Hinter feindlichen Linien - Militärischer Einsatz von Goldmünzen als Notgeld
07.01.2020 | Ronan Manly
Bei der Recherche zum Artikel "Die Macht von Gold in Krisenzeiten" (der Beispiele für Gold als ultimativer Vermögenswert in Zeiten der Krise und Not behandelte, wie z. B. Venezuela, Argentinien und Simbabwe) stieß ich auf einige faszinierende Berichte, in denen Gold (vor allem Goldmünzen) von militärischen Eliteeinheiten im Krieg und in Konfliktsituationen hinter feindlichen Linien als Notgeld eingesetzt wurde.
Da dies ein bisschen anders ist als die wirtschaftliche Notwendigkeit, sich Gold zunutze zu machen, wenn Volkswirtschaften zusammenbrechen, dachte ich, es wäre das Beste, es in einem separaten Artikel zu thematisieren. Denn im Gegensatz dazu, in Gefahr zu geraten, entscheidet sich das Militärpersonal, das hinter feindlichen Linien agiert, für die Gefahr. Allerdings gibt es in beiden Fällen Parallelen und in beiden Fällen steht Gold zur Rettung bereit und bietet seinem Besitzer Wahlmöglichkeiten sowie wirtschaftliche und persönliche Freiheit. Gold kann sowohl bei wirtschaftlichen Zusammenbrüchen als auch in Kriegsgebieten manchmal sogar den Unterschied zwischen Leben und Tod bedeuten.
Doch warum ist das so? Im Wesentlichen ist und war Gold schon immer universelles Geld, das überall verwendet werden kann und auch akzeptiert wird. Und im Gegenzug liegt das daran, dass nur physisches Gold die universelle Anerkennung, Akzeptanz und Verhandlungsmacht besitzt, an die keine Papierwährung je auch nur herankommen könnte. Die weltweite Militärelite weiß das (im Gegensatz zu dem, was ihre Politiker behaupten). Aus diesem Grund rüsten sie ihre Soldaten und Piloten mit Goldmünzen und anderen Goldgegenständen für die Verwendung als Notgeld aus, wenn sich diese Streitkräfte auf feindliches Gebiet begeben.
Von Flucht und Ausweichen zu Überlebenstausch
Zum Beispiel rüstete das US-Militär seine Piloten und Fallschirmjäger im Zweiten Weltkrieg und im Vietnamkrieg mit sogenannten "Life Barter Kits" (zu Deutsch so viel wie "Überlebenstausch-Kits") aus. In diesen Kits befanden sich zum Beispiel "1,08 Feinunzen 10-karätiges Gold und eine Milus Snow Star Armbanduhr, wobei das Gold im Barter-Kit aus 1 Goldgliederkette mit vier Gliedern der Länge 1 ¾ Zoll, 1 gestanzten Goldanhänger und 2 Goldringen besteht".
In derselben Art rüstete das britische Verteidigungsministerium (MoD) ihre Truppen des Special Air Service (SAS) und Piloten der Royal Air Force (RAF) während des Zweiten Weltkriegs mit der berühmten Goldmünze Sovereign als Teil einer ähnlichen "Flucht- und Ausweich-" Überlebensausrüstung aus.
Jedoch ist die Ausgabe von Gold-Sovereigns an britische Truppen nicht nur eine historische Begebenheit. Das MoD führt diese Tradition in der heutigen Zeit weiter und verteilt Gold-Sovereigns an Militärpersonal in heutigen Konflikten eigens für den Gebrauch als Tauschobjekt oder um sich aus Schwierigkeiten herauskaufen zu können, wenn sie feindlichen Truppen begegnen. Am anschaulichsten illustriert, ist das vielleicht durch die interessanten und eindringlichen Berichte der zu Autoren gewordenen Kämpfer, die am Golfkrieg 1991 teilnahmen.
