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Chris Martenson: Bereiten Sie sich vor, so lange es noch einfach ist!

09.06.2017  |  Mike Gleason
Mike Gleason: Zu unserem heutigen Interview darf ich Dr. Chris Martenson von PeakProsperity.com begrüßen. Chris ist der Autor des Buches "Prosper! How to Prepare for the Future and Create a World Worth Inheriting" und verfasst regelmäßig Kommentare und Analysen zu einer ganzen Reihe wichtiger Themenfelder, u. a. über globale politische Entwicklungen, die Edelmetalle und die Notwendigkeit, sich auf einen größeren Crash vorzubereiten. Die Gespräche mit ihm sind immer äußerst informativ. Chris, willkommen zurück und vielen Dank, dass Sie sich heute Zeit für uns nehmen!

Chris Martenson: Danke. Es ist mir immer wieder ein Vergnügen.


Mike Gleason: Da Sie in diesem Jahr noch nicht bei uns zu Gast waren, möchte ich Sie zunächst um eine kurze Einschätzung der Lage bitten. Viele von uns sind verwirrt und irritiert angesichts des robusten Aufwärtstrends an den allgemeinen Märkten. Was denken Sie über die ersten rund 130 Tage von Trumps Präsidentschaft und warum steigen die US-Aktien Ihrer Ansicht nach auf immer neue Hochs, obwohl sie offenbar massiv überbewertet sind? Wie schätzen Sie die Situation an den Finanzmärkten und auch die politischen Entwicklungen in der ersten Jahreshälfte 2017 ein?

Chris Martenson: Tatsächlich sind diese beiden Bereiche in meinen Augen nicht voneinander zu trennen. In den ersten vier Monaten des Jahres haben wir etwas erlebt, das in der Weltgeschichte bisher einzigartig war: Die Zentralbanken haben weltweit 1 Billion Dollar an neuem Geld geschöpft. Wenn Sie also wissen wollen, was ich von den Märkten halte, müssen wir mit den 250 Milliarden Währungseinheiten beginnen, die jeden Monat einfach so aus dem Nichts erschaffen und in das Finanzsystem gepumpt wurden. Dieser eine Faktor erklärt wirklich viel.

Natürlich gab es die Vorstellung, dass Trump ein wenig frischen Wind nach Washington bringen würde, aber eines ist klar: Sein Wahlsieg war eine Überraschung. Gegen 02:30 Uhr in der Wahlnacht startete der Dow Jones, der zu diesem Zeitpunkt 800 Punkte im Minus lag, plötzlich eine Rally und hatte seine Verluste bis Börsenbeginn wieder aufgeholt.

Meiner Ansicht nach kann kein Zweifel daran bestehen, dass das die Folge eines Eingreifens von offizieller Seite war, dass das Plunge Protection Team oder etwas Ähnliches dafür verantwortlich war. Das ist die Welt, in der wir heute leben, das ist meine Einschätzung der Lage. Die Verantwortlichen überschwemmen die Märkte mit frisch gedrucktem Geld, um die Kurse nach oben zu treiben. Sie stellen sicher, dass es nicht zu einem Einbruch kommen kann. Sie tun, was sie können, und das wird so lange so weitergehen, bis sie nichts mehr tun können. An diesem Punkt wird es zum Crash kommen und das wird für viele Menschen sehr überraschend geschehen.


Mike Gleason: In diesem Zusammenhang haben wir in letzter Zeit auch das Gefühl der Erschöpfung angesprochen, das manche Bullioninvestoren befällt. Im Laufe des letzten Jahrzehnts haben sie beobachtet, wie sich das Wachstum der Staatsschulden beschleunigt, was Sie unter anderen auch in Ihrem fantastischen Crashkurs dokumentiert haben.

Die Federal Reserve in den USA und andere Notenbanken weltweit haben jede Zurückhaltung aufgegeben, Nullzinsen eingeführt, Staatsanleihen und hypothekenbesicherte Wertpapiere monetarisiert und andere exotische Finanzprogramme beschlossen. Die US-Regierung verbucht schon lange - vielleicht seit einem halben Jahrhundert - enorme Haushaltsdefizite, aber bis jetzt scheint all das nicht von Bedeutung zu sein.

