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Rohstoff Express: Der große Rohstoff-Irrtum?

20.03.2007  |  Marius Steininger
Vor allem von Seiten der Emittenten wird immer wieder gerne propagiert, dass Rohstoff-Investment das perfekte Mittel zur Depot-Diversifikation seien, weil sie keine Korrelation zu der Entwicklung an den Aktienmärkten aufweisen würden. Mit anderen Worten: Wenn die Kurse der Dividenden-Papiere den Rückwärtsgang einlegen, gilt das nicht zwangsläufig auch für die Rohstoff-Preise. Im Gegenteil: Insbesondere den Edelmetallen soll sogar eine so genannte "Safe-Harbour-Funktion" zukommen, die dafür sorgt, dass Anleger in wirtschaftlich schwierigen Zeiten verstärkt Gold & Co als sichere Häfen ansteuern und damit für tendenziell steigende Notierungen sorgen. Soweit die Theorie. In der Praxis sieht es dagegen manchmal anders aus: Bei den letzten beiden größeren Korrekturen an den Aktienmärkten im Mai vergangenen Jahres und in den zurückliegenden Wochen fielen auch die Rohstoff-Kurse wie der sprichwörtliche Stein. Die roten Vorzeichen zogen sich dabei fast ausnahmslos durch alle Rohstoff-Sektoren (Metalle, Energie, Agrar-Produkte). Viele Anleger fragen sich daher derzeit zu Recht, ob Rohstoffe tatsächlich so immun gegen Turbulenzen an den Aktienmärkten sind wie häufig behauptet wird oder ob es sich lediglich um einen weit verbreiteten und fest zementierten Irrtum handelt.


Nackte Panik auf der Titanic!

Die jüngsten zwei Mini-Crashs an den Aktienmärkten sind sicherlich nur bedingt geeignet, um diesbezüglich eine verlässliche Aussage treffen zu können. Einerseits waren es eben nur Korrekturen in einem nach wie vor intakten Aufwärtstrend. Und zum anderen waren die Verkäufe von nackter Panik getrieben. Panik ist bekanntlich ein extrem irrationales menschliches Verhalten, das sehr leicht wie ein Lauffeuer auf Bereiche ausweiten kann, die mit dem eigentlichen Anlass nicht das Geringste zu tun haben. Genau das ist hier passiert: Vorübergehend wurde schlichtweg alles verkauft, was börsennotiert und nicht niet- und nagelfest war. Als Begründung dienten unter anderem Sorgen über eine konjunkturelle Abkühlung in den USA und den ostasiatischen Boom-Regionen, ausgelöst durch den Kurssturz an der Shanghaier Börse. Zugegeben: Bei einigen Rohstoffen wie zum Beispiel den Metallen oder den Energieträgern könnte ein geringeres wirtschaftliches Wachstum zu einer sinkenden Nachfrage und damit schlussendlich durchaus zu rückläufigen Notierungen führen. Allerdings dürfte selbst eine ausgeprägte Rezession sicherlich nicht zur Folge haben, dass die Chinesen oder Inder ihre gerade erst neu gewonnen Lust auf Fleisch, Kakao oder Kaffee wieder ablegen.


Carry Trades als Hauptursache gefallener Rohstoffpreise

Letztlich waren die Kursrücksetzer bei vielen Rohstoffen wohl eher das Resultat hastiger Glattstellungen der so genannten "Carry Trades". Da es den Japanischen Yen derzeit annähernd zinslos gibt, haben einige Marktteilnehmer entsprechende Kredite aufgenommen und das Kapital in andere Anlageformen - unter anderem eben auch in Rohstoff-Futures - investiert. Das Ganze funktioniert prima solange der Yen gegenüber den anderen Leitwährungen (insbesondere dem US-Dollar) an Wert verliert. In den letzten Wochen allerdings zeigte die japanische Valuta eine bemerkenswerte Stärke und veranlasste viele Spekulanten, ihre mit Yen-Krediten getätigten Geschäfte glattzustellen, bevor die Verluste untragbar werden. Hierdurch wurde ein Großteil des Verkaufsdrucks an den Rohstoffmärkten generiert, der die fallenden Rohstoffpreise bewirkte. Da es sich hierbei jedoch um ein temporäres Phänomen handelte, kehrte bei den Naturschätzen denn auch schon recht bald wieder Ruhe ein.


Langfristig kaum Korrelation zu Aktien

Betrachtet man die Entwicklung der Aktien- und Rohstoffmärkte langfristig, kann von einer echten Korrelation der beiden Anlageformen absolut keine Rede sein: Ende des letzten Jahrtausends hatten wir eine in der Geschichte fast schon einmalige Aktien-Hausse. Demgegenüber dümpelten die Preise der allermeisten Rohstoffe inflationsbereinigt in der Nähe ihrer historischen Tiefs herum. Der Grund hierfür war darin zu sehen, dass in den Industriestaaten die schöne neue Hightech-Welt für einen kräftigen Konjunkturaufschwung sorgte, der aber keinen signifikanten Mehrbedarf an Rohstoffen zur Folge hatte. Demgegenüber ist die Rohstoff-Hausse der zurückliegenden Jahre primär das Resultat der Industrialisierung vieler asiatischer und südamerikanischer Schwellenländer. Hiermit gingen natürlich auch massiv steigende Aktienkurse einher. Dennoch wäre es ein fataler Trugschluss zu behaupten, dass die Rohstoffpreise immer dann steigen, wenn weltweit auch die Aktien-Notierungen in luftige Höhen schießen. Bei den Schätzen von Mutter Natur ticken die Uhren einfach anders. So lange die Nachfrage das Angebot signifikant übersteigt, geht es mit den Kursen aufwärts - ganz egal, was die Dividendenpapiere machen. Von daher ist an der These Depot-Diversifikation durch Rohstoffe zweifellos etwas Wahres dran, wenngleich diese Strategie kurzfristig selbstverständlich - wie gesehen - keinen absoluten Schutz vor Kursverlusten bietet.


© Rohstoff-Express-Redaktion

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