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Peak Gold ...

17.01.2009  |  Dr. Jürgen Müller

Wird sich das Jahr 2001 mit einer weltweiten Goldförderung von 2.600 Tonnen als das Jahr der höchsten jährlichen Fördermenge herausstellen? Eine Einschätzung der aktuellen Entwicklungen.


Endlichkeit natürlicher Ressourcen

Wir wissen nicht erst seit den 50er Jahren, als der US-Geologe Marion K. Hubbert den amerikanischen Produktionspeak für Öl richtigerweise für 1970 vorhersagte, dass die natürlichen Ressourcen unseres endlichen Planeten Erde ebenfalls endlich sein müssen. Hubbert charakterisierte die Förderkurven einer jeden erschöpflichen Ressource als eine Glockenkurve. Nach einem zunächst langsamen Anstieg folgt eine Zeit exponentiellen Wachstums, welches in einem Förderpeak gipfelt, bevor es wieder abfällt [1]. Die Förderkurve z.B. von Südafrika zeigt sehr deutlich, dass diese Regel auch für die Goldgewinnung gilt [2].

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Abb. 1: Goldproduktion von Südafrika 1884 - 2007 [2],
blaue Kurve jährliche Produktion (linke Skala),
magenta Kurve aufaddierte historische Gesamtproduktion (rechte Skala)


Die Goldförderung erreichte 1970 mit 1.000 Tonnen einen Peak-Punkt und fiel seit dem auf ein Niveau um 270 Tonnen ab. Kumuliert stammen ca. 51.000 Tonnen Gold aus Südafrika, was rund einem Drittel der historischen Weltförderung entspricht. Diese entwickelte sich seit 1850 gemäß Hubbert ebenfalls exponentiell [3].

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Abb. 2: Weltweite Goldförderung 1850 - 2007,
schwarze Kurve: Exponentielle Überlagerung (92,5% ige Korrelation)


Es ist also in der Tat zu erwarten, dass sich auch in der Goldförderung die Exponentialität irgendwann in einem Hochpunkt wiederfinden wird, von dem aus sie dann unwiederbringlich wird fallen müssen. Nach den vorhandenen Zahlen der Literatur beträgt die historische Goldförderung derzeit 146.000 Tonnen [3]. Zeichnet man Abbildung 2 mit einer semilogarithmischen Skala, fallen drei Dinge auf:

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Abb. 3: Weltweite Goldförderung 1850 - 2007, halblogarithmische Darstellung


Erstens: Die Förderung bewegt sich in einem Trendkanal (schwarze Linien), welcher die Exponentialität aus Abb. 2 bestätigt (Anmerkung: In logarithmischer Darstellung entspricht eine gerade Linie mathematisch einer exponentiellen Funktion). Zweitens: Die Geschwindigkeit der schubweise auftretenden Förderanstiege nehmen permanent ab (rote Linien werden immer flacher) und indizieren daher eine Erschöpfungstendenz. Drittens: Die grüne Linie markiert eine obere Umkehrentwicklung, was ebenfalls eine Erschöpfung andeutet.





Höhere Goldförderung möglich?

Die Fragestellung, ob das derzeitige Förderniveau nochmals nach oben gesteigert werden kann, erscheint demnach gerechtfertigt. Geht man von einer perfekten Glockenkurve aus (z.B. einer Gauss-Verteilung), so befindet sich der Peak-Punkt logischerweise immer bei 50% der Gesamtförderung. Anstieg und Abfall haben die gleiche zeitliche Form. Dass dies bei der Förderung einer erschöpflichen Ressource kaum der Fall sein kann, wird klar, wenn man bedenkt, dass die Anstiegsphase primär durch technische und wirtschaftliche Entwicklungen beeinflußt wird, während die absteigende Phase zumeist physikalisch bzw. geologisch bestimmt ist. Um ein erstes mögliches Szenario zu entwickeln und kritisch zu hinterfragen, sollte es erlaubt sein, die bisherige Förderkurve aus Abb. 2 einfach in die Zukunft zu spiegeln.

