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Spezialreport Öl - Dezember 2015

15.12.2015  |  Uli Pfauntsch
• Preiskampf der Saudis mit fatalen Folgen
• U.S. Shale-Blase: Tag der Abrechnung rückt näher
• Wie sich schon bald Millionen Barrel Ölreserven in Luft auflösen
• Dramatische Öl-Angebotsverknappung unausweichlich
• Ölpreis ab 2017: Was sich heute noch kaum jemand vorstellen kann

Seit Sommer des letzten Jahres sind die Ölpreise um 65 Prozent gesunken. Auf die schlimmste Krise seit Jahrzehnten, reagierte die globale Öl- und Gasindustrie mit beispiellosen Kapitalkürzungen. Seit Jahresbeginn wurden die Kapitalausgaben (Capex) um mehr als ein Drittel oder rund 300 Milliarden Dollar gekürzt und etwa 250.000 Jobs gestrichen. Laut aktuellen Schätzungen, könnten die Budgets der Öl- und Gasunternehmen im kommenden Jahr um weitere 20 Prozent zusammengestrichen werden.

Die Auswirkungen dieser brutalen Kürzungen zeigen sich von der U.S. Shale-Produktion, über die kanadische Teersand-Produktion, der Offshore-Produktion im Golf von Mexiko, über die Nordsee bis zu den Ölfeldern im Kaukasus und Sibirien.

Im Zuge der Ölkrise wurden seit Jahresbeginn global mehr als 1 Billion Dollar Börsenwert im Energiesektor vernichtet. Die niedrigen Ölpreise erhöhen die Wahrscheinlichkeit von Unternehmenspleiten und Staatsbankrotten. Seit 2010 hat sich die globale Ölindustrie mit circa 2 Billionen Dollar verschuldet. Der von den Amerikanern lange gefeierte "Shale-Boom" war vielmehr ein Kreditboom. Dank der Nullzins-Politik der Fed und dem daraus resultierenden Anlagenotstand, konnten sich die zahlreichen Shale-Produzenten mit rund 300 Milliarden Dollar am Markt für hochverzinsliche Anleihen bedienen. Jetzt, nachdem das Schneeballsystem der unbegrenzten Kapitalzufuhr gestoppt ist, droht weiten Teilen der Industrie der finanzielle Kollaps.

Der Preiskampf der Saudis zeigt deutlich sichtbare Auswirkungen. So ist die Anzahl der U.S. Bohrtürme, der so genannte "Rig Count", zuletzt auf den niedrigsten Stand seit 1999 eingebrochen. Insgesamt wurden noch 727 Öl- und Gas-Bohrtürme gezählt. Vor einem Jahr waren noch 1.920 Bohrtürme in Betrieb. Die Anzahl der Öl-Bohrtürme erreichte im Oktober 2014 mit 1.609 den Höhepunkt. In der letzten Woche wurden nur noch 545 aktive Öl-Bohrtürme gezählt - das entspricht einem Rückgang um 66 Prozent.


"Geldvernichtungs-Maschine" Shale-Oil!

Die US-Ölindustrie und ihre Lobbyisten behaupten, dass die Unternehmen mit Kostensenkungen und einer verbesserten Effizienz (etwa durch neue Bohrtechnologien) die passende Antwort auf den Ölpreisverfall geliefert hätten. Dazu folgende Zahlen:

Im zweiten Quartal summierten sich die Verluste der U.S. Shale Öl- und Gasproduzenten auf 15 Milliarden Dollar. Im dritten Quartal stiegen die Verluste auf 24 Milliarden Dollar und im vierten Quartal werden wir noch höhere Verluste sehen. Die massiven Verluste, die von den Unternehmen ausgewiesen wurden, sind selbstredend: Die Ölpreise sind schneller gefallen als die Firmen Kosten senken konnten.

Inzwischen ist das machbare Limit erreicht. Man bohrt bereits nur noch in den produktivsten Gebieten (Sweet-Spots), mit den effizientesten Bohrtürmen und den besten Leuten. Doch es hilft nichts. Bei Ölpreisen unterhalb von 60,00 bis 70,00 Dollar pro Barrel ist die Shale-Produktion einfach nicht tragfähig. Sämtliche Einschnitte, die nun folgen, gehen nicht mehr in die "Fettschicht", sondern direkt in den "Knochen" - dorthin, wo es richtig wehtut. Der U.S. Shale-Industrie geht nicht nur das Geld aus - ihr läuft auch die Zeit davon.


