Beobachtungen aus der "Bibliothek der gescheiterten Trades"
29.08.2018 | The Gold Report
Das neue Rekordhoch, welches der Aktienindex S&P 500 (und Myriaden kleinerer Indices) am Dienstag verzeichnete, markierte den längsten Bullenmarkt in der Geschichte der New Yorker Börse. Da sich diese Hausse vor dem Hintergrund einer gigantischen globalen Kreditschwemme abspielte, möchte ich Ihnen heute eine Liste gescheiterter Trades und Investments präsentieren, die zahlreichen gewieften (und nicht so gewieften) Anlegern 2018 einiges Kopfzerbrechen verursachten.
Gescheiterter Trade Nr. 1: Aktien shorten während einer Orgie des Gelddruckens
Bei einem Gespräch mit einem Vermögensverwalter eines altehrwürdigen Investmentunternehmens aus Toronto lernte ich im Herbst 1979 diesen Ausdruck kennen: "Unterschätze nie die Aufwärtsdynamik von Aktien in einem inflationären Umfeld." Die Theorie dahinter ist folgende: Da die Banken die Geldpolitik kontrollieren und alle Maßnahmen verabscheuen, die zur Reduzierung des Geldangebots führen, wird die Geldpolitik immer und zu jeder Zeit die wahllose Geldschöpfung favorisieren.
Es ist nicht im Interesse der globalen Bankenbruderschaft (bzw. des Kartells), Systeme, die auf verschwenderischen Ausgaben beruhen, zu mäßigen oder zu bremsen. Schließlich machen die Banken dank der endlosen Ausweitung der Geldmenge unerhörte Gewinne, ganz gleich ob es sich bei den Währungseinheiten um Dollars, Euros, Pfund, Yen oder Yuan handelt.
Zahllose Trader, Investoren und Portfoliomanager wurden auf ihren Schilden aus dem Kapitalistischen Kolosseum herausgetragen, weil sie versucht hatten, den S&P 500 zu shorten, da dieser "überbewertet" war. Das Scheitern liegt hier in einem Fehlurteil begründet: Man hatte einfach falsch eingeschätzt, wie die 14 Billionen Dollar an Krediten, die seit 2009 neu geschöpft wurden, durch das System sickern, die Kaufkraft schmälern und das Bankensystem vor dem sicheren Kollaps retten würden.
Wenn auf CNBC ein Beitrag über "den längsten Bullenmarkt der Geschichte" läuft, voller Tamtam, Trommeln und Flöten, dann ist der Grund für die Hausse schnell gefunden: Das US-Finanzministerium und die Federal Reserve. Der Trade scheiterte kläglich, weil die Stabilität und Unantastbarkeit des Geldes selbst ausgehöhlt wurden. Man braucht heute mehr der verwässerten, in ihrem Wert gesunkenen amerikanischen Währungseinheiten, um 100 Aktien von Apple zu kaufen, als 2013.
Der Anstieg der Kurs-Gewinn-Verhältnisse, der historisch betrachtet immer auf bessere Geschäftsbedingungen in der Zukunft hindeutete, war in den letzten Jahren stattdessen eine Folge der zügellos ausgeweiteten Umlaufgeldmenge, der weiterhin die gleiche Anzahl an iPhones gegenüberstand. Grund für die steigenden Kennzahlen waren nicht etwa höhere Löhne und bessere Lebensbedingungen - es sei denn natürlich, Sie sind Banker.
Gescheiterter Trade Nr. 2: Gegen die Fed kämpfen
Gegen die Fed zu kämpfen, wenn man in einer Umgebung der ultra-lockeren Geldpolitik investieren möchte, ist, als würde man mit einem Messer zu einer Schießerei gehen. Die Chancen, dass man verliert, sind ziemlich hoch. Das Schlagwort der "überdehnten Bewertungen" wurde von zahlreichen Beobachtern wie Jeff Grundlach, Doug Kass, Peter Schiff und einer Reihe anderer namhafter Analysten immer wieder aufgegriffen, einschließlich Dennis Gartman, der sich das Recht vorbehält, seine Meinung zu ändern, so oft es ihm passt (ziemlich oft).
