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Gold: Crash oder Erholung?

24.10.2006  |  Jochen Steffens
Ich beobachte Gold sehr genau und hatte auf ein entscheidendes Einstiegssignal gewartet. Doch der Goldpreis ist kurz vor diesem entscheidenden Einstiegssignal wieder gefallen und verzeichnete gestern den größten Tagesverlust seit zwei Wochen. Hier der Chart:

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Sie sehen, dass Gold an einer scharfen Abwärtstrendlinie (blau) entlang läuft, die seit Mai relevant ist. Es ist im Moment denkbar, dass Gold auch noch mal bis an die 534 Dollar fällt. Sofern das passiert, besteht die Gefahr, dass Gold eine große Topformation in Form eines "absteigenden Dreiecks" ausbildet (blaue Linien). Das Kursziel aus dieser Formation läge bei ca. 330 Dollar! In diesem Zusammenhang ist interessant, wie, bzw. warum solche Formationen entstehen.


Absteigende Dreiecke als Topformation

Absteigende Dreiecke als Topformation sind fast immer ein Hinweis darauf, dass große Adressen über einen längeren Zeitpunkt massiv "aussteigen". Man kann sich natürlich die Frage stellen, wer steigt hier aus und wie lange wird dieser Verkaufsdruck anhalten. Es gibt hierzu Gerüchte und Informationen, dass Zentralbanken wieder als Verkäufer aufgetreten sind, aber auch einige größere Fonds scheinen von den Rohstoffen in den US-Aktienmarkt umzuschichten (Stichwort: Vagabundierendes Geld)


Eine detaillierte Beschreibung des Charts

Es geschieht folgendes: Bei der Übertreibung an der 720-Dollar-Marke (Ziffer 1) haben bestimmte Adressen beschlossen, eine oder mehrere große Positionen in den Markt zu drücken. Es kam zu einem massiven Einbruch. Die Verkäufer hörten wahrscheinlich erst so im Bereich 620-640 Dollar auf, ihre großen Positionen in den Markt zu drücken und warteten eine Erholung ab. Die Verkaufsorder wurden im Bereich zwischen 620-640 Dollar im Markt belassen, wobei diese Order nicht im Markt liegen, sondern Makler den Auftrag haben, zu diesem Kurs nach und nach zu verkaufen und einen guten Schnitt herauszuholen. Sobald die Kurse unter diese Marke fallen, wird eine Erholung abgewartet. Denken Sie immer daran, dass diese großen Adressen einen langen Atem haben.


Das Spiel der Geier

Dass der Kurs die 600er Marke verletzte, wird wiederum damit zusammenhängen, dass andere Adressen hier die Stopps der "armen Kleinanleger" abfischen wollten. Ein altes Spiel: Kapitalstarke Adressen shorten Gold, weil Sie wissen, dass die vielen Kleinanleger solche Marken wie 600 Euro lieben. Diese "Kleinanleger" sagen sich nämlich mit einen oberflächlichen Blick auf den Chart, wenn Gold wieder unter die 600 Dollar fällt, dann verkaufe ich. Dieses Geier-Spiel ist eigentlich ganz einfach: Um Gold zu shorten werden geliehene Positionen "verkauft". Irgendwann müssen diese Positionen zu deutlich tieferen Kursen und damit im Gewinn auch wieder "zurückgekauft" werden. Dafür müssen genug "Verkäufer" gefunden werden. Schließlich will man nicht durch das Zurückkaufen seine eigenen Kurse treiben und sich damit den Schnitt versauen.

Die betreffenden Adressen wissen also, dass unter 600 viele Anleger "verkaufen" werden, und siehe da, schon hat man die Verkäufer gefunden, denen man einen großen Teil der Positionen abkaufen kann, um seine eigenen Short-Positionen zu schließen. Das macht den Gewinn aus. Den Rest der Position kauft man dann nach und nach oder auch schneller zurück, der Gewinn ist ja gemacht. Das führt dazu, dass dann der Kurs sich nach dem Bruch dieser wichtigen Marke wieder sehr schnell erholt. Später springen dann wieder Anleger auf, weil sie denken, dass der Einbruch bei Gold vorbei sei und nun endlich die 1000-Dollar-Marke anvisiert wird.