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Abb. 4: Bisherige Goldförderung mit Projektion in die Zukunft


Die Gesamtförderung könnte sich nach diesem zeitlichen Szenario also in einem Bereich von rund 290.000 Tonnen bewegen (146.000 Tonnen mal zwei). Abb. 4 zeigt zudem, dass sicherlich noch weit bis ins 22. Jahrhundert hinein industrieller Goldbergbau betrieben werden kann und werden wird. Allen Kritikern der Peak-Theorie, die sagen, dass es noch sehr lange neues Gold geben wird, stimme ich daher explizit zu. Ökonomisch entscheidend ist jedoch nur die Relation von Angebot und Nachfrage.

Lassen Sie uns nun gemeinsam die erste simple Theorie aus Abb. 4 hinterfragen. Einige Experten haben bereits in der Vergangenheit Abschätzungen geäußert, wie viel Gold im industriellen Maßstab bergbaulich noch zu gewinnen sein wird. Prof. Rudolf Saager von der ETH Zürich und Inhaber der Terraconsult AG schätzt, dass noch ca. 100.000 Tonnen zu gewinnen sein werden [4]. Dr. Bruno Bandulet schreibt in seinem aktuellen Buch "Das geheime Wissen der Goldanleger", dass 2/3 der bekannten Goldreserven bereits abgebaut wären [5]. Geht man von besagten 146.000 Tonnen aus, bedeutet dies, dass noch 73.000 Tonnen übrig wären. Die amerikanische Statistikbehörde US Geological Survey gibt in ihrem aktuellen Goldbericht aus, dass die bekannten Ressourcen 90.000 Tonnen betragen würden [6].

Das Gesamtbild stellt sich demnach so dar, dass bisher rund 150.000 Tonnen ausgegraben wurden und vermutlich noch bis zu 100.000 industriell ausgegraben werden können. Alleine aus dieser Überlegung heraus wird klar, dass wir derzeit sehr wohl bereits an einem Peak angekommen sein müßten, da bereits weit mehr als 50% des Goldes gefördert wurde.


Exploration der Minenunternehmen

In diesem Zusammenhang sind einige aktuelle Tendenzen von großer Wichtigkeit, da sie das zuvor gesagte weiter untermauern. Im Jahr 2002 erreichten die globalen Ausgaben für die Exploration der Minenunternehmen mit rund 2 Milliarden USD ein Tief. Seitdem stiegen diese Ausgaben auf mehr als das 5-fache an, siehe Abbildung 5. Von diesen 10 Milliarden Dollar entfielen im Jahr 2007 mit 42% fast die Hälfte der Gelder auf die Suche nach Gold (36% auf Basismetalle, 10% auf Diamanten, 3% auf die Platin-Gruppe, Rest 9%) [7].

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Abb. 5: Weltweite Ausgaben der Minenunternehmen für die Exploration,
Quelle: Metals Economics Group [7]


Trotz dieser enormen Erweiterung der Explorationstätigkeit, wurden nur sehr wenige neue sog. "major discoveries" verzeichnet (Entdeckung von großen Goldlagerstätten).

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Abb. 6: Entdeckungsrate von Goldlagerstätten über 2,5 Millionen Unzen
1995 - 2005, Quelle: Metals Economics Group






Zwischen 1992 und 2005 wurden 84 Goldlagerstätten mit mehr als 2,5 Millionen Unzen Gold gefunden. In den 90er Jahren waren dies im Schnitt 8,4 Entdeckungen pro Jahr. Nach der Jahrtausendwende sank diese Zahl auf 2,8 Entdeckungen pro Jahr. Abb. 6 verdeutlicht zudem die große Diskrepanz zwischen Neuentdeckungen und der aktuellen Fördermenge von rund 80 Millionen Unzen pro Jahr (ca. 2.500 Tonnen). Wie beim Öl lebt die derzeitige Goldförderung von Entdeckungen vergangener Jahre oder gar Jahrzehnte.

