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Über die Entwertung von Währungen und den Verfall der Kultur – Doug Casey

19.05.2023
International Man: Inwieweit war die Entwertung ihrer Währung Ihrer Meinung nach ausschlaggebend für den endgültigen Untergang des Römischen Reiches? Wie wirkte sich dies auf ihre Kultur aus?

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Doug Casey: In den alten vorindustriellen Gesellschaften wurde man – genau wie heute – wohlhabend, indem man mehr produzierte als man verbrauchte und die Differenz sparte.

Eine der positivsten Eigenschaften von Geld ist, dass es dem Einzelnen erlaubt, Kapital, das Produkt seiner Arbeit, in einer Form zurückzulegen, die den Wert erhält. Ein Landwirt beispielsweise kann die Ernte von einem Jahr nicht bis zum nächsten Jahr aufbewahren, ein Bäcker kann kein Brot aufbewahren.

Gesundes Geld ist entscheidend für dauerhafte Wohlstandsgewinne und wirtschaftlichen Fortschritt. Gesundes Geld ist der Grund, warum reiche Gesellschaften dominant werden, und ein Grund, warum andere Gesellschaften arm und reif für Eroberung und Herrschaft sind.

Rom bietet eine aussagekräftige langfristige Vorlage. Auf der Suche nach Einnahmen begann die römische Regierung im 1. Jahrhundert unter Nero damit, den Denar zu entwerten, indem sie den Silbergehalt von 90 % auf 75 % reduzierte. Noch in der Regierungszeit von Marcus Aurelius, die im Jahr 180 endete, bestand der Denar zu etwa 75 % aus Silber. Doch schon gegen Ende des 3. Jahrhunderts war der Denar nur noch ein Hüttenmetall, das mit Silber überzogen wurde. Das 3. Jahrhundert war zugleich gekennzeichnet durch zahlreiche Putsche, Bürgerkriege, Attentate und Sezessionen. Es gibt viele Gründe, warum politisches Chaos und wirtschaftliches Chaos Hand in Hand gehen; sie verstärken sich gegenseitig.

Mitte des 3. Jahrhunderts waren die römischen Münzen nicht mehr zu retten, und der Zusammenbruch der Währung war eine der Hauptursachen für den Zusammenbruch des Römischen Reiches. In gewisser Weise war gesundes Geld in der Antike sogar noch wichtiger als heute, denn es gab kein ausgeklügeltes Bankwesen, keine Finanzmärkte, keine Kredite, keine Buchhaltung und keine Möglichkeiten, den Wertverlust einer Währung zu messen. Physisches Bargeld war das Wichtigste.

Währungsinflation führt zu Chaos, auch in einer relativ primitiven Wirtschaft wie im alten Rom, wo es noch viel Tauschhandel gab. Als die Herrscher feststellten, dass sie die Währung nicht mehr abwerten konnten, stiegen die direkten Steuern erheblich an, aber es wurde schwierig, sie einzutreiben, einfach weil die Währung keinen Wert mehr hatte. Die Soldaten ließen sich nicht gern mit wertlosen Münzen bezahlen.

Deshalb war das nächste Jahrhundert nach der Herrschaft von Aurelius eine Zeit der Bürgerkriege und des allgemeinen Chaos. Es wurden keine neuen Straßen oder öffentlichen Gebäude gebaut. Diejenigen, die dazu in der Lage waren, verbarrikadierten sich auf ihren Landgütern, die sich selbst versorgten. Es war der Beginn des Feudalismus, eine Vorahnung des kommenden dunklen Zeitalters. Mit der Thronbesteigung Diokletians im Jahr 295 hatte Rom jede Verbindung zu seinen republikanischen Wurzeln verloren und war zu einem Despotismus orientalischer Prägung geworden.

Ist Rom ein entferntes Spiegelbild des heutigen Westens? Das ist durchaus möglich, sogar wahrscheinlich.


International Man: Welche Parallelen lassen sich heute zu den USA ziehen, was die Geldentwertung und den allgemeinen Verfall angeht?

Doug Casey: Die Parallelen sind sehr auffallend. Sehen wir uns etwa die Bilder auf den Münzen an.

In der Römischen Republik ließen sich die Herrscher nicht auf dem Geld abbilden. Stattdessen trugen die Münzen Bilder von Göttern, Helden oder Personifikationen verschiedener Tugenden. Julius Cäsar war der erste Kaiser, der es wagte, sein eigenes Bild auf eine Münze zu prägen. Das war eine Art kostenlose Werbung.

Gleichzeitig unterzeichnete Caesar damit das Todesurteil für die römische Republik, gefolgt von Augustus, seinem Adoptivsohn, dem ersten echten römischen Kaiser. Von diesem Zeitpunkt an bis zu seinem Ende zeigten alle römischen Münzen das Bild des aktuellen Herrschers.

In den USA gab es bis 1909 kein Bild eines Präsidenten auf einer Münze, bis Lincoln vergöttert und auf den Penny geprägt wurde; davor zeigten die Pfennige einen Indianer.

Alle anderen Münzen hatten allegorische Darstellungen, wie auch die römischen Münzen während der Republik. Nach der Wahl von Roosevelt im Jahr 1932 änderten sich die Dinge jedoch. Auf den Münzen waren alle früheren Präsidenten abgebildet. Washington ersetzte 1932 die schreitende Freiheit auf der Viertelmünze. Jefferson ersetzte 1938 den Indianer auf der Nickelmünze. Roosevelt selbst ersetzte 1946 das Bild von Merkur auf dem Zehncentstück – ein großer Schritt, da er erst kurz zuvor verstorben war. Benjamin Franklin ersetzte 1947 die Liberty auf dem halben Dollar.

Da Lincoln, Washington und Jefferson im Grunde genommen mythische Präsidenten waren, kann man wohl für ihre Bilder auf dem Geld argumentieren – aber es war unklug, da sie eigentlich nur Politiker waren. Und Lincoln hatte die Frechheit, 1861 sein Bild auf einem 1-Dollar-Schein zu platzieren.

Kennedy ersetzte 1964 Franklin auf dem Halbdollar. Allegorische Symbole oder längst verstorbene Gründerväter durch kürzlich verstorbene Politiker zu ersetzen, ist ein Zeichen von Degradierung. Wir haben noch keinen aktuellen Herrscher auf die Münzen gesetzt, aber wir nähern uns dem Ziel.

Natürlich war Gold das erste, das 1933 mit dem Amtsantritt von Roosevelt abgeschafft wurde. Im Jahr 1964 wurde dann alles Silber aus den Münzen entfernt. Die heutigen Münzen sehen wie Silber aus, sind es aber nicht. Es handelt sich um einen subtilen Betrug, der symptomatisch ist für das Währungssystem der USA, wie auch der gesamten Welt.

Technisch gesehen sind die Geldstücke, die Sie in Ihrer Tasche haben, also Wertmarken und keine Münzen. Münzen haben einen Wert an sich; Wertmünzen haben keinen inneren Wert. 1982 wurde der Penny, der bis dahin zu 95 % aus Kupfer und zu 5 % aus Zink bestand, auf Zink umgestellt und mit Kupfer überzogen.

Der Wertverfall des Geldes hält an ist seit der Gründung der Federal Reserve im Jahr 1913, gefolgt vom Ersten Weltkrieg. Die Entwertung der Währung und der Krieg sind die Grundlage für den anhaltenden moralischen und wirtschaftlichen Bankrott des Westens.


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