Die Verkäufe gehen weiter

Doch weit gefehlt. Sobald wieder die Verkaufskurse (620-640 Dollar) erreicht werden, fangen die Verkäufer an, Gold weiter zu verkaufen (Ziffer 2). Dass es etwas über diese Marke hinausschießt, liegt daran, dass zu diesem Zeitpunkt wieder sehr viele Goldbullen auf der Käuferseite stehen. Als sich der Kurs zu sehr von der Verkaufszone nach oben entfernt, werden dann schließlich auch wieder größere Positionen in den Markt gedrückt. Der Kurs bricht ein (Ziffer 2-3)

An der Dynamik bis zur Ziffer 3 im Chart erkennt man deutlich, dass es hier wieder zu deutlichen Verkäufen gekommen ist. Ebenso erkennt man: Sobald die 620er Marke unterschritten wird, hören die Verkäufe auf.

Nun muss man nur genau beobachten: In den folgenden Wochen geschieht folgendes: Immer über der 640er Marke setzen die Verkäufe wieder ein, an der 620er Marke stoppen sie. Das Spiel läuft bis Anfang September. (Ziffer 4), anschließend kommt es zu einem erneuten dynamischen Einbruch.

Hierfür gibt es nun zwei Möglichkeiten: Die Bullen haben aufgegeben oder die Verkäufer haben ihre Position größtenteils im Markt. Der zweite Rutsch an die Ziffer 5 zeigt jedoch, dass hier offenbar noch genug Verkaufspotential im Markt ist. Es kann also gut sein, dass die Bullen aufgegeben habe und die Verkäufer lediglich nicht mehr damit rechnen zu 640 Dollar herauszukommen und eine Ebene tiefer das gleiche Spiel spielen.

Es steht also zu befürchten, dass es nun zwischen 575 und 600 Dollar zu der gleichen Entwicklung kommt, die wir bei 620 bis 640 Dollar gesehen haben. Das wäre ein eindeutiger Hinweis darauf, dass hier bestimmte Adressen immer noch versuchen massiv auszusteigen.


Fehlendes Bullensignal

Wäre hingegen nach dem Tief bei Ziffer 5 anschließend die 600er Marke und damit auch die Abwärtstrendlinie nachhaltig gebrochen worden, wäre das ein Hinweis auf ein Nachlassen des Verkaufsdrucks gewesen. Die Verkäufer hätten dann kein Verkaufsinteresse mehr, der Deckel wäre weg, es könnte weiter nach oben gehen. Das wäre das Kaufsignal gewesen, auf das ich gewartet hatte.

Wobei wirklich bullish würde der Goldchart jedoch erst, wenn die 640er Marke nachhaltig genommen würde. Denn es kann natürlich durchaus sein, dass an dieser Marke immer noch ein Verkäufer mit größeren Positionen aussteigen will. Wird die 640er Marke jedoch auch noch genommen und nach oben aufgelöst, dann wäre das ein klarer Hinweis darauf, dass die Verkäufer aus dem Markt sind, bzw. sie ihre Positionen verkauft haben!


Bearish, oder ist es nicht?

Jetzt wird es aber spannend: Der Kurs ist jedoch an der 600er Marke und dem Abwärtstrend abgeprallt. Würde er nun seitwärts zwischen 600 und 575 Dollar aus dem absteigenden Dreieck ausbrechen, also die Abwärtstrendlinie nach oben überwinden, so ist das noch nicht unbedingt ein Kaufsignal !!!! (Hier tapsen viele charttechnisch orientierte Anleger immer wieder in die Falle). Es kann, wie gesagt, einfach nur sein, dass die Verkaufspanne von den Verkäufern nach unten verlegt wurde. Ein seitwärts gerichteter Bruch aus einem Abwärtstrend stellt also nicht unbedingt ein Kaufsignal dar! Dazu bedarf es weiterer Hinweise.

