quelle: Moneyness-Blog


Die saisonalen Hochs der US-Notennachfrage wurden wahrscheinlich von Amerikanern ausgelöst und nicht von Ausländern. Die ausländische Nachfrage nach US-Noten besteht hauptsächlich aus 50-Dollar- und 100-Dollarnoten. Diese Nennwerte sind zu umständlich, um die Art von Transaktionen durchzuführen, die man üblicherweise während der Feiertage macht. Und internationale Drogenhändler werden ihr Bargeld sicherlich nicht für Weihnachtsgeschenke ausgeben.

Die ausländische Nachfrage nach US-Noten verblasst also angesichts der saisonalen Notenhochs in den USA. Das Maß, in dem die saisonalen Hochs in den USA im Vergleich zu den Hochs in Kanada verhalten ausfallen, ist ein guter Indikator dafür, wie viel US-Währung im Ausland gehalten wird. Unter Verwendung dieser Methode fand Judson heraus, dass sich etwa 70% der gesamten US-Währung im Ausland befindet.




Noten-Broker

Banken, die als Noten-Broker agieren, besuchen Filialen der Federal Reserve innerhalb der USA, um sowohl ihre inländischen als auch ausländischen Bestellungen an Banknoten zu erfüllen. Wenn diese Banknoten nicht länger nachgefragt werden, dann importieren die Banken sie zurück in die USA und bewahren sie in der lokalen Filiale der Fed auf.

Der Großteil dieser Banken erstattet Bericht über Standort und Quelle der Banknoten. Diese Berichte erlauben es Judson, die Menge an Banknoten zu rekonstruieren, die sich im Ausland befindet. Im unteren Chart deutet die durchgezogene schwarze Linie darauf hin, dass zwischen 1989 und 2016 die Gesamtmenge von fast 500 Milliarden Dollar Bargeld von Geschäftsbanken zu ausländischen Standorten floss.

Währenddessen nahm die Gesamtmenge an existierendem Bargeld - die dicke, gestrichelte graue Linie - seit 1989 um fast 1,25 Billionen Dollar zu. Das würde darauf hindeuten, dass die Menge an extern gehaltenen Banknoten etwa 40% der Gesamtmenge (500/1250) ausmacht. Das ist deutlich weniger als die früheren Schätzungen, die auf den kanadischen Präferenzen basierten.

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Quelle: Judson (2017)


Die Informationen der Noten-Broker bieten kein Gesamtbild der Notenmenge, die sich im Ausland befindet. Private Bewegungen der Banknoten, beispielsweise Noten, die sich im Portemonnaie oder Koffer von Personen befinden, werden nicht registriert. Ebenso wenig wie Noten, die per Post verschickt werden.

Judson versucht dies in ihrem Bericht von 2017 zu korrigieren. Sie identifiziert Situationen, in denen große Zuflüsse von Geschäftsbanken in die USA aus bestimmten Ländern aufgrund der Tatsache stattfanden, dass Einzelpersonen US-amerikanisches Bargeld ins Land schafften. Mexiko ist ein gutes Beispiel dafür. Immigranten und Touristen schaffen große Mengen Bargeld über die Grenze nach Mexiko, doch diese Mengen kehren tendenziell zu offiziellen Bankkanälen zurück.

Im obigen Chart versucht die schwarze, gestrichelte Linie, die Auswirkungen fehlender Privatflüsse zu verdeutlichen. Dies deutet darauf hin, dass sich 72% aller Banknoten außerhalb der USA befinden.


Lieferungen aus New York, Miami und LA

Die Federal Reserve besitzt 28 Filialen in den USA, die neues Bargeld ausgeben und Bestände ungewollten Geldes entgegennehmen. Von diesen 28 Filialen ist bekannt, dass New York, Miami und LA deutliche Mengen eingehender ausländischer Banknoten von Banken entgegennehmen sowie Abhebungen von Banknoten für den internationalen Export gestatten.

Das schafft eine weitere Möglichkeit, die Menge ausländischer Banknoten zu schätzen. Wenn wir annehmen, dass alle Banknoten, die nach New York, Miami und LA fließen von oder zu ausländischen Standorten unterwegs sind, kann man diese Flüsse zusammenfassen, um auf einen Bestand an Banknoten zu kommen, der außerhalb der USA gehalten wird. In Judsons obigem Chart ist das die durchgezogene, graue Linie. Sie deutet darauf hin, dass 48% des US-amerikanischen Bargeldes außerhalb der Grenzen zirkuliert.


Vorteile für den US-Steuerzahler

Zusammenfassend befindet sich also eine große Menge US-Banknoten im Ausland. Doch wie Judsons Arbeit darstellt, gibt es eine Vielzahl an Schätzungen darüber, wie viel genau außerhalb der USA zirkuliert.

In welchem Maß ziehen die Amerikaner Vorteile aus der ausländischen Akzeptanz des US-amerikanischen Bargeldes? Lassen Sie uns annehmen, dass 60% aller US-Banknoten exportiert wurden. Von den 1,738 Billionen Dollar, die die Federal Reserve bis zu diesem Juni ausgegeben hat, werden 1.043 Billionen Dollar international gehalten.

Das Gute an diesen Banknoten ist, dass der Emittent - die Zentralbank - keine Zinsen auf diese zu zahlen hat. Das bedeutet, dass die Zentralbank alle Zinsen behalten kann, die sie für die weniger riskanten Vermögenswerte erhält, die wiederum die zirkulierenden Noten decken. Es ist sicher, anzunehmen, dass die Federal Reserve eine risikofreie Rate von 2,2% auf ihre Vermögenswerte erhält (die Rate der 3-monatigen Staatsanleihe). Das bedeutet also, dass die Fed aktuell 22,9 Milliarden Dollar im Jahr durch ausländische Währungsbesitzer verdient (2,2% x 1,043 Billionen Dollar).

Die Fed überweist diese 22,9 Milliarden Dollar Einnahmen an die Regierung. Eine geringe Menge wird behalten, um die Ausgaben zu decken. Auf pro-Kopf-Basis ergibt das eine jährliche Dividende von 70 Dollar für jeden Amerikaner! Für die Steuerzahler ist der größte Export der USA wahrlich von Vorteil.


© JP Koning
BullionStar



Der Artikel wurde am 03. Juli 2019 auf www.bullionstar.com veröffentlicht und in Auszügen exklusiv für GoldSeiten übersetzt.