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Zucker: Ein Festmahl für die Bären

15.02.2007  |   Sebastian Hell
Ziemlich genau vor einem Jahr erreichten die Notierungen des März 2007 Zuckerfutures ihren Höhepunkt bei fast 20 Cents pro Pound (454 Gramm) und gingen von dort an in einen steilen Abwärtstrend über. Natürlich wollte zu Beginn niemand wahr haben, dass wir uns in einer fallenden Bewegung befinden, da die Aussichten doch so positiv für diesen Rohstoff waren. Alle waren sich einig, dass die gigantische Ethanolnachfrage in den U.S.A., Europa, China und Brasilien zu einer fortwährenden Hausse führen würde. Einige rechneten schon mit Kursen im Bereich der alten Höchststände bei 65 Cents wie sie im Jahr 1974 erreicht wurden. Ich hatte damals schon davor gewarnt, dass sich die Bewegung extrem schnell beschleunigen müsse um höhere Notierungen zu erreichen, da es eine Vielzahl an Ländern gibt die ihre Produktion rasant ausweiten können. Zuckerrohr ist eine Pflanze die man sehr schnell anbauen und praktisch das ganze Jahr über ernten kann.

Anschließend kam was kommen musste: Die Preise für Zucker fielen von 20 Cents auf mittlerweile zehn Cents und wahrscheinlich bald darunter. Während vor einigen Monaten noch mit gigantischen Engpässen aufgrund der Ethanolstory gerechnet wurde, stehen wir jetzt einem geschätzten Überschuss zwischen sechs und sieben Millionen Tonnen in der Saison 2006/2007 gegenüber. Laut einer Umfrage der Nachrichtenagentur Reuters erwarten die Analysten für die Saison 2007/2008 einen weiteren Angebotsüberhang im Bereich der fünf Millionen Tonnen. Starke Produktionserhöhungen in Brasilien, Indien und Thailand führten zu diesem Überangebot. Allerdings hatten auch Verbraucherländer wie China und Russland gute Ernten zu verzeichnen weswegen deren Importe rückläufig sind. Dies geschieht zum Leidwesen der Bullen zu einer Zeit, in der Indien auf den weltweiten Exportmarkt drängt da das Exportverbot für Zucker inzwischen teilweise aufgehoben wurde. Während die Ernte bei schätzungsweise 23 bis 24 Millionen Tonnen liegen wird, beläuft sich die inländische Nachfrage lediglich auf 18 bis 19 Millionen Tonnen. Somit entsteht ein gewaltiger Überschuss der auf den Weltmarkt exportiert werden muss. Allerdings sieht die indische Regierung vor, dass nur Zucker von Unternehmen exportiert werden darf, die bereits vorher Zucker importiert haben. Deswegen rechnet man "nur" mit indischen Exporten im Bereich der zwei Millionen Tonnen.

Andere große Exporteure wie Thailand und Brasilien fürchten in Anbetracht der indischen Exportbestrebungen um ihren Anteil auf dem Weltmarkt sowie einen drohenden Preisverfall, weswegen bereits im Vorfeld der indischen Entscheidung mehr exportiert wurde als üblich. Aktuelle Zahlen aus Brasilien sprechen davon, dass die Exporte im Januar um fast 80% gegenüber dem Vorjahr gestiegen sind.

Natürlich gibt es für Zucker auch ein paar positive Nachrichten allerdings werden diese vom Markt momentan nicht beachtet, da ihre Bedeutung im Hinblick auf die großen Überschussraten belanglos wurde. Die U.S.A. haben ihre Schutzzölle auf Ethanol aus Brasilien bis ins Jahr 2009 verschoben (der Zoll war ursprünglich gedacht die inländische Ethanolproduktion aus Mais vor dem deutlich billigeren Ethanol aus Brasilien zu schützen). Momentan befinden sich Vertreter der US Regierung in Brasilien um über ein Abkommen für Ethanol aus Zuckerrohr zu verhandeln. Die U.S.A. möchten brasilianisches Ethanol solange einführen, bis die inländische Produktion die hohe Nachfrage selbst bewältigen kann. Laut aktuellen Schätzungen wird dies allerdings nur sehr schwer bis gar nicht zu erreichen sein und wenn, dann nur zu Lasten einer deutlichen Steigerung der Lebensmittelpreise. Auch Russland trägt momentan zu den positiven Nachrichten bei, da das Land eine lebhafte Nachfrage nach brasilianischem Zucker entwickelt hat.