Im April 2006 fand die kanadische Aurelian Ressources Inc. ein letztes großes Goldfeld in Ecuador, welches 13,7 Millionen Unzen Gold groß sein soll [8]. Allerdings wurden in 2001 die Bergbaugesetze in Ecuador verschärft, und das Gebiet liegt sehr abgelegen von aller Infrastruktur (Straßen, Strom, etc.). Gregory Wilkins, Chef des weltweit größten Goldproduzenten Barrick Gold, meinte im November 2007 zu diesem Thema: "Die Liste der Länder, in die wir nicht gehen, wird immer länger. Da sind Venezuela und all die anderen Länder in Lateinamerika, die von Hugo Chavez beeinflußt werden. In Ecuador entziehen sie Lizenzen, nachdem sie ausgegeben wurden. Man kann diese Instabilität nicht tolerieren" [9].

Das große Bild sieht demnach so aus, dass seit 2002 die Aktivitäten und Ausgaben für die Neuentdeckung von Goldlagerstätten sehr stark anstiegen und trotzdem keine großen neuen Lagerstätten mehr gefunden werden konnten.


Glaubwürdigkeit der offiziellen Statistiken

In diesem Zusammenhang kann oder muss man auch die weithin beachteten Gold-Statistiken der US Geological Survey in Frage stellen (abgek. "USGS"). Die USGS ist eine amerikanische, staatliche Behörde, die seit 1879 statistische Daten in den Bereichen Biologie, Geographie, Wasser, Geologie, Umwelt und Gesundheit sammelt und publiziert [10]. U.A. wird seit 1932 das "Mineral Yearbook" mit Angaben von Reserven und Ressourcen von allen Mineralien veröffentlicht [11]. Die Statistiken zu Gold findet man online unter Ref. [12]. Im oben betrachteten Zeitraum 1995 - 2007, so die USGS, blieben die weltweiten Goldreserven trotz einer Goldförderung zwischen 1995 und 2007 von 30.000 Tonnen konstant und die Ressourcen stiegen sogar von 60.000 Tonnen auf besagte 90.000 Tonnen um 50% an.

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Abb. 7: Entwicklung der Goldreserven (blau) und Goldressourcen (magenta)
im Zeitraum 1995 - 2007 nach Angaben der USGS [12]


Zur Definition: Reserven sind bekannte Vorkommen, die bereits heute wirtschaftlich abgebaut werden könnten. Im Unterschied dazu sind Ressourcen bekannte Vorkommen, die jedoch z.B. aufgrund zu geringen Erzgehaltes oder großer Tiefe derzeit nicht wirtschaftlich gewonnen werden können. Im Allgemeinen wird in der Literatur oft behauptet, dass mit steigenden Goldpreisen Ressourcen mehr oder minder automatisch zu Reserven werden. Dies ist natürlich nicht korrekt, da immer die Relation Goldpreis zu Förderkosten entscheidend ist für einen ökonomisch sinnvollen Erzabbau. Ist das Verhältnis kleiner eins, bleiben Ressourcen Ressourcen, egal wie hoch der Goldpreis steigt. So stellen die derzeit steigenden Öl-, Strom- oder Lohnkosten die Minenbetreiber vor genau die gleichen Probleme wie etwa Jogurtbecher-Hersteller.


Steigende Kosten der Goldförderung

Um nur ein Beispiel zu nennen: Beim Branchenprimus Barrick Gold stiegen die Cashkosten der Förderung von ca. 150 USD pro Unze im Jahr 1998 bis auf 400 USD die Unze im 1. Quartal 2008 an [13] (die sog. "Cashkosten" beinhalten nicht die gesamten Förderkosten des Unternehmens, es fehlen z.B. Steuern und Abgaben). Ian Cockerill, Chef der südafrikanischen Gold Fields sagte übrigens hierzu bereits Ende 2007, dass sich die Minenindustrie selbst, Zitat, "in den Fuß geschossen hat", weil sie viel zu niedrige Förderkosten publiziert. Und weiter: "Wir haben uns selbst und die Investoren getäuscht, weil wir ihnen nicht von allen Rechnungen berichtet haben, die wir zu zahlen haben. Bis wir ihnen nicht die gesamten Förderkosten pro Unze sagen, werden wir niemals glaubwürdig sein" [14].