Ich bin zwar ebenfalls der Ansicht, dass die Aktien gemessen an den meisten Kennzahlen überbewertet sind. Doch in Zusammenarbeit mit der US-Notenbank Fed ist es der Arbeitsgruppe des Präsidenten zu den Finanzmärkten (besser bekannt als Plunge Protection Team) dennoch gelungen, die Aktienmärkte dank permanenter Überwachung und Überredungskunst auf ihrem erhöhten Niveau zu halten.
Solange die Fed nicht einen feindseligen Kurswechsel signalisiert - und das haben die Notenbanker trotz der Zinserhöhungen bislang nicht getan - wird es nur Verluste bringen, gegen sie anzukämpfen. Den Volatilitätsindex VIX bei Anstiegen auf über 25 Punkte zu shorten versprach seit den Tiefs von 2009 regelmäßig Gewinne im Bereich von 10-12%. Wie der verstorbene Marty Zweig zu sagen pflegte: "Don't fight the Fed."
Gescheiterter Trade Nr. 3: Gold und Silber besitzen
Für dieses Jahr liegt der S&P 500 8,46% im Plus, während der Goldpreis fast symmetrisch 8,76% gesunken ist. Der Silberkurs ist sogar 14,4% gefallen. Wenn sich meine Vorhersage eines "Jahres mit Kursgewinnen" im Edelmetallsektor erfüllen soll, muss also noch einiges geschehen. In diesem Jahr ging es nur um den mächtigen US-Dollar und darum, dass "make America great again" vor allem bedeutet, die US-Aktienkurse in die Höhe zu treiben und alle Gold- und Silberanlagen sowie ausländische Assets niederzuknüppeln.
Gold und Silber zu halten erinnert heute an die Hundstage im Sommer 2015, als Junior-Explorationsunternehmens jeder Art bei den Investoren verhasst waren. Der letzte Monat rettete 2015 jedoch das gesamte Jahr und auch 2018 könnte uns das saisonal starke vierte Quartal zu Hilfe kommen.
Allerdings kann auch die Saisonalität nur unter Vorbehalt diskutiert werden, denn hier zeichnet sich ein weiteres Scheitern ab. Die bevorstehende Hochzeitssaison in Indien und die üblichen Bestandsaufstockungen der italienischen Schmuckhändler waren nicht in der Lage, eine höhere Nachfrage auszulösen und für einen Boden am Goldmarkt zu sorgen. Der größte Denkfehler im Zusammenhang mit Gold- und Silberinvestments bestand wahrscheinlich darin, davon auszugehen, dass steigende Inflationsraten die Nachfrage nach Edelmetallanlagen ankurbeln würden.
Der negative Einfluss des starken Dollars, der von der feindseligen Handelsrhetorik profitiert, konnte dadurch allerdings nicht einmal ansatzweise ausgeglichen werden.
Gescheiterter Trade Nr. 4: Investitionen in Gold- und Silberproduzenten
Ganz gleich, ob man die großen Unternehmen wie Barrick und Newmont oder aufstrebende Juniors wie Argonaut und Fortuna betrachtet - in Gold- und Silberminen investiert zu sein kam in diesem Jahr brutalem Masochismus gleich. 2018 habe ich zum ersten Mal seit zehn Jahren keinen Trade in den üblichen Goldaktien-ETFs abgeschlossen, weder im Bereich der Juniors noch im Bereich der Top-Unternehmen.
Ich spiele ernsthaft mit dem Gedanken, eine Position im JNUG (Direxion Daily Junior Gold Miners Bull 3X ETF) zu eröffnen. Aber jedes Mal, wenn ich das Kürzel eingebe und auf "kaufen" klicken will, gehen verschiedene Sirenen und Alarmsignale los und eine laute Stimme ruft "Achtung! Achtung! Sie machen einen vernichtenden Fehler und Ihre Frau wird Sie verlassen." Das lässt mich innehalten, bevor ich die Order platziere.
Ich weiß natürlich im tiefsten Herzen, dass die Aktien der Junior-Goldunternehmen gemessen an jeder bekannten Analysemethode im Moment billig sind. Aber wir fühlen uns alle wie die Katze, die auf den Herd gesprungen ist - wir wollen unbedingt vermeiden, dass wir uns mit falschen Preisböden noch einmal die Finger verbrennen.

