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Rohöl: Bald wieder unter 80 US-Dollar!?

07.12.2007  |  Marc Nitzsche
In diesem Jahr kannte der Ölpreis - abgesehen von einer kleineren Korrektur Anfang August - nur eine Richtung: steil nach oben! Von seinen Tiefsständen Mitte Januar bis zum Allzeithoch bei über 95 US-Dollar Ende November verteuerte sich ein Fass Brent Oil um Schwindel erregende 73 Prozent. Jetzt allerdings könnte der "Schmierstoff der Weltwirtschaft" auf seinem weiteren Weg gen Norden erst einmal einen ordentlichen Rücksetzer erfahren. Für spekulative Anleger eröffnet sich damit eine interessante Einstiegsgelegenheit auf der "kurzen Seite".


US-Lagerbestände trotz Rückgangs komfortabel

Schaut man sich die Preisentwicklung der vergangenen Monate an, drängt sich fast die Vermutung auf, der "Kampf und die letzten Tropfen Öl" habe bereits begonnen. Dass dem keineswegs so ist, beweist der Blick auf die US-Lagerbestände: Zwar sind diese seit Jahresbeginn um etwa sieben Prozent von 335,8 auf aktuell 313,2 Millionen Barrel zurückgegangen. Ebenfalls gesunken sind die Benzin- und Destillat-Vorräte. Dessen ungeachtet liegen die Bestände im historischen Vergleich am oberen Ende der Spannbreite. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die strategische Öl-Reserve der Vereinigten Staaten um 6,2 auf 694,8 Millionen Barrel angehoben wurde. Zumindest teilweise sind die geringeren Lagerbestände also auf eine Erhöhung der strategischen Reserve zurückzuführen.


Meteorologen erwarten milden Winter

In den kommenden Wochen erwarten wir zudem einen tendenziellen Anstieg bei den Öl-Lagerbeständen. Die gegenwärtigen Schneestürme im Nordosten der USA und in Kanada geben zwar Anlass zur Vermutung, dass in diesen Regionen ein strenger Winter bevorstehen könnte. Die meisten Meteorologen sehen das jedoch anders. Sie erwarten bestenfalls durchschnittliche Temperaturen. Einige sprechen sogar von einem relativ milden Winter. Bewahrheitet sich diese Vermutung, sollten vor allem die Heizöl-Lagerbestände zunehmen und damit auf den Verkaufdruck auf den Ölpreis selbst erhöhen.


Spielraum für weitere Produktionserhöhungen

Für Verunsicherung unter den Marktteilnehmern sorgte eine kürzlich vom amerikanischen Energie-Ministerium gemachte Äußerung, wonach der weltweite Verbrauch in diesem Jahr auf 85,8 Millionen Barrel täglich beziffert wird und damit die Produktionsmenge um etwa eine Million Barrel übersteigt. Ist Peak Oil bereits heimlich, still und leise Realität geworden? Die Antwort auf diese Frage ist ein klares "Nein". Erst im September hatte das "Kartell" die tägliche Fördermenge offiziell um 500.000 Barrel angehoben und zur Stunde tagen die Vertreter der erdölexportierenden Länder erneut in Wien. Möglicherweise wird abermals eine Anhebung beschlossen, obwohl der Markt an und für sich mehr als ausreichend versorgt ist. Diese Maßnahmen machen deutlich, dass durchaus noch Spielraum für eine Ausweitung der Förderkapazitäten besteht. Der leichte Nachfrageüberhang ist primär auf die schwierige Lage im Irak zurückzuführen, wo es immer wieder zu beträchtlichen Förderausfällen kommt. Hier bleibt zu hoffen, dass diesbezüglich bald Besserung eintritt. Aber selbst wenn dem nicht so sein sollte, dürfte sich am Markt demnächst die Erkenntnis durchsetzen, dass zur Stunde keine wirklichen Versorgungsengpässe bei Öl bestehen und die fundamentale Situation nicht einmal ansatzweise einen Ölpreis von über 90 US-Dollar je Fass zu rechtfertigen vermag.