Allerdings handelt es sich hierbei nur um Vorzieheffekte, da in Russland ab dem ersten April eine Importsteuer in Höhe von 250$ pro Tonne erhoben wird. Bisher fragte Russland zwischen November und Januar 797.000 Tonnen des weißen Rohstoffs nach, während im Vorjahr nur 235.000 Tonnen importiert wurden. Am Markt geht man davon aus, dass weitere 400.000 Tonnen an Importen folgen werden bis die Importsteuer heraufgesetzt wird. Allerdings trifft anschließend der abrupte Abbruch der russischen Nachfrage auf den Beginn der brasilianischen Ernte ab April. Weitere massive Verkäufe sind somit nicht auszuschließen.

Zwischen Brasilien und China soll der Handelsumsatz binnen der kommenden drei Jahre um 100% auf 35 Milliarden US Dollar steigen, da das Reich der Mitte seine Produktion von Maisethanol deutlich zurückfahren will. Der Hintergrund ist, dass die Ethanolproduktion zu steigenden Lebensmittelpreisen und inzwischen erkennbaren Engpässen geführt hat.

Fazit: Als Zusammenfassung lässt sich sagen, dass die Baisse im Zucker noch nicht beendet sein dürfte. Obwohl es eine Reihe an positiven Nachrichten gibt, ist es doch eher unwahrscheinlich, dass der süße Rohstoff in einen Aufwärtstrend übergehen kann. Die in Aussicht gestellten Überschüsse von sechs und fünf Millionen Tonnen über die nächsten beiden Jahre liegen wie Felsbrocken auf den Rücken der Bullen und verhindern damit jedwedes Aufbäumen. Ich rechne damit, dass die Preise weiter nachgeben werden oder zumindest in einer Seitwärtsbewegung verharren werden. Ein Blick auf die derzeitige implizite Volatilität der Zuckeroptionen zeigt, dass diese mit 25,8% am unteren Ende ihre einjährigen Spanne notiert. Allerdings offenbart die Analyse der Volatilität über die letzten zwei Jahre, dass durchaus noch Abwärtspotential bis auf 20% und darunter besteht. Positiv hervorzuheben ist, dass die implizite Volatilität binnen der letzten 13 Monate mehrmals im Bereich der 25% bis 27% einen Boden gefunden hat und anschließend wieder zulegen konnte.

Ich würde Ihnen trotzdem nicht dazu raten Positionen aufzubauen, die auf einen Anstieg der Volatilität spekulieren, da bei einer Fortsetzung des Abwärtstrends bzw. einer auch möglichen Konsolidierung die Volatilität weiter fallen würde. Deswegen halte ich es momentan für am klügsten Mai Optionen mit einer Laufzeit von 56 Tagen bzw. dem Verfall am 13. April 2007 zu kaufen/verkaufen und hieraus einen synthetischen Future zu bauen. Dieser besteht aus dem Kauf von Puts bei neun Cents im Wert von 67 $ und dem gleichzeitigen Verkauf von Calls mit einer Basis bei 11,50 und einem Gegenwert von 123 $. Oberhalb der Marke von 11,50 entspricht die Position einem Short Future was bedeutet, dass Sie ab hier unbegrenztem Verlustpotential ausgesetzt sind. Riskieren Sie am besten nicht mehr als 300 $ bis 400 $ für diesen Trade. Sollte der Future in den kommenden Tagen und Wochen nicht weiter fallen und nur konsolidieren, werden Sie vom Zeitwertverfall der leerverkauften Option profitieren und erleiden dadurch keinerlei Verluste.


In eigener Sache: Ich werde im nächsten Jahr Seminare zu den Themen Futures, Options und Spreads sowie technische- und fundamentale Analyse der Rohstoffmärkte geben. Unverbindliche Anmeldungen bitte an s.hell@emfis.com senden! Wir werden Sie dann umgehend informieren sobald die ersten Termine feststehen!


© Sebastian Hell
www.emfis.com



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