Der US-Dollar hält sich nach wie vor auf einem hohen Niveau, die sogenannten Bond Vigilantes, die die Rendite der Staatsanleihen bei zu hoher Verschuldung normalerweise nach oben treiben, sind nie in Erscheinung getreten, die Aktienkurse klettern auf neue Allzeithochs und niemand an der Wall Street scheint sich für die typischen Safe-Haven-Assets zu interessieren. In Ihrem Online-Seminar "The End of Money" haben Sie argumentiert, dass diese Fundamentaldaten in Wirklichkeit doch eine Rolle spielen.

Mit welchen Entwicklungen rechnen Sie in diesem Zusammenhang und warum glauben Sie, dass Investoren, die einen "sicheren Hafen" bevorzugen, ihren Kurs beibehalten sollten, obwohl ihnen das in der aktuellen Marktumgebung auf den ersten Blick keine Vorteile bringt?


Chris Martenson: In Zeiten wie diesen darf man die makroökonomischen Bedingungen nicht aus dem Blick verlieren. Wir befinden und mitten im größten Gelddruck-Experiment der gesamten Menschheitsgeschichte, und ich verwende diesen Ausdruck mit Bedacht. Zu glauben, dass das, was uns in der Vergangenheit genützt hat, auch während dieser außerordentlichen Geldflut hilfreich sein wird, ist meiner Meinung nach völlig unsinnig. Zunächst einmal müssen wir uns die Größenordnung der aktuellen Geldmengenausweitungen vor Augen führen und verstehen, was das eigentlich bedeutet und was es uns über die Notenbanker verrät. Die haben nämlich schreckliche Angst.

Im Grunde genommen gibt es zwei Szenarien. Entweder wissen die Zentralbanken ganz genau, was sie da tun - oder eben nicht. Wenn Sie darauf wetten, dass die Notenbanken alles unter Kontrolle haben, stehen Ihre Gewinnchancen meiner Meinung nach mittlerweile ziemlich schlecht. Aus diesem Grund haben wir das Online-Seminar geplant: Wir wollten mit Experten sprechen, die gut darüber informiert sind, was die Federal Reserve genau ist, wie sie gegründet wurde, wie sie aufgebaut ist, was die Notenbanker derzeit denken usw. Das sind natürlich alles Spekulationen und keine fundamentalen Analysen, aber wir wollen dennoch versuchen herauszufinden, was die Fed tun wird.

Wenn wir noch einen Schritt zurücktreten, erkennen wir, dass auf fundamentaler Ebene immer ein Gleichgewicht bestehen muss zwischen der Geldmenge und den Dingen, die man damit kaufen kann. Das neu geschöpfte Geld ist auf der einen Seite Währung, repräsentiert auf der anderen Seite aber auch Schulden. Beides fungiert als Geld. Wenn ich beispielsweise einen Studienkredit über 50.000 $ aufnehme und dieses Geld ausgebe, dann hat eine Kreditexpansion dafür gesorgt, dass 50.000 $ mehr im Umlauf sind.

In den letzten acht Jahren hat sich das weltweite Kreditvolumen schneller erhöht als je zuvor. Zudem wurde die Geldbasis so stark ausgeweitet wie noch nie. Dadurch sind die Kurse finanzieller Vermögenswerte wie Anleihen und Aktien auf lächerlich hohe Niveaus gestiegen. Die Rohstoffe blieben von diesem Aufwärtstrend seit 2011 und seit der dritten Runde der quantitativen Lockerungen in den USA auf mysteriöse Weise ausgeschlossen. Wenn man all das berücksichtigt, sehe ich vor allem, dass sich die Besitzansprüche und Forderungen gegenüber den realen Vermögenswerten erhöhen. Genau das geschieht, wenn die Schulden und die Geldmenge schneller wachsen als die Realwirtschaft.


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