Gescheiterter Trade Nr. 5: Investitionen in Explorationsunternehmen und die TSX-V
Die TSX Venture Exchange war in den letzten 50 Jahren die Börse, an der die Unternehmen mit den besten neu entdeckten Lagerstätten zu finden waren. Doch die zunehmende Knappheit und die schlechte Zugänglichkeit vieler Vorkommen hatte zur Folge, dass zu wenig Explorationsunternehmen eine große Lagerstätte mit hohen Goldgehalten fanden, die den Investoren enorme Gewinne beschert hätte. Das Problem ist in diesem Jahr, dass selbst Unternehmen mit offenkundig vielversprechenden Entdeckungen weit unter Wert gehandelt und in manchen Fällen von den Tradern und Investoren vollkommen ignoriert werden.
Es gab einige Ausnahmen, aber praktisch alle Bereiche des Goldbergbaus sind betroffen und nirgends sind die Verluste so deutlich wie bei den Juniors im Explorationssektor. Das ist auch daran zu erkennen, dass die Betreiber der TSX-V die Explorationsgesellschaften aussortiert und zum Teil durch Kryptowährungs- und Cannabisunternehmen ersetzt haben, um die Börse für junge und unternehmungslustige Investoren interessant zu machen. Das hat allerdings nichts genützt - sie haben die TSX-V gemieden wie die Pest.
Gescheiterter Trade Nr. 6: Der "Zink-Trade"
2017 wurde mir vorgeworfen, dass ich nur neidisch auf die Gewinne anderer sei, als ich davon abriet, in einen vollkommen übertrieben gehypten Rohstoff zu investieren - Zink. Die Kritiker vergaßen dabei, dass ich zwischen 2010 und 2016 zu den frühen Bullen am Zinkmarkt gehörte und einen großen Teil des Explorationskapitals beschaffte, mit dem Tinka Resources Ltd. 2012 die Lagerstätte Ayawilca entdeckte. Der parabolische Anstieg des Zinkpreises, der 2017 durch den Einfluss computergesteuerter Algobots von 0,80 $ je Pfund auf 1,60 $ schoss, resultierte in einem extrem überlaufenen Markt. Jeder musste ein Zinkunternehmen im Portfolio haben.
Ich hatte mehr als einmal argumentiert, dass auf magische und mysteriöse Weise ein größeres Zinkangebot verfügbar würde, sobald der Preis die 1,40-$-Linie übersteigt, und der Kurs infolgedessen wieder sinken würde. Doch die Investoren und Trader waren weiterhin in heller Aufregung und pumpten ihr Kapital in ekstatischer Erwartung von Kursgewinnen im Bereich von 100-500% in Zinkunternehmen mit hohen Produktionskosten, weil sie glaubten, dass Zink bis in den Himmel steigen würde.
Aufgrund des plötzlichen Crashs des Zinkpreises (und des Kupferpreises) werden jetzt allerdings zahlreiche vorläufige Machbarkeitsstudien und Wirtschaftlichkeitsstudien überarbeitet. Der Kapitalwert zahlreicher Projekte wird nach unten korrigiert und nimmt die Aktienkurse der entsprechenden Unternehmen mit. Das ist eine Lektion, aus der man etwas lernen kann, und sie bestätigt die Investmentregel Nr. 9 des legendären Bob Farrell: "Wenn alle Experten und Prognosen das Gleiche vorhersagen, wird etwas anderes geschehen." Genau das ist es gekommen und jetzt befinden sich Myriaden von Zinkunternehmen in einem Bärenmarkt und viele ihrer Aktionäre halten umfangreiche Verlustpositionen.

Und jetzt ein paar gute Nachrichten:
Drei Ausnahmen zur Regel
1. Kirkland Lake Gold Inc.: Der Aktienkurs dieses Unternehmens ist von etwa 6,00 $ Anfang 2017 bis auf ein aktuelles Niveau von 25,48 $ gestiegen, nachdem die 30-$-Marke kurz angekratzt wurde. Gute Ausführung und ein überlegenes Management (Eric Sprott ist der Vorsitzende) haben dafür gesorgt, dass die Aktionäre dieses Unternehmens dem Blutbad im gesamten Sektor entgehen konnten. Die überdurchschnittlich gute Entwicklung ist wirklich verblüffend.