Als Hintergrundinformation: Im Vorfeld des Golfkrieges 1991 kaufte das britische Verteidigungsministerium 60.000 Gold-Sovereigns von der Bank of England und rüstete dann Soldaten und Piloten des Special Air Service (SAS) mit jeweils 20 Gold-Sovereigns aus, die sie dann in ihre Kleidung einnähten und dort verbargen. Nach dem Krieg wurden Münzen, die auf die eine oder andere Art überdauert haben, zurückgegeben und laut MoD schafften es 16.289 solcher Münzen wieder zurück.

Operation Granby
In seinem Buch "Eye of the Storm" (erschienen im Jahr 2000) über den Golfkrieg und Operation Granby stellt der SAS-Offizier Peter Ratcliffe den Ausrüstungsdrill dar:
"Der Pay Sergeant Major stattete jeden Mann auch mit 20 Gold-Sovereigns aus. Die Sovereigns waren dafür vorgesehen, damit irakische Bürger und Militärs im Bedarfsfall zu bestechen. Da Gold-Sovereigns eine international akzeptierte Währung sind, sind sie extrem praktisch und eine kompakte Art, große Geldsummen zu transportieren."
Andy McNab, von SAS-Ruhm, schildert in seinem Golfkriegsbuch "Bravo Two Zero" (Original 1993 erschienen; deutsche Übersetzungen 1995 als "Signal Bravo Two Zero" und 2001 als "Die Männer von Bravo Two Zero" erschienen) Details dazu, wie die Goldmünzen in so einem "Bedarfsfall" verwendet wurden:
"Um die Taille jedoch, an einem gut zwei Zentimeter breiten Stoffgürtel, befand sich der Hauptpreis des Tages: etwa 1.700 Pfund Sterling im Form von 20 Gold-Sovereigns, die jeder von uns für den Notfall dabei hatte. Ich hatte die Münzen mit Kreppband an dem Gürtel befestigt, und sie lösten eine regelrechte Panik aus. Die Männer sprangen zurück und riefen etwas, das, so vermute ich, soviel hieß wie: "Bloß weg! Er explodiert gleich!".
Ein Hauptmann zeigte auf das Kreppband und fragte auf Englisch: "Was für eine Ausrüstung hast du da?" "Gold", sagte ich. Das Wort muss international ebenso geläufig sein wie Jeans oder Pepsi. Ich zog den ersten Gold-Sovereign heraus und die Offiziere wurden dazu gerufen, dann begannen sie die Sovereigns unter sich aufzuteilen."
Ein Bravo-Two-Zero-Kollege von McNab, Chris Ryan, malt ein ähnliches Bild in seinem Buch "The One that got Away" von 1995:
"Der alte Mann kam mit seinen Ziegen zurück, stand da und schaute mich an. Dann, um etwas Bewegung hereinzubringen, zog ich einen Sovereign aus meinem Gürtel und zeigte ihn herum. Ich sagte: "Fulus, Fulus - Geld, Geld". Das Auftauchen des Goldes rüttelte den jungen Mann auf. Auf einmal war er ganz versessen darauf, in die Stadt zu gehen. Vielleicht dachte er, dass ich ihm etwas Geld geben würde, wenn er mich eskortiert. Bald starrten alle auf den Sovereign. Ein anderes Mädchen kam herein und irgendwie wusste ich, dass sie sagte: "Er hat irgendwo mehr bei sich"."
Bitte beachten Sie, dass die Namen der Autoren Andy McNab und Chris Ryan Pseudonyme von Mitgliedern der Patrouille Bravo Two Zero sind, die ein gewisses Maß an Anonymität wollten und ihre echten Namen nicht verwendeten, als sie ihre Bücher schrieben.

