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Joel Bowman: Der Mythos des "innewohnenden Wertes"

22.03.2019
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Die zugrundeliegende Frage blieb also bestehen: Wenn der Wert tatsächlich "innewohnend", "der Sache selbst zuzuschreiben" war, dann würde sie sicherlich existieren, selbst wenn der Mensch keinerlei Nutzen für sie finden würde, oder? Wie ein umgefallener Baum in einem abgelegenen Wald.

Der Wert hatte klar ein Problem: Woher stammt er?

In mehr als zwei Millennia wurde die Frage entweder nicht klar und laut genug gestellt oder niemand kümmerte sich darum, sie zu stellen.

Bis Adam Smith (unter Verwendung eines Dialogs von Platon) diese Frage als das Wasser-Diamanten-Paradoxon bezeichnete. Kurz gesagt: Wie kann es sein, dass Diamanten so viel wertvoller als Wasser sind, wenn sie objektiv klar weniger lebensnotwendig sind?

Einige zeitgemäße Volkswirtschaftler mutmaßten, dass die Antwort in der Seltenheit lag. (Diamanten sind deutlich seltener als Wasser und sind demnach entsprechend teurer.)

Doch das war eine weitere der vielen logischen Sackgassen. Wenn Seltenheit alleine für den Wert verantwortlich ist, warum reißen sich zukünftige Bräute dann nicht um Tansanit-Verlobungsringe anstatt vergleichsweise häufiger vorkommende Diamantringe zu kaufen? Warum streben die Leute nicht danach, an seltenen Krankheiten zu erkranken? Warum geben Sie Unmengen Dollar für allgegenwärtige iPhones aus, während sie fröhlich alte und relativ seltene Nokias wegwerfen?

Das Problem (Hinweis!) war, dass diese Seltenheitstheorie nur die Angebotsseite der Gleichung betrachtete.

Smith versuchte diese Problematik selbst zu lösen, indem er die Arbeitswertlehre (AWL) einführte. Hier ein Auszug aus An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations: "Der echte Preis, der zum Erhalt eines Objektes gezahlt werden muss, ist die Zeit und Mühe, diesen zu erhalten."

Doch selbst diese Werttheorie grub das Loch nur noch tiefer. Was, wenn ein Mann während eines alltäglichen Spaziergangs über einen Diamanten stolperte? Sicherlich wäre seine minimale Mühe nicht den Preis wert, den er für den erhaltenen Edelstein verlangen könnte, oder?

Smith attackierte hier nur die Äste, doch nicht die Wurzel des Problems; warum möchte sich der Mensch überhaupt "die Mühe und Zeit" machen, etwas zu erhalten? Warum schätzt er den Gegenstand so sehr wert, dass er sich diese Mühe überhaupt macht?

Als nächstes kam Karl Marx, der niemals einen Pflug sah, hinter den er keinen Ochsen spannen wollte. Unter Verwendung der umgekehrten Erklärung nutzte Marx Smiths Arbeitswertlehre, um bei der Klassenproblematik zu schummeln. Somit behauptete er, dass die Besitzer der Produktionsmittel das Proletariat zwangsläufig unterdrücken würden, da deren Arbeit nicht dem Wert entsprach, der dem Endprodukt zugeordnet wurde. (Marx hatte tatsächlich wenig Hochachtung für dem Risiko das die Kapitalisten - private Besitzer der Produktionsmittel - in die Operation steckten; Gründungskosten; Maschinenerwerb; Lizenzkauf; die eigene Zeit; Ausfallrisiko und die schlaflosen Nächte, etc., etc., etc ...)

Leider war der Wert noch immer Waise; ohne verzeichnete Quelle. Zumindest schien es so. Tatsächlich lag die Antwort direkt vor unserer Nase.

Kommen wir zu einem weiteren Giganten, auf dessen Schultern nachfolgende Denker solide stehen würden: der Vater der Austrian School of Economics, Carl Menger.

Indem er die "Kostenbasis"-Werttheorien der klassischen Volkswirtschafter ablehnte, postulierte Menger eine vollkommen neue Perspektive: die des Menschen selbst. Waren sind wertvoll, so folgerte er, da sie verschiedene Anwendungszwecke besitzen, deren Wichtigkeit von individueller Präferenz abhängig ist.

In anderen Worten: So wie Schönheit im Auge des Betrachters liegt ... und die Beleidigung im Ohre des Hörers ... so liegt auch der Wert den subjektiven Präferenzen von Parteien gegenüber eines bestimmten Gewerbes zugrunde.

Mengers Einblick beeinflusste viele nachfolgende Denker, einschließlich Ludvig von Mises, der die Dinge vielleicht noch klarer richtig stellte.

Wert, wie Mises ihn beschreibt, wurde nicht durch den Charakter des Objektes an sich festgelegt, sondern durch unsere Interaktionen und Wertschätzung. "Wert ist nicht innewohnend und haftet den Dingen nicht an", argumentierte er in Human Action. "Er ist in uns; es ist die Art und Weise, wie wir auf die Bedingungen unseres Umfelds reagieren."

Auf diese Weise besitzt ein Objekt - sagen wir Geld - mehr Wert als ein anderes; nicht, weil es diesen innewohnenden Wert besitzt, sondern weil wir ihm diesen Wert durch unsere Interaktionen und die Wertschätzung bestimmter Eigenschaften zuschreiben. Wir verstehen intuitiv, dass Gold - abhängig vom Zeitpunkt und speziellen Umständen - ein Segen (in Zeiten von Hyperinflation beispielsweise) oder ein Fluch (wie es Midas im Mythos erging) sein kann.

Welcher Mensch, der sich inmitten der Wüste ohne Wasser befindet, würde nicht alles Gold dieser Welt für einen Tropfen lebensnotwendigen Wassers tauschen? Wer würde auf seinem Sterbebett seine zärtlichen (nicht fassbaren) Erinnerungen für ein Gramm ... eine Unz e... oder eine gesamte Truhe voller Gold hergeben? Wer würde sein Gold nicht im selben Moment für einen weiteren Atemzug für sich selbst oder seine Liebsten eintauschen?

Mithilfe der subjektiven Geldtheorie sind wir alle besser darauf vorbereitet, zu verstehen, warum sich Gold über die Geschichte hinweg als Geld höheren Wertes herausgestellt hat. Ähnlich können wir verstehen, warum sich Kryptowährungen - Nicht-Fiat, nicht fassbar und sogar schwer vorstellbar für Aristoteles' intellektuelles Genie - in dem digitalen Zeitalter, auf das wir uns zubewegen, sehr wohl als wertvoll erweisen könnten.

Was das Niederstrecken von heiligen Kühen oder das Zunichtemachen von lahmen Zeitungsenten angeht ... egal ob die Metapher nun aus der Tierwelt stammt oder nicht, am Besten scheint man die Menschheitsgeschichte von den Schultern derartiger Giganten aus beobachten zu können ...


© Joel Bowman



Dieser Artikel wurde am 14.03.2019 auf www.internationalman.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.


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