Komplettieren wir das weiter oben zitierte große Bild, und ergänzen dieses um die Ansicht der USGS, so kommen wir auf folgende "Ungleichung": Es wird viel in die Exploration investiert und trotzdem immer weniger gefunden. Trotz hoher weltweiter Förderung sollen die Ressourcen dennoch seit 1995 um 50% gestiegen sein und blieben die Reserven konstant.

Dass das goldene Perpetuum Mobile leider doch nicht gefunden wurde, bestätigen auch immer mehr Kenner der Branche. So äußerte sich Graham Birch, Manager des größten Minenfonds BGF World Gold Ende Juni, dass die Goldförderung in den kommenden fünf Jahren um 10 bis 15% zurückgehen werde. Gefördert würden derzeit 80 Millionen Unzen, neu gefunden jedoch nur 15 Millionen Unzen [15].
Peter Munk, Gründer des größten Goldproduzenten Barrick Gold, sagte Anfang Mai auf einem Aktionärstreffen, dass in den vergangenen Jahren effektiv keine neuen Goldvorkommen mehr gefunden wurden (Orginal: "virtually no new discoveries"), und dies obwohl die Budgets der Minenbetreiber für die Exploration auf einem Rekordwert lägen (vergleiche obigen Grafiken, die die Aussage von Munk belegen). Weitere Aussagen von Munk [16]:

Mein persönliches Fazit: Die Goldförderung dürfte in den kommenden Jahren aufgrund geologischer Gegebenheiten weiter irriversibel sinken. Gepaart mit einer steigenden Nachfrage durch die wachsende Weltbevölkerung und dem steigenden Wohlstand in weiten Teilen der Welt, dürfte damit der Boden für eine substanzielle und dauerhafte Wertsteigerung von Gold bereitet sein. Das Jahr 2001 könnte in der Tat, mit allen ökonomischen Folgen, das Peak Gold Jahr gewesen sein.


© Jürgen Müller
www.goldsilber.org
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In eigener Sache:

Der Autor hält in den kommenden Wochen in folgenden Städten Vorträge: Do. 22.01.: Düsseldorf, Do. 05.02.: Lüneburg, Do. 19.02.: Chemnitz, Mi. 11.03.: Dortmund, Do. 12.03.: Landau/Pfalz, Fr. 27.03.: Gerstetten (bei Ulm)




Quellen:
[1] M. King Hubbert: "Nuclear energy and the fossil fuels", American Petroleum Institute, Spring Meeting San Antonia, 07. - 09.03.1956 online unter www.hubbertpeak.com (PDF)
[2] South African Chamber of Mines, online unter www.bullion.org.za
[3] Daten 1850 - 1886 Meyers Konversationslexikon 1905, online unter www.retrobibliothek.de; Daten 1887 - 1899 www.bullion.org.za; Daten ab 1900 vom US-Geological Survey
[4] Online unter www.goldseiten.de
[5] Bruno Bandulet: "Das geheime Wissen der Goldanleger", Kopp-Verlag Rottenburg 2007, ISBN 978-3-938516-52-2
[6] Online unter http://minerals.usgs.gov (PDF)
[7] Metals Economics Group, www.minesearch-usa.com (PDF)
[8] www.aurelian.ca
[9] www.telegraph.co.uk
[10] www.usgs.gov
[11] http://minerals.usgs.gov
[12] http://minerals.usgs.gov
[13] Diverse Pressemeldungen von Barick Gold 1999 - 2008, oder www.goldseiten.de
[14] www.telegraph.co.uk
[15] www.rohstoff-welt.de
[16] www.miningweekly.com