Silber stellt die COMEX bloß
30.12.2025 | Matt Piepenburg
Dezember kann vieles bedeuten: Ein Jahr geht zu Ende, Zeit zum Nachdenken, Zeit nach vorne zu blicken, Zeit für Freunde und Familie und natürlich auch Zeit, sich den Bauch vollzuschlagen.
Was diesen Dezember den meisten aber entgangen sein dürfte: Der Papiermarkt für Silber hat eine Nahtoderfahrung gemacht.
Versteckt in aller Öffentlichkeit
Dieser kritische Wendepunkt für die Metalle, der zugleich ein schrill aufleuchtendes Warnsignal für ein schuldenkrankes globales Finanz- und Währungssystem ist, blieb, wie üblich, weitgehend unbemerkt.
An den Finanzmärkten konzentrierte sich das tägliche Treiben weiterhin auf die üblichen Verdächtigen – angefangen bei den massiven Kursverlusten bei BTC über die Verlustserie bei MicroStrategy (-59% seit Jahresbeginn), den insgesamt überstrapazierten Aktienmarkt bis hin zum Jahresverlust beim Rohöl oder den endlosen Debatten über Deflation / Inflation oder die Stärke / Schwäche des Dollar-Index.
Dies sind natürlich wichtige Debatten und Themen. Die meisten Anleger verstehen sie, weshalb die meisten Anleger, ob Bullen oder Bären, auch eine Meinung dazu haben. Und deshalb machen sie Schlagzeilen.
Versteckt unter vorsätzlicher Komplexität
Doch oft, eigentlich fast immer, werden die realen sowie nuancenreicheren Signale und Marktwarnungen bewusst aus dem Zeitgeist ausgeklammert.
Denn solche Signale sind nicht nur eine Gefahr für die sogenannten "Experten", die hinter diesen fallenden und korrupten Systemen stehen, sie sind zudem (und gerade deswegen) auch ganz bewusst überkomplex gestaltet, so dass sie vom Otto-Normal-Verbraucher nicht verstanden und folglich kritisiert werden können.
Über derartige Verschleierungstaktiken durch vorsätzliche Komplexität hatte ich schon an anderer Stelle geschrieben.
Und nirgendwo kommt diese Taktik besser zum Einsatz als beim Versuch, die legalisierten und als "Hedging" getarnten Kursabsprachen zu verbergen, die innerhalb eines ach so komplexen Ungetüms namens COMEX-Börse stattfinden.
Aus diesem Grund habe ich jahrelang gewarnt und versucht, die ansonsten sinnlosen COMEX-Mechanismen, mit denen der Papierpreis von Gold und Silber manipuliert wird, ganz einfach verständlich zu machen.
Bei Bedarf können diese "Vereinfachungen" des "Komplexen" hier, hier und hier chronologisch nachgelesen werden – als Auffrischungskurs quasi.
Das Komplexe vereinfachen
Vorerst wollen wir das Einfache weiterhin aus dem Komplexen ableiten.
Zu diesem Zweck ist und bleibt unser Kernthema sehr einfach: Souveräne Nationen, die sich einer beispiellosen Schuldenabhängigkeit schuldig gemacht haben – und daher Währungsentwertung benötigen, um diese Abhängigkeit zu monetarisieren – haben eine Riesenangst vor steigenden Gold- und Silberpreisen.
Denn steigende Edelmetallpreise sind ein explizit erhobener Mittelfinger gegenüber Regierungen, die grob fahrlässig Misswirtschaft mit ihren Landeswährungen treiben, an denen die meisten Bürger ihren Wohlstand messen.
Edelmetalle steigen naturgemäß, wenn die Kaufkraft des Papiergeldes, dessen Angebot zur Verringerung der Schuldenlast aufgebläht wurde, unnatürlicherweise an Kaufkraft verliert.
Wenn eine Währung ihre Kaufkraft verliert, werden die Eingeborenen unruhig. Und der dafür verantwortliche Staat, wird nicht nur nervös, sondern auch unehrlich.
Die COMEX vereinfachen
Aus diesem Grund begann die COMEX ab 1974 mit Terminkontrakten zu handeln, um einer kleinen verschworenen Gruppe von Bullionbanken massive Hebelmacht zu ermöglichen, die sie – in Form massiver Short-Positionen auf die Gold- und Silberpreise – seither tagtäglich nutzt. Damit werden die Kurse künstlich niedrig gehalten.
Die COMEX wurde, kurz gesagt, zu keinem anderen Zweck als der Manipulation von Gold und Silber geschaffen, denn im August 1971 hatte man den US-Bürgern dieses Gold und Silber – echtes Geld, das die US-Verfassung versprochen hatte – weggenommen.