Peter "Yorkie" Crossland zeigt in seinem Buch "Victor Two" von 1997, wie die Gold-Sovereign-Münzen vom SAS im Golfkrieg verborgen wurden und wie nützlich sie wirklich waren:
"Blutgeld gehörte zur Standardausrüstung des SAS und bestand aus Gold-Sovereigns und einem sogenannten Blood Chit in Englisch, Arabisch und Farsi, der jedem, der einem britischen Soldat helfe, eine Summe in Höhe von 5.000 Pfund versprach.
Die Gold-Sovereigns, mit denen ich ausgerüstet wurde, klebte ich an schwarzes Abdeckband. Als nächstes durchschnitt ich das Futter meiner Hose und zog das Band in meinen Hosenbund ein. Jeder Blood Chit trug eine einzigartige Seriennummer, die man mit dem Namen einer Person abgleichen kann. Ich kann mich nicht erinnern, dass jemand jemals seinen Blood Chit benutzt hat, aber das Gold war anders. Es konnte als Geld benutzt werden, um Fahrzeuge zu kaufen und um bei der Flucht zu helfen."

Britische RAF-Piloten im Golfkrieg folgten dem gleichen Drill und wurden mit Gold-Sovereigns als Not- und Verhandlungsgeld ausgerüstet. Das wird in General Sir Peter De La Billieres Buch "Storm Command" von 1992 illustriert:
"Tornados überfliegen die Grenze mit 800 km/h auf sehr niedriger Höhe über den Sand in Richtung Norden mit ihren klobigen sargförmigen JP233 unter ihren Bäuchen. Jedes Besatzungsmitglied führte 800 Pfund in Gold mit sich, um im Falle von Schwierigkeiten eine Flucht zu erleichtern."
In ihrem Buch "Tornado Down" (über ihren Abschuss im Golfkrieg) beziehen sich die RAF-Flight-Lieutenants John Peters (Pilot) und John Nichol (Navigator) auch auf ihre Notfall-Gold-Sovereigns:
"Dann fand der, der mir ins Gesicht geschlagen hatte, mein Geld, 1.000 Pfund in Gold-Sovereigns. Er sah es an. Das Gold glitzerte zurück."
Letztendlich verlor auch (der zuvor bereits erwähnte) SAS-Trooper Peter Ratcliffe seine kostbaren Sovereigns in der Hitze des Gefechts, da sie in seinem Gewehr versteckt waren:
"Als ich in die eine Richtung ging, ging mein Gewehr, das mir aus der Hand geschlagen wurde, in die andere. Jemand packte meinen Arm und ich kletterte an Bord, als der Land Rover davonraste, während feindliche Kugeln immer noch klirrend von den Seiten abprallten. Mein M16 mit den 20 Gold-Sovereigns, die immer noch im Schaft versteckt waren, wurde zurückgelassen. Ich frage mich oft, ob, wer auch immer die Waffe fand, auch den geheimen Goldschatz entdeckte. Heutzutage würde man damit weit kommen."

Fazit
Irgendwie wären diese Geschichten und Anekdoten nicht so faszinierend, wenn der Bezug auf "Goldmünzen" mit, sagen wir, "US-Dollar" oder "Euro" ersetzt worden wäre. Das ist ziemlich offensichtlich.
Doch warum kann physisches Gold einen aus einer feindlichen und gefährlichen Situation herausholen, wenn es keine andere Form von Geld schafft? Ja, Gold ist tragbar, inhärent wertvoll und international anerkannt. Doch darüber hinaus gibt es immer noch den Zauber des physischen Goldes, ein greifbares universelles Geldmittel, das seit Jahrtausenden in allen Zivilisationen weltweit benutzt wird. Eine Generation nach der anderen weiß das, besonders außerhalb der westlichen Welt. Kein Wunder, dass es die Militärelite auch weiß, die nun mit Absicht oder nicht dazu neigen, sich in diesen Krisenherden wiederzufinden, hinter feindlichen Linien.
© Ronan Manly
BullionStar
Dieser Artikel wurde am 02. Dezember 2019 auf www.bullionstar.com und zuvor auf RT.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.