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Kredite ohne Rettungsring

26.06.2006  |  Walter K. Eichelburg
Auf meinen Artikel vom Mai 2006 - " Kredite im Crash" kommen Unmengen von Leserzuschriften. Bei vielen davon bekomme ich den Eindruck, dass nach einem "Rettungsring" gesucht wird. Daher möchte ich meine damals gemachten Aussagen präzisieren. Vorab möchte ich feststellen, dass ich kein Finanzberater bin. Dieser Artikel ist daher als völlig unverbindliche Information anzusehen und keinerlei Anlage oder sonstige Finanzierungsempfehlung.

Es muss nicht mehr extra festgestellt werden, dass sich die gesamte Welt heute am Rande einer Schulden- und Finanzkrise ungeheuren Ausmasses befindet. Das ist auch kein Wunder, da in unserem Fiat-Money (Papiergeld-) System Geld = Kredit darstellt. Allein um die Zinsen auf die Kredite finanzieren zu können, muss im System der notwendige Betrag an neuem Kredit generiert werden, sonst bricht das System in einer massiven Deflation zusammen.

In der Zwischenzeit sind einige Dinge passiert:
  • a.) das französische Forschungsinstitut Europe 2020 hat seine neueste Crash-Warnung herausgegeben: "Global systemic crisis / Phase II". Man präzisiert die einzelnen Phasen der Beschleunigungsphase, die im Mai 2006 mit dem weltweiten Aktieneinbruch begonnen hat. Für die kommende "Impact-Phase" erwarten sie eine globale Systemkrise, die im Herbst 2006 beginnen soll

  • b.) Der Goldpreis und die anderen Rohstoffpreise wurden brutal gedrückt, damit die USA Ende Juni 2006 die Zinsen nicht oder nur geringfügig erhöhen "müssen", denn bei ihnen brechen der Immobilienmarkt und andere kreditfinanzierte Branchen gerade massiv zusammen

  • c.) Die Aktien- und Bondmärkte brechen überall stärker ein (ausser der Dow Jones Index, der durch das Plunge Protection Team aufrecht erhalten wird).

Wie ich bereits mehrfach geschrieben habe, " wird im 2. oder 3. Quartal 2006 etwas passieren". Zumindest der weltweite Aktieneinbruch ist passiert. Manche Autoren erwarten der richtigen Aktien & Anleihencrash erst im Oktober 2006. Irgendwann wird dann auch die Derivaten-Bombe losgehen. Achten sie auf den Goldpreis: wenn dieser wieder steigt und nicht mehr unten gehalten werden kann, wird die Flucht aus dem Papier einsetzen.

Lesen Sie unbedingt auch Doug Casey’s "Greater Depression". Darin erwartet er zumindest für die USA eine Deflation bei "Assets", also Immobilien, Aktien, Bonds und eine massive Inflation bei den Lebenshaltungskosten - typisch für die Flucht aus den Papierwerten. Im Euro-Raum wird es wohl etwas deflationärer ablaufen, jedoch ist das Problem das Gleiche, da der Euro auch nur ein Derivat des US-Dollars ist und ebenfalls Unmengen von Euros ausserhalb des Euro-Raums sind. Dazu kommen noch die zunehmenden Spannungen innerhalb des Euro-Raums, die diesen in einer Depression zerreissen werden.

Die Mengenberechnungen die Doug Casey für den Dollar anstellt, können Sie ungefähr auch für den Euro-Raum übernehmen, da Geldmenge und Bond-Volumen nicht wesentlich kleiner sind als beim US-Dollar. Gold wird, "wenn es losgeht" auf weit über 1000 $/oz steigen und dann wahrscheinlich kaum mehr erhältlich sein.


Willkür bei Krediten

Die Süddeutsche Zeitung schreibt in einem Artikel vom 10. Juni 2006: " Die Daumenschrauben der Kreditaufkäufer" was mit Kreditnehmern passiert, deren Kredite von wankenden deutschen Banken an US-Fonds wie Lone Star verkauft wurden. Die Texaner haben Pakete mit "notleidenden" Immobilienkrediten von der HVB gekauft und versuchen jetzt diese möglichst schnell und gewinnbringend zu verwerten. Zitat: "Beschwerden über die mangelnde Kooperationsbereitschaft und Willkürakte der Tochterfirmen der Investorengruppe, zu denen auch die Abwicklungsgesellschaft Hudson Advisors zählt. Massive Vorwürfe kommen inzwischen von Rechtsanwälten der früheren Bankkunden. "Hier werden die Vermögenswerte der Schuldner, wie ihre Eigenheime, möglichst geräuschlos, schnell und ohne Rücksicht auf dahinter stehende menschliche Existenzen verwertet beziehungsweise vernichtet"

Nicht einmal das Angebot der Kreditrückzahlung wird akzeptiert. Man versucht die Kreditnehmer mit allen Tricks in die Zahlungsunfähigkeit zu treiben um das Maximum an Ertrag zu erzielen. Und das bei "nicht notleidenden" Krediten, die auch beigemischt wurden. Die Kreditnehmer wurden vor dem Verkauf der Kredite natürlich nicht gefragt.

