Charlie Morris: Gold - Schweigen ist nicht mehr

In den USA findet der wichtigste Goldterminmarkt statt, an dem jeden Tag große Mengen an Kontakten gehandelt werden. Im Gegensatz dazu werden in London die physischen Märkte abgewickelt, wo große Mengen Gold gelagert werden. Die London Metals Bullion Association (LBMA) ist die Handelsorganisation für den Goldmarkt, die die Standards und Praktiken überwacht.

Aus historischen Gründen war der Londoner Markt der größte der Welt, doch sind die Bestände seit 2022 um 12% (37 Mio. Unzen, 108 Mrd. Dollar) zurückgegangen. Vielleicht spiegelt dies den Niedergang der Londoner City wider, vielleicht aber auch die Vorliebe der Anleger für die Repatriierung von Gold seit den russischen Sanktionen. Auf jeden Fall lagern in den Londoner Tresoren immer noch ähnlich viel Gold wie in den US-Reserven.




Darin sind nicht die Goldreserven der Bank of England enthalten, sondern das Gold, das sie im Auftrag anderer Zentralbanken und Kunden hält, was die Londoner Gesamtmenge um weitere 170 Unzen erhöht. Bei dem jüngsten Antrag, einen Teil des von der Bank of England gehaltenen Goldes nach New York zu verlagern, kam es zu einem Engpass, ähnlich wie bei der Pandemie, als die Flugzeuge am Boden blieben.




Ich habe die Zinssätze hinzugefügt, um ihre Auswirkungen auf die Spread zwischen New York und London zu zeigen. In den Jahren 2020 und 2021, als die Zinssätze nahe Null lagen, gab es keinen Spread. Im Jahr 2022 stieg die Spread mit dem Anstieg der Zinssätze. Londoner Gold ist physisch und wird nicht verzinst. Ein Terminkontrakt ist ein Finanzinstrument, bei dem der Zeitwert des Geldes eine Rolle spielt. Das Gold wird nach wie vor nicht verzinst, wohl aber das "zukünftige Versprechen, Gold zu liefern", und daher folgt die durchschnittliche Spanne zwischen Gold-Spot und Goldfutures den Zinssätzen.

Die Ausschläge im Jahr 2020 und in jüngster Zeit wurden durch Verzögerungen in der Logistik verursacht. Die Bank of England ist ein altes Gebäude, und wenn man 17 Unzen Gold anfordert, gehen drei Männer in Overalls die Treppe hinunter und beginnen zu zählen. Ist das erledigt, steht eine Herkulesaufgabe bevor, wie Robert Armstrong in der Financial Times erklärt:

"Jetzt kommt das Seltsame: Für die physische Abwicklung an der Comex und in London sind unterschiedliche Größen von Goldbarren erforderlich. In London sind es 400-Unzen-Goldbarren. An der Comex werden entweder 100-Unzen-Barren oder Bündel von drei 1-kg-Barren geliefert. Die Umwandlung von Londoner Goldbarren für die Lieferung nach New York kann in kürzester Zeit in Scheideanstalten in der Schweiz vorgenommen werden. Das Gold wird dann nach New York geflogen (Flugzeuge! Zur Abwicklung einer Finanztransaktion! Im 21. Jahrhundert!)."

Beachten Sie, dass sich der Spread zwischen New York und London wieder normalisiert. Mich beunruhigt das nicht, aber in Bezug auf die Logistik ist dies ein Bereich, in dem Bitcoin Gold haushoch schlägt.


Sind die Gold-ETFs sicher?

Viele haben uns geschrieben und gefragt, ob die ETFs nach den Gerüchten auf Twitter/X sicher sind. Das sind sie auf jeden Fall. Die Gold-ETFs haben "zugewiesenes Gold". Ich glaube nicht, dass einer von ihnen die Bank of England nutzt, sondern modernere Einrichtungen bei den Bullionbanken, nämlich HSBC, UBS oder JP Morgan. Bei zugewiesenem Gold sind die nummerierten Barren getrennt und können nicht ausgeliehen oder mit anderem Gold zusammengelegt werden. Selbst wenn das Gold weiterhin in die USA gebracht würde, bliebe das Gold der börsengehandelten Fonds an Ort und Stelle, da niemand außer dem Eigentümer das zugewiesene Gold berühren darf.


Ist Gold überkauft?

Ja, aber nicht übermäßig. Es wird derzeit 15% über seinem 200-tägigen gleitenden Durchschnitt gehandelt. Das spiegelt die jüngste Stärke wider, und ein kurzfristiger Rückschlag ist möglich oder wahrscheinlich. Allerdings hat der letzte Rückschlag im Oktober nicht lange gedauert. In den überkauften Phasen 2011 und 2020 waren die Werte viel höher und führten zu Umkehrungen.