Die für dieses Verbrechen verantwortliche Clique wollte nicht, dass jenes gestohlene "echte Geld" besser dasteht, als das falsche Papiergeld, das das echte ersetzt hatte.
Der Kaufkraftverlust dieses Giralgeldes ist, gemessen an Gold, seit 1971 um mehr als 99% gefallen.
Klar war das peinlich. Aber es war eben auch ein schleichender Prozess, der von den Medien und den meisten Staatsbürgern jahrzehntelang ignoriert wurde.
Ab Dezember 2025 verlor das Narrativ vom robusten US-Dollar (aus Gründen, die an anderer Stelle detailliert beschrieben wurden) jedoch seine Glaubwürdigkeit, was sich am deutlichsten im astronomischen Anstieg der Gold- und Silberkurse im Jahr 2025 zeigte. Dieser Anstieg war von einer globalen Nachfrage angetrieben wurden, die nicht mehr nur US-Dollars oder US-Staatsanleihen, sondern viel lieber echtes Geld als neue strategische Reserveanlage halten wollte.
Heute halten die globalen Zentralbanken mehr physisches Gold als US-Staatsanleihen.
Kurz formuliert: Die Welt hat kapiert, dass Edelmetalle die Kaufkraft unendlich viel besser schützen als kreditbasierte und explizit dahinschwindende Papierdollars.
Der Greenback hat, seitdem er 2022 zur Waffe umfunktioniert wurde, schlicht und ergreifend seine einstige Hegemonie verloren.
Oder, um es noch einfacher zu formulieren: Weil Uncle Sam am Verlieren war, versuchte die COMEX verzweifelt, die Edelmetalle außer Gefecht zu setzen, um ihrem diskreditierten US-Dollar die Blamage zu ersparen und um Zeit zu gewinnen.
Allerdings, und davor hatten wir das ganze Jahr über gewarnt, ging der COMEX das notwendige Gold und Silber aus, um diese legalisierte Markt-Farce weiterzuspielen.
gab es nie eine Zeit, in der Edelmetalleigentum relevanter und zwingender notwendig war als heute.
Eine COMEX-Nahtoderfahrung
Das bringt uns schließlich zum 12. Dezember 2025 und zur Nahtoderfahrung (NTE) der COMEX...
Von fast allen unbemerkt erhöhte der verzweifelte CME-Vorstand die Margenanforderungen (d. h. die Hebel-Kosten) für Silber-Terminkontrakte um 10%, was nur der Anfang einer ganzen Reihe von Maßnahmen sein könnte.
Das mag seltsam, vielleicht sogar langweilig klingen, aber die Mechanismen und die Auswirkungen sind sehr wichtig.
Jene listige Margenerhöhung, die 2:00 Uhr morgens vor dem Wochenende von einer sogenannten "neutralen Börse" durchgeführt wurde, war letztlich nur der bewusste und verzweifelte Versuch, eine massive Liquidation (d. h. eine Verkaufswelle) beim Silber zu erzwingen.
Dank der über Nacht erfolgten Erhöhung des "Mitspielbetrages" im legalisierten und kursprogrammierenden Casino (alias COMEX) wurden die Schattenbank-Spekulanten, die mit massiver Hebelwirkung auf steigende Silberkurse gesetzt hatten, sofort und elektronisch gezwungen, die Gebührendifferenz auszugleichen, um ihre Positionen nicht im automatischen Zwangsverkauf zu verlieren.
Selbstverständlich war es um 2:00 Uhr morgens nahezu unmöglich, die Differenz zu begleichen, sodass der "sell-off" effektiv erzwungen wurde.
Außer Kontrolle geraten
Klingt nicht nur verrückt, ist es auch! Doch leider sind diese verzweifelten Taktiken überhaupt nichts Neues. 1980 führte eine ähnliche nächtliche Neubewertung von Hebel-Kontrakten zu einem 50%igen Einbruch der Silberpreise, nachdem es eine massive Verkaufswelle beim PAPIER-Silber gegeben hatte.
Im Mai 2011 gelang es mit derselben Taktik, den Silberkurs durch fünf aufeinanderfolgende Margenerhöhungen zu drücken; der Preis des Metalls fiel innerhalb weniger Tage von 49 US$ auf 33 US$. Danach blieb der Papier-Silberpreis über Jahre hinweg niedrig. Die COMEX hatte gewonnen.
Auch im Februar 2010 hatte es ähnliche Margenerhöhungen von 10% gegeben, auf die im Oktober eine erneute Erhöhung um 11% folgte. In beiden Fällen fiel der Silberpreis um 1,8% bis 3,3%, stieg dann aber innerhalb von 30 Tagen um 9% bzw. 18%. Ähnliche Muster konnten wir im August 2020 beobachten.
Die COMEX hatte verloren. Den klassischen "Marktbereinigungen" folgten starke Aufwärtsbewegungen.
Von den meisten Schlagzeilenmachern und Anlegern unbemerkt schlug derselbe Trick auch am 12. Dezember dieses Jahres erneut fehl, als das Metall bei 62,50 US$ schloss.
Die jüngste Margenerhöhung um 10% hat Silber nicht erschüttert. 67 Millionen Unzen Papiersilber wurden innerhalb weniger Minuten abgestoßen und von Käufern des physischen Metalls angekauft. Knapp eine Woche später markierte Silber oberhalb von 66,00 US$ neue Höchststände.
Die Tatsache, dass sich Silber (das im Jahresverlauf um mehr als 100% zulegt hatte) durchsetzen konnte, sagt nicht nur viel über Edelmetalle allgemein aus, sondern auch über den Zustand des kaputten Finanzsystems, in dem wir uns alle zurechtfinden müssen.
Was lief schief in New York?
Also: Warum ist der COMEX im Dezember 2025 derart die Puste ausgegangen?
Trotz der komplexen Struktur dieser Börse lässt sich die Antwort einfach folgendermaßen zusammenfassen: Die Nachfrage nach physischem Silber ist stärker als die einst unaufhaltsamen Leerverkäufer am COMEX-Papiermarkt.
1980 und 2011 lagerte in den COMEX-Tresoren tatsächlich noch Metall – d.h. ein "Silber-Puffer" –, mit dem selbiges gehebelt wurde.
Doch seit November 2024 argumentieren wir, dass die COMEX ihre Metallbestände in nie dagewesenem Ausmaß verliert, und zwar aus folgendem Grund: In einer Welt der sterbenden Papierwährungen wollen die Gegenparteien (d.h. souveräne Staaten) das physische Metall in ihren Besitz nehmen.
Zudem möchte die Industrie ihren Anteil am raren Kuchen aus physischem Silber; das Interesse der diversen Akteure (von Samsung bis Tesla) ist viel stärker als die Papierspielchen, die in New York getrieben werden.
Diese industriellen Silberkäufer benötigen das Metall für Platinen, Photovoltaikmodule, Elektrofahrzeuge und sogar Kernreaktoren.
Als sie letztes Wochenende sahen, wie die COMEX den Preis nach unten manipulieren wollte, ließen sie sich nicht aus dem Markt vertreiben (wie z.B. Hedgefonds und andere Spekulanten); sie hatten Daueraufträge, um bei künstlichen Kursverlusten zu kaufen statt zu verkaufen.
Die industriellen Bieter wussten auch, dass dieses physische Silber, sobald es gekauft ist, eingeschmolzen und verbraucht wird und nie wieder zurückkommt, was auch bedeutet, dass der Silberpreis (aufgrund des knappen Angebots und der steigenden Nachfrage) im Laufe der Zeit steigen wird, weshalb umso mehr Grund zur Freude besteht anstatt zur Panik, wenn in New York CME-Kursverluste erzeugt werden.
Stein schlägt jetzt Papier
Zusammenfassend lässt sich sagen: Mit dem gescheiterten Versuch, im Dezember eine massive Verkaufswelle am Silbermarkt auszulösen, wurde der Markt von den PAPIER-Spekulanten bereinigt. Daraus ergibt sich auch ein wichtiges Kaufsignal für die Käufer von physischen Metallen, die nun über mehr Macht, Geduld und Einfluss verfügen als die zunehmend ausgelaugte COMEX-Börse.
Seit Jahren warnen wir davor, dass die COMEX langsam stirbt, weil die physische Metallnachfrage die Börse mit ihren leeren Tresoren und zunehmend kraftlosen Papierspielen aussticht.
Oder wie ich vor Monaten sagte: "Stein schlägt jetzt Papier."
Die langfristige Strategie gewinnt
Natürlich hat der oben beschriebene, aber weitgehend ignorierte COMEX-Trick stärkere Auswirkungen für Anleger, die auf physisches Silber anstatt auf Papiersilber setzen.
Diejenigen, die jahrelang als "Horter" belächelt wurden, werden irgendwann diejenigen sein, die zuletzt lachen.
Wie die Mitbieter aus der Industrie oder die Staatsfonds, die kein Papier, sondern echtes Silber für den tatsächlichen Gebrauch oder des höheren Geldwerts wegen wollen, müssen sich auch die Eigentümer von physischem Silber keine Sorgen um die Papierversion des Metalls machen.
Sie haben immer gewusst, dass Papiersilber kein Silber ist, sondern lediglich ein gehebelter und weitgehend wirkungsloser "Anspruch" auf Silber.
Noch wichtiger ist, dass Börsen wie die COMEX immer weniger in der Lage sein werden, den Preis von physischem Silber durch den Einsatz von Papierkontrakten zu drücken. Und das bedeutet: Nach jahrzehntelangem COMEX-Betrug kehrt wieder freie Preisbildung an die Metallmärkte zurück.
Oder noch deutlicher formuliert: Bei der COMEX ging es immer darum, den Papierpreis von Silber zu steuern (zu manipulieren), doch inzwischen hat sich die reale, physische Metallnachfrage zu einem massiven und jetzt sogar mächtigeren monetären Bollwerk entwickelt.
Angesichts des im Jahr 2025 gipfelnden Misstrauens gegenüber Überschuldungsanleihen, Währungen und Politik hat die globale Nachfrage nach physischem Silber – und natürlich auch nach physischem Gold – die Macht und die Tricks des COMEX-Papiertigers in New York verblassen lassen.
Und das ist ein weiteres klares Krisensignal im Kontext der bekannten Zyklen des Niedergangs von Fiat-Währungen und des Aufstiegs der Edelmetalle.
Realistisch bleiben
All das bedeutet aber nicht, dass Gold von jetzt an nur noch kerzengerade in die Höhe steigen wird. Ganz und gar nicht.
Edelmetallbullenmärkte haben in der Mitte ihrer Aufwärtszyklen Rückgänge erlebt, sogar große. Ein einbrechender Aktienmarkt, der ebenso unvermeidlich ist, kann ebenfalls zu vorübergehenden Rücksetzern bei den Edelmetallen führen, die niemand zeitlich vorhersagen kann. Niemand.
Edelmetalleigentümer wissen aber eines: Gold und Silber bewahren ihren Wert im Laufe der Zeit besser als Papierwährungen. Und die Zeit spielt für sie!
Noch ein paar Tricks auf Lager
Die zunehmend verzweifelte und eindeutig nach Luft ringende COMEX hat noch ein paar Tricks auf Lager. Ein paar Asse stecken noch in ihrem zerschlissenen Ärmel.
Ihr nächster Schritt könnte z.B. die Einführung von Positionsobergrenzen sein, wodurch die Anzahl der Silberkontrakte begrenzt wird, die ETFs oder Family Offices (die Papiermetall immer noch mit echtem Metall verwechseln) halten dürfen. Solche Positionslimits würden zu stärkeren Verkäufen und Kursrückgängen führen.
Doch wie bereits im Dezember geschehen, würden solche in New York erzeugten "Rabatte" später für erneute Käufe genutzt werden und nicht zu weiteren Verkäufen führen.
Der allerletzte Schritt, den wir von der COMEX erwarten könnten, wäre gleichzeitig der verzweifeltste: Die Börse könnte die "nukleare Option" ziehen und in den Liquidationsmodus wechseln, wobei sie allen COMEX-Parteien nur noch Silber-Verkäufe gestatten würde, aber keine Silberkäufe mehr.
In einem solchen Extremszenario würde der Papierpreis für Silber selbstverständlich sinken.
Unter solchen Umständen würden Silberkäufer wahrscheinlich auf andere Handelsplattformen für Metalle in Shanghai oder London ausweichen, die einen potenziell faireren Preisfindungsprozess bieten – ein Schritt, der die Relevanz der COMEX noch weiter schmälern würde.
Zurück zum Einfachen
Letztendlich sind all diese Signale und Geräusche, die aus der einst allmächtigen COMEX kommen, Signale und Geräusche eines sterbenden Systems, das eben nicht nur diese Papierkontrakte umfasst, sondern auch das sogenannte „Papiergeld“ ganz allgemein.
Das globale Finanzsystem, das sich dank elektronischer Währungsschöpfung seit Jahrzehnten Zeit und Schuldenberge leistet, erreicht nun endgültig seinen Grenz- und Wendepunkt (bzw. Waterloo-Moment), während physisches Silber und Gold unablässig über den Trümmern eines ruinierten Währungssystems aufsteigen, das vom Ursprungsort (und der Zentralbank) der kampffähig gemachten Weltreservewährung beherrscht wird.
Silber hat lediglich ein gescheitertes System im Allgemeinen und die diskreditierte COMEX im Besonderen bloßgestellt.
© Matt Piepenburg
Kommerzdirektor bei VON GREYERZ AG
Dieser Artikel wurde am 22. Dezember 2025 auf vongreyerz.gold veröffentlicht.
