Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Europa: Deutsche Tugenden vs. Griechische Laster, vom Null zu Negativ, Euro-Goldstandard, Überschuss- und Defizitländer? (Teil 2/2)

23.04.2015  |  Michael Shedlock
Der Euro, ein Goldstandard?

Von allen lächerlichen Vergleichen, die mit Blick auf den Euro gezogen wurden, steht ganz oben die Vorstellung, dass der Euro wie ein Goldstandard funktioniere. Es finden sich in der Tat viele Autoren, die solche Behauptungen aufstellen.

Hier nur ein Beispiel: “Actually, There Is A Gold Standard Today, And It's Causing An Economic Catastrophe.”

Dieser Artikel hat fatale Fehler, aber spiegelt die geläufige Meinung wieder. An dieser Stelle eine kurze Entgegnung:

Nur bei ganz oberflächlicher Betrachtung - dahingehend, dass die Länder ihre Währungen nicht getrennt voneinander abwerten können - würde der Euro einem Goldstandard ähneln. Praktisch betrachtet, ist es aber viel entscheidender, dass das TARGET 2-System und die gemeinsame Zinspolitik genau das Gegenteil dessen bewirken, was unter einem Goldstandard passiert wäre.

Bevor Nixon das Goldwechselkursfenster schloss, kam es in den Ländern mit fortwährenden Handelsbilanzdefiziten zu einem Abfluss von Goldbeständen, so dass sie schließlich etwas dagegen unternehmen mussten.

In der Eurozone bestimmt die EZB die Zinspolitik (in erster Linie zugunsten von Deutschland) und bezüglich TARGET-2 meint man, die Defizite von “Speece“ fielen nicht ins Gewicht.

Unter einem Goldstandard hätte niemand sein eigenes, hartverdientes Gold an “Speece verliehen“, ohne viel höhere Zinssätze und gute Schuldensicherheiten zu fordern. Das hätte natürlich den Appetit am Schuldenmachen gezügelt.

Einfach formuliert heißt das: Die Struktur des Eurozone-Systems bewirkt genau das Gegenteil, was unter einem Goldstandard passiert wäre.


Immer noch kein Durchsetzungsmechanismus weit und breit

Weil keine Durchsetzungsmechanismen für Handelsungleichgewichte existieren, wuchsen die Ungleichwichte in “Speece“ so lange, bis es krachte. Bis zu diesem Zeitpunkt hörte man aus den IWF aber nichts anderes als Lob für Spanien! Zu jeder Zeit unterschätzte der IWF auch die kommenden Probleme für Griechenland.

Wir gehen dem dritten Bailout Griechenlands entgegen und der IWF zeigt sich nach wie vor planlos, inwieweit Griechenland dieses “Rettungsgeld“ jemals zurückzahlen kann.

Schlimmer noch: Auf der Welt gibt immer noch keinen "Durchsetzungsmechanismus", zudem ist die Struktur des Euro derart, dass die Ungleichgewichte in Europa sogar noch schwerer zu beheben sind als anderswo.


Von Nullzins zu Negativzins

In den USA haben wir chronische Handelsungleichgewichte gegenüber China, Japan und den ölproduzierenden Ländern. Wir beobachten zudem ständiges Gezänk, inwieweit China nun als "Währungsmanipulator" einzustufen sei.

Jedes Land manipuliert heute seine Währung, auf die eine oder die andere Art. China macht es mit Währungskoppelungen, die meisten anderen Länder manipulieren mittels ihrer Zinspolitik.

Das irre Rennen zum Nullzins hat sich jetzt auf den Negativzins verlagert. Nullzinspolitik ist inzwischen Negativzinspolitik geworden – in einen globalen Währungsentwertungswettlauf.


EFSF und ESM - kurzfristig stabilisierend, langfristig destabilisierend

2010 wurde das European Financial Stabilisation System (EFSF) als “vorläufiger“ Krisenlösungsmechanismus gegründet. Der EFSF lieferte Irland, Portugal und Griechenland finanzielle Beihilfe.

Der ESM ist angeblich ein “permanenter“ Krisenlösungsmechanismus. Der ESM vergab Kredite an Spanien und Zypern.

Die Risiken werden unter allen Eurozone-Mitgliedern aufgeteilt, proportional zum Kapitalanteil, der bei der EZB eingezahlt wurde. Diese Risikoverteilung stellt eine klare Verletzung der No-Bailout-Klauseln der Maastrichter Verträge dar. In Zeiten der Krise kümmert sich aber kaum jemand um Regeln.

Problematisch an der “Risikoaufteilung ist aber, dass jedes Land teilweise für die Probleme in anderen Ländern mitverantwortlich gemacht wird. Kurz: Spanien ist teilweise mitverantwortlich für Griechenland, und umgekehrt. Falls ein Land seine Bailout-Verbindlichkeiten ausfallen lässt, können Kaskadeneffekte entstehen.

Dr. Eric Dor, Leiter der IESEG School of Management in Lille, veröffentlichte eine aktualisierte Aufstellung, inwieweit andere europäische Staaten potentiell von der griechischen Schuldensituation betroffen sind.

Die Details sind interessant.

Open in new window

Die Tabelle oben stammt aus Exposure of European Countries to Greece von Dr. Eric Dor, IESEG School of Management.

Anmerkung: Diese Tabelle wurde nicht gleichzeitig mit den TARGET 2-Bilanzen erstellt, welche dieser vorausgingen. Es könnte also leichte Abweichungen geben.

Spanien, das seine eigenen ESM-Rettungsvereinbarungen hat, ist gegenüber Griechenland angeblich für 32,744 € € haftpflichtig. Wie soll das bitteschön funktionieren, wenn nicht überhaupt nicht?

Auch wenn einige widersprechen (wahrscheinlich weil es ihren kurzfristigen Bedürfnissen dient): Strukturell sind diese Bailout-Vereinbarungen ein klarer Bruch der Maastrichter Verträge. Wer sich diese Programme ausgedacht hat, wird später noch böse von ihnen träumen.



Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!




Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"