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Kondratieff-Zyklen

26.05.2004  |  Dr. Christoph Mittermaier
Heißt die Basisinnovation der Zukunft Life-Science?

Die weitreichende Bedeutung der Informationstechnologie wird heute nicht mehr bezweifelt. Es stellt sich die Frage, ob sie mit grundlegenden Innovationen wie der Eisenbahn, der Elektrizität oder dem Automobil vergleichbar ist. Könnte eine Gesetzmäßigkeit beim Auftreten tragender Innovationen der Zukunft gefunden werden, würde dieses Wissen dem frühen Investor mit ausreichendem Durchhaltevermögen sprudelnde Gewinne bescheren. Die Theorie der Langen Wellen widmet Christoph Mittermaier sich der Identifikation von Gesetzmäßigkeiten im langfristigen Wirtschaftsverlauf vorwiegend basierend auf einer Innovationsbetrachtung. Dabei ist die Theorie in der Wissenschaft nicht unumstritten, insbesondere aufgrund fehlenden empirischen Datenmaterials zu Beginn der Beobachtungen Ende des 18. Jahrhunderts.


1. Theorie der Langen Wellen

Eine Lange Welle - nach dem russischen Forscher Nikolai D. Kondratieff auch als Kondratieff-Zyklus bezeichnet - wird durch eine Basisinnovation ausgelöst. Die Basisinnovation trägt aber nicht nur den Wirtschaftsverlauf, sondern führt auch zu einer Reorganisation der gesamten Gesellschaft und ihrer Arbeitsstrukturen. Seit Ende des 18. Jahrhunderts wurden vier Lange Wellen mit einer jeweiligen Zyklendauer zwischen 40 und 60 Jahren beobachtet. Teilweise wird die These sich verkürzender Zyklendauern vertreten (siehe Abbildung "Erste bis fünfte Lange Welle"). Die Systematik der Langen Welle bezieht sich auf die Dynamik der kapitalistischen Entwicklung; sie tritt nur in marktwirtschaftlich orientierten Wirtschaftssystemen auf.

Die gegenwärtige technologische Situation legt nahe, daß die Informationstechnologie die Basisinnovation der derzeitigen fünften Langen Welle ist. Für eine mögliche sechste Lange Welle wird der sogenannte Life Science-Bereich (Biotechnologie, Gesundheit, Umwelt) als Basisinnovation gehandelt.

Der erste bedeutende Forscher im Bereich der Langen Wellen war Nikolai D. Kondratieff, der langfristige Wellenbewegungen in trendbereinigten Preisreihen bereits Anfang der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts beobachtete. Die erste gesamtheitliche Theorie der Langen Wellen wurde durch Josef A. Schumpeter 1939 aufgestellt.

Neben den Langen Wellen spielen auch mittlere Wellen, die sogenannten Juglar-Zyklen, mit einer Periodenlänge zwischen acht und zwölf Jahren eine bedeutende Rolle. Sie werden in der Gesellschaft als schlechte oder gute Zeiten wahrgenommen. Ergänzt wird das Modell durch die kurzen Wellen, die sogenannten Kitchin-Zyklen mit einer Zyklenlänge von durchschnittlich 40 Monaten. Die folgende Abbildung zeigt die in der Periode einer Langen Welle idealtypisch auftretenden langen, mittleren und kurzen Wellen. Dabei ist die Darstellung in Form von gleichmäßigen Sinuskurven lediglich ein Mittel zur Vereinfachung und stellt kein Abbild der Realität dar.

Bei der Datierung der Langen Wellen gehen die Ansichten der Wissenschaftler auseinander. Teilweise wird der Beginn einer fünften Langen Welle in den 80er oder 90er Jahren des 20. Jahrhunderts angenommen (Christopher Freeman), andererseits vertreten Forscher wie lan Gordon die Auffassung, daß wir uns gegenwärtig noch in der auslaufenden vierten Welle befinden. Die folgenden Ausführungen basieren auf der Betrachtung Langer Wellen in erster Linie als Schwankungsmesser für die Innovationsentwicklung im Wirtschaftsverlauf. Eine direkte Anwendung der Ausführungen auf die konjunkturelle Entwicklung in Deutschland ist insofern nicht möglich, als sich die Theorie der Langen Wellen auf rein marktwirtschaftlich orientierte Wirtschaftsräume bezieht. Von derartigen Strukturen ist Deutschland aber mehr oder weniger weit entfernt. Die USA sind der wohl am besten auf das Schema anwendbare real existierende Wirtschaftsraum.


2. Wo in der Langen Welle befinden wir uns?

Eine Datierung des 4. Kondratieff auf Basis einer Analyse der Innovationsentwicklung in einer Langen Welle kommt zu einem Verlauf von 1951-1994. Im Jahr 1994 begann demnach die neue Lange Welle (5. Kondratieff) basierend auf der Basisinnovation Informationstechnologie. Das bedeutet nicht, daß die Informationstechnologie erst seit diesem Zeitpunkt Bedeutung für die Wirtschaft hat, aber seitdem trägt und verwandelt dieser Bereich die Wirtschaftsentwicklung grundlegend.

Nach der Lange Wellen-Theorie wird ab Beginn einer neuen Langen Welle ein rapider Aufschwung gestützt auf Innovationen im Bereich der Informationstechnologie für ca. 16 bis 20 Jahre erwartet. Wir haben die ersten zehn Jahre dieser Entwicklung bereits hinter uns. Diese Phase umfaßt zwei mittlere Wellen; die erste begann 1994 und endet in Kürze. Die daran anschließende mittlere Welle dürfte, beginnend mit einer mehrjährigen Phase wirtschaftlichen Wachstums, nochmals von dem Innovationsfeld Informationstechnologie getragen werden.

Im Anschluß an diese Phase des innovationsgetriebenen Wachstums ist eine Abschwungphase der Langen Welle zu erwarten, die 12-15 Jahre dauern könnte. In einer derartigen Phase des Kondratieff-Abschwungs sind zwar weiterhin Auf- und Abschwungphasen der mittleren Welle zu spüren, jedoch verlaufen die Abschwungphasen ausgeprägter und länger und die Aufschwungphasen schwächer und kürzer. Diese Entwicklung endete in vergangenen Langen Wellen in einer grundlegenden tiefgreifenden Krise, z.B. mit dem Börsencrash im Jahr 1929. Genau diese Krise ist aber auch Chance für neuartige Ideen, denen in der Aufwärtsbewegung keine Beachtung geschenkt wurde. Man hatte ja ausreichend Investitionsalternativen.




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