2. Western Uranium & Vanadium Corp.: Ich habe erst kürzlich einen Bericht über dieses Unternehmen geschrieben und die Aktien notieren jetzt über 1,00 $. Eine Finanzierung, bei der mehr als 3,5 Millionen Dollar an neuem Kapital aufgenommen wurden, hat Western Uranium & Vanadium kürzlich abgeschlossen. Die Entwicklung dauerte bei diesem Unternehmen etwas länger, aber ich glaube, dass es nun bereit ist für ein großartiges Jahr 2019.
3. Aben Resources Ltd.: Abgesehen von den spektakulären Bohrergebnissen, die das Unternehmen aus der Region Golden Triangle in British Columbia meldete, bin ich begeistert davon, dass diese Minengesellschaft Kapital beschafft, gebohrt und großartige Ergebnisse gemeldet hat und dann auch noch dafür belohnt wurde. Die Aktie ist im letzten Monat 148% gestiegen.
Ich habe eine besondere Vorliebe für Aben Resources, weil der Vorsitzende Ron Netolitsky die treibende Kraft hinter Consolidated Stikine Resources war. Letzteres Unternehmen entdeckte 1989 die große Goldlagerstätte bei Eskay Creek und ermöglichte es mir so, meine Verluste vom Aktiencrash im Oktober 1987 wieder wettzumachen. Ich hatte vor der Entdeckung 20.000 Aktien zu je 0,80 $ gekauft und konnte sie vier Monate später für 15 $ wieder verkaufen. (Wenige Monate später wurde das Unternehmen zum Preis von 67 $ je Aktie übernommen. Damit sind mir praktisch 1,04 Mio. $ entgangen.)
Die Bohrergebnisse von Aben Resources können sich mit denen der ursprünglich 1989 entdeckten Lagerstätte messen und da es sich zudem um die gleiche geologische Verwerfung zu handeln scheint, wie bei der Eskay-Lagerstätte, setze ich das Unternehmen auf meine Empfehlungsliste für 2018, in der Hoffnung, das hier eine weitere Lagerstätte mit 3 Millionen Unzen Gold und 160 Millionen Unzen Silber gefunden wird. Ich hoffe außerdem, dass der Erfolg von Aben das spekulative Interesse der Investoren wieder befeuern und sich positiv auf den Rest der kanadischen Juniors auswirken wird.
Ein weiterer Grund für meine Empfehlung ist der Vorsitzende, Ron Netolitsky. Im Pferdesport heißt es: Setze nie auf das Pferd, sondern immer auf den Jockey. 
Falls es Ihnen nicht aufgefallen ist: Alle "gescheiterten Trades" aus den obenstehenden Absätzen sind in Wirklichkeit klassische konträre Kaufgelegenheiten. Im November 2015 hätte man diese Ausführungen auf sämtliche Edelmetallanlagen übertragen können, denn wenn Sie damals in diesen am Boden liegenden Sektor investiert hätten, hätten Sie Mitte 2016 einen ansehnlichen Gewinn verbuchen können.
Eine letzte Anmerkung zur neusten Erholung der Kurse: Ich habe meine Investitionen in den GLD noch nicht aufgestockt, weil der Silberkurs weiterhin schwächelt und die Aktien der Minengesellschaften ernste Probleme haben, in Schwung zu kommen. Ich werde wahrscheinlich noch den Commitments of Traders Report am Freitag abwarten, bevor ich entscheide, ob sich das Risiko lohnt, dass meine Frau weitere Vorhängeschlösser am Arzneischrank und am Schrank mit den Alkoholvorräten anbringt. Diese werden ohnehin wieder entfernt, entweder in gegenseitigem Einvernehmen oder mit einer großen Brechstange.
Alles hat seine Konsequenzen.
© Michael Ballenger
The Gold Report
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Dieser Artikel wurde am 23. August 2018 auf www.theaureport.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.