Geopolitische Risiken schwinden

Dass der "Schmierstoff der Weltwirtschaft" aber trotzdem so viel kostet, "verdanken" wir in erster Linie den unzähligen geopolitischen Spannungen in den zurückliegenden Monaten. Insbesondere der Konflikt um das iranische Atom-Programm schürte unter den Händlern die Sorge vor einer militärischen Intervention und daraus resultierenden Rückgangs der Öl-Produktion in dem "Mullah-Staat". Nachdem zu Wochenbeginn ein amerikanischer Geheimdienst-Bericht bekannt wurde, wonach der Iran bereits im Jahr 2003 sein Nuklear-Waffen-Programm eingestellt hat, dürfte sich die Lage nun aber erkennbar entspannen. Zwar braucht US-Präsident Bush - wie wir wissen - keine echten Beweise für das Anzetteln eines Kriegs, aber angesichts dieser Meldung aus den eigenen Reihen dürfte es schwer fallen, ausreichende Unterstützung für einen Militärschlag gegen Teheran zu erhalten. Im Nordirak hat die Türkei mittlerweile Angriffe gegen die dort befindlichen PKK-Rebellen geführt. Allerdings haben sich Ankara und Washington offenbar darauf verständigt, dass es lediglich zu begrenzten Militäraktionen gegen die PKK und nicht zu einem Einmarsch im Nordirak kommen soll. Insofern dürfte die Erdöl-Produktion hiervon nur marginal betroffen sein. Alles in allem ist die geopolitische Situation derzeit längst nicht mehr so prekär wie noch vor einigen Wochen. Der Ölpreis sollte sein Risiko-Premium daher sukzessive abbauen.


Korrektur nur eine Frage der Zeit

Längerfristig dürfte das "schwarze Gold" sich ohne jeden Zweifel weiter verteuern, daran besteht nicht der geringste Zweifel. Auf dem Weg nach oben wird es aber immer wieder zu kräftigen Rücksetzern kommen. Solche könnten nun anstehen, auch weil der Markt nach wie vor spekulativ zumindest leicht überhitzt ist.


Unter 88 US-Dollar wird es richtig "bärisch"

Charttechnisch hat sich die Situation beim "Schmierstoff der Weltwirtschaft" zuletzt unübersehbar eingetrübt. Im bereich von 96 US-Dollar bildete der Januar-Future ein Doppelhoch aus, von dem aus es dann lehrbuchmäßig erst einmal ordentlich abwärts ging. Der Support bei 88 US-Dollar konnte nach einem Test erst einmal verteidigt werden. In diesem Bereich verläuft auch der steile Aufwärtstrend seit Anfang August dieses Jahres. Angesichts der Tatsache, dass sowohl der MACD ein Verkaufssignal generiert als auch der Williams mit -70 im "bärischen" Bereich (unter -50) ist, muss mit weiteren Rücksetzern gerechnet werden. Sollte in diesem Zusammenhang die wichtige Marke von 88 US-Dollar unterschritten werden, dürfte es zumindest bis 83, vielleicht sogar bis 79 US-Dollar abwärts gehen. Im günstigsten Fall sehen wir sogar noch einmal Kursen um 75 US-Dollar. Mutige Investoren können auf dem gegenwärtigen Niveau erste Short-Positionen aufbauen, wobei der Stopp oberhalb des Widerstandes bei 96 US-Dollar platziert werden sollte. Etwas weniger risikobereite Anleger warten vor einem Engagement das Unterschreiten der 88 US-Dollar ab.


© Marc Nitzsche
Chefredakteur Rohstoff-Trader







Marc Nitzsche ist Chefredakteur des Rohstoff-Trader Börsenbriefs. Der Börsenbrief ist ein Spezialist für Rohstoffe und bietet konkrete Kaufempfehlungen mit Analysen und Kursprognosen. Mehr Infos unter finden sie auf der Website: www.Rohstoff-Trader.de








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