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Triumph und Trumpf der Seltenerdmetalle

27.11.2010  |  Hans Jörg Müllenmeister
Im Periodensystem tummelt sich eine Exotengruppe aus 17 Metallen, die keineswegs vor Seltenheit strotzt. Und doch heißen diese Lanthanoide auch Seltenerdmetalle. Nicht ihre Massenverwertung macht diese Sonderlinge in modernen Industrieprodukten der Elektrotechnik so begehrenswert, vielmehr ist es ihre fast homöopathische Präsenz in vielen Hightech-Legierungen. Kein anderes Element vermag ihre Eigenschaften wirksamer zu ersetzen. So wirken sie wie das "Salz in der Suppe" vieler Hightech-Produkte.

Angeführt vom namensgebenden Lanthan, hocken insgesamt 15 Gleichgesinnte wie die Spatzen auf der sechsten Periodenleiter - etwas abgesetzt sind Yttrium und Scandium. Diese Elementefamilie hat eins gemein: alle Mitglieder sind silbergrau, neigen fast alle zur starken Oxydation an der Luft, sind wahre Weicheier der Metalle und haben eine Dichte um 6. Leichtgewicht ist Yttrium Y, das mit 4,47 mehr als viermal schwerer ist als Wasser. Luthenium mit 9,84 ist das Schwergewicht - in seiner Dichte vergleichbar mit Wismut. Während Lanthan bereits bei 920°C schmilzt, löste es sich es erst bei 3469°C in Luft auf. Der "Hitzkopf" unter den Seltenerdmetallen ist Lutetium, denn das Metall verflüssigt sich erst bei 1663°C (vergl. Fe: 1535°C) und verdampft bei 3395°C. Und da gibt es noch zwei beachtenswerte "griechische Zwillinge" in der Lanthanoidenfamilie, die "didymos" Neodym und Praseodym.

Der Hightech-Metalljäger fragt sich wo denn diese spektakuläre Großfamilie in der Natur aufhält. Keinesfalls vereinzelt tauchen sie auf. Der ganze Clan versteckt sich vielmehr in einem Mischkristall, vorwiegend in Monazit, einem phosphorhaltigen Silicat mit der chemischen Formel (einzelne Lanthanoidenmitglieder) mal PO4, aber auch in Bastnäsit. Durch Wind und Wogen verfrachteter Monazitsand hat es in sich, denn er beherbergt auch bis zu 20 Gewichtsprozent radioaktives Thoriumoxid und 1% Uranoxid.

Bereits Mitte des 19ten Jahrhunderts forschte man fieberhaft nach Lanthanoiden, an vorderster Front standen schwedische Forscher. Das reinrassige saubere Trennen war das Gebot der Stunde. Die Analyse war gar nicht so einfach, denn die Seltenerdmetalle hängen wegen ihrer Ähnlichkeit chemisch gesehen wie die Kletten zusammen - ähnlich wie auch die Platinmetalle. Erst 1905 gelang die Reindarstellung von Lutetium. Übrigens trägt Thulium nur mit 0,00002 Gewichtsprozent am Aufbau der Erdkruste bei. Es ist damit das wahrhaft seltenste Seltenerdmetall und mehr als viermal so teuer wie Gold, obschon es Hundertmal häufiger in der Erdkruste zu finden ist. Indes haben sich zuletzt auch die weitaus häufiger vorkommenden Seltenerdmetalle beachtlich verteuert: etwa das Cer - fünfmal häufiger als Blei - sein Preis stieg seit 2009 von etwa 4 US-D auf 50 US-D je kg. Der Preis ist nicht nur ein Abbild der Seltenheit oder das Ergebnis von Angebot und Nachfrage. Das erkennen Sie am Silberpreis, der in der Tat eher die Fünfzigdollarschwelle längst überschritten hätte, würde er nicht von einigen US-Bankenriesengaunern gedeckelt.