Es wäre zum Beispiel dann ein Kaufsignal, wenn es an der Ziffer 5 zu einem Sell Off gekommen wäre. Ein Sell Off wäre zum Beispiel eine starke Abwärtsbewegung unter das Tief vom Juni bei hohen Umsätzen.

Doch nehmen wir einmal an, dass der Verkäufer tatsächlich auch ohne eindeutigen Sell Off zur 5 hin seine letzte Positionen verkauft hätte, einfach weil seine Goldposition erschöpft war. In diesem Fall hätte es an der Ziffer 6 aber, wie oben bereits erwähnt, zu einem Bruch des Abwärtstrends kommen müssen.

Der Abverkauf nach dem Testen dieser Linie ist also ein Hinweis darauf, dass die 5 noch nicht unbedingt der reinigende Sell off war. (Es sei denn, der Kurs würde sich bei ca. 575 fangen und dann die 600er Marke nachhaltig brechen. Dann müsste der Bruch der 600er Marke aber wirklich "nachhaltig sein"! Dann hätte sich eine kleine Umkehrformation gebildet, mit dem Bruch des Abwärtstrends und der 600er Marke, wäre das ein Kaufsignal.)


Das Crash-Szenario

Wenn nun aber die 560er Marke und auch noch die 540/534er Marke unterboten wird, dann ist klar, dass bei den Verkäufern ein nachhaltiges Bedürfnis vorhanden ist, weitere große große Positionen zu verkaufen. In diesem Fall müsste man sich die Frage stellen, ob diese großen Adressen, die nun den Kurs von 730 um 200 Dollar auf 530 Dollar gedrückt haben, irgendwelche nachhaltigen fundamentalen Gesichtspunkte kennen, die einen solchen dramatischen Ausstieg rechtfertigen. Kurz, ich würde zu diesem Zeitpunkt nicht mehr darauf setzen, dass die Verkäufe aufhören, sondern eher davon ausgehen, dass hier etwas fundamental nicht stimmt und dafür Anhaltspunkte suchen.

Nach unten ist klar: Unter 530 Dollar interessiert mich Gold solange nicht mehr, bis das Kursziel bei 330 Dollar erreicht wäre oder sich andere eindeutige Bodenformationen entwickelt hätten. Und ich werde dann nicht der einzige sein, der diese Meinung teilt.

Sollte Gold also unter diese 534er Marke fallen, werden wahrscheinlich die letzten Nerven der Goldbullen reißen. Es kann in diesem Fall sogar zu einem sehr starken crashähnlichen Verlauf kommen. Schließlich sind die Goldbullen nach sechs Monaten eher fallender Kurse sowieso schon angeschlagen. Hier trifft dann die Weisheit zu: Greife nicht in ein fallendes Messer.

Ich hoffe, ich konnte ihnen deutlich machen, worum es bei dem Goldpreis zurzeit geht. Wir stehen aktuell an einem sehr wichtigen Punkt. Die Frage ist, wie groß und wie nachhaltig ist die Verkaufsbereitschaft noch. Die entsprechenden Marken sind genannt, danach kann man sich richten.


Fazit

Für mich sieht es im Moment so aus, als würde der Goldpreis zwischen 600 und 575 Dollar seitwärts aus der Abwärtstbewegung ausbrechen. Dann wird sich der weitere Verlauf an der 600er Marke entscheiden, der Trendbruch ist dann insoweit uninteressant. Aber erst über 640 Dollar sind die Gefahren für den Goldpreis aus dem Markt. Rechnen Sie aber in diesem Fall nicht unbedingt mit einem steilen Anstieg. Wenn die Bullen durch derart massiver Verkäufe so verunsichert wurden, kommt es meistens wie am Anfang einer Rally erst einmal zu einem verhaltenen Anstieg, der sich erst später wieder dynamischer entwickelt.

Sollte Gold hingegen weiter fallen, muss man sehr, sehr vorsichtig werden!


© Jochen Steffens
Quelle: Auszug aus dem kostenlosen Newsletters "Investor's Daily"



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