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Nachtrag: Zu den Folgen von Zinserhöhungen für Staatsanleihen

17.02.2015  |  Dr. Dietmar Siebholz
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Ausgangspunkt der Anstiegsberechnung

Nur sollte der Betrachter aber ein Faktum nicht übersehen, das hier Einfluss nimmt und das ist die Betrachtungsweise bei der Ermittlung eines Abschlages und eines Zuschlages. Dazu zwei Rechenbeispiele:

1. Zinsrückbildung (bei der eher falschen Voraussetzung unveränderter Schulden- sie sind ja exponentiell gestiegen): Geht der Zins beispielweise von 5,00% auf 0,75% zurück, so ergibt sich relativ eine Zinsersparnis von 85% - ja, das ist zugegeben ein enormer Zinskostenabschlag und eine erhebliche Ersparnis.

2. Steigt aber der Zins von 0,75% wieder auf 5,00% an, so haben wir eine Zinskostensteigerung von 566,67%. Wir sind uns sicher darüber einig, dass ein solcher Zuschlag allen wehtun wird, die nicht das Privileg haben, Geld endlos drucken zu dürfen.

Probieren Sie die Rechnung mit geringeren Zinsanstiegen nach Ihrer Wahl aus, das Ergebnis wird Sie immer schmerzen.


Zeitablauf der Anpassungen

Das Problem der Zinsanstiege ist, dass diese nicht auf einmal, sondern immer nur sukzessiv auftreten - und da Anleihen immer einen längeren Zeithorizont abdecken, würde "die Zinserhöhung sehr lange Zeit brauchen, bevor das Übel der stark gestiegenen Zinsen zum Ausbruch kommt". Dieser Beitrag ist richtig, aber auch nur theoretisch. Eine derart fatale Entwicklung muss sich nicht in kleinen Schritten so auf fünf Jahre erstrecken; wenn die Bondblase platzt (und glauben Sie mir, sie wird es…) dann geht es wesentlich schneller und explosiver.

Und dazu noch einen Hinweis für uns Deutsche: Wenn meine alten Aufzeichnungen richtig sind, dann sind wir wieder einmal die Seriösesten, was die Durchschnittslaufzeit der Anleihen angeht. Aber die Zahlen aus Südeuropa sind da ganz anders. Dort ist die Durchschnittslaufzeit von Staatsanleihen und der gesamten Staatsfinanzierung viel kürzer, und dort werden dann die Folgen noch schneller und extremer eintreten, vor allem deshalb, weil sich durch die extrem niedrigen Kurzfristzinsen die Entwicklung hin zu kurzfristigen Laufzeiten nahezu aufgedrängt hat. Bei einigen Staaten des Club-Med weisen die kurzfristigen Anleihen oft die Mehrheit der Laufzeiten auf.


Aktuell eine zusätzliche Information

Durch meine Immobilienfondshistorie hatte ich ja in meinen aktiven Zeiten gute Kontakte zur Bundesbank, insbesondere zu den Niederlassungen in Thüringen; so flatterte mir vorgestern ein Vortrag von Frau Prof. Dr. Claudia M. Buch auf den Tisch, in dem die geschätzte Fachfrau auf dem Neujahrsempfang der Hauptverwaltung für Sachsen und Thüringen sich zu den Herausforderungen für die Finanzstabilität sehr präzise äußert.

Prof. Buch sagt hier z.B.

  • "das Finanzsystem ist umso stabiler, je geringer die Fehlanreize und je größer der Risikopuffer der Anleger im System sind…" (Meine Meinung: Die Fehlanreize sind schon jetzt offensichtlich und erkennbar)

  • "es kann zu einer Negativspirale kommen, wenn zum Beispiel Dominoeffekte und Informationseffekte auftreten.." (Meine Meinung: Sehr wahr, vor allem durch die Globalisierung

  • "infolge der Finanzkrise ist die Verschuldung der Staaten stark angestiegen…" (Meine Meinung: Und dies in Potenzen nicht in Prozenten)

Zum Schluss des Berichtes kommt Frau Prof. Buch zu folgenden Kernaussagen:

1. Im aktuellen Niedrigzinsumfeld bestehen Anreize, vermehrt Risiken einzugehen.
2. Deutsche Banken sind heute besser kapitalisiert, aber ihre Ertragsschwäche hält an.
3. Die Vergabe von Immobilienkrediten verhält sich nicht prozyklisch, aber es bestehen strukturelle Anfälligkeiten.
4. Die Bankenunion trägt dazu bei, Risiken besser zu identifizieren und den Privatsektor an den Verlusten zu beteiligen.
5. Mittelfristig sollte die Privilegierung von Forderungen gegenüber dem Staat in der Regulierung abgeschafft werden.

Kann man deutlicher als hier in den Kernaussagen warnen? Die Bundesbank bestätigt, dass der "Privatsektor" an den Verlusten der Banken beteiligt wird (siehe Kernaussage 4). Privatsektor, das sind Institutionen, Versicherungen, aber auch der private Bürger als Kontoinhaber. Ich habe als aktiver Bankangestellter schon vor fünfzig Jahren mein Unverständnis zum Ausdruck gebracht, dass Banken für die Herausgabe von Darlehen Sicherheiten von den Kreditnehmern fordern, aber nicht bereit sind, Ihrer Kreditgebern (und nichts anderes sind Bankeinlagen-Kunden - wir Bänker nennen sie ja "Kreditoren" und das zurecht) ihrerseits Sicherheiten zu geben.

Den Kernsatz 5 verstehe ich nicht, denn die Privilegierung der Staatsinstitutionen ist bekannt, aber Frau Prof. Buch spricht ja von den Forderungen gegenüber dem Staat. Meint sie eventuell damit die Sozialverbindlichkeiten des Staates?

Was ich zu diesen Zitaten meine? Ganz einfach, es gibt Fachleute, die schon ganz außer der Box denken und ihre Argumente zitieren. Das zeigt mir, dass der Meltdown-Zeitpunkt nicht mehr so ganz weit von uns entfernt ist, wie viele dies sehen oder hoffen. Ich selbst betreibe dieses "Außer-der-Box-Denken" schon seit 2004 und darf heute feststellen, dass selbst das Undenkbare nicht mehr außergewöhnlich ist oder hätten Sie die Aktion in Zypern und in Spanien als normal angesehen, nachdem ja unsere Kanzlerin und Herr Steinbrück vollmundig über die Sicherheiten der Spareinlagen fabuliert haben?

Vielleicht hilft Ihnen dieser Kommentar beim Nachdenken über Ihre Entscheidungen bezüglich Neuverschuldung, Zinsfestschreibung und Anlagedispositionen.

Aber alle die oben und in meinen vorhergehenden Kommentaren dargestellten Fakten und Grundlagen zeigen doch nur eines auf: Die Welle der Probleme, die auf uns zurollt, ist nicht zu besänftigen oder sogar zu brechen. Wir müssen uns darauf einstellen, dass die Tsunami-Monsterwelle uns nahezu ungebrochen treffen wird. Und genau auf diesen Aufprall müssen wir uns vorbereiten.

Aus meinem Bekanntenkreis erhielt ich vor Jahren eine authentische Schilderung des Tsunamis, der unter anderem die thailändische Küste verwüstete und unendlich vielen Menschen das Leben kostete, so auch einem langjährigen Geschäftspartner aus der Schweiz. Der damals überlebende Geschäftsfreund hatte damals instinktiv das Richtige gemacht, er lief unter Zurücklassung seiner Urlaubsausstattung einfach nur bergauf…

Wahrscheinlich ist das eine Erkenntnis, die mich wesentlich beeinflusst und mich veranlasst hat, mein Konzept gegen die Folgen der Finanz- und Geldkrise konsequent zu durchdenken und dann auch für uns umzusetzen.

Ihre Kommentare oder Fragen richten Sie bitte an wthlz2@gmx.de. An meinen Kernaussagen im vorhergehenden Kommentar ändert sich nichts.


© Dr. Dietmar Siebholz
wthlz2@gmx.de
www.emuro.de



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