Das erfolgt in sogenannten "guten Zeiten". Stellen Sie sich vor, was passiert, wenn fast alle Banken am Abgrund oder schon untergegangen sind. Dann werden die Kreditverwerter versuchen, mit allen Mitteln möglichst schnell noch etwas Liquidität herauszupressen. Bestimmte deutsche Banken haben bereits 2003 bei 2. Zwangsversteigerungen jeden Betrag akzeptiert.

Es ist zu erwarten, dass die Banken in einem solchen Fall auch versuchen werden, durch Lobbying härtere Gesetze gegen Schuldner durchzusetzen. In den USA ist es 2005 schon passiert. Möglicherweise kommt auch der alte Schuldturm wieder.


Rettung Hyperinflation?

Eine Frage, die in den Leserzuschriften immer wieder auftaucht, ist, ob Kredite nicht "gut" sind, da man sich damit in der kommenden Hyperinflation einfach entschulden kann.

Ich habe in meinen Artikel " Kredite im Crash" geschrieben: Der ganze Prozess ist natürlich stark nichtlinear. Über die Zeiträume der einzelnen Phasen kann derzeit wenig gesagt werden. Es können auch mehrere Stufen von Deflation und Hyperinflation kommen. Am Ende wird dann ein neues, goldgedecktes Währungssystem eingeführt werden müssen. Nichts anderes wird mehr akzeptiert werden. Ich rechne mit ca. 2010..2015 bis ein solches Währungssystem steht und damit wieder normale Zeiten einkehren. Was nach einer Stabilisierung von den realen Geld- und Immobilienwerten noch übrig sein wird, lässt sich heute schwer sagen. Das hängt auch davon ab, wieviel Zentralbankgold dann real noch da ist. Das meiste wurde verkauft oder verliehen.

Zusammenfassung des Ablaufs:
  • 1. Stufe: Abverkauf des Dollars und dann der anderen Währungen mit Zinsexplosion
  • 2. Stufe: Massenbankrotte inklusive Staatsbankrotte
  • 3. Stufe: Euro zerbricht, Staaten beginnen massiv zu monetisieren, Hyperinflation
  • 4. Stufe: Stabilisierungskrise, neue Währung wird eingeführt.

Für eine reine Hyperinflation zum heutigen Zeitpunkt sind die Privatschulden gegenüber den Staatschulden wahrscheinlich viel zu gross. Ein massiver Versuch, die Staatsschulden zu monetisieren oder Privatschulden in Staatsschulden umzuwandeln, wird mit einem noch grösseren Abverkauf von allen Papierwerten und Ausstieg aus der Währung beantwortet werden. Das habe ich in "Die Kapitalflucht" beschrieben. Skandinavien war davon 1992 betroffen.

Das Resultat ist eine abstürzende Währung, eine Deflation bei Assets und massive Preissteigerungen bei Konsumgütern. Die Amerikaner werden es wohl bald erfahren, wenn der Dollar-Abverkauf richtig beginnt. Diese Asset-Deflation führt zu einem Credit-Crunch, wo keine Kredite mehr vergeben werden. Die Immobilienpreise sinken dann dramatisch. Etwa auf 10.000 EUR für eine Wohnung in Buenos Aires, Argentinien in 2002.

Auch wenn man die Kreditraten noch pünklich bezahlen kann, sind die meisten Immobilienkredite dann nicht mehr ausreichend gedeckt und die Bank kann damit jederzeit den Kredit kündigen. Die steigenden Lebenshaltungskosten und die explodierende Arbeitslosigkeit führen zusätzlich dazu, dass viele Kredite nicht mehr bedient werden können. Was ist wichtiger: Essen oder die Kreditrate?

Erst wenn die meisten Schulden durch einen Crash abgebaut worden sind und die Staaten selbst wirklich in Not gekommen sind, wird es wahrscheinlich eine lineare Hyperinflation geben. Für die meisten Kreditnehmer wird das zu spät sein. Übrigens, in einer Hyperinflation ist Geld für die meisten Leute sehr knapp, da die Kosten explodieren, die Löhne aber stagnieren.




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