Bei den Seltenerdmetallen hat sich ein politischer Preis entwickelt. Warum? In Chinas Böden schlummern 37% aller Lanthanoide auf der Welt; China produziert aber global 95% aller Seltenerdprodukte, ein gewinnbringendes Monopol Chinas. Das Reich der Mitte kann damit den Weltpreis diktieren. Übrigens schätzt man den globalen Hunger nach Lanthanoiden auf jährlich etwa 190 Tausend Tonnen und den Weltvorrat auf rund 100 Millionen Tonnen. Da läßt sich also noch Jahrhunderte ohne jüdische Hast davon zehren.

Die weltweite Sucht und Gier nach Hightech-Metallen hat in China illegale Minen für Seltenerdmetalle wie Pilze aus dem Boden schießen lassen - ohne Umweltschutzauflagen versteht sich. Einfach so. Etwa im Dorf Guotian, wo man das Roherz mit Ammoniumsulfat, Nitratsalzen, Schwefelsäure und anderen Chemikalien auswäscht. Alle Abwässer fließen ungeklärt in den nahen Stausee - der Trinkwasserspeicher für 30.000 Menschen. Dieser See gleicht inzwischen eher einer Kloake. Den größten künstlichen Giftsee aber gibt es in Bayan Obo in der Inneren Mongolei. Mit zwölf Kilometer Länge ist er nicht nur mit Chemikalien "angereichert", sondern auch mit radioaktivem Thorium, dem mineralischen Begleiter der Seltenerdmetalle. Die ehemals beheimateten Krebse fanden als "Mutante" eine neue Bleibe im menschlichen Körper. Hier wächst die Krebsrate der Bevölkerung unübersehbar.

Kommen wir zu Erfreulicherem in der Humanmedizin, dem Holmium-Laser. Überhaupt sind ja verschiedenste Seltenerdmetalle als Lasermedium in Forschung, Medizin und Werkstofftechnik im Einsatz. Die Grundlagen der Effekte der Lasertechnik beschrieb 1917 Albert Einstein. Hier nur die Antwort auf eine Frage: Was hat es mit dem Laserlicht auf sich, das durch Lichtverstärkung auf atomarer Ebene entsteht? Im Gegensatz zu gewöhnlichem, "ungeordnetem" Licht, breitet sich "geordnetes" Laserlicht kohärent aus, d.h. wie eine Soldatenkompanie marschieren die emittierten Lichtteilchen mit gleicher Wellenlänge und Phase. Polarisiertes Laserlicht ist einfarbig (monochrom) und wird konzentriert parallel als Bündel abgestrahlt. Kurzum: das Medium im Resonatorraum des Lasers bestimmt die Art des Laserlichtes. Im genannten Fall ist es der Festkörper Holmium mit seiner typischen Emissionswellenlänge von 2123 nm.

Der Holmium-Laser ist derzeit das modernste und eleganteste chirurgische "Skalpell" in der Urologie, speziell bei Prostata-Operationen. Das konservative Entfernen des Prostatagewebes mit der elektrischen Schlinge über die Harnröhre oder über den Bauschnitt ging einher mit hohem Blutverlust und langer Katheterbehandlung. Die Wellenlänge des Holmium-Laserlichts wird vom Gewebewasser stark absorbiert: das Prostatagewebe verdampft. Die Hitze führt in 2 bis 3 mm Eindringtiefe zur Koagulation, also zum erwünschten direkten "Verschweißen" der Blutgefäße. Es ist aber so, dass mit dem "Holmiumlaser-Skalpell" das Gewebe regelrecht abgeschält wird und nicht zur Gänze verdampft. Für eine pathologische Untersuchung (Krebs ja oder nein) steht es also noch bereit. Der Holmiumlaser ersetzt nicht nur das präzise Chirurgenmesser, elegant zertrümmert er auch Nieren- und Gallensteine.




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