Auf Augenhöhe mit der Dotcom-Blase!

Seit dem Ölpreis-Hoch im letzten Sommer, sind die U.S. Energie-Junk-Bonds um 25 Prozent eingebrochen. Die Anzahl der Anleihen, die als "notleidend" eingestuft wird, kletterte auf den höchsten Stand seit der Finanzkrise in 2009. Inzwischen notiert fast die Hälfte der High-Yield-Bonds im Energiesektor bei unter 80 Cent auf den Dollar.

Die Renditen dieser Schuldpapiere, die letztlich die Finanzierungskosten für die Unternehmen reflektieren, sprangen zuletzt auf 13,4 Prozent. Seit der zweiten Jahreshälfte ist die Ausgabe neuer hochverzinslicher Anleihen massiv eingebrochen. Kaum ein Unternehmen kann sich noch finanzieren - und wenn, dann zu extrem hohen Kosten. Die U.S. Shale-Industrie ist auf Augenhöhe mit der Dotcom-Blase - einige der starken Unternehmen werden überleben, die schwachen werden verschwinden.


Schwergewichte im Überlebenskampf!

Die Auswirkungen des Ölpreisverfalls begrenzen sich aber nicht allein auf die kleineren Player. Kinder Morgan (KMI), Nordamerikas größte Pipeline-Company, kämpft ebenfalls ums Überleben. Das Unternehmen betreibt 84.000 Meilen an Öl- und Gas-Pipelines. Eigentlich hat sich Kinder Morgan immer als stabiles Unternehmen dargestellt. Doch seit Jahresbeginn ist der Aktienkurs um mehr als 60 Prozent eingebrochen. Das Unternehmen strich seine Dividende von den geplanten 0,51 Dollar je Aktie, auf nur noch 0,125 Dollar zusammen.

Vor einer Woche hatte die Rating-Agentur Moody’s gedroht, die Kreditwürdigkeit auf "Junk-Status" herabzustufen, wenn das Unternehmen seine finanzielle Gesundheit nicht verbessert. Jetzt hofft das Management, den Kreditstatus beibehalten zu können. Falls nicht, würden sich die Finanzierungskosten erhöhen und die Abwärtsspirale beschleunigen. Kinder Morgan ist mit circa 45 Milliarden Dollar verschuldet.

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Kinder Morgan 12 Monate


Chesapeake Energy (CHK) ist der zweitgrößte Erdgas-Produzent der USA - und mit fast 80 Prozent seit Jahresbeginn der größte Verlierer im S&P 500. Während des Booms schmiss das Management mit Geld nur so um sich und akquirierte zahlreiche Gas-Assets auf Pump. Die Verschuldung beläuft sich derzeit auf 11,6 Milliarden Dollar - der Börsenwert auf circa 3 Milliarden Dollar. Wie hoch der Markt die Ausfallwahrscheinlichkeit mittlerweile einstuft, zeigt sich daran, dass die vom Unternehmen ausgegebenen Bonds gerade noch zu 50 Cent auf den Dollar gehandelt werden.

Im dritten Quartal gingen die Einnahmen von BP um 41 Prozent zum Vorjahr zurück. Exxon und Chevron mussten jeweils einen Umsatzrückgang von 37 Prozent hinnehmen. Die Einnahmen von Royal Dutch Shell schrumpfen um 36 Prozent. Allein diese vier Öl-Majors haben ihre Ausgaben in den letzten Monaten zusammen um 30 Milliarden Dollar gekürzt. Sollten die Ölpreise noch länger auf niedrigem Niveau bleiben, sind die Dividenden dieser Super-Majors in ernsthafter Gefahr - die Folge wäre ein Exodus der Pensionsfonds, Versicherungen und anderer Großinvestoren.


Der Beweis: Öl-Lügenkonstrukt der USA vor Zusammenbruch!

US-Präsident Obama sagte zweimal in einer Rede an die Nation, dass die USA Erdgas für mindestens 100 Jahre und Jahrzehnte an Tight-Oil-Vorkommen zur Verfügung haben würden. Die Story klang einfach zu schön, um nicht wahr zu sein: Energieunabhängigkeit und globale amerikanische Dominanz des Ölmarktes!


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