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Europa schummelt, Gold zischt

16.04.2010  |  John Browne
In einem Ausbruch europäischer Solidarität und mit scheinbarem Großmut wurde Griechenlands chronisches Schuldenproblem kaschiert - was die nervösen Weltmärkte deutlich erleichterte. Aber dieser Akt der Barmherzigkeit könnte Deutschland die Schlüsselposition bei der Einflussnahme auf die Europäische Zentralbank (EZB) kosten, was wiederum langfristig dem Zustand des Euros schaden könnte. Da nun die Ängste vor einem unmittelbaren Schuldausfall abklingen, konnte der Euro zwar an Standfestigkeit zurückgewinnen, dennoch wurde der Goldpreis auf neue Euro-Allzeithöchststände gedrückt (ein 5-Monate-Hoch gegenüber dem Dollar). (i)

Der Euro ist nach dem US-Dollar jetzt die zweitwichtigste Währung für den Welthandel. Die meisten Zentralbanken und Gesellschaften verfügen über Eurobestände als legitime Diversifizierung - als Absicherung gegenüber dem US-Dollar. Seine Stabilität ist daher von größter Bedeutung für die internationalen Währungsmärkte und für die globale Stabilität im Allgemeinen.

Immer deutlicher zeigt sich: Für die Zukunft des Euros können die Probleme Griechenlands zum Zünglein an der Wage werden. Auch die verschiedenen Rettungspakete konnten die Investoren bisher nicht davon überzeugen, dass griechische Staatsanleihen auf lange Sicht verlässlich sind. Obgleich die Auktion für kurzlaufende Staatsanleihen Griechenlands am Dienstag erfolgreich verlief, steigen auch nach wie vor die Aufschläge, die Investoren für längerlaufende griechische Anleihen verlangen. Heute lag die Renditenspanne zwischen griechischen und deutschen Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit schon ganz knapp unter 400 Basispunkten. (ii)

Es bleibt noch abzuwarten, ob die von der EU angebotenen Unterstützungsmaßnahmen - ein Kredit in Höhe von 30 Milliarden € für 3 Jahre bei einer Verzinsung von ca. 5% (iii) - ausreichen werden, um die schweren und notwenigen ökonomischen, strukturellen und sogar einstellungsbezogenen Veränderungen abdecken zu können. Zudem lauern dem Euro auch die potentiell größeren Haushaltsprobleme vieler osteuropäischer Staaten auf, aber auch die restlichen PIIGS (Spanien, Portugal, Irland und Italien).

Der viel größere Teil der Bedrohung wartet also noch auf den Euro. Zusammen mit der Bereitschaft des EZB-Chefs Trichet, auch weiterhin griechische Anleihen als Kreditsicherheit zu akzeptieren, verweist das griechische "Soft-Rettungspaket" der europäischen Finanzminister auf ein mögliches Ende des deutschen Politikstils der harten Währung, welcher dem Euro zugrunde lag.

Bei der Herausbildung des Euro wollten die Deutschen ihre weithin geachtete Deutsche Mark nur unter der Voraussetzung aufgeben, dass die Euro-Währung stabil und mit Umsicht geführt werde. Um sicher zu gehen, dass ihre Wünsche Berücksichtigung fänden, forderten sie zudem, die Europäische Zentralbank solle ihren Sitz in Deutschland haben. Um die Franzosen zur Unterstützung zu bewegen, stimmten sie einem Plan zu, mit dem schließlich ein Franzose an die Spitze der EZB kommen sollte (die Deutschen stellten jedoch sicher, dass der erste EZB-Präsident, der Niederländer Wim Duisenberg, die Politik Berlins befürwortete).

2003 übernahm ein Franzose, Jean-Claude Trichet, die EZB und ganz wie unser Alan Greenspan wich er von seinen strengen Tendenzen ab, die ihn zuvor ausgezeichnet hatten. Während Duisenberg mit seiner scharfen Erwiderung "Ich höre Sie, ich höre Ihnen aber nicht zu" berühmt wurde, mit der er wütende Politiker, die Zinssatzsenkungen forderten, abfertigte, so war Trichet viel geneigter, dem Druck nachzugeben - was in Deutschland für Fassungslosigkeit sorgt. Laut der deutschen Tageszeitung Handelsblatt äußerte sich ein ehemaliger Bundesbank-Präsident folgendermaßen dazu: "Wer mit der Inflation flirtet, wird von ihr geheiratet. Trichet hat sie gestern geküsst."

Die Risse in der soliden Geldpolitik der EZB lassen nicht nur deutsche Politiker aufhorchen, auch den internationalen Investoren sollten sie Grund zur Sorge sein. Wenn jetzt auch der Euro in Gefahr gerät, an was könnten sich die internationalen Investoren dann noch halten?

Die Haushalts- und Schuldenprobleme, mit denen die USA konfrontiert sind, sind so schwerwiegend, dass die USA, trotzdem sie die Weltreservewährung besitzen, Gefahr laufen, ihr AAA-Rating zu verlieren. Letzte Woche konnten die US-Investoren beobachten, wie US-Finanzminister Tim Geithner nach China reiste, wo er sich gehorsam verneigte, um die Chinesen zu bitten, ihre Währung neu zu bewerten. Das warf die Frage auf, ob der chinesische Yuan unterbewertet ist oder der US-Dollar überbewertet. Ohne Frage, der US-Dollar kann nicht der Sichere Hafen für die Ersparnisse der Welt sein.

Das Pfund Sterling Großbritanniens steht vor denselben Problemen wie der Dollar. Die starken westlichen Währungen wie der Schweizer Franken sind zu klein, um die gewaltigen Kapitalmengen, die aus dem bedrohten Euro flüchten, aufzunehmen zu können, ohne dass deren Währungsbewertungen völlig unangemessen verzerrt würden. Nach dem Ausschlussprinzip scheint hier Gold der Gewinner zu sein.

Monatelang schwebte der Goldpreis in einer engen Handelsspanne zwischen 1.050 $ und 1.110 $ pro Unze. Gold hielt dieses Niveau trotz niedriger Inflation sowie anhaltender Bemühungen der Zentralbanken, dieses Metall zu ent-monetisieren. Trotz beschwichtigender Politikerworte, scheint es ganz so, als spürten viele internationale Investoren, einschließlich der Zentralbanken Indiens, Russlands und Chinas, dass es mit der Papierwelt nicht zum Besten steht!

Mit Staatsschulden, die beim 13-fachen der Stände von 1980 liegen, (iv) werden Investoren in US $-Finanzanlagen nicht umhinkommen, den Preis für die verschwenderische Politik Washingtons zu zahlen. Wer kann noch mit Sicherheit behaupten, stark steigende Zinsen wie gerade in Griechenland werde es in nächster Zeit hier nicht geben?

Wie schon erwähnt, haben wir das Gefühl, die massiven Probleme, mit denen Amerika konfrontiert ist, wurden noch nicht voll und ganz begriffen. Wenn es dann soweit ist, dürfte Gold das sicherste Fundament in einer verkehrten Welt sein.


(i) 09.04.2010 "Gold priced in sterling hits all-time high". The Daily Telegraph.
(ii) 14.04.2010 "Euro, Greek Bonds Weaken Amid Fresh Greece Debt Nerves". Wall Street Journal.
(iii) 14.04. 2010 "Bundestag Assent Needed Before Bailing Out Greece". The New York Times.
(iv) "Tabelle: Historical Debt Outstanding - Annual". U.S. Treasury. Accessed: 14.04. 2010.



© John Browne
Senior Market Strategist

Der Artikel wurde am 14.04.10 auf www